Briefspiel:Irion an Calvino im Hesinde 1028 BF
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Wohlgeboren Calvino,
geschätzter Senator ya Mornicala.
Ereignis um Ereignis türmet sich dieser Tage in den Mauern, die Euch als Erster der Räte dieser Stadt nicht unbemerkt geblieben und ohne Sorge gelassen haben können. Die wachsende Bedrohung durch den Baron Veliris im Osten bekümmert und beschwert mein Herz wie auch gewisslich das Eure. Und allwo doch die erste Regel in Zeiten der Bedrohung und Gefahr diese ist, dass die Edlen einig zusammen stehen und nicht Zwist noch Hader unter sich dulden, so ist es mir ein Anliegen, Freundschaft und Einvernehmen zwischen uns zu erneuern.
Dies und die Sorge um Euer und der Eurigen Wohlergehen und Ansehen ist's auch, die mich bekümmert und besorgt dies sagen lässt, da in dieser Stunde Kunde ich höre, dass der hoch verehrte Ciro, Euer Patron, in unsere Stadt eilt – nicht als Herr seiner selbst, sondern, so geht die Fama, unter anderen Farben: Diese Nachricht, ich will es frank und frei sagen, einzig aus Bedacht um Euer Wohl, lässt Uns um die Ehre und das Ansehen Eurer Familia in dieser Stadt fürchten – und überdies um Eure Position, die doch in den Augen der Bürger wesentlich davon abhängt, dass Ihr nicht Partei sondern der Erste der Räte dieser Stadt seid.
So lässt mich diese Kunde, ich mag sie kaum glauben, ängstlich fürchten um Eure Stellung, denn wie werden Eure Räte, wie wird der Magistrat sich hierzu stellen? So ehrenvoll das Ansinnen des lieben Ciro und so gut und schicklich die Gesellschaft, in die er sich begibt, so wenig deucht mich dieses doch dienlich Eurem und dem allgemeinen Interesse. Denn die Herrschaft des Adels über diese Stadt, so unsicher nach den unheiligen Wirrnissen, den Revolten und Unruhen der Vergangenheit, hängt nicht nur an der Stärke unserer Waffen, sondern auch an Eurer Führung, an Eurer festen Hand über die Bürgerschaft und den Magistrat. Wir fürchten, dass diese Eure Autorität und damit die Stärke der praiosgefälligen Herrschaft gefährlichen Schaden nimmt, sollte das Volk zu der irrigen Auffassung kommen, dass Ihr nicht der Diener der Stadt, sondern Diener einer Partei seied.
Diese Angst und Sorge ist es, die mich Euch fragen lässt, wie Wir Euch in Freundschaft dienen können, um Eure Stellung und Euer Ansehen zu erhalten und zu mehren. Nichts lieber sehen Wir, als dass die Edlen dieser Stadt in Freundschaft und gutem Einvernehmen miteinander verkehren und gewisslich wollen Wir nicht Euer Handeln und Entscheiden noch Würdigkeit und Wertigkeit von Bündnissen und Freundschaften mindern. Doch sind Wir der Ansicht, dass es zu Eurem und zum allgemeinen Nutzen ist, würdet Ihr Eure Farben in dieser Stadt aufrecht und selbständig halten. Nicht anders mag ich mir die stolzen Fahnen Eures Geschlechtes zu denken.
Was immer also in meiner Macht steht, das will ich tun – schon eingedenk der langen und großartigen Verbundenheit unserer Familien. Gewisslich das Geringste ist es, Eure Stimme allzeit zu hören und Euch und den Eurigen allzeit jene Achtung und Wertschätzung entgegen zu bringen, die Eurem hohen Geschlechte angemessen ist. Gewisslich wurde von Unserer Seite nie danach getrachtet, dies in auch nur der geringsten Weise zu mindern oder zu missachten. Ein Wort von Euch, dass dieses stete Bemühen in Euren Augen indes nicht hinreichend sei, und Wir hätten alles daran gesetzt, in einer Weise zu Handeln, die Euch und Uns in unseren Rechten, unseren Freiheiten und in Freundschaft erhalten hätte. Sollte Euch indes Anstand und Bescheidenheit diesbezüglich Schweigen anempfohlen haben, so bitten Wir Euch herzlichst, dies zu brechen und Euch Uns anzuvertrauen. Auf dass Wir diese Sorge, die auf Euch und auf Uns und dem allgemeinen Wohl lastet, schnellstmöglich hinfortheben und Eure Farben in stolzer Unabhängigkeit erhalten können.
Hochachtungsvoll
Irion von Streitebeck, Esq.