Briefspiel:Kadron und Djamilla (3)

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Horasreich-klein.png Briefspiel Horasreich-klein.png
Datiert auf: 1014 BF Schauplatz: vor allem Marudret und Clameth Entstehungszeitraum: im letzten Jahrtausend
Protagonisten: siehe Übersichtsseite Autoren/Beteiligte: Stefan Deutsch, Marcus-René Duensing, Christel Scheja, dazu Clemens Bock, Eckart Hopp, Martin Lorber, Lars-Torben Oltrogge, Steffen Popp, Dennis Schmidt, Karl-Heinz Witzko; bearbeitet von Michael Hasenöhrl und (fürs Wiki) Armin Bundt
Zyklus: Übersicht · Die Kunstfestspiele zu Marudret · Abendliches Begrüßungsbankett · Feierliche Eröffnung · Erster Tag: Bücher und Gedichte · Zweiter Tag · Dritter Tag: Bildhauer · Vierter Tag · ...

Feierliche Eröffnung

A

m Morgen des 16. Peraine war es endlich soweit: worauf Aventurien gewartet hatte, die ersten Festspiele der Akademien der Künste Aventuriens.
Vor der großen Bühne, die Helfer am gestrigen Tage vor der Akademie aufgebaut hatten, waren zwei Stuhlreihen im Halbkreis aufgestellt, auf diesen nahmen nun die Musiker des Marudreter Stadtorchesters Platz. Dahinter befanden sich ebenfalls noch zwei Stuhlreihen in gerader Linie, auf denen saßen die Ehrengäste. Dahinter standen die Besucher aus aller Welt. Ich erkannte Elfen, Zwerge, sogar Thorwaler waren anwesend, um dieses einmalige Ereignis mitzuerleben, um später erzählen zu können: ich war dabei, als zum ersten Male die Kunstfestpiele in Marudret stattfanden.
Pünktlich zur ersten Perainestunde ertönten Fanfaren vom Siegestor am Macrin-Platz. Schon Stunden vorher hatten sich Hunderte von Besuchern auf dem Platz versammelt, um einen möglichst guten Platz zu finden. Die Spannung stieg, als die Musiker des Orchesters ihre Instrumente einstimmten und schließlich verstummten, denn jetzt war es soweit. Der Dirigent gab das Zeichen, und die eigens für den Kaiserlichen Hofmeister komponierte Hymne erklang. Und dort kam er, der zur Zeit höchste Kulturgesandte Aventuriens, der es sich zur Aufgabe machte, die Kultur als bindendes Glied aller Völker zu pflegen und zu erweitern. Dem wir es zu verdanken haben, daß überhaupt eine Kunstakademie gegründet wurde, daß ein Bund viele Künstler Aventuriens zusammenschweißt, und schließlich, daß wir hier die ersten Kunstfestspiele erleben konnten.
In den nächsten fünf Tagen ging es um viel, um sehr viel. Es wurden die höchsten Preise und Titel vergeben. Zum einen gab es die Auszeichnungen in den einzelnen Künsten, zum anderen die allgemeinen Auszeichnungen. Als höchster Kulturpreis galt das goldene Abbild der Akademie der Künste in Marudret-Stadt, als zweites das silberne Abbild der Kaiserlichen Schauspielschule in Arivor und als drittes das kupferne Abbild der Oper in Vinsalt. Um diese Preise würden in den nächsten vier Tagen die Künstler "kämpfen", indem sie ihre Talente den Preisrichtern und natürlich den Besuchern beweisen würden. Damit war klar, die Künstler und Künstlerinnen, die nicht anwesend waren, würden aus der Wertung ausgeschlossen, nur in vier Fällen wurde eine Ausnahme gemacht, denn die Darbietung geschah vor einer kaiserlichen Institution. Man kann sich darüber streiten, ob dieses auch auszeichnungswürdig war, doch wurden diese Auszeichnungen auf Empfehlung unserer Kaiserlichen Majestät Amene III.-Horas vergeben. Aber welchen Rang diese einnehmen würden, blieb letztendlich doch Macrin überlassen, und ich konnte mir nicht vorstellen, daß er Personen mit der höchsten Auszeichnung auszeichnen würde, wenn er selbst diese Darbietung nicht gesehen hätte. Ferner würde das auch ungerecht gegenüber den Künstlern gewesen sein, die sich jetzt in den kommenden Tagen abmühen und beweisen mußten.

