Briefspiel:Reise in die Vergangenheit (6)

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Stadt Sewamund transparent.png Briefspiel in Sewamund Herzogtum Grangor.png
Datiert auf: ab Ende 1045 BF Schauplatz: vor allem Stadt und Baronie Sewamund, darüber hinaus Phecadien und benachbarte Landstriche Entstehungszeitraum: ab Frühjahr 2023
Protagonisten: alle Sewamunder Familien, sowie diverse externe Machtgruppen Autoren/Beteiligte: Haus Amarinto.png Amarinto, Haus Tribec.png Tribec, Haus di Piastinza.png DiPiastinza, Familie Luntfeld.png Luntfeld, Familie della Carenio.png Carenio, Familie Degano.png Marakain, Familie van Kacheleen.png Kacheleen, Familie Vesselbek.png Vesselbek, Familie Cortesinio.png Cortesinio, Haus Carson.png OrsinoCarson, Haus della Pena jH.png Horasio, Haus ya Pirras.png VivionaYaPirras, Familie Gerber.png Gerberstädter, Haus ya Papilio.png Gishtan re Kust, Wappen Lucrann von Leihenhof.png Galebquell = Haus d Illumnesto.png Illumnesto, Familie di Estrano.png Beo, Familie ter Braken.png Atagon
Zyklus: Übersicht · Präludium - 1045 BF · Der Eklat - Praios 1046 BF · Der Selziner Schwur - Rondra 1046 BF · Interludium - Efferd 1046 BF · Der Tag der Treue - 1. bis 15. Travia 1046 BF · Ein Sturm zieht auf - 16. bis 30. Travia 1046 BF

Ausgespielte Geschichten: Ruf nach Phecadien · Die Sewamunder Delegation in Shenilo · Quod est Demonstrandum · Sturm auf Amardûn · Reise in die Vergangenheit · I · II · III · IV · V· VI· VII · In den Kerkern von Amardûn · Das Treffen der Verschwörer · Ein Gespräch zur Rosenstunde · Sewamunder Delegation bei Irion von Streitebeck · Trauerfeier für Leonardo Cortesinio · Treffen bei Tovac · Reise ins Unbekannte · I · II · III · Packratten aus der Ponterra · I · II · III · IV · Gefährliche Worte · I · II · III · Efferds Zorn · Einmalige Gelegenheiten · Der Herzog des Westens · Die Würfel sind gefallen · Besprechung zum Götterurteil · I · II · Im Auge des Sturms · Am Scheideweg · Der letzte Tag · Nächtliche Besprechungen · Der Drache erwacht - das Götterurteil am Norderkoog · Der Drache erwacht - der Kampf um Sewamund · Der Drache erwacht - die Befreiung von Amardûn · Das Gold der Distel



Autoren: Galebquell, Amarinto, Atagon


Anfang Travia 1046 BF, Sewamund


Auf Burg Sewakstein

Der große Saal der Burg Sewakstein war von einer ernsten, konzentrierten Atmosphäre erfüllt. Die hohen Steinmauern warfen die gedämpften Stimmen und das gelegentliche Klappern von Waffen und Rüstungen zurück. In der Mitte des Saals befand sich eine große Festtafel, die vollständig mit Karten und Dokumenten überzogen war. Auf diesen Karten waren Truppenbewegungen und die strategischen Platzierungen der Bundestruppen akribisch dargestellt. Das Kerzenlicht flackerte, beleuchtete die Karten und warf unruhige Schatten auf die Mauer.

Dareius Amarinto, der Constabler von Ruthor und Heerführer der Bundestruppen, stand über die Karten gebeugt. Seine Stirn war in Falten gelegt, während er mit dem Capitan der Sewakgarde, Praiodan ter Braken, in ein ernstes Gespräch vertieft war. Die beiden Männer sprachen in gedämpften, schnellen Tönen, während Dareius immer wieder auf eine der Karten zeigte, als würde er seinem Gegenüber die nächsten Schritte erläutern. Praiodan nickte zustimmend, seine Augen folgten den Fingerbewegungen des Constablers, und hin und wieder murmelte er eine Bestätigung.

Plötzlich öffnete sich die doppelflügelige Tür zum Saal, und die Schritte von Neuankömmlingen hallten über den Steinboden. Dareius hob den Kopf und erkannte Cavalliere Lucrann von Leihenhof in Begleitung einer hünenhaften Ritterin. Seine Kleider waren vom Staub der Reise verschmutzt, und dennoch trug er eine Haltung der Entschlossenheit und des Stolzes zur Schau. Dareius richtete sich auf, sein Gesichtsausdruck blieb ernst, doch seine Augen verrieten eine gewisse Wiedersehensfreude. Lucrann näherte sich dem Tisch, blieb vor Dareius und dem Capitan stehen und verneigte sich knapp.

"Lucrann!" begrüßte Dareius ihn mit fester Stimme und rang sich ein ehrliches Lächeln ab. Er sah müde aus, als ob er schon seit langem nicht mehr ordentlich geschlafen hatte.

