Briefspiel:Königsturnier/Die Meister des Tjosts II

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Horasturnier.png Geschichten am Rande des Königsturniers Horasturnier.png
Datiert auf: 25. Rahja 1038 BF Schauplatz: Arivor Entstehungszeitraum: Juli/August 2015
Protagonisten: Der Horas, Nepolemo ya Torese, Udora von Firdayon-Bethana, die 32 Besten des Reiches und weitere Autoren/Beteiligte: Haus Amarinto.png Amarinto, Horasreich-klein.png Athanasius, Calvenschwarz.png Calven, Haus Sirensteen.png Erlan, Haus Urbet.png Gonfaloniere, Haus della Pena jH.png Horasio, Familie di Bassalo.png Klimpermädchen, Haus della Trezzi.png Dellatrezzi, Haus di Salsavur.png Rondrastein, und weitere
Zyklus: Teil 1, Teil 2, Teil 3

Die Wölfe und der Bär erzählt eine Episode des Höhepunkts des Königsturniers. Während der Siegerehrung wendet sich plötzlich und scheinbar grundlos Torreon de Torri, der Schwarze Turm, gegen ein halbes Dutzend - und mehr - der anderen Streiter und zwingt diese (fast) in die Knie.

Auf der Geronsbahn

Mit einem Mal entstand auch in den hinteren Reihen der Tjoster Unruhe. Deutlich war die hünenhafte Gestalt Torreon de Torris zu erkennen, als er einen Streiter zu Boden stieß, sich allerdings nicht etwa auf die Kämpfenden zubewegte, sondern sich umwandte. Bardica della Cordaio, die Leiterin der Neethaner Kriegerakademie, hatte gerade noch Zeit zu einem überraschten Ausruf bevor sich die schweren Pranken des Schwarzen Turms um ihren Hals legten. Bereits nach kurzer Zeit hatte sich das Gesicht der Signora della Cordaio erst bleich, dann blau gefärbt, nun sank sie in die Knie. Die umstehenden Streiter, zumindest diejenigen, die nicht durch die Vorgänge um Volparo de Crux abgelenkt waren, schrien überrascht auf, aber es war der alte Kämpe Reo di Valese, der dem Cavalliere als erster in den Arm sprang. Ungerührt drückte der Turm sein Opfer mit einer Hand zu Boden, schüttelte di Valese wie eine lästige Fliege ab und schickte ihn mit einem schweren Faustschlag zu Boden, als sich der Cavalliere wieder nähern wollte. Und Torreon schien die Sache nicht schnell genug zu gehen. Er zog den Kriegshammer, den er in einer Schlaufe um den Rücken gebunden hatte, hervor, warf damit einen sich nun ebenfalls nähernden Streiter zu Boden und schwang ihn hoch über den Kopf, um seinem Opfer den Garaus zu machen. Ein Kreischen übertönte die erschrockenen Rufe, ein Kreischen von Metall auf Metall. Mit zitterndem Arm und stöhnend hatte sich der junge Baron von Aldyra, Folnor, zwischen den Schwarzen Turm und Bardica della Cordaio geworfen, seine Klinge zwischen Streithammer und Frau gebracht. Sein Gesicht war schmerzverzerrt, sein Rücken gespannt, als er die ungestümte Kraft des Hünen verzweifelt zu bändigen suchte. Der Cavalliere de Torri warf sich mit ungerührter Miene nach vorne, auch diesen Gegner wie eine Strohpuppe beiseitezufegen.

Der heilige Zorn

Erlan wusste nicht, ob er jetzt die Kaisertreue des della Penas begrüßen oder sich drüber aufregen sollte, dass mal wieder ein Mitglied dieses Hauses sich über Regeln hinwegsetzt. Auch wenn es in diesem Fall mehr als nur verständlich war. Der Erzherrscher selbst war nun nach vorne getreten und forderte ein Einhalten. Alle Blicke waren dabei auf Nepolemo ya Torese gerichtet, auch der Erlans, so dass er nicht wirklich sah, was zu seiner Seite geschah.

Vorne errang Tarquinio schnell die Oberhand und sein Gegner sank zu Boden. Einige andere Turnierstreiter eilten nach vorne um augenscheinlich eine Wiederholung der Goldenen Lanze von 1028 BF zu verhindern. Erlans rechte Hand glitt an seiner Seite herab und als er den Schwertknauf fühlte, war er ein wenig beruhigt und schaute sich weiter das Geschehen vorne am Podest an. Daher entging ihm die Bewegung zu seiner Seite und erst der überraschte Ausruf Bardica della Cordaios lenkte seine Aufmerksamkeit vom Podest weg.

Jetzt geschah alles ganz schnell und Erlan griff nach seinem Schwert. Noch bevor er einen Schritt zum de Torri machen konnte, sah er wie der alte Kämpe di Valese versuchte den de Torri an seiner Tat zu hindern, dabei aber wie eine Schmeißfliege weggescheucht und mit einem Faustschlag zu Boden befördert wurde.

Erlan rannte mit gezogenem Schwert nach vorne und musste mit ansehen, wie plötzlich sich von der Seite sein Neffe näherte und zwischen Torreon und sein Opfer warf und versuchte die Neethanerin so zu schützen.

Jetzt war Erlans heiliger Zorn entfacht - es ging schließlich um die eigene Familie, eine Familie die er zu schützen hatte.

