Briefspiel:Kaiserjagd/Eine Antwort aus Horasia

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Kaiserjagd.png Städteübergreifendes Briefspiel Kaiserjagd.png
Datiert auf: 1.-6. Firun 1046 BF Schauplatz: von Aldyra in den Wald von Persenciello Entstehungszeitraum: ab März 2024
Protagonisten: Khadan II. Firdayon, etliche Hochadlige und weitere Noble des Reiches Autoren/Beteiligte: Haus Amarinto.png Amarinto, Familie Solivino.png Bella, Familie ya Malachis.png Cassian, Horasreich-klein.png Dajin, Haus della Pena aeH.png Dellapena, Haus Sirensteen.png Erlan, Haus Urbet.png Gonfaloniere, Haus della Pena jH.png Horasio, Haus Legari.png Nebelzweig, Wappen fehlt.png Vairningen u.w.
Zyklus: Übersicht · Teilnehmer · Schauplätze · Regeln · Gerüchteküche · Erster Tag

Geschichten vor der Jagd: Firungefällige Fragen I · II · Eine Antwort aus Horasia · Prinz und Prinzessin · Ungewisses Parkett · Folnors Bankett · Die "Minnesängerin" · Der Kalif von Unau · Am Tag der Volkskunst I · II · Eine magische Nacht I · II
1. Firun: Sternenglanz im Sonnenschein · Ein Herz und eine Seele · Kaiserliche Herausforderung · Jagdabsprachen I



Eine Antwort aus Horasia

Autor: Bella


Von Signor Rahdrigo Solivino
An Comtessa Alvene della Tegalliani, Präzentorin des Horas

Sehr geehrte Comtessa Alvene della Tegalliani,

vor einigen Tagen erfuhr ich von der jüngst bekanntgegebenen Kaiserjagd im Firun dieses Götterlaufes.
Meine Familie, urbasisches Patriziat, ist schon seit etlichen Götterläufen im Weinanbau und der Weinkelterei aktiv. Unserer Ahnin, der Heiligen Ricarda Solivino, gelang es, den Cassianti, eine der vollendetsten Weinsorten des Sikramtales, zu keltern. Seitdem wurden ein Kloster, dessen Mitglieder sich voll Hingabe vor der Lieblichen der Herstellung des perfekten Weines widmen, und der Rahja-Tempel Urbasis nach ihr benannt.

Es wäre uns eine große Ehre, die besten Jahrgänge des Cassiantis auf dem rahjagefälligen Fest der Kaiserjagd bereitzustellen.
Voll Freude warten wir auf Eure Antwort, werte Comtessa, und auf ein hoffentliches Wiedersehen im Firun.
Rahja mit Euch!

