Briefspiel:Arinkelwaldereignisse/Im Postillon

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Sheniloneu3k klein.png Briefspiel in Shenilo Sheniloneu3k klein.png
Ereignisse   Texte   Karte    
Beteiligte (irdisch)
Familie Menaris.png Athanasius
Haus Calven.png Calven
Haus Doren.png Dorén
Haus Vistelli.png Tribec

Der Text Im Postillon beschreibt ein Arinkelwaldereignis. Endor Dorén und seine Gefährten besprechen ihr weiteres Vorgehen im Postillon am 14. Peraine 1035 BF.


Die Reisegefährten einigten sich darauf, sich im Postillon zu stärken. Der Weg von der Burg hinab dorthin führte durch die ganze Stadt und den Tunnel. Der Postillon war zugleich Gasthaus und Station des Postendienstes Pertakis. Er lag am Banquirstieg, der allen Bedenken zum Trotz immer noch eine stolze Kronstraße war. Es gab gute Hausmannskost, wie Endor sie – und Rondrian erst recht – mochte. Beim Essen beriet die Gruppe, wen man in Vinsalt kontaktieren könnte.

Rondrian murmelte: „Ich frage mich, ob ich nicht in Vinsalt vielleicht noch Verwandtschaft habe …“ Dabei kaute er auf einer Bohnenschote herum, die seinem Mahl als Beilage diente. Irgendwann fiel der Name Greifmut. Greifmut Silem von Calven-Imirandi war offenbar Praetor Vicarius am Praiostempel San Rohale zu Vinsalt, also eine sehr vertrauenswürdige Person und sicherlich jederzeit dazu bereit, im Sinne der Verbrechensbekämpfung zu handeln. "Greifmut Silem halte ich für eine sehr gute Idee”, meinte Endor. “Er sollte aber diesen Harodio nur festsetzen oder eventuell nach Shenilo überführen lassen, Harodio von Heldenrain soll am Ort seiner Schandtaten bestraft werden, falls die These seines Mitwirkens so zutrifft.” Endor klopfte mit der Faust leicht auf den Tisch.

„Na dem würde man wenigstens auch alle Fragen hochnotpeinlich beantworten, nehme ich an. – Calven, was?“ Rondrian schaute zum Herrn Batiste d'Imirandi. „Dann reitet Ihr.“ Damit sah er die Sache als erledigt an und widmete sich dem Essen. Batiste nickte: “Ja, ich reite. Wenn ihr mir noch erlaubt, zuende zu essen.” Er wischte sich einige Krümel vom Klostergewand, das er immer noch trug.

Ardan, der die ganze Zeit mit angespannter Miene aus dem Fenster geblickt hatte, ohne bisher einen Happen zu essen, blickte auf. “Wenn ich so forsch sein darf, Signori. Mir scheint, als würde bald ein übles Wetter vom Herrn Efferd auf diese Stadt herniedergehen. Wenn wir sichergehen wollen, dass die Nachricht baldigst losgeschickt wird, sollte derjenige, den wir zu schicken beabsichtigen, alsbald losreiten. Und ohne Verzug!”

Batiste wusste sofort, von wem die Rede war. “Na gut, ich hab’s verstanden, ich werde sofort Sturmläufer satteln und Tracosto gürten, so wahr mir Rondra helfe.” Er schob seinen Teller Rondrian zu, erhob sich, zog die Klosterkutte enger um die Schultern und schritt, ohne einen Blick zurück zu den Gefährten zu werfen, zur Tür. “Gehabt Euch wohl!”, rief Rondrian ihm hinterher, bevor er sich über Batistes Teller hermachte. Nach einer Weile schaute er zu Endor. „Was ist los, schmeckt es dir nicht? Isst du das noch?“ “Der Gedanke, Mitwisser und Unterstützer dieser Halunken in unserem schönen Shenilo zu haben, gefällt mir garnicht, obwohl man sich das hätte auch denken können.” Endor runzelte nachdenklich die Stirn. Rondrian akzeptierte das als ein Ja und schob sich ein paar Happen von Endors Teller auf den eigenen. „Danke, bist ein echter Freund“, meinte er kauend. “Bedien’ dich Rondrian, die gute Arinker Luft scheint dich hungrig zu machen.”