Schwert gegen Kriegshammer

Mit aller Kraft spannte er sich an und warf sich mit seinem gesamten Körpergewicht gegen den Cavallieri. Dieser schien kaum erschüttert, ließ aber ab vom Baron von Aldyra und näherte sich dem Yaquirbrucher und schwang dabei seinen Kriegshammer.

Erlan musste den schweren Schlägen des Schwerthammers ausweichen und kam quasi nicht dazu seinerseits seinen Gegner anzugreifen. Bei normalen Voraussetzungen wäre er mit dem Schwert sicherlich dem Kämpfer mit dem Hammer überlegen, aber dieser kämpfte mit einer Stärke, die Erlan auch ein wenig verunsicherte. Doch dem ehemaligen Absolventen der Vinsalter Akademie und ehemaligen Soldaten der Horasarmee gelang es sein Gegenüber im Zaum zu halten.

Erlan hatte als Schwachstelle den Schaft des Hammers ausgemacht und versuchte daher seine Angriffe darauf zu konzentrieren. Erneut krachte Stahl des Schwertes auf den Schaft des Hammers ein, doch Torreon hielt mit seiner ganzen Kraft dagegen. Der Yaquirbrucher musste sich anstrengen um den Angriff abzuwehren und biss seine Zähne zusammen. Er versuchte mit einem Ausfallschritt sich eine bessere Position zu verschaffen. Doch er hatte nicht auf den Boden geschaut und trat aus Versehen auf die Hand des di Valese. Erlan verlor darüber die Kontrolle über sein Gleichgewicht und stürzte zu Boden. de Torri nutzte diesen Patzer seines Gegenübers, holte aus und zielte auf den Kopf des Yaquirbruchers.

Dieser sah den Hammer auf sich zu schnellen und formulierte ein Stoßgebet zu den Göttern. Aus dem Augenwinkel sah er noch, wie der junge Baron von Aldyra abseits stand und von einem der imperialen Gardisten - wo waren eigentlich die anderen? - abgehalten wurde sich zu nähern. "Wenigstens stirbt bei dieser Schlacht kein Folnor" dachte sich Erlan. Als der Hammer des de Torri seinen Kopf erreichte hörte Erlan ein lautes schleifendes Geräusch und er fragte sich, ob das schon Uthar war, bevor er im Bruchteil einer Sekunde merkte, wie Stahl seine Kopfhaut berührte, er anfing zu bluten und sich seine Augen schlossen. Sein weißblondes Haar färbte sich rot.

Der Schwarzfisch und der Igel

Hätte der Yaquirbrucher die Augen auch nur einen Augenblick länger aufgehalten, dann hätte er gesehen, dass es mitnichten der Hammer des Torreon de Torri war. Denn während der Sirensteen voller Todesmut den Kampf gegen den Berserker aufgenommen hatte, waren die anderen Turnierstreiter näher gekommen und niemand anderes als Mondino von Calven hatte sich den beiden Kämpfern genähert. Ohne zu zögern, hatte er sein Schwert gezogen und es im allerletzten Moment zwischen dem Hammer des Angreifers und dem Kopf des auf den Boden liegenden Yaquirbruchers positioniert. Die Wucht des Angriffs drückte die Waffe ein wenig gegen den Kopf des Sirensteen, der daraufhin zu bluten anfing. Einen kurzen Augenblick lang starrte der Schwarze Calven ungläubig auf die schlanke Klinge, die einem seiner ärgsten Feinde das Leben gerettet hatte.

Der Ruf des roten Bergs

Bevor der finstere Torreon de Torri sein schändliches Werk fortsetzen konnte richtete sich eine weitere blanke Klinge auf ihn. Hesindiano della Trezzi war mit dem Schwert in der Hand an die Seite des gestürzten Erlan getreten und musterte kurz den immer noch verwirrt aussehenden Turniersieger, der das Leben des Sirensteen ohne Nachzudenken gerettet hatte. Dann richtete er seine Aufmerksamkeit auf den Wüterich vor ihm.
"Haltet ein in eurem göttinnenlästerlichen Tun, de Torri! Der Turnierfrieden der Ardariten gilt auch für euch - und Ihr mögt meinetwegen in der Lage sein, einen jeden Mann hier im Kampf Mann gegen Mann zu besiegen, aber ein Dutzend", der Trezzi deutete mit der freien Hand auf die anderen umstehenden Turnierstreiter, die teils mit der Hand am Schwertknauf, teils mit bereits gezogenen Waffen bereitstanden, "ja, ein Dutzend wird auch für euch zu viel sein!"
Mit einem weiteren Schritt brachte er sich endgültig zwischen seinen Yaquirbrucher Landsmann und den schwarzen Turm.

