Briefspiel:Kaiserjagd/Der Kalif von Unau II

Aus Liebliches-Feld.net
Zur Navigation springenZur Suche springen

Auge-grau.png

Kaiserjagd.png Städteübergreifendes Briefspiel Kaiserjagd.png
Datiert auf: 1.-6. Firun 1046 BF Schauplatz: von Aldyra in den Wald von Persenciello Entstehungszeitraum: ab März 2024
Protagonisten: Khadan II. Firdayon, etliche Hochadlige und weitere Noble des Reiches Autoren/Beteiligte: Haus Amarinto.png Amarinto, Familie Solivino.png Bella, Familie della Carenio.png Carenio, Familie ya Malachis.png Cassian, Reichswappen.png Dajin, Haus della Pena aeH.png Dellapena, Haus Sirensteen.png Erlan, Familie Flaviora.png Flaviora, Familie Gerber.png Gerberstädter, Haus Urbet.png Gonfaloniere, Haus della Pena jH.png Horasio, Familie van Kacheleen.png Kacheleen, Familie Luntfeld.png Luntfeld, Haus Legari.png Nebelzweig, Haus Carson.png OrsinoCarson, Familie di Cerrano.png Princeps, Haus di Salsavur.png Rondrastein, Haus Romeroza.png Savinya Romeroza, Haus Veliris.png Schatzkanzler, Familie Ventargento.png Silberwind, Haus Tribec.png Tribec, Wappen fehlt.png Vairningen, Haus ya Pirras.png VivionaYaPirras u.w.
Zyklus: Übersicht · Teilnehmer · Schauplätze · Regeln · Gerüchteküche · Erster Tag · Zweiter Tag


Der Kalif von Unau II – Im Kreise der Familie

28. Hesinde 1046 BF (Opernfestspiele), Vinsalt

Fortsetzung von hier.

Autor: VivionaYaPirras

Orleane stellt der Familie ihren Dienstherrn vor.

Orleane betrat das Hotel. Sie achtete überhaupt nicht auf die Pracht, die sich hier in diesem altehrwürdigen Haus zeigte. Sie genoss dieses Gefühl. Dieses gar seltsame Gefühl von Schutz und Geborgenheit, denn Dareius würde sie zu ihren Eltern begleiten um es ihr gleichzutun. Ihnen die Aufwartung zu machen.
Es dauerte auch nicht lange, als sie ein ihr bekanntes Gesicht der efferdischen Dienerschaft sah. Der Hausdiener kam geradeaus auf sie zu, stutzte kurz und verbeugte sich.
“Signora Orleane, ich freue mich Euch gesund und wohlbehalten wiederzusehen. Eure Eltern erwarten Euch bereits. Euch und …”
Orleane konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen.
“Auch ich freue mich dich wiederzusehen, Praiondor. Dies ist Cavalliere Dareius Amarinto, mein Dienstherr.”
“Oh, ja … aber natürlich … verzeiht meine Unwissenheit, Signora.”
Er verbeugte sich auch in Richtung von Dareius.
“Cavaliere.” Dann machte er eine einladende Geste. “Wenn ihr mir bitte folgen würdet.”

Sie wurden in einen Salon geführt, wo sie bereits erwartet wurden. Ein groß gewachsener Mann mit langen schwarzen, schon mit einigen grauen Strähnen durchzogenen, Haaren und grauem Vollbart; gekleidet in ein weißes Hemd, darüber ein erdfarbenes Wams mit dem Wappen des Hauses ya Pirras auf Höhe des Herzens; auch Pluderhose und Schuhe waren im selben Farbton. Neben ihm stand ein junger Mann, fast so groß wie sein Gegenüber, mit kurzen schwarzen Haaren. Er trug ein schwarzes, hochgeschlossenes Hemd mit passenden Beinkleidern und Schuhen. Beide hatten einen Pokal in der Hand und auf einem Beistelltisch stand eine geöffnete Flasche Wein. Während der ältere Mann eine gewisse Autorität ausstrahlte, wirkte der jüngere abwartend, fast schon lauernd.
Orleane ging auf beide Männer zu, umarmte erst den Älteren und dann den Jüngeren.
“Vater, Bruder, erlaubt mir Euch vorzustellen. Cavalliere Dareius Amarinto, Constabler von Ruthor, Herr von Amarinto, Sudermark und Vancahof, Stadtvogt von Serillio, Ordensritter der Famerlorianer …”
Kurz hielt Orleane inne, bevor sie mit Stolz in der Stimme fortfuhr: “Mein Dienstherr.”