Ein Bänkelsänger hatte nun all seinen Mut zusammengenommen und trat an den Tisch der Herrschaften heran. „Darf ich euch wohl beim Essen mit einem Liedchen unterhalten, werte Reisende?“ Rondrian schaute in die Runde, ob die anderen dies erlaubten oder ob er dem Sänger lieber eine ablehnende Antwort mit der Kuse erteilen sollte. Der Sänger ließ, wie um seine Frage zu unterstreichen, ein *Pling* auf der Klampfe erschallen. „Also von mir aus spricht nichts dagegen“, setzte Rondrian an. „Was zählt denn zu eurem Repertoire?“ - „Ich beherrsche fließend über zwanzig Lieder, die ich teils selbst erdichtet, teils an der Schule von Sang und Klang zu Ankram erlernet.“ - „Spielt was Lustiges.“ - „Sehr wohl.“

∗Pling∗

„Ich sah die Farben des Lichtes bald,

das erfüllt Heide und den grünen Wald,

die nun fahl geworden beide,

und bezwungen wollen sein,

wie der Winter zwingt die Blumenheide.“

∗Pling∗

„Auch vergaß die Nachtigall

ihren Sang und schönen Schall.

Jedoch richtet sich all meine Treu

an die eine Frau schön.

Ich weiß nicht, ob ich mich erfreu,

ich will sie gerne wiedersehn.“

∗Pling∗

Währenddessen dachte Rondrian weiterhin an die vorliegenden Tatsachen. Es gab tote Biber, eine bedrohte Frau, halluzinierende Gefährten, einen unheimlichen Wald. Was war davon zu halten? Er hatte ja schon einige Fälle gelöst, aber solch einer war ihm bisher noch nie untergekommen. Er fühlte sich alt, älter als er eigentlich war. Wäre er doch nur in der Gardestube zu Shenilo an einem ordentlichen Schreibpult, wo man die Fakten ordentlich strukturiert überblicken könnte. „Schankmagd, noch ein Bier!“, Rondrian schnippte dem Bänkelsänger einen Silbertaler urbasischer Prägung hin, woraufhin dieser, um die Münze zu fangen, von den Saiten lassen musste.

Endor trank noch einen Schluck seines Weines und meinte: ”Was sollen diese Morde und der brutale Überfall auf die Heroldin Helaya ya Satara, sie ist eine wehrhafte Frau, wenn ich mich recht entsinne. Hm, sind die ya Satara nicht mit den di Matienna verwandt?”

„In Arinken sind doch alle miteinander verwandt“, meinte Rondrian lapidar, woraufhin ihn die Schankmagd böse anfunkelte und das nächste Bier extra verzögerte.

Von draußen war plötzlich ein lautes Donnern zu hören. Schon seit einiger Weile fiel kein helles Sonnenlicht mehr durch die Fenster des Postillons und nun wurde klar, woran das lag: Ein Gewitter hatte sich über die Berge des Arinkelwaldes herangeschlichen und zeigte sich nun von der lauten Seite. Das Prasseln des Regens gesellte sich bald zum Donnern hinzu, die Fenster wurden alle Augenblicke von Blitzen erhellt.

Auch das noch, dachte Rondrian, Perainewetter.

„Entschuldigt, die Herrschaften, ich schließe mit meinem Lied. Es ist mir in Arinken nicht erlaubt, während eines Unwetters fröhliche Musik zu spielen.“ Die Anwesenden hatten nichts einzuwenden. Trotz des niederprasselnden Regens verließ der Bänkelsänger das Gasthaus. “Lasst uns sobald als möglich in Richtung Westen aufbrechen, sobald sich das Wetter gebessert hat, ich würde zuerst gerne Satara besuchen und dann ich Richtung Wanka weiterreisen. Wir schlagen uns dann über Wanka zu der Höhle von Hepheia durch.” - “Hat uns Amaldo nicht einen vertrauenswürdigen Führer genannt?”, fragte Endor in die kleine Runde.

“Ich meine, ich hätte in Satara etwas über einen Firungeweihten vernommen”, sagte Ardan, der lange Zeit geschwiegen hatte. Der Magus blickte mit finsterer Miene aus dem Fenster und rieb sich das Knie. Offensichtlich war er wetterfühlig. “Wiewohl ich mich frage, was wir an jenem praiosverfluchten Ort, dem Leidenshügel, sollen. Wenn der Aberglaube des einfachen Volkes schon solche Worte benutzt...”

Derweil traten die Langschwerter des halben Terzios ein, die das Unwetter augenscheinlich überrascht hatte. Sie verteilten sich auf die restlichen Plätze des Postillons und orderten Getränke, die mit einiger Verzögerung gebracht wurden.