Die Stärke eines Wolfs

Nachdem die erste Überraschung bei Lorian über den Angriff Tarquinios, den er trotz ihren schlechten Verhältnisses zu einander, für einen Ehrenmann auf dem Turnierfeld gehalten hatte, verschwunden war, zog er seinen Kusliker Säbel und schob sich zwischen den jungen Baron von Aldyra und den della Pena, dessen Haltung oder viel mehr die Haltung seines ehemaligen Dienstherrn, des selbst ernannten Fürsten von Urbasi, den manche 'Tyrann' nannten, gerade zu diesem Zweig bekannt war. Da er mit dem Rücken zum Prinz von Geblüt stand, bekam er von dem Tumult um den Schwarzen Turm im ersten Moment nichts mit. Erst als die mehrfachen Schläge von Metall auf Metall zu vernehmen waren, drehte er sich um und nahm Notiz von dem, was er dort sah.
'Was für ein Wahnsinn war hier ausgebrochen? Ein Unbekannter ließ seine Maske fallen, der della Pena ging auf ihn los und der Torri griff wie im Wahn Personen an? Welche dunkle Macht hatte hier ihre Finger im Spiel? Die Erzdämonen, der Namenlose?' Diese Gedanken schossen dem Baron von Montarena durch den Kopf, kurz bevor er reagierte und sich schnell auf den Tumult um den Hünen, der der schwarze Turm genannt wurde, zu bewegte. Dass Tarquinio seinen Gegner schnell niederstreckte und vermutlich getötet hatte, bekam er nur noch aus dem Augenwinkel mit und war eher eine Randnotiz. Als er beim Sirensteen ankam, der Schwarze Calven den Kriegshammer des Hünen blockierte und der della Trezzi ihn ansprach und damit hoffentlich kurzzeitig ablenkte, griff Lorian mit der Linken kurzerhand nach dem Arm Erlans und zog ihn mit mit einem Ruck nach hinten, damit die Waffe des de Torri nicht mehr direkt über ihm hing. Sobald dies geschafft war, ließ er den Arm los, zog seine Linkhand und positionierte sich zwischen dem Liegenden und Gefolgsmann des Marvinkografen.

Unerwartete Hilfe

Erlan sah nun, wessen Klinge ihn gerettet hatte: Des Schwarzen Calvens Schwert war es! In den vergangenen Jahren und insbesondere seit dem letzten Traviamond hätte dieser wahrscheinlich gerne eine Klinge an Erlans Kopf gelegt - aber nicht um ihn zu schützen. Eher im Gegenteil.
Und so wechselte die ihn beherrschende Emotion von Wut und Zorn hin zu Überraschung und Freude und er hielt in seinem geplanten Angriff inne. Er positionierte sich mit gezogener Waffe vor dem Berg, dem nunmehr mit Mondino von Calven, Hesindiano della Trezzi, Lorian di Salsavûr und ihm selbst vier Streiter direkt gegenüber standen - von den anderen Tjostern ganz zu schweigen. Und selbst aus dem Kreise der nicht-Finalisten waren inzwischen wackere Streiter wie Felian von Perainsgarten näher gekommen.

Der Bär gegen die Wölfe

Ein Donnerschlag hallte über das Schwerterfeld. Dann, ohne längere Vorwarnung, fielen die ersten Tropfen auf die Streiter, die sich um den Schwarzen Turm gesammelt hatten, wie Wölfe, die einen Bären umringten. Einen großen Bären. Torreon de Torri hatte den Streithammer mit beiden Händen erhoben, hielt aber inne. Ob er auf die Worte des Cavalliere della Trezzi hörte? Oder nur seine Gegner abschätzte? Für beide Regungen war kein Anzeichen in seinem Gesicht zu erkennen. Der jetzt stärker werdende Regen rann ihm über die Stirn. Der Bär verzog keine Miene. Dann sprang er vor, der Hammer kam in einem mächtigen Schlag rundum, und prellte dem noch immer etwas abwesend wirkenden Mondino von Calven schier das Schwert aus der Hand, trieb den blutenden Erlan Sirensteen zurück und wurde erst von der Klinge des Barons von Montarena abgelenkt. Der Bär würde sich nicht ergeben. Er würde das Rudel töten, einen Wolf nach dem anderen.

Die dreifache Knoblauchknolle

Der Kampf zwischen dem Cavalliere de Torri und einem halben Dutzend anderer Streiter dauerte noch nicht lange an. Die Aufmerksamkeit der Zuschauer hatte er dennoch gebannt, nun war auch noch ein hünenhafter Streiter auf die Bahn geklettert, die dreifache Knoblauchknolle hätte ihn wohl als Felian von Perainsgarten ausgewiesen – dennoch trat ihm ein breitschultriger Tjoster, der einen roten Turm auf dem Wappenrock trug, entgegen. Prasbert Torrem hatte die Hand auf dem Schwertknauf, zögerte aber noch über die Absichten des Garethers. Aus dem Popolo brüllte einer „Seht! Der Rote Turm! Er gehört bestimmt dazu!“ Der Torrem verzog angewidert das Gesicht, blickte sich aber sichernd um, ob einer der umstehenden Streiter den gleichen Eindruck haben mochte. Felian hielt nur kurz inne, die Hand auf die Streitaxt auf der Hüfte gelegt. Der Torrem interessierte ihn nicht, es galt diesen Wüterich von de Torri zu bändigen; und auch auf der Haupttribüne der Ehrengäste, so ahnte Felian mehr als dass er durch den prasselnden Regen tatsächlich etwas sah, waren Bewegungen und Schreie zu vernehmen. Nun galt es keine Zeit zu verlieren. Kurz entschlossen stapfte er auf den Torrem zu, deutete mit dem linken Arm in Richtung de Torris und knurrte: "Helft mit diesen Berserker zu bändigen oder geht mir aus dem Weg."
Erstaunlicherweise ließ Prasbert die Hand auf dem Schwertknauf ruhen - die Entschlossenheit Felians wirkte wohl sehr überzeugend und so stand dem Garetier der Weg zum Schwerterfeld offen. "Guter Mann!", zischte Felian durch die Zähne als er am Torrem vorbeistürmte, welcher erst jetzt des vollen Ausmaßes des Geschehens in seinem Rücken gewahr wurde.