D

och nun wieder zurück zu unserem Macrin. Ich traute meinen Augen nicht, als ich seine Kleidung sah. Er trug seine neue, von Myjan Carson entworfene Hofmeisteruniform, die folgendermaßen aussah: Er trug eine eng anliegende Hose in einem hellen, leuchtenden Grün. Dunklere grüne Schattierungen bis hinauf zum Schwarzen ließen die Hose marmoriert wirken, dabei war die Plazierung der Schattierungen so geordnet, daß sie die Beinmuskulatur vorteilhaft unterstrich. Rechts und links an den Außenseiten der Beine war der Stoff in Form von Notenschlüsseln ausgeschnitten worden, so daß die helle Haut der Oberschenkel darunter sichtbar wurde. Die Nähte an den Ausschnitten waren von einem feinen Goldfaden durchwoben.
Die Schuhe glänzten in einem grünblauen Ton, etwas dunkler als die Hose. Es handelte sich um Schnabelschuhe mit einem bis über den Knöchel reichenden Schaft, welcher sich in einen vorderen und hinteren Teil aufspaltete, dann spitz zulief und an den Enden nach vorne bzw. nach hinten gebogen war. Geziert wurden die Schuhe von bronzenen Schnallen, welche die Form von von Malern benutzten Paletten hatten.
Das Hemd war weit, mit aufgebauschten Ärmeln und Rüschen an Kragen und Manschetten. Bis an den Manschetten war es völlig knopflos. Dafür hatte es einen weiten Ausschnitt, der einen tiefen Blick auf die Brust zuließ. Dort baumelten an einem silbernen Kettchen zwei Rubine, denen der Edelsteinschleifer die Form von Jonglierkeulen gegeben hatte. Die Musterung des Hemdes erinnerte an das wilde Spiel von Flammen, und von unten nach oben war es von einem leuchtenden Gelb in Abstufungen über Orangetöne bis zum hellen Rot gefärbt. Ein schwarzer Gürtel, von gelben und grünen emailnen Musiknoten und mit einer silbernen Schelmenmaske als Schnalle verziert, bildete den farblichen Übergang zur Hose.
Jetzt zum wichtigsten, dem Kopf. Macrin trug seine Haare unsymmetrisch. Sie waren so gekämmt, daß die langen schwarzen Locken locker auf die Schultern fielen. Auf der linken Außenseite des Halses war eine leichtbekleidete tulamidische Tänzerin aufgemalt. Ab und zu sah man unter den Locken etwas schimmern. Es war ein silbener Ohrring am linken Ohr, der eine Feder im Tintenfaß darstellte.
Auf dem Kopf trug Macrin einen dunkelroten Filzhut. Rechts und hinten war die Krempe etwas ausladener und nach unten gebogen, links und besonders vorne kürzer und nach oben gerichtet. Auf der Hinterseite war auf der Krempe ein knappes Duzend bunter Federn, die über den Hutrand hinaus auf den Haaren zu liegen kamen, in den Haaren selbst auch noch ein paar Federn angebracht.
Diese Uniform ließ schon so manchen staunend dastehen, aber vor allem bei den Frauen schien diese neuartige Zusammenstellung Entzücken hervorrufen, und man klatschte ihm Beifall.

„Verehrte Gäste, liebe Freunde aus Nah und Fern! Zuerst einmal möchte ich mich bedanken, daß ihr so zahlreich gekommen seid, vor allem aber auch meinen Ehrengästen, die weite Reisen auf sich genommen haben, um heute hier zu sein. Vielen Dank.
Wir sind hier heute für sechs Tage zusammengekommen, um wohl das größte Spektakel Aventuriens zu feiern. Der Höhepunkt wird dann der sechste Tag sein, an dem die besten Künstler und Künstlerinnen geehrt werden und ihr, wertes Publikum, seid die Richter. Daher sind an einigen Stellen auf dem Platz Urnen aufgestellt, in denen ihr dann einen Zettel mit dem Namen eures Favouriten hineinwerfen könnt. Wer am Ende die meisten Stimmen hat, wird der erste Sieger werden. Dieses gilt allerdings nur in den einzelnen Kunstbereichen. Für die übergeordneten Preise, allen voran das goldene Abbild der Akademie der Künste in Marudret, qualifizieren sich automatisch die ersten Sieger der einzelnen Kunstbereiche, Preisrichter bestimmen dann, wer von ihnen der beste war. Dabei richten wir uns vor allem nach der Stimmenanzahl der einzelnen Künstler und dem Beifall von euch. Also, möchtet ihr einen ganz oben sehen, applaudiert ihm kräftig mit allem, was ihr habt. Wer wann wo auftritt und wo welche Ausstellungen laufen, entnehmt dem Programm, das auf Plakaten gedruckt an jeder Ecke zu finden ist.
Gleich zu Anfang möchte ich einigen Freunden besonders danken, die schon im Vorfeld mitgeholfen haben, daß diese Kunstfestspiele überhaupt statt finden konnten. Als da wären: Baronin Delhena-Naila, Landherr Kadron Ilmar von Carson nebst seiner Schwester Myjan, Baron Myros Stragon von Kystral, Jobar von Perdanwall, Intendant des Arivorer Theaters, und Landherr Troyan.
Weiter wird Montruberg, bestehend aus Ehrenbert Montrupow und mir, in den nächsten sechs Tagen durch das Programm führen, zumindest hier und da eine kleine Ansage machen und auch ab und zu einen zum Besten geben. Soweit zu dem Organisatorischem, und jetzt möchten wir endlich mit den Kunstfestspielen beginnen."
Ehrenbert Montrupow betrat mit seiner Laute die Bühne und stellte sich rechts neben Macrin, der weitersprach: "Es soll Tradition werden, daß ich diese Kunstfestspiele mit einem selbstkomponierten Stück eröffne, und da ich ja nun mal aus dem Bereich der Komik komme, habe ich mir einen ganz besonderes Eröffnungslied ausgedacht, dabei wird Ehrenbert mich auf seiner Laute und mit Gesang unterstützen."