“Schlimmer als in Arinken wird es wohl nicht werden”, murmelte Rondrian über den Rand seines Bierkrugs. Er blickte dabei nicht zu den anderen am Tisch, sondern zur Bedienung, wie sie vor die Langschwerter einige Becher und eine tönerne Flasche Fusel stellte. Ihm kam eine Idee.

“Schankmagd, komm einmal heran!”, rief er und winkte der Frau mit einer Hand. “Verzeih meine unüberlegten Worte eben”, versuchte Rondrian, sein Verhältnis zu der Bediensteten zu kitten. Diese blieb mit dem Tablett vor der Schürze am Tisch stehen. Eine gehobene Augenbraue verriet ihre Skepsis, als sie Rondrian musterte. “Schon gut”, brachte sie hervor. “Schankmagd, wir sind nicht oft in Arinken und kennen die hiesigen Eigenheiten schlecht. Würde es dir etwas ausmachen, dich für einen Moment zu uns zu setzen? Wir sind interessiert an Neuigkeiten aus der kleinen Stadt.”

Ardan seufzte, winkte aber ab, als ihm Endor einen fragenden Blick zuwarf. Neuigkeiten aus der Stadt? Eigentlich interessierte ihn das verschrobene Arinken herzlich wenig. Es erinnerte bestenfalls an manchen Weiler im Kosch. Gut, so große Weiler gab es im Kosch nicht. Ein Donner rollte heran, einen Augenblick lang strahlte silbernes Licht durch die Fenster und ließ die Schatten im Raum pechschwarz erscheinen. “Seht selbst, mein Herr, wir haben einiges zu tun.” Die Schankmagd wies auf den voll besetzten Tisch der Langschwerter. “Ach, die werden nichts dagegen haben, die gehören zu uns”, winkte Rondrian ab, was die Skepsis der Schankmagd nicht gerade minderte. Aber sie zog einen Schemel heran und setzte sich.

“In Arinken geschieht wenig. Mir fällt es schwer, von Neuigkeiten zu berichten, die interessant sind. Die Leute sind recht verschlossen. Wenn etwas passiert, dann spricht es sich nicht so schnell herum wie anderswo. Vielleicht dies: hier ist manches anders. Der Wald ist nicht einfach nur ein Wald. Er ist, er ist wie ein Nachbar, von dem man weiß, dass er zuhause ist, den man aber nie draußen sieht. Und der Banquir, er ist wie der Nachbar, dessen Geräusche man immer und jederzeit hört. Es bleibt einem nichts anderes übrig, als das hinzunehmen.”

“Aber ein Wald ist doch ein Wald und ein Fluss ein Fluss.” Ardan verschluckte sich beim Trinken und hustete. “Natürlich. Aber kein Wald ist wie der andere. Wozu immer wir uns entscheiden, wie wir etwas nennen: Wir wissen nie, ob wir rechthaben.” Nun blickte Rondrian mit einem Argwohn zu der Magd.

“Schaut, wenn Ihr ein Bier bei mir bestellt, bekommt Ihr etwas, was wie ein Bier aussieht und wie ein Bier schmeckt.” Rondrian leckte sich über die Lippen und schaute kurz in seinen Becher. “Aber das war doch hoffentlich auch Bier.” “Sicherlich. Wenn nun aber die Männer dort drüben jeder ein Bier bestellt und trinkt und dann noch eine Runde und noch eine und noch eine, bis das Bier im Postillon alle ist. Was macht der kluge Wirt? Er sagt nicht, er habe kein Bier mehr. Er lässt seine nicht minder kluge Magd etwas ausschenken, was wie Bier aussieht und schmeckt.”

“Und du bist am Ende gar keine Magd?” Jetzt musste die Magd lachen. Es donnerte halbherzig. “Wer weiß?” “Und die Baronin, ist sie eine Baronin?” “Die hohe Dame? Sie ist sicher Baronin, was denn sonst?” “Ich weiß, eigentlich wäre der Bänkelsänger sicherlich der Fachmann für derlei Fragen.”

“Der? Der war doch kein Bänkelsänger.” Die Lippen der Magd kräuselten sich zu einem ganz feinen Lächeln.

Draußen kam Wind auf, es klapperte. “Ich muss gehen und die Läden schließen”, entschuldigte sich die Magd.