Autor: Amarinto

Dareius trifft die Familie seiner Dottora.

Dareius trat mit der ihm eigenen Mischung aus Selbstbewusstsein und Verbindlichkeit vor und verneigte sich respektvoll vor dem Baronet Valerio ya Pirras und dessen Sohn Icaro. Sein Blick ruhte einen Moment auf dem Familienwappen, das der Vater mit Stolz trug, ehe er das Wort ergriff.
„Baronet Valerio, Signor Icaro,“ begann Dareius mit der warmen, wohlklingenden Stimme eines geübten Sängers, „es ist mir eine große Ehre, Euch endlich persönlich begegnen zu dürfen.“
Sein Blick glitt kurz zu Orleane, und ein aufrichtiges Lächeln huschte über sein Gesicht, bevor er sich wieder den Herren zuwandte.
„Ich möchte nicht versäumen, Euch meinen tief empfundenen Dank auszusprechen. Es ist alles andere als selbstverständlich, dass Ihr Eurer Tochter gestattet habt, fern der Heimat in den Dienst eines Fremden zu treten. Ein leider weitaus gefährlicherer Dienst, als es ursprünglich den Anschein machte.“
Er machte eine kurze Pause, seine rechte Hand ruhte dabei auf der Brust in einer Geste der Aufrichtigkeit.
„Als Dottora meines Hauses ist sie mir in den vergangenen Monden eine unentbehrliche Stütze geworden – nicht nur durch ihre meisterliche Kunst der Heilung, sondern auch durch ihren scharfen Verstand und ihren unerschütterlichen Charakter. Es erfüllt mich mit großer Freude, heute die Gelegenheit zu haben, Euch zu bestätigen, dass sie das Haus ya Pirras in Phecadien würdig vertrat.“
Er verneigte sich erneut, diesmal etwas tiefer, in Anerkennung der Familie ya Pirras, und wartete auf die Antwort der covernischen Patrizier. Innerlich jedoch war Dareius gespannt, wie der gestrenge Vater und der Bruder auf seine Worte reagieren würden.


Autor: VivionaYaPirras

Valerio musterte seinen Gegenüber lange und eindringlich, bevor er zu einer Antwort ansetzte.
Praios zum Gruße, Cavalliere. Habt Dank für die warmen Worte. Euer Besuch ist doch recht unerwartet und ändert unsere abendlichen Pläne. Ich habe die Bediensteten angewiesen, uns noch eine Kleinigkeit zum Abend zu kredenzen. Ich hoffe, das ist in Eurem Sinne.”
Dareius wollte gerade antworten, als es an der Tür klopfte. Auf ein gestrenges ‘Herein’ hin öffnete sich die Tür und zwei Frauen betraten den Salon. Beiden konnte man ansehen, dass sie sich in Windeseile hergerichtet hatten. Die Ältere, mit blonden leicht gräulich durchzogenen Haaren hatte noch etwas Puder aufgetragen und sich die Haare hochstecken lassen. Dazu trug sie ein einfaches goldfarbenes Brokatkleid. Mit der Eleganz und Erfahrung einer Edeldame schritt sie auf Orleane zu. Liebevoll nahm sie sie in die Arme um sich danach Valerio zuzuwenden.
“Ihr hattet nach uns schicken lassen, werter Gatte? Verzeit die Verzögerung, aber ich war noch mit der Korrespondenz beschäftigt. Ich sehe, wir haben Besuch.”
Valerio nickte.
“Cavalliere Dareius Amarinto, ich darf Euch meine Frau Nissara, gebürtige di Tamarasco, vorstellen. Und natürlich auch meine Schwiegertochter Mireia, gebürtige ya Papilio.”
Mireia hatte sich im Schatten Nissaras zu ihrem Mann gestellt. Sie trug ihre braunen Haare offen und glatt gebürstet. Auf Puder oder ähnliches hatte sie ganz verzichtet, aber wohl nicht so freiwillig, denn im Gegensatz zu Nisaara wirkten ihre Gesichtszüge übermüdet und genervt.