Der fliegende Säbel

Der - im wahrsten Sinne des Wortes - Rundumschlag des Schwarzen Turmes stoppte zwar an der Klinge des die Salsavûr, aber die gewaltige Kraft des Hammerschlags sorgte dafür, dass der Säbel wie eine leichte Feder im Wind über das Schwerterfeld flog und irgendwo im Matsch landete. Schon marschierte der Schwarze Turm mit seinem Hammer los und schien sich nicht entscheiden zu können, welchem seiner unbewaffneten Gegner er sich jetzt zu widmen hatte. Erlan Sirensteen nutzte diesen Moment der Unentschlossenheit, um den Gegner zu attackieren - und vor allem um Lorian und Mondino zu ermöglichen, die eigenen Waffen wieder zu ergreifen. Der Yaquirbrucher machte einen Ausfallschritt, griff den Schwarzen Turm an und versuchte sich dabei auf den Schaft des Kriegshammers zu konzentrieren, um die Waffe unschädlich zu machen. Der Baron von Montarena fluchte lautstark, als er seinen Kusliker Säbel verlor. Wie konnte ihm nur so eine Unachtsamkeit unterlaufen, dass er die Kraft des de Torri, die in dem Schlag steckte, so unterschätzt hatte und seine Waffe nicht richtig gehalten hatte? Schnell schaute er sich um, wo der Säbel hinflog, konnte ihm aber im regenumtosten Getümmel nicht folgen. Schnell versuchte er einige Schritte zwischen sich und den Hünen zu bringen, da er diesem mit nur einer Linkhand nichts mehr entgegensetzen konnte. Wie gebannt folgte Calvert, der direkt hinter der hölzernen Absperrung der Tjostbahn stand, dem Kampf mit den Augen. Längst hatten schwere Tropfen den Sand der Turnierbahn matschig werden lassen. Das fallende Wasser behinderte die Sicht, aber Calverts Blick hatte sich an seinem neuen, großem Vorbild, dem Baron von Montarena, festgesaugt. Im grellen Gegenlicht eines über den Himmel zuckenden Blitzes sah Calvert die Waffe des Salsavûrs davonfliegen und einen Bogen beschreibend im schlammigen Sand der Tjostenbahn landen. Viel zu weit entfernt von ihrem Besitzer. Calverts Aufschrei ging in dem folgenden Donnergrollen unter. Ohne groß nachzudenken, ob sein Handeln klug war, zwängte sich der Junge zischen den Latten der Absperrung hindurch.

Entwaffnet!

Mondino war im wahrsten Sinne des Wortes mit einem Schlag aus seiner versonnenen Betrachtung geweckt worden. Es mochten nur Bruchteile eines Augenblickes gewesen sein, die seine Aufmerksamkeit nicht bei dem Kampf war, doch er wusste, dass sie beinahe sein Ende bedeutet hatten. Waffenlos stand er dem de Torri gegenüber. Das erste Mal in seinem Leben war er froh, einen Sirensteen und einen di Salsavûr an seiner Seite zu haben. Mondino und sein Schwert trennten nur einige Spann. Erlan Sirensteen hatte ihm eine günstige Situation geschaffen. Der Schwarze Calven konnte es sich nicht leisten, diese Gelegenheit ungenutzt zu lassen. Er ließ sich abrupt auf die Knie in den Schlamm fallen und reckte sich nach seiner Waffe. Fast spürte er das vertraute Griffstück zwischen den Fingern, da traf ihn der Ellbogen des hühnenhaften de Torri über dem Wangenknochen. Mondinos Kopf schwirrte, einen Augenblick glaubte er, das Bewusstsein zu verlieren, doch er konnte sich fassen. Sein Schwert aber war abermals außer Reichweite und er selbst am Boden. Der schwere Kriegshammer sauste in den Händen des di Torri durch die Luft als wäre es ein leichter Degen. Erlan versuchte mit seinem Schwert etwas gegen den Hammer auszurichten, aber das schien nicht von Erfolg gekrönt zu sein. Im Gegenteil: Der Angriff Erlans - oder war es doch eine geplante Taktik Torreons? - ließ den Schwarzen Turm zurückweichen und beinahe en passant streckte er seinen rechten Arm aus und traf den Calven mit dem Ellenbogen im Gesicht, der daraufhin zu Boden ging und daran gehindert wurde, sein Schwert zu greifen. Jedoch schien sich Erlans Befürchtung, dass sein Mitstreiter außer Gefecht gesetzt wurde, nicht zu bestätigen. Doch schon schien de Torri wieder einen Angriff starten zu wollen, denn er begann den schweren Kriegshammer wieder zu schwingen. Nur noch wenige Schritte und er wäre in Schlagreichweite zum Schwarzen Calven und direkt dahinter dem Baron von Montarena.