Hochachtungsvoll
Rahdrigo Solivino am 30. Rondra 1046 BF



27. Efferd 1046 BF (St. Francidio), Urbasi

Fast ein Mond war vergangen, seit Rahdrigo den Brief mit dem Angebot, sich als Weinlieferant zur Verfügung zu stellen, abgeschickt hatte. Während in den ersten Tagen nach dem Abschicken noch die ganze Familie aufgeregt auf eine Antwort gewartet hatte und er jedes Mal beim Abendessen mit Fragen nach dem Antwortbrief durchlöchert worden war, hatten sich inzwischen die meisten wieder anderen Dingen zugewandt und den Brief vergessen. Rahdrigo jedoch nicht. Und das war es auch, was ihn von den meisten Mitgliedern seiner Familie unterschied, was ihnen den rasanten Aufstieg der letzten Jahre ermöglicht hatte. Er blieb bei der Sache und hörte auch nicht auf, wenn es langweilig wurde.
Seufzend stand er von seinem Schreibtisch auf und begann, im Zimmer auf- und abzuwandern. Anfangs hatte er wirklich gehofft, dass sie angenommen werden würden, dass sie nicht in dem Meer aus Anfragen, das wahrscheinlich auf die Präzentorin einstürmte, untergehen würden. Dass ihre Familiengeschichte, ihre heilige Ahnin heraustechen würde aus der Menge der Weinlieferanten. Doch er hatte sich getäuscht. Vielleicht war seine Eigenschaft, Dinge nicht so schnell abzuschreiben in diesem Fall eine schlechte. Der dickliche Familienpatriarch trat ans Fenster und blickte hinaus auf die Straße. Gedankenverloren beobachtete er die Bürger, Knechte und Mägde bei ihren alltäglichen Beschäftigungen und Einkäufen.
Plötzlich schreckte aus seinen Gedanken hoch, als er einen rahjanisch bekleideten, jungen Mann über die Straße eilen sah. Moment, den kannte er doch! Das war einer der Novizen aus dem Tempel seines Bruders. Einer Eingebung folgend eilte er aus seinem Arbeitszimmer die Treppe hinunter in die Eingangshalle. Dort stand der Novize und redete mit Datames, dem Verwalter. In der Hand schwenkte der junge Mann einen Brief. Mit schnellen Schritten ging Rahdrigo auf die beiden zu.
„Danke, Datames, ich übernehme von hier“, sagte er, dem älteren Diener das Wort abschneidend. Datames grummelte irgendetwas Unverständliches und zog sich zurück.
„Rahja zum Gruße, Signor Solivino. Seine Hochwürden Rahjalin hat mir aufgetragen, diesen Brief hierherzubringen“, sagte der Novize leicht verwirrt.
„Rahja zum Gruße … Alricio?“, Rahdrigo war sich nicht ganz sicher, wie der Novize hieß.
„Ja“, meinte dieser bestätigend. „Rahjalin meinte, ich … ich, äh, wüsste ja, wo ihr wohnen würdet.“
Er lief mit einem Mal knallrot an und Rahdrigo musste lächeln. Das war also der Rahjanovize, mit dem sich seine Tochter traf.
„Komm doch rein, Alvinia wird sich sicher freuen, dich zu sehen“, sagte er augenzwinkernd und nahm ihm den Brief ab. Ein kurzer Blick auf den Umschlag bestätigte seine Vermutung. Das Siegel war ein Abbild des horaskaiserlichen Wappens. Es geschah bisweilen, dass Briefe an die Solivino zuerst im Rahjatempel landeten, da einfache Bürger den Boten bei dem Namen Solivino manchmal zu dem mit diesem Namen assoziierten Tempel schickten.
„Ihr könnt euch auf einen Schluck Cassianti in den Innenhof setzen.“
Rahdrigo war auf einmal in ungewöhnlich guter Laune. Obwohl er für die Zukunft seiner Tochter eigentlich schon Pläne in Richtung politische Heirat hatte, konnte sie doch trotzdem noch Spaß haben. Zudem würde sie sowieso nicht auf ihn hören, wenn er es ihr verbieten würde, sich mit Alricio zu treffen. Der Rahjanovize trat zögernd und ein wenig verblüfft ein.
„Datames!“, rief Rahdrigo, „geh zu Alvinia und sag ihr und ihrem Hauslehrer, sie können den Bosparano-Unterricht auf später verschieben, sie hat Besuch. Ach ja, und ruf für morgen die ganze Familie zusammen, egal ob in Cassiena oder Santa Ricarda oder sonst wo, wir haben etwas Wichtiges zu besprechen!“
Datames tauchte auf und wies Alricio den Weg in den Innenhof, dann verschwand er um eine Ecke. Fröhlich summend ging Rahdrigo wieder in sein Arbeitszimmer und öffnete den Brief sorgfältig. Schnell las er die geschwungene, gleichmäßige Handschrift des Schreibers durch.


Von Comtessa Alvene della Tegalliani, Präzentorin des Horas
An Signor Rahdrigo Solivino

Werter Signor Rahdrigo Solivino,

hiermit lasse ich Euch und Eure Familie wissen, dass der horaskaiserliche Hof Euer rahjagefälliges Angebot gerne annimmt. Über die genaue Anzahl der Weinfässer und über den Preis werden wir in weiteren Briefwechseln reden. Wir freuen uns sehr, den Cassianti unserem Sortiment hinzufügen zu können.
Ich persönlich bin gespannt auf diese, von einer Heiligen ersonnene Sorte und freue mich auf Eure baldige Antwort.
Die Zwölfe mit Euch!

Hochachtungsvoll
Alvene della Tegalliani am 25. Efferd 1046 BF


Rahdrigo lächelte. Sie würden morgen viel zu besprechen haben, angefangen bei den richtigen Jahrgängen bis hin zu einem angemessenen Preis und wer die Lieferung begleiten und ihre Familie repräsentieren würde.