Autor: Amarinto

Dareius wandte sich mit einem höflichen Lächeln zuerst an Nissara, die Edeldame des Hauses, und verneigte sich angemessen tief.
"Es ist mir eine besondere Freude, Euch kennenzulernen, Signora Nissara. Die Eleganz und Würde Eures Hauses spiegeln sich in Eurem Lächeln deutlich wider."
Dann richtete er seinen Blick freundlich auf Mireia, wobei er darauf achtete, ihr offen zu begegnen, ohne jedoch zu viel Aufmerksamkeit auf ihre offensichtliche Müdigkeit zu lenken.
"Ebenso erfreut bin ich, Euch kennenzulernen, Signora Mireia. Ich sehe das Lob Eurer Schönheit, welches mir zugetragen wurde, war nicht übertrieben."
Nachdem er beiden Damen mit Handkuss begrüßt hatte, richtete Dareius seine Aufmerksamkeit zurück auf Valerio, dessen Worte noch immer in der Luft standen.
"Habt herzlichen Dank für Eure Gastfreundschaft, Baronet. Eure Großzügigkeit ehrt mich und mein Haus. Eine kleine Stärkung am Abend wäre mir sehr willkommen und ich bedauere zutiefst, sollte unser unerwartetes Erscheinen Eure Pläne gestört haben."
Erneut streifte sein Blick kurz Orleane, und mit ruhiger Stimme fügte er hinzu: "Doch möchte ich Eure Zeit keinesfalls unnötig beanspruchen. Es war lediglich mein Wunsch, Euch meinen Dank persönlich auszudrücken und endlich Eure Bekanntschaft zu machen."


Autor: VivionaYaPirras

“Nein Cavalliere, ich bestehe darauf,” sagte Valerio mit einer festen Stimme, die keinen Widerspruch duldete. “Ihr seid heute Abend unser Gast. Und ich denke, wir haben einiges zu besprechen.”
Es klopfte wieder und ein Bediensteter des Hotels verkündete, dass serviert wäre. Zufrieden nickte Valerio. Höflich ließ er seiner Frau den Vortritt und die Gesellschaft betrat das Nebenzimmer, wo ein opulentes Abendessen aufgetragen war. Eine reichhaltige Auswahl verschiedener Brotsorten, Wurst, Käse und unterschiedlichen Fruchtaufstrichen waren vorhanden. Dazu verschiedene Getränke, aber allesamt ohne Alkohol. Nachdem alle Platz genommen hatten und der Bedienstete aufgetragen hatte, begannen erste höfliche, gesellige Gespräche. Valerio ya Pirras saß genau gegenüber von Dareius Amarinto, Frau und Tochter zu seiner Rechten und Sohn samt Ehefrau zu seiner Linken.
Inmitten dieser entspannten Stimmung, warf Valerio ya Pirras eine Frage in den Raum: “Sagt Cavalliere Amarinto, wie konntet ihr es zulassen, das meine geliebte Tochter Teil des Widerstandes gegen die praiosgefällige Ordnung, repräsentiert durch den Baron von Sewamund, wurde und sie ihr Leben bei der daraufhin folgenden Schlacht riskierte?”
Er blickte Dareius dabei fest in die Augen. Alle Gespräche verstummten und nur das Geräusch von auf einen Teller fallendem Besteck durchbrach die Stille.
“Aber Vater …” versuchte Orleane nach dem ersten Schreck kurz aufzubegehren, wurde aber mit einer kurzen Handbewegung ihres Vaters unterbrochen.


Autor: Amarinto

Dareius räusperte sich kurz, dann legte er ruhig das Besteck beiseite und erwiderte den Blick des Baronet fest, aber respektvoll.
„Eure Sorge, Baronet ya Pirras, ist verständlich und ehrt Euch als Vater. Lasst mich jedoch offen sprechen und versichern, dass ich niemals leichtfertig Signora Orleanes Leben oder Wohlergehen aufs Spiel gesetzt hätte.“
Er machte eine kurze Pause, um die Ernsthaftigkeit seiner Worte zu unterstreichen.
„Signora Orleane hat ihre Entscheidung aus eigenem, freien Willen getroffen, und sie tat es nicht aus Rebellion, sondern aus tiefer Überzeugung und Pflichtgefühl heraus. Die Lage in Sewamund ließ uns kaum eine Wahl. Es ging nicht um Widerstand gegen die praiosgefällige Ordnung an sich, sondern vielmehr um die Beendigung einer ungerechten und tyrannischen Herrschaft, welche die Rechte der Nobili und Popoli gleichermaßen missachtete.“
Dareius richtete seinen Blick kurz auf Orleane, bevor er wieder Valerio fixierte.
„Ich habe eure Tochter als mutige und verantwortungsbewusste Frau kennengelernt, die ihre Fähigkeiten und ihre Stellung genutzt hat, um Leben zu retten. Ich denke Ihr könnt stolz darauf sein, dass sie in diesen schwierigen Zeiten Größe gezeigt und damit das Ansehen eures Hauses gemehrt hat.“
Die Stille im Raum blieb bestehen, während Dareius ruhig und mit fester Stimme abschloss: „Aber als Ihr Dienstherr übernehme ich natürlich dafür die volle Verantwortung für das, was geschehen ist und stehe Euch Rede und Antwort.“