Reizen zwecklos

Erlan bewegte sich zur Seite und rief laut "Heda" dem de Torri zu: "nennt man Euch Schwarzen Turm, weil ihr so unbeweglich und holzköpfig seid wie ein Semaphorenturm?" Schon früher in Vinsalt hatte er gelernt, dass man den einen oder anderen Gegner durch ein paar sorgfältig ausgewählte Worte aus der Reserve locken konnte. In den vergangenen Jahren hatte er seine bruchstückhaften Tulamidya-Kenntnisse auch erweitert - um das eine oder andere Schimpfwort, welches er gerne im Kampf gegen die Wüstensöhne einsetzte. Doch der Schwarze Turm schien die Worte gar nicht zu verstehen und reagierte nicht. Stattdessen bewegte er sich, den Kriegshammer bedrohlich schwingend, in Richtung von Lorian und Mondino, die ihm beide ohne Waffe ausgeliefert waren. So langsam merkte auch Erlan, dass man hier nicht mit üblichen Mitteln und Wegen zu kämpfen hatte. "Wer nicht hören will, der muss fühlen", dachte sich Erlan und eilte mit gezogenem Schwert zum de Torri, was gar nicht so einfach war, da der Boden aufgrund des unaufhörlich prasselnden Regens inzwischen schon deutlich an Stabilität verloren hatte. De Torri marschierte, den schweren Kriegshammer von links nach rechts schwingend, auf seine Opfer zu und Erlan musste abwarten, bis er eine Gelegenheit sah, ihn mit dem Schwert anzugreifen. Da - eine Lücke in der Deckung und Erlan tänzelte sich mit einem Bein nach vorne in die Lücke hinein, stach mit dem Schwert wie mit einem Rapier zu, bohrte die Klinge oberhalb der Hüfte des Hünen und sprang sofort wieder zurück - just bevor ihn der Hammer hätte erwischen können. Zwar wehrte das getragene Rüstzeug den meisten Schaden ab, aber zumindestens hatte Erlan jetzt die Aufmerksamkeit des Gegners, der sich jetzt zu ihm umdrehte und auf ihn zu marschierte - weg von den beiden unbewaffneten Streitern. Erlan sprang ein paar Schritte zurück und sah erfreut, dass der Schwarze Turm ihm folgte. Er nahm eine Habacht-Stellung ein, hob das Schwert und schaute wie gebannt auf den sich nähernden Schwarzen Turm, der drohend den Kriegshammer in beiden Händen vor sich her bewegte. Würde Erlans Plan nicht aufgehen, dann würde er mit dem Hammer mehr Bekanntschaft machen als ihm lieb ist. Torreon war jetzt bis auf zwei Schritt herangekommen und hob beide Hände hoch, um den Schlag des Hammers noch zu verstärken. Erlan wusste, dass es nichts bringen würde, mit seiner Klinge den Hammer aufzuhalten, aber er richtete sein Schwert dennoch entsprechend aus. Torreon holte aus und schlug den Hammer in Richtung Schwert und Erlan. Doch just bevor der Hammer sein Ziel erreichte, duckte sich Erlan nach unten und rollte sich auf dem Boden ab und war mit einem Mal hinter dem Gegner. Mit einem Sprung richtete sich Erlan auf und attackierte de Torri in den Rücken. Doch dessen Kettenhemd fing auch diesmal die Attacken ab - und wütend drehte sich sein Gegner um. Sein eigentliches Ziel hatte der Yaquirbrucher Baron erreicht: Die ungeteilte Aufmerksamkeit des Schwarzen Turms. Dieser konnte nun Lorian oder Mondino nicht mehr angreifen, denn da stand Erlan nun dazwischen.

Waidwund und wütend

Noch während sich Erlan eine blutige Strähne aus dem Gesicht wischte, rannte de Torri auf ihn zu und schlug mit dem Hammer auf ihn ein. Als der Hammer sein Ziel erreichte spritze es auf - denn er erwischte nur die Turnierbahn, die an dieser Stelle durch den strömenden Regen aufgeweicht war und wo sich Sand und Wasser durch den Aufprall des Hammers verselbstständigten. Erlan war zur Seite gesprungen und nutzte den Moment, als der Hammer sich in den aufgeweichten Boden fraß, um mit dem Schwert zuzuschlagen. Am linken Oberarm Torreons quoll Blut aus der frischen Wunde, doch die Hoffnung, dass der Hüne sich davon beeindrucken lassen würde, trügte leider, denn der Schwarze Turm wurde nur noch rasender.

Der mutige Knabe

Währenddessen hetzte Calvert durch den matschigen Sand. Dort, wo er die gelandete Waffe vermutete, kam er schlitternd auf den Knien zum Halten. Fiberhaft durchwühlte er den nassen Sand, bis seine Hände schließlich auf Metall trafen. Er hatte Lorians Säbel gefunden. Schlammbedeckt, aber erleichtert kam der Junge hoch und wandte sich den Kämpfenden zu. "Herr Baron! Herr Baron! Euer Schwert!" brüllte er dabei aus Leibeskräften, um das allgemeine Getümmel zu übertönen. Lorian schaute sich um, achete aber darauf, dass er den de Torri nicht aus dem Blick verlor, wollte er doch nicht von diesem mit einem Angriff des Kriegshammers überrascht werden. Als Calvert sah, dass er bemerkt worden war, setzte er sich mit der geborgenen Waffe in der Hand in Bewegung und lief auf Lorian zu.

Wiederbewaffnet!