"Ter Braken, Capitan der Sewakgarde", Praiodan begrüßt den Neuankömmling militärisch knapp, dann wandte er sich wieder der Karte zu. Sicherlich hattenen die beiden einiges auszutauschen.

Lucrann schritt raumgreifend näher, registrierte den älteren Offizier, nickte ihm elegant zu "Signor." Doch trat er erst an Dareius heran. Der jüngere Mann reichte dem nur wenige Jahre älteren seine Hand und beide umfassten sich an den Unterarmen, dann folgte eine knappe Umarmung. Lucrann lächelte, als er Dareius in die Augen sah. "Dareius, egal wie die Umstände sind, ich freue mich, dich wiederzusehen." Der Constabler nickte und auch wenn der Ernst in seiner Mimik blieb, so umspielte ein zartes Lächeln seine Mundwinkel. Doch wusste Lucrann, dass eben jene Umstände ein ausführliches Wiedersehen gerade nicht erlaubten.

Er winkte Grimheldis herbei. "Darf ich dir Grimheldis von Unkenau vorstellen? Meine Ritterin, sie unterstützt mich." Dareius musterte die Hünin und auch wenn er unwillkürlich an die Familie Rynsberg dachte, war er Staats- und Kriegsmann genug, derlei Ähnlichkeiten nicht anzusprechen. "Signor." grüßte ihn die Ritterin knapp.

"Signora, willkommen in Sewamund. Ich wünschte die Umstände wären erfreulicher." Er hielt ihr mit freundlichem Blick seine nach oben offene Handfläche entgegen. Etwas irritiert blinzelte die Ritterin und schaute auf die offene Handfläche, da räusperte sich Lucrann und deutete wiederum mit seiner Hand an, sie möge ihre Hand in die Dareius' legen. Etwas ungelenk, dafür aber kraftvoll und mit einem satten Geräusch patschte Grimheldis ihre kräftige, vom Schwertkampf gestählte Handfläche in die des Constablers. Grimheldis errötete ob ihres Fehltritts, doch schien sich der Horasier nichts anmerken zu lassen. Ihre Handfläche war warm und Dareius erkannte tatsächlich die Hand einer Kämpferin und nicht einer Hofdame.

Dareius führte ihre Hand zum Mund und exerzierte einen klassischen, angedeuteten, Handkuss. Er blickte ihr dabei respektvoll in die Augen. "Signora, Euer strahlender Blick erinnert mich an die fröhlichen Augen meiner ach so geliebten Schwester. Euch kennenlernen zu dürfen hat mich wieder an die unbeschwerten Zeiten des Friedens erinnert und meinen Tag versüßt." Er ließ ihre Hand los und verneigte sich.

Die großgewachsene Ritterin schluckte, hielt sich aber tapfer, und schenkte Dareius ein herzliches, breites Lächeln, das ihr kantiges Gesicht erstrahlen ließ.

Lucrann, dezent schmunzelnd und seine Ritterin mit einem kecken Augenaufschlag neckend, fuhr fort und warf dann einen Blick auf die Karte. "Ich glaube, Dareius, unser Wiedersehen muss zu einem anderen Zeitpunkt gebührend begangen werden." Er räusperte sich, fuhr sich mit seiner großen Hand durch das lockige Haar - eine Geste, die ihn jünger wirken ließ, als er war. "Ich bin hier als Gefolgsmann Olea...Baronin Oleana di Bellafoldis."

Cavalliere Dareius nickte wissend. "Ja, ich kann mich erinnern, einen Brief in die Nordmarken geschickt zu haben. Die Baronin machte sehr deutlich, dass sie jeden Gefolgschaftsdienst einzufordern gedachte."

Lucrann hob wieder das Gesicht. Schaute von Dareius zu dem Capitan und zurück. "Was können wir tun? Wie ist die Lage? Und...wie geht es Cariana?" Dareius sah in Lucranns grünen Augen tiefe Besorgnis. Sein jüngerer 'Knappenbruder' war immer schon emotionaler gewesen als er selbst - und die enge, beinahe geschwisterliche Beziehung zwischen dem Nordmärker und Dareius' jüngerer Schwester war ihm nicht entgangen.

Dareius seufzte. "Ich weiss es nicht, ich bete zu den Göttern, dass es ihr gut geht. Der Baron schickte nach der Erstürmung der Festung ihre Knappin hierher und ließ nur ausrichten, dass sie den Kampf mehr oder minder unverletzt überstanden hatte und seither dort in Gefangenschaft sitzt. Er gab uns sein Wort, dass ihr nichts geschehen würde und trotz allem, was passiert ist, denke ich, man kann dem Baron in dieser Hinsicht glauben schenken."