Autor: VivionaYaPirras

Valerio hob eine Augenbraue.
“Ihr hättet also niemals das Leben meiner Tochter leichtfertig aufs Spiel gesetzt, Cavalliere? Und wie erklärt ihr dann die Verletzung unserer Hausmaga Signora Tharinda della Pena? Hielt Sie sich nicht auch in diesem Lazarett auf, angeblich fernab von jeder Gefahr? Sie hat ihr Leben fast verloren und ist für den Rest ihres Daseins durch eine Narbe gezeichnet. All dies oder noch Schlimmeres hätte auch unserem Kind widerfahren können. Wieso habt Ihr sie nicht einfach nach Hause geschickt, wie wir es verlangt haben?”
Nissara legte sanft ihre Hand auf Valerios Unterarm, merkte sie doch wie dieser immer ungehaltener wurde.
Orleane schaute Ihren Vater an: “Verzeih mir, Vater, aber ich muss den Cavalliere in Schutz nehmen. Er wusste nichts von Deiner Anordnung und auch Signora Tharinda habe ich um Stillschweigen gebeten.”
Der Blick des Familienoberhauptes wurde eisig und Orleane schaute beschämt auf ihr Gedeck.
“Und auch alles, was danach geschah, habe ich allein zu verantworten. Cavalliere Amarinto ist ein guter Dienstherr und bar jeder Schuld.”
Zum ersten Mal äußerte sich Nissara di Tamarasco: “Über Schuld und Sühne entscheidet allein der Himmlische Richter. Wir wissen beide um Orleanes Sturheit und Euer Leumund, Signor Dareius, spricht für Euch. Aber seht uns die Sorge um unsere Tochter nach.”


Autor: Amarinto

Dareius neigte in stillem Respekt den Kopf, als Nissara di Tamarasco das Wort erhoben hatte – mit der ruhigen Autorität einer Frau, die es gewohnt war, zu vermitteln. Ihre Worte wirkten wie ein sanfter Schleier, der sich über das aufgewühlte Gespräch legte, doch Dareius wusste, dass die Flammen unter der Oberfläche noch glommen.
Er straffte sich ein wenig, sein Blick fest und seine Stimme ruhig und klar: „Danke, Signora Nissara, für Eure weisen Worte. Ich erkenne die Besorgnis eines Vaters, einer Mutter – und einer ganzen Familie –, die nicht aus Misstrauen, sondern aus Liebe und Fürsorge sprechen.“
Er wandte sich an Valerio, seine Stimme nun fester: „Ich will nicht leugnen, dass Fehler geschehen sind. Auch nicht, dass der Weg, den wir in jenen dunklen Wochen beschritten, gefährlich war – für jeden von uns. Ich hätte Euch informieren müssen. Das war mein Versäumnis. Doch ich schwöre Euch: Ich hätte nichts davon zugelassen, wenn ich nicht sicher gewesen wäre, dass es der unverbrüchliche Wunsch Eurer Tochter war zu bleiben und ihren Beitrag zu leisten.“
Er schwieg einen Moment, dann blickte er Valerio direkt an, mit jenem Ausdruck ernster Aufrichtigkeit, der seine Worte gewichtiger machte als es jede Lautstärke vermocht hätte.
„Was Signora Tharinda betrifft – ich bedaure zutiefst, was ihr widerfuhr. Doch auch sie war aus eigenem Willen dort. Dennoch wünschte ich, ich hätte sie schützen können, wie ich es mir für jede Frau, jeden Mann wünsche, die in diesem Konflikt zu Schaden kamen.“
Er seufzte leise, fast unhörbar, und nahm dann wieder das Besteck zur Hand, nicht um zu essen, sondern um das drohende Schweigen mit einer würdevollen Geste zu beenden.
„Doch da Ihr mich nun persönlich kennt, Baronet ya Pirras, so hoffe ich, dass Ihr mir glauben mögt, wenn ich sage: Ich wäre lieber selbst gefallen, als das Vertrauen zu beschmutzen, das Eure Tochter mir entgegengebracht hat.“
Es war kein Pathos in seinen Worten, nur die schlichte, nüchterne Wahrheit eines Mannes, der zu viele Entscheidungen auf dem Schlachtfeld getroffen hatte – und mit jeder davon leben musste.