Doch der Baron von Montarena brauchte einen Überraschungsangriff des Schwarzen Turms nicht fürchten - dieser bedrohte weiter den Yaquirbrucher mit seinem Kriegshammer und hinterließ auf dem Boden des Schwerterfeldes schwere Abdrücke. Doch noch schien der Sirensteen in der Lage zu sein, den wuchtigen Angriffen auszuweichen und vereinzelte Treffer mit dem Schwert zu landen. Hier war dieser im Vorteil - hatte sein Schwert doch eine größere Reichweite als der schwere Kriegshammer. Und so nutzte Lorian die Chance und eilte mit schnellen Schritten zum jungen Calvert, nahm den Säbel dankbar an, flüsterte ihm noch etwas zu und wies ihm den Weg zur Absperrung, in deren Richtung dieser etwas zögerlich verschwand - sich dabei immer wieder nach dem Kampfe umblickend.

Tanz von Hammer und Schwert

Mit dem Säbel in der Hand näherte sich Lorian dem Kampfschauplatz und sah aus den Augenwinkeln, wie inzwischen auch Mondino von Calven sich wiederbewaffnet hatte. Hätte ein unbeteiligter Beobachter das Schwerterfeld nun von oben betrachtet, so hätte sich ihm eine klassische Situation präsentiert: In der Mitte fand der Tanz von Hammer und Schwert statt, während sich von den drei Seiten Hesindiano della Trezzi, Mondino von Calven und Lorian di Salsavûr näherten. Zwar zeigten die Reaktionen oder eher die nicht-Reaktionen, dass Torreon de Torri auf Äußerungen nichts gab, aber Hesindiano wollte lieber auf Nummer sicher gehen und gab Mondino und Lorian mit knappen Gesten zu verstehen, sich seitlich des Schwarzen Turms zu postieren. Für sich selbst überlegte er einen Moment, ob er sich von rückwärtiger Seite dem Gegner aus nähern sollte. Doch auch wenn dieser die Ideale Rondras nicht achtete - das sollte für ihn kein Grund sein ebenso zu verfahren, vor allem an diesem heiligen Ort. Daher entschied er sich dem alten Freund seines Vaters beizustehen und dachte sich dabei, dass dieser ja auch nicht wirklich mehr der Jüngste sei und momentan dem Turm nur durch die Schnelligkeit seiner Klinge etwas voraus war.

Des Bären Klauen kratzen den Wolf

Erlan Sirensteen wischte sich die nassen Haare aus dem Gesicht und fragte sich kurz, ob das nur Blut und Regen waren, oder auch schon der Schweiß der Anstrengung, was angesichts der ungewohnten Anstrengungen recht wahrscheinlich war. Sein Gegenüber schien hingegen eine geradezu unüberwindliche Konstitution zu haben. Erlan spürte, dass ihm langsam aber sicher der Schwertarm schmerzte und der de Torri schwang den Hammer immer noch, als wäre es ein leichter Degen ohne großartiges Gewicht. Wenigstens waren der di Salsavûr und der Calven wieder bewaffnet - und bei diesem Gedanken musste er doch schmunzeln, denn letzteres hätte er in der Vergangenheit wohl nie so positiv eingeschätzt wie jetzt. Die Taktik der Angriffe des de Torri war für ihn leicht zu lesen: Im Grunde genommen ein schien es ein "immer drauf ohne Sinn und Verstand" zu sein, doch in Wahrheit schwang Torreon den Hammer geschickt immer wieder in weiten Bögen von rechts oben nach links unten, um seinen flinkeren Gegner effektiv auf Abstand zu halten. Gelegentlich traf er jedoch den inzwischen matschig-nassen Boden, was ihn dazu zwang, den schweren Kriegshammer in die andere Hand zu wechseln und die Richtung seines Angriffs zu verändern. Der Moment, in dem de Torri die Waffenhand wechselte - das war der Zeitpunkt, in dem Erlan versuchen wollte, mit dem Schwert eine Attacke zu führen, ohne wie die letzten beiden Male an der Rüstung des Gegners zu scheitern. Doch als just in dem Moment, als de Torri erwartungsgemäß erneut hätte umgreifen müssen, als der Yaquirbrucher bereits einen Ausfallschritt nach vorne machte, um die Reichweite seines Schwert zu erhöhen, holte der Schwarze Turm mit dem linken Arm aus und schien seine schwere Waffe dem Sirensteen schon fast entgegenzuschleudern. Der Hammer zielte dabei auf den Schwertarm seines Gegners. Erlan konnte im letzten Moment noch etwas zurückweichen, so dass der Hammerschlag vor allem seine Schwertklinge traf, die mit dem schrillem Ton von strapaziertem Stahl erklang. Erlans Hand jedoch wurde auch gestriffen, und so wurde ihm daraufhin das Schwert aus der Hand geprellt. Es gelang ihm jedoch noch, das Schwert mit dem Absatz seines schweren Stiefels nach zur Seite zu treten, so dass er es mit der linken Hand wieder aufnehmen konnte. Seinen Rückzug deckte nun della Trezzi, der den Schwarzen Turm ablenkte und ihm somit etwas Zeit verschaffte.