Herzlichen Glückwunsch zu dem Entschluß,
der einem jeden kommen muß.
Vergessen wir das Leben, das ach so harte.
Herzlichen Glückwunsch zur Eintrittskarte!

Tobender Applaus und Zurufe verleitete die zwei dazu, noch ein Lied zu singen, doch zuvor richtet Macrin noch einige Worte an das Publikum: "Vielen Dank. Danke. Ihr habt uns überzeugt. Erst kürzlich habe ich aus dem Aventurischen Boten erfahren, daß es scheinbar noch mehrere Lieder unter dem Namen ‘Wir sind zwei wilde Pferde’ gibt. Ich möchte noch einmal betonen, daß der Urtext dieses Liedes aus der Feder Montrubergs stammt, und damit daran keine Zweifel aufkommen, möchten wir zwei euch jetzt dieses Lied vortragen. Dieses Lied stammt übrigens noch aus der Zeit, wo Ehrenbert und ich noch von Dorf zu Dorf zogen und wünschten, zwei Pferde zu haben oder selbst welche zu sein, um schneller vorwärts zu kommen, denn damals ging's für uns um’s tägliche Brot. Doch nun endlich das Lied in seiner Urform:

Ehrenbert und Macrin:

Wir sind zwei wilde Pferde und donnern durch die Nacht,
beben tut die Erde und wie der Boden kracht.
Wir sind zwei wilde Pferde und wiehern laut und schlicht,
denn die schönste Frau unserer Herde, die hat ein Pferdegesicht.

Ehrenbert:

Wir sind zwei wilde Wölfe, die was zum Naschen suchen,
und endlich dann um zwölfe, da krieg'n wir Zuckerkuchen.

Ehrenbert und Macrin:

Wir sind zwei wilde Stiere und wedeln mit den Schwänzen,
und weil wir sind zu zweien, ist das ein Spiel ohne Grenzen.

Ehrenbert:

Wir sind zwei Hundeflöhe, unser Tuzaker ist ein lieber,
doch kommt Frauchen in die Nähe, springen gerne wir mal rüber.

Macrin:

Wir sind zwei wilde Hähne und geh'n mit stolzem Schritt,
wir haben starke Behne, das kommt vom Hahnentritt.

Ehrenbert und Macrin:

Wir sind zwei Schmetterlinge und leben gern in Gruppen,
wir flattern froher Dinge und sind ganz scharf auf Puppen.
Wir sind zwei alte Hasen und hoppeln durch den Text,
wir können singen und blasen und unser Ruhm, der wächst.

Der Applaus schien nicht enden zu wollen, immer wieder verbeugten sich die zwei Akteure vor dem Publikum, bis schließlich Macrin das Wort ergriff und versuchte, gegen den Applaus anzureden. "Vielen Dank. Danke. Ja, wir werden noch öfters zu euch kommen und einige Stücke vortragen, doch zunächst habe ich die große Ehre, euch eine Tänzerin aus Shumir vorzustellen. Ihr Name ist Zarina Yasine Shenny Dschadir'suni, eine junge Tulamidin, die die Tänze ihrer Heimat wahrlich meisterhaft beherrscht. Aber genug der Worte, seht selbst."
Ein schwarzhaariges, etwa fünfundzwanzig Jahre junges Mädchen kam auf die Bühne, verneigte sich vor dem Publikum und schon erklang die Musik aus den tulamidischen Landen. Zarina bewegte sich dazu wie eine Grazie. Das Publikum schien seinen Augen nicht zu trauen, diese Perfektion! Jedoch möchte ich nicht ins Schwärmen verfallen. Nach einigen Tänzen bedankte sich Macrin und kündigte eine zweistündige Mittagspause an, immerhin war es schon Praios vorbei.