Autor: VivionaYaPirras

Icaro konfrontiert Dareius mit interfamiliären Fragen.

Zum ersten Mal an diesem Abend richtete Icaro, der ältere Bruder Orleanes das Wort an Dareius: “Eure Worte ehren Euch, Cavalliere, und zeigen, dass Ihr die Verantwortung für Euer Handeln übernehmen wollt. Tugenden, die einem Anhänger der Herrin Rondra gut zu Gesicht stehen. Aber wie soll diese Verantwortung Eurer werten Meinung nach aussehen? Meiner Schwester ist, dem Herrn des Lichtes sei Dank, nichts Schlimmes widerfahren. Aber es sind Soldaten der Falcones aurea verletzt worden oder gar gefallen. Dem Hausorden der di Tamarasco und nicht der unsere. Zum Schutz meiner Schwester angedacht, aber aus uns unbekannten Gründen bei Euch in der vordersten Kampfreihe.”
Er schaute kurz Orleane an, die seinem Blick auswich.
“Obwohl ich mir fast schon denken kann, aus wessen Gedankengängen diese Idee stammte. Ich kann mir nur nicht vorstellen, wie ihr es geschafft habt, den sonst ach so wachen Verstand meiner Schwester zu vernebeln.”
Er ließ die Fingerspitzen seiner rechten Hand leise auf den Tisch klopfen.
Seine Frau Mireia lachte leise auf: “Icaro, Liebster, wollt Ihr damit etwa auf eine kleine Liaison hindeuten. Das kann ich mir nur schwerlich vorstellen.”
Ihr Blick sagte aber etwas anderes.
“Mireia, dies tut hier nichts zur Sache”, unterbrach Icaro diesen Einwand. “Also, Cavalliere, wie soll Eure Verantwortung aussehen?”
Er hielt Dareius symbolisch die offene Handfläche hin.
“Seht mich als den rechtlichen Vertreter der di Tamarasco und ich halte in deren Namen die Hand auf.”


Autor: Amarinto

Dareius ließ sich nicht aus der Fassung bringen. Seine Augen ruhten ruhig auf Icaro, dessen Geste der offenen Hand keineswegs als bloße Provokation zu verstehen war – sondern als ein formelles Angebot. Eine Bühne, auf der ein Ausgleich stattfinden konnte. Langsam legte Dareius das Besteck zur Seite, ehe er das Wort ergriff.
„Signor Icaro,“ begann er ruhig, beinahe nachdenklich, „Ihr habt jedes Recht, die Frage nach Verantwortung zu stellen – im Namen Eures Hauses, im Namen des Hauses Eurer geschätzten Mutter. Und ich will Euch daher nicht mit schönen Reden vertrösten.“
Er machte eine kurze Pause und legte dann beide Hände offen auf den Tisch – eine spiegelbildliche Geste zu der seines Gegenübers.
„Wenn es um eine Entschädigung geht: Sagt mir, was angemessen scheint – sei es in Gold oder in der Unterstützung eines Anliegens Eurer Häuser. Der Schmerz über die Gefallenen und Verwundeten lässt sich damit nicht lindern, doch es ist ein Anfang.“
Dann richtete sich sein Blick auf Valerio, kurz auch auf Nissara, ehe er wieder zu Icaro sprach.
„Wünscht Ihr eine öffentliche Entschuldigung gegenüber dem Haus di Tamarasco, so werde ich diese jederzeit öffentlich aussprechen.“
Er lehnte sich zurück, ohne jede Schärfe, doch mit klarem Ernst in der Stimme, als er fortfuhr: „Doch was den Vorwurf betrifft, ich hätte den Verstand Eurer Schwester … vernebelt … so muss ich widersprechen.“
Er wandte sich nun leicht zur Seite und sah Orleane an, mit einer Mischung aus kühler Logik und dem unironischen Ernst, die nur Rondrianer aufbringen konnten, wenn es um Prinzipien ging.
„Signora Orleane …“, sagte er leise, „wenn Ihr wünscht, dass ich Euren Bruder im Namen Eurer Ehre, zum Duell aufs erste Blut fordere – so werde ich Eurem Wunsch Folge leisten. Denn wer öffentlich andeutet, Euer Urteilsvermögen sei durch … persönliche Zuneigung getrübt worden, stellt nicht nur Eure Würde infrage, sondern auch Eure Entschlossenheit, den Dienst als Dottora aus eigener Überzeugung und nach Euren eigenen moralischen Werten zu leisten.“