Angriff von hinten

Lorian di Salsavûr haderte mit der Situation. Natürlich war dies kein Gegner, der die Regel der Herrin Rondra achtete. Dennoch war es seine Aufgabe, der göttlichen Leuin Gebote zu befolgen. Doch galten diese auch bei einem solchen Kampf? Jeder normale Mensch wäre angesichts dieser Fleischwunde am Oberarm zusammengesunken und hätte spätestens nach zwei, drei Schlägen aufgegeben. Doch den Schwarzen Turm schien das gar nicht zu beeindrucken, nur rasender wurde er dadurch. Noch während Lorian mit sich selbst rang, hatte Mondino Calven eine entsprechende Gewissensentscheidung schon für sich getroffen und näherte sich vorsichtig von hinten rechts dem Gegner. Lorian entschied sich in dieser Situation, den gemeinsamen Kampf gegen das personifizierte Böse aufzunehmen und schlich sich von hinten links an.

Doch bevor einer der beiden angreifen konnte, drehte sich de Torri plötzlich um - als ob er Augen im Hinterkopf hätte. Er nahm den Hammer in seine rechte Hand, streckte diese aus und schwang ihn um sich herum - und bildete damit quasi einen imaginären Kreis um sich, aus dem er seine Gegner heraushielt.

Der Bär im Kreis der Wölfe

... oder besser gesagt, wollte er das. Denn die vier Adligen, inzwischen hatte sich auch Erlan Sirensteen genähert, der das Schwert nun in der linken Hand trug, umkreisten den Schwarzen Turm vorsichtig und lauernd. Sobald einer der Kämpfer sich ihm näherte, versuchte er mit tiefen Schlägen des Hammers den jeweiligen Angreifer zu Boden zu bringen, was jedoch durch schnelle Schritte zurück erfolglos blieb.

Während gerade della Trezzi und Torreon ein Hammer und Schwert-Geplänkel lieferten, hatte sich Mondino Calven, der außer Sichtweise des de Torre stand, mit einer zweiten Waffe, einem langen Dolch, bewaffnet. Er signalisierte seinen Verbündeten, dass er nun versuchen würde, sich des Bären anzunehmen und löste Hesindiano beim Geplänkel ab. Die drei anderen Kämpen wichen etwas zurück, blieben jedoch gewappnet und standen Schwert bei Fuß, bereit loszuschlagen, sobald es nötig wurde.

Torreon achtete bei Mondino nicht wirklich auf den linken Arm mit dem Dolch, was natürlich auch daran lag, dass Mondino diesen durch seinen Körper selbst verdeckte. Mondino täuschte mit dem Schwert einen Angriff von rechts unten an, den Torreon mit dem Kriegshammer parierte. Stahl presste sich an Stahl und keiner wollte weichen. Bis Mondino den Widerstand plötzlich aufgab, das Schwert zurückzog und auf dem linken Bein stehend eine halbe Drehung machte. Währenddessen kam Torreon ins Stolpern, da der Widerstand durch des Calven Klinge nicht mehr gegeben war und er sich erst wieder stabilisieren musste. Doch bevor es dazu kam, hatte Mondino seine Drehung bereits vollendet und stach mit dem langen Dolch in den Bereich der rechten Schulter von Torreon. Blut spritzte hervor, doch den Schwarzen Turm schien es nicht zu beeindrucken: Er wechselte den Hammer zur anderen Hand und attackierte damit Calvens linke Hand und den Dolch. Jedoch konnte er dabei nicht richtig zielen, so dass der Hammer Mondino verfehlte. Es gelang ihm jedoch nach dem erfolglosen Schwungangriff, den Ellbogen hervorschnellen zu lassen und mit einem Ruck nach oben zu reißen. Damit überraschte er den Schwarzen Calven, dem dadurch der Dolch doch noch aus der Hand geschlagen wurde.

Mondino gab seinen Mitstreitern zu verstehen, dass er jetzt die Initiative nicht weiter verfolgen würde und ließ sich ein paar Schritt zurückfallen. Der Schwarze Turm hingegen setzte ihm hinterher und beachtete die beiden Kämpfer aus dem Yaquirbruch an seiner Seite nicht.

Plötzlich zog sich Erlan einige Schritte zurück, hob das Schwert und rief "Im Namen Rondras, ergib Dich!" und rannte mit gezogenem Schwert vor. Damit überraschte er sowohl Freund als auch Feind, doch Hesindiano machte es ihm nach. Torreon ließ sich davon jedoch nicht beeindrucken und der kreischende Ton, als Stahl auf Stahl traf, gab Zeugnis von der Qualität des Angriffes oder aber vielmehr der Verteidigung ab. Egal wohin eines der beiden Schwerter hinzielte - der Hammer war schon vorher da, als ob de Torri ahnen würde, wo man ihn anzugreifen gedachte.