28. Efferd 1046 BF, Urbasi

Am nächsten Abend erfüllten Geschirrgeklapper, Stimmengewirr, Lachen und die eiligen Schritte der Bediensteten, die die drei Gänge des festlichen Abendessens servierten, den Speisesaal des Palazzo Solivino. Er war ungewöhnlich voll an diesem Abend, denn fast alle Verwandten Rahdrigos hatten anreisen können: Seine Schwester Cerceri mit ihren Kindern, sein Bruder Rahjalin und seine Tante Lorindya mit seinen Cousins und Cousinen sowie seine eigene Frau Traviane und seine Kinder. Nur Doriana, Rahdrigos älteste Tochter, studierte in Methumis und konnte so spontan nicht kommen. Es wäre auch unsinnig gewesen, so eine weite Reise nur für eine Familien-Besprechung zu unternehmen und vielleicht wichtige Prüfungen zu verpassen, deswegen hatte er ihr gar nicht Bescheid gesagt. Dass ausgerechnet sie fehlte, ärgerte den Familienpatriarchen allerdings, denn er hatte sie eigentlich schon für die Kaiserjagd eingeplant.
Nachdem die Vorspeise, eine leichte, cremige Suppe, serviert worden war, klopfte Rahdrigo mit der Gabel an sein Weinglas und räusperte sich. Nach und nach verstummten die Gespräche und die versammelten Familienmitglieder sahen ihn erwartungsvoll an.
„Meine Lieben, gestern erreichte mich ein Brief aus Horasia. Eine Antwort.“ Er machte eine stilvolle Pause und ließ seinen Blick über die Verwandten schweifen. In manchen Gesichtern spiegelte sich Erkennen und freudige Überraschung, andere sahen ihn weiterhin fragend an. Rahdrigo merkte sich die Familienmitglieder, die sich an den Brief erinnerten. Vielleicht waren diese doch nicht so inkompetent und er konnte ihnen wichtigere Aufgaben zuteilen. Den Rest schob er wieder in die Schublade der Unzuverlässigen.
„Ich würde sehr gerne mit auf die Jagd gehen.“ Die Augen seines Neffen Rahjesco leuchteten aufgeregt, als er mit seiner Bitte herausplatzte. „Bitte, Onkel!“
Erstaunt sah Rahdrigo Rahjesco an; sein Neffe überraschte ihn immer wieder. Natürlich, er war ein kompetenter Turnierstreiter und Kämpfer und brachte so seine Karriere als Cavalliere voran, doch anscheinend war er auch wesentlich intelligenter als der Patriarch es den Mitgliedern seiner Familie zutraute und sorgte sich um die wirtschaftliche Lage der Solivino, sonst hätte er den Zusammenhang von dem Brief aus Horasia mit der Jagd unmöglich so schnell verstehen können.
Wenn Rahdrigo es sich recht überlegte, passte er sogar besser als seine zwar äußerst intelligente, aber doch eher zurückhaltende Tochter Doriana auf die Kaiserjagd. Rahjesco war zwar eher stürmisch, doch ebenso humorvoll und geübt auf dem gesellschaftlichen Parkett.
„Na gut, aber achte darauf, einen guten Eindruck zu hinterlassen. Es geht um die Zukunft unserer Familie“, sagte Rahdrigo mit ernster Stimme.
„Natürlich. Und ich werde mit mindestens einem prächtigen Hirschgeweih zurückkehren.“ Er grinste erfreut. Obwohl Rahjesco das Kindesalter schon längst hinter sich hatte, wirkte er durch seine Begeisterung für Abenteuer aller Art manchmal noch wie ein verwegener Junge.
Rahjescos Schwester Rahjabella verdrehte dagegen die Augen, konnte ein Lächeln jedoch nicht unterdrücken. „Rahjesco, manchmal kann ich gar nicht glauben, dass wir gleichalt sind …“
„Sind wir auch nicht, Schwesterchen. Du weißt ganz genau, dass ich drei Augenblicke älter bin als du!“
Daraufhin mussten alle lachen. Die liebevollen Neckereien zwischen den Zwillingen waren ein alltägliches Phänomen.
„Lies uns den Brief vor, Rahdrigo“, lenkte schließlich Lorindya das Gespräch wieder auf den Brief. Auch die Klosteräbtissin hatte mitgedacht, aber Rahdrigo hatte auch nichts Geringeres erwartet. Sie war schließlich für den edlen Wein zuständig, den sie an den Horas liefern wollten.
Er nickte und ließ einen Diener den Brief aus dem Arbeistzimmer holen, wischte sich mit einer Serviette die Hände sauber und las den Brief von der Präzentorin vor.
Nach einer kurzen, andächtigen Pause strahlten sich schließlich alle an. Dann redeten sie durcheinander, lobten ihn, den Cassianti, ihre ganze Familie und Rahja und klopften sich gegenseitig auf die Schultern.
„Auf unsere neue Anstellung bei der Kaiserjagd!“, rief da Rahjalin über den Lärm hinweg und sie prosteten sich zu.
Während der ausgelassenen Stimmung betraten zwei Bedienstete den Speisesaal und servierten den zweiten Gang: Lammfilet, paniert in Nussstückchen mit Ofenkartoffeln und Sahnesoße.
Rahdrigo wandte sich zu seiner Ehefrau, Traviane: „Liebste, was hälst du davon, wenn Doriana noch mitkommt?“
Traviane runzelte leicht die Stirn und legte ihre Gabel beiseite. „Rahdrigo, mute unserer Tochter doch nicht so viel zu. Sie ist noch so jung und schon lastet schon so viel Verantwortung auf ihrern Schultern. Sie studiert bereits in Methumis an der Herzogenschule und ist sogar Herrin von Auriolo geworden.“
„Wenn sie einst die Familie führen soll, muss sie lernen damit umzugehen“, sagte Rahdrigo entschlossen, seine Miene verhärtete sich.
Rahjalin, sein Bruder, räusperte sich. Das Gespräch nahm hier eine Wendung, die er als gemeinschaftsliebender Rahjageweihter gar nicht gut hieß. „Mein lieber Bruder, Traviane hat Recht. Doriana ist nicht hier, sie studiert auf deinen Wunsch in Methumis. Wir können nicht über ihren Kopf hinweg entscheiden.“
Rahdrigo schürzte die Lippen, doch man konnte sehen, wie er einknickte. Statt etwas zu erwidern, wandte er sich nun auch dem köstlichen Mahl zu.
„Dann ist es also beschlossen. Rahjesco wird die Weinlieferung begleiten und unsere Familie auf der Kaiserjagd vertreten“, sagte Rahjalin mit einem strengen Blick in Richtung Rahdrigo und einem warmen Lächeln zu seinem Neffen.