Autor: VivionaYaPirras

Orleane riss die Augen auf. Entrüstung klang in Ihrer Stimme auf.
“Nein … nein … natürlich wünsche ich dies nicht, Cavalliere. Er ist mein Bruder. Auch wenn er eine scharfe Zunge hat, ist es nicht notwendig, die Waffen zu kreuzen oder gar Blut zu vergießen.”
Icaro klatschte in die Hände.
“Heroisch der holden Maid zur Seite stehen. Wie es sich für einen wahren Ritter gehört und wie es in vielen Werken geschrieben steht.”
Amüsiert lehnte er sich zurück.
“Wir haben uns schon mit unseren Verwandten einigen können, Cavalliere. Und Gold? Glaubt ihr, das Leben eines Menschen lässt sich in Gold aufwiegen? Denkt Ihr, der das Schild der Ehre so hoch hält, das wir so charakterlos wären?”
Das Trommeln der Finger auf dem Tisch wurde lauter. Beschwichtigend legte seine Frau ihre Hand auf die seine.
“Ich denke nicht, dass der werte Cavalliere dies mit seinen Worten ausdrücken wollte und …”
Mit einer Geste brachte Valerio seine Schwiegertochter zum Schweigen. Man konnte spüren, wie sich die Stimmung in diesem Raum aufheizte.
“Eure Unterstützung würden wir gerne annehmen, Cavalliere. So wie Ihr nach den Lehren der Leuin lebt, gibt es in Sewamund auch Häuser, die dem Gleißenden folgen?”


Autor: Amarinto

Dareius neigte seinen Kopf in Richtung Orleanes. „Wie Ihr wünscht, Signora.“
Dann wandte er sich wieder an Valerio ya Pirras. Die Spannung, die sich wie ein unsichtbares Netz über den Raum gelegt hatte, war greifbar, doch der Cavalliere ließ sich nicht beirren.
„In der Tat, Baronet,“ antwortete Dareius mit ruhiger Stimme, „der Herr Praios wird auch in Sewamund geehrt, nicht nur in den Hallen der Aldigonenser, sondern ebenso durch jene, die für Ordnung, Gerechtigkeit und Wahrheit einstehen.“
Er machte eine kurze Pause.
„Das Haus d'Illumnesto, ursprünglich aus Pertakis, zuletzt treue Diener des Horas als Kronvögte in der Baronie Holdan, gewinnt derzeit merklich an Einfluss in Sewamund. Signora Amelthona d'Illumnesto – vielleicht habt Ihr von ihr gehört – wurde unlängst von Herzog Cusimo Garlischgrötz persönlich zur vorübergehenden Protektorin von Sewakien ernannt.“
Er ließ den Titel bewusst wirken, ehe er fortfuhr.
„Sie verwaltet damit in Stellvertretung des abgesetzten Barons Irion von Streitebeck die Baronie Sewamund. Eine gewichtige Aufgabe in schwierigen Zeiten – doch eine, der sie mit Demut, Strenge und unbestechlicher Treue gegenüber der göttlichen Ordnung nachkommt. Der Bund zwischen unseren Häusern ist in den letzten Monden enger geworden. Die Cavalliera Amelthona d'Illumnesto ist mir eine geschätzte Vertraute, eine Frau von Ehre und Disziplin, wie man sie selten findet.“
Dann legte er eine Spur Wärme in seine Stimme: „Was Eure Frage nach meiner Unterstützung betrifft …“
Er neigte sich einen Fingerbreit nach vorne und senkte leicht die Stimme, ohne die Form zu verlieren.
„Am letzten Tag der Kaiserjagd, bevor das große Abschlussfest beginnt, bin ich zu einer Audienz bei seiner imperialen Majestät, dem Horas selbst, geladen worden. Es ist mir gestattet, eine kleine Zahl an Persönlichkeiten zu benennen, denen dieselbe Ehre widerfahren soll.“
Sein Blick ruhte nun fest auf Valerio, während seine Worte klar und von herzlicher Bestimmtheit getragen waren: „Wenn Ihr es wünscht, Baronet Valerio, so wäre es mir eine aufrichtige Ehre, auch Euren Namen zu nennen.“


