Archiv:Der Fürst beehrt die Fürstliche Gemeinde (BB 48)
| Quelle: Bosparanisches Blatt Nr. 48, Seite 37 | Datiert auf: Praios 1047 BF |
Ralman regelt, Urbasi unterwirft sich
von Alverano ya Paredo
Urbasi. Die Vergleiche kommen nicht von ungefähr. Am vergangenen Praiostag, dem 18. Praios 1047 BF, empfing die Silberstadt ihren zweiten Provinzherrn binnen eines Götterlaufs zum großen Besuch. Nach dem Grafen vom Sikram war es diesmal aber der Fürst von Vinsalt selbst, der die südlichste Stadt seines Fürstentums visitierte. Und auch er kam nicht allein. So lang war sein Gefolge, dass es in den Gassen Urbasis von manchen gar mit dem Triumphzug der Garether nach Bosparans Fall verglichen wurde.
Fürst Ralmans Aufbruch aus Vinsalt – für ihn ist eine Reise nach Urbasi eine weitaus zeitaufwändigere Angelegenheit als für Graf Croenar im Vorjahr – beschäftigte dabei nicht nur die Silberstadt, jedenfalls nicht nur unsere. Sibur war nämlich das erste Ziel des fürstlichen Konvois. Sein Statthalter vor Ort empfing den amtierenden Comto Marschall mit allen Ehren. Und nicht nur ihn: Fürstin Erlgard, die Comtessa Connetable, nahm in der Nachbarstadt Urbasis etwa Berichte der Connetablia Vetera über jüngste Übergriffe auf die Sicherheit der Straßen im Aurelat entgegen, wie es heißt.
Dass Urbasi das eigentliche Ziel von Ralmans Reise war, stand aber außer Frage. Und so brachen bereits am Morgen des genannten Praiostags Berittene durchs Siburer Tor auf, um dem Zug des Fürsten durch die Urbasiglia entgegenzueilen und ihm weiteres Geleit zu geben. Darunter waren die Silbernen Löwen der della Pena, aber auch einige Eisenwölfe, die Baron Lorian schon einige Tage zuvor aus Montarena nach Urbasi entsandt hatte. Als sie wenige Stunden später zurückkehrten, waren sie nurmehr ein kleiner Teil des fürstlichen Heerwurms … ähm Trosses. Vorweg ritt ihnen allen als Bannerträger seines Vaters Prinz Alborn, der dabei eine außerordentlich gute Figur machte. In den Jubel der Popoli, die den hohen Besuch begrüßten, mischte sich darob gar manch zweideutiges Pfeifen.
Schon auf dem Weg durch die Stadt stießen immer wieder weitere Patrizier mit kleinem Gefolge zum fürstlichen Konvoi und hielten diesen durch Unterwerfungsgesten und eiligst vorgebrachte Grußformeln auf, alldieweil die angeschlagene Gonfaloniera Duridanya und der Großteil der Priori vor dem Magistratspalast am Renascentia-Platz warteten. Das Orchester, das erneut die Urbasi-Hymne aufspielte, soll gar dreimal vergebens angefangen haben, bis endlich wirklich der Fürst aus Vinsalt zwischen den Zwillingstürmen am Rahja-Tempel auf den Platz einbog.
Mit gönnerhaftem Lächeln würdigte Ralman die öffentliche Grußbotschaft der Gonfaloniera dann, bevor die Gäste aus Vinsalt und ihre urbasischen Gastgeber allesamt im Magistratspalast verschwanden. Oh, was war das für ein gespanntes Bangen unter den Popoli, als sich der hohe Besuch hinter die abgeschirmten Mauern der städtischen Amtsgebäude zurückzog (die ihrer ausladenden Größe erst zu dieser Gelegenheit je gerecht wurden, wie manche unkten). Dass noch immer nicht alle Irritationen in Vinsalt über die dem Sikramer Grafen im Vorjahr eingeräumten Sonderrechte ausgeräumt waren, hielt sich währenddessen als hartnäckiges Gerücht. Mehrfach wechselten auch hohe Würdenträger über die kommenden Stunden vom Magistrat in den gegenüberliegenden Palazzo del Castello. Sogar der neue Kroncastellan der nahen Albornsburg, Verian di Cerrano, ward gesehen, wie er kurz vor der Comtessa Connetablen ebendort in der Tür verschwand.
Am Ende scheinen die Gespräche, so es denn noch mehr als solche über bereits entschiedene Dinge gab, jedoch gut verlaufen zu sein. Es war jedenfalls schon später am Nachmittag, als die Gonfaloniera, die übrigen Priori und die Kronräte aus Vinsalt auf den Balkon des Magistrats treten sollten, um dem „fürstlichen“ Volk Urbasis frohe Botschaft zu verkünden: Ralman beglückwünsche die Silberstadt zum einvernehmlichen Bündnis, das sie mit ihrer vormaligen Vorstadt zu schließen imstande war, auch über Provinzgrenzen hinweg! Es sei aller Anwesenden Hoffnung, „nein feste Überzeugung,“ dass dies der südlichen Grenze des Fürstentums über Jahre („wenn nicht Jahrzehnte“) Recht, Ordnung und Frieden sichern werde. Als Beitrag dazu verzichtete der Fürst gar auf Teile seiner Zollhoheit an den Brücken über Sikram und Argenna. Weitere Details der Verkündung gingen im aufbrandenden Jubel der Popoli unter …
Aufmerksamen Beobachtern entging indes nicht, dass der als dritter Kronrat anwesende Comto Seneschall, Croenars Sohn Cordovan, dabei überaus viele Hände schüttelte. Überhaupt war seine Anwesenheit – er war bereits seit dem Aufbruch in Vinsalt Teil der fürstlichen Delegation, wie noch bekannt wurde – ein Detail, das erst im Nachgang viel diskutiert wurde. Als Erster Wappenkönig des Reiches übergab er den Stadtoberen Agrepparas in einer separaten Zeremonie eine Urkunde mit dem finalen Wappen der im Vorjahr gegründeten Stadt.
Vom abschließenden Bankett, mit dem die andere, die Silberstadt ihre Gäste ehrte, gibt es verschiedene Berichte über Ausschweifungen, die auch dem Umstand geschuldet sein mögen, dass der Fürst und sein Gefolge (anders als der Graf vor Jahresfrist) die Nacht in Urbasi verbrachte. Gonfaloniera Duridanya selbst habe ihren möglicherweise letzten Auftritt als Stadtoberhaupt mit reichlich Wein begossen, heißt es. Prinz Alborn aber sei der begehrteste Gesprächs- und später auch Tanzpartner aller jungen urbasischen Patrizierinnen gewesen. Nur mit Comtessa Rahjada, der „urbasischen“ Fürstentochter aus dem Haus Urbet, wechselte er statt Worte wohl nur einige Blicke – verstohlene, wenn man manchen glaubt, missliebige, wenn es nach anderen geht – die den nach der Kaiserjagd im Winter aufgekommenen Gerüchten neue Nahrung geben könnten.
So oder so formierte sich am folgenden Morgen der Zug des Fürsten neu, diesmal nach Vinsalt zurückkehrend. Und mancher fragte sich, was Ralman am Ende als Beute wohl mitgenommen hatte …