"Gut, wenn du das meinst." Lucranns Grinsen schmolz dahin, seine scharfen Wangenknochen ließen sein Gesicht grimmig wirken. "Sollte er ihr auch nur ein Haar krümmen, sollte er zusehen, sich von mir fernzuhalten!" knurrte er. Er donnerte seine geballten Fäuste auf den Tisch, der kurz erzitterte, blieb sich auf seinen Knöcheln aufstützend stehen. "Was können wir tun, Dareius? Wo können wir ansetzen? Wie ich dich kenne, hast du bestimmt mehrere Pläne ausgearbeitet, die umgesetzt werden wollen!"

Derweil positionierte sich Grimheldis möglichst ohne für großes Aufsehen zu sorgen, in der Nähe des Capitans. Sie verschränkte ihre Arme vor der Brust und warf einen Blick auf die Karte. Dareius sah zum Capitan der Sewakgarde. "Entschuldigt Signor, das ist Cavalliere Lucrann von Leihenhof aus den Nordmarken, er absolvierte die Knappschaft bei meinem Vater Baronet Darion und steht als Cavalliere in Diensten der Baronin von Ruthor." Er wandte sich an Lucrann. "Esquirio Praiodan ter Braken, Capitan der Sewakgarde und Veteran der Horaslegion" Er nickte Praiodan respektvoll zu. "Der Capitan ist wahrlich ein treuer Diener dieser Stadt und hat seinen Dienst mit großer Zuverlässigkeit seit dem Thronfolgekrieg versehen."

"Eure Worte ehren mich.", noch während er redete, rollten Praiodans Augen wieder nach unten und auf den Kartentisch. "Wie ich eben schon sagte, ich bin sehr besorgt, dass Sewamund zur Flussseite hin zwar hervorragend befestigt ist, um den strategischen Vorteil der Brücke nie zu verlieren und die Kanäle bieten auch einigen Schutz, gegen Reiterei allemal. Aber ohne die nördlichen Vororte hat Irion unsere ungeschützten Weichteile direkt vor sich, wenn ihr meine Ausdrucksweise verzeihen mögt. Die Stadtmauer ist ein Relikt und das Garlischgrötzer Tor wird man vermutlich selbst ohne Ramme gesprengt kriegen."

Lucrann war Nordmärker und trotz einer nordmärkischen Flotte mit einem nordmärkischen Admiral und Vizeadmiral hatte er mit dem Seekrieg bisher wenig Berührungspunkte. Er schaute, sich in der Zwischenzeit wieder zu voller Größe aufrichtend (was den Capitan angesichts dreier Giganten doch etwas zierlich wirken ließ), von Dareius zu Praiodan. "Was schlagt Ihr vor? Ich weiß von Olea...Baronin Oleana, dass sie über ein breit aufgestelltes Truppenangebot verfügt, sogar Schlachtreiter. Aber wenn ich Euch, Capitan, richtig verstehe, können wir sie im Moment noch nicht einsetzen?"

"Nein, keineswegs, wir können gut reiten, solange sie nicht gerade anfangen, irgendwelche Deiche zu brechen. Aber die gegnerischen Truppen sollten ihre Schwierigkeiten haben, wenn wir die Schwemmbereiche immer schön feucht halten, immerhin haben wir die Kontrolle über die Kanalarbeiter. Eine überaus nützliche Fähigkeit übrigens, die ich der Sewakgarde auch beizubringen gedenke."

Dareius fügte knapp an: "Die Nutzung der Deiche und Kanäle unserer Heimat zur Verteidigung gegen feindliche Heere hat eine lange Tradition in Phecadien. Leider haben wir es hier nicht mit Auswärtigen Gegnern zu tun. Baron Irion und seine Offiziere kennen natürlich die phecadische Topographie ebenso gut wie wir. Die jeweils attackierende Seite wird also immer im Nachteil sein, da der Verteidiger die Deiche und Kanäle zu seinem Vorteil nutzen kann. Ein weiterer Grund für das derzeitige strategische Patt."

Er wandte sich an den Capitan der Sewakgarde. "Capitan, wollt ihr mir den Gefallen erweisen und Signora von Unkenau die Stadt von der Aussichtsplattform des Burgfrieds aus zeigen? Der Cavalliere und ich haben einige private Dinge zu besprechen."

"Selbstverständlich, Signor" Mit einer angedeuteten Verbeugung zum Abschied nahm er Grimeldis von Unkenau am Arm, um die hölzernen Balken auf ein neues zu erklimmen. Es war ein interessantes Bild und auf den ersten Blick war nicht erkennbar, ob die große, breitschultrige Ritterin den kleineren, massigen Capitan führte oder umgekehrt. Tatsächlich vertraute sie sich aber ihm, dem Ortskundigen an. "Euer...Signor...Capitan..." strauchelte sie etwas, aber bemüht über die korrekte Anrede. "Es wäre mir eine Ehre, wenn Ihr mir die Stadt zeigen könntet. Vielleicht mit Blick auf die Verteidigungsanlagen? Mir ist die Seekriegsführung nicht sehr vertraut, muss ich gestehen." Ihre Schritte verhallten dumpf, als die beiden nacheinander die Treppen hinaufstiegen und verschwanden.