Autor: VivionaYaPirras

Ein kurzes Heben der Augenbraue war die einzige Regung im Gesicht Valerios auf diesen Vorschlag. Auch seine Frau Nissara strahlte eine erhabene Ruhe aus. Allein bei Mireia ya Papilio konnte man ein aufgeregtes Flackern in den Augen und ein leichtes Zittern sehen, während ihr Mann stillschweigend Dareius Amarinto musterte.
Die tiefe wohlklingende Stimme des Baronet durchbrach die Stille: “Wenn Ihr dazu bereit seid, diese Ehre mit uns zu teilen, Cavalliere, werden wir dieses großzügige Entgegenkommen Eurerseits annehmen. Besiegeln wir es mit einem Schluck Pranoster.”
Er hob den Becher und der Cavalliere tat es ihm gleich.
“Amelthona d'Illumnesto”, mit diesem Namen begann Valerio wieder das Gespräch. “Ein seit Jahrhunderten mit der Kirche des Götterfürsten verbundenes Haus. Ja, der Name ist uns wohlbekannt und sie ist auch bei der Jagd zugegen, zusammen mit ihren Söhnen. Nur hatten wir bisher persönlich noch nicht das Vergnügen. Ein Makel, den wir, so Praios will, beseitigen werden. Ihr spracht von einem Bund Eurer Häuser. Einem Traviabund?”


Autor: Amarinto

Dareius stellte den Becher wieder sorgsam auf den Tisch und nickte.
“Ja, die Base der Signora Amelthona, Fulminia d'Illumnesto, Ritterin des Heilig-Blut-Ordens, ist die Witwe meines kürzlich bei der Verteidigung Amardûns gefallenen Onkels Rimaldo Amarinto und Mutter meines Vettern und meiner beiden Basen. Signora Fulminia wurde bei der Eroberung Amardûns gefangen genommen und verbrachte einige Wochen im Kerker der Festung. Ein Affront, den das Haus d’Illumnesto nicht akzeptieren wollte und uns daher dankenswerterweise bei den Kämpfen gegen die Truppen des Streitebeck tatkräftig unterstützte. Der gemeinsame Kampf und die erlittenen Verluste haben unsere Häuser noch enger verbunden.”
Er unterstrich die Worte mit einer kurzen Pause.
“Wünscht Ihr der Signora Amelthona vorgestellt zu werden, Baronet? Ich könnte dies sicherlich arrangieren.”


Autor: VivionaYaPirras

“Wir wären für jegliche Form der Unterstützung dankbar. Aber nun lasst uns die Becher heben und uns Eures Onkels gedenken, auf dass der Gleißende ihm in der dunkelsten Stunde den Weg gewiesen hat.”
Valerio stand auf und seine Familie tat es ihm nach. Sie erhoben die Becher und Nissara sprach: “In Gedenken an unsere Verschiedenen.”


Autor: Amarinto

Dareius Amarinto erhob ebenfalls seinen Becher und dachte an all die Gefallenen seiner Familie, seinen Onkel Rimaldo, seinen Großonkel Rondrician, dessen Gattin Josmina Galfard. Ebenso an die vielen anderen Gefallenen der Kämpfe um Sewamund. Als letztes streifte seine Erinnerung seine ewige Gegenspielerin Usvina Tribêc de Trebesco, die Frau von der er immer dachte, sie würde eines Tages ihre Rache bekommen und ihn zu den Göttern schicken. Es war anders gekommen und nun war sie hoffentlich wieder mit ihrer großen Liebe, seiner Großtante Phrenya, vereint.
“Mögen die Götter Ihren Seelen gnädig sein,” flüsterte er gedankenversunken und mit erhobenem Becher.