Wenn die Waffe die Faust verlässt, ist die Faust die neue Waffe

Hesindiano täuschte einen weiteren schnellen Stich an und tänzelte erst im letzten Moment aus dem Angriffsradius des schweren Hammers. An seiner Seite sprang nun Erlan hervor und ließ seine Klinge in einem weiten Bogen herunterfahren, Wassertropfen wie einen silbrigen Schleier hinter sich herziehend. Es war jener Moment, in dem der Schwarze Turm Erlans Klinge mit einem erneuten hellen Singen beiseite fegte, als dem jungen Unterfelser die Lücke in dessen Verteidigung ins Auge fiel. Für einen Moment trat das Prasseln des Regens, die Rufe der Kämpfer und das laute Pulsen eines eigenen Herzschlags in den Hintergrund. Stattdessen dröhnte wieder der barsche Kasernenton seines Schwertvaters Darion Amarinto in den seinen Ohren: "Los, Trezzi, wenn Ihr gegen einen Hammerträger kämpft, müsst Ihr entweder schneller sein, oder einstecken können. Eurer blutigen Nase nach scheint letzteres aber nicht Eure Stärke zu sein! Maestro Cornaro, noch eine Runde, bis er es lernt oder umfällt!" Wieder und wieder hatten sie danach die Schrittfolgen und Handbewegungen wiederholt, bis es Hesindiano endlich gelang, Darions Waffenmeister seines schweren Holzhammers zu entledigen. Mit der unbewussten Sicherheit von Stunde über Stunde auf der Übungsbahn sprang er nun wie damals die wenigen Schritte auf Torreon de Torri zu, der sich immer noch auf den Sirensteen konzentrierte - eins, zwei, drei, umgreifen, Schwertklinge einfädeln und eine Hebelbewegung mit aller noch verbliebener Kraft - und zu Hesindianos Verblüffung verlor de Torri tatsächlich mit regennassen Händen den sicheren Griff um seine Waffe, die weggeschleudert wurde. Stolz und Freude erfüllten den Trezzi gerade, als jedoch der vermeintlich wehrlose Hüne herumfuhr und seine schwer behandschuhte Faust mit Bärenkräften herabsausen ließ. Eiserne Nieten und derbes, mit Regen vollgesogenes Leder waren das letzte, das Hesindiano sah, bevor der Hieb seinen Kopf traf und die Dunkelheit ihn verschlang...

Knolle gegen Turm

Während er sich mit riesigen Schritten dem Pulk um den Schwarzen Turm näherte, erwog Felian einen kurzen Augenblick, seine Streitaxt zu ziehen und dem Torri kurzerhand rücklings den Schädel zu spalten. Bereits beim nächsten Schritt jedoch schalt er sich selber einen Narren. Informationen, man brauchte Informationen. De Torri erschien ihm angesichts seines Kampfes gegen eine Überzahl von Gegnern nicht der klügste zu sein, doch um so etwas Wahnsinniges anzufangen, musste weit mehr dahinterstecken als kleinliche Eitelkeiten wie Eifersucht, Rache oder Habgier. Entsprechende Informationen aber konnte wem auch immer nur ein lebender de Torri mitteilen. Abgesehen davon, wie rondrawidrig so ein feiger Angriff von hinten war - Felian schauderte und bat die Löwin in Gedanken um Verzeihung, auch nur daran gedacht zu haben. Stattdessen legte er die letzten Schritte im Spurt zurück. "Dreh dich, du Bastard," forderte er in Gedanken den Schwarzen Turm auf, der gerade Hesindiano della Trezzi mit einem einzigen Fausthieb gefällt hatte und Felian einmal mehr höchst rondraungefällig den Rücken zuwandte, "los dreh dich!" Als ob er ihn gehört hätte, wandte sich der Torri tatsächlich nach rechts Mondino von Calven zu, der ihn durch weitere Angriffe erfolgreich ablenkte. Nun wandte Torreon Felian die ungeschützte linke Körperseite zu, der das Geschenk Rondras dankbar annahm. Ohne Augenmerk auf seine eigene Sicherheit zu legen stürmte Felian am überraschten Calven vorbei und trat Torreon in die Kniekehle, während er zugleich mit voller Wucht seine Faust auf dessen Kinnwinkel herunterkrachen ließ.

Der gefallene Turm

Mit einem solchen Angriff hatte niemand gerechnet, und tatsächlich schwankte Torreon de Torri ein wenig benommen, vom wohlplatzierten Tritt und Schlag aus dem Gleichgewicht gebracht. Doch die anscheinend übermenschlichen Kräfte de Torris sorgten dafür, dass weder die ihm im Vorfeld zugefügten Wunden noch die jetzt von Felian platzierten Fausthiebe ihn niederstreckten. Dann jedoch griff Felian nach seinem schweren Dolch, nahm den eisenbeschlagenen Knauf umgekehrt in die rechte Hand und schlug damit hart gegen den Hinterkopf des Schwarzen Turms. So gelang es ihm schließlich doch, sein Gegenüber zu Boden schicken. Nach langem Kampf lag der Waffenmeister endlich gestürzt auf dem Schwerterfeld, mit aus seinem offenen Oberarm und mehreren weiteren Wunden hervorquellendem Blut. Schwer atmend stand der Garether Felian neben ihm und warf einen Blick auf die umstehenden Streiter. Doch noch immer schien der Turm nicht aufgeben zu wollen: Torreon brüllte und sein Kopf krachte mit Gewalt gegen das Bein Felians, der in die Knie ging. Aus der gebrochenen Nase des Turms schoss Blut. Doch seine Pranke schoss vor, um nach dem Hals des Garethers zu greifen. Nun eilten jedoch die anderen Streiter herbei. Die Schwerterspitzen Lorians und Erlans richteten sich auf die Kehle des Turms. Der blanke Ausdruck auf dem schrecklich anzuschauenden Gesicht verschwand. Zum ersten Mal schien Torreon de Torri wie ein normaler Kämpfer zu reagieren - und ließ seine Hand resigniert niedersinken.Waren es die Klingen an seinem Hals oder sein eigener Kopfstoß gewesen, die ihn zur Vernunft gebracht hatten?

Die Wölfe hatten den Bären besiegt, doch würden sie ihn nicht töten, sondern den Gesetzen der Leuin überantworten.