Briefspiel:Cordur/Trenti - Wissensaustausch

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Horasreich-klein.png Städteübergreifendes Briefspiel Horasreich-klein.png
Datiert auf: ab Boron 1044 BF Schauplatz: Efferdas und Shenilo Entstehungszeitraum: Mai 2021 - ?
Protagonisten: vor allem Lessandero Trenti und Haldan Cordur Autoren/Beteiligte: Familie Trenti.pngTrenti, Familie Cordur.pngCoturnix

Prolog

Im Efferd 1044 lud die Familie Cordur zum Genesungsfest in den Palazzo Cordur, an welchem von Seiten der Trentis Madalena Trenti und ihre Nichte Madanne teilnahmen. Das Oberhaupt der Trentis führte dort gute Gespräche, aus denen ein Wissensaustausch beider Häuser erwachsen sollte. So erreichte am 3. Boron desselben Jahres folgender Brief die Casa Trenti im Parvenusgrund in Efferdas.

Anschreiben Haldan

Hochgeschätzte Madalena Trenti,

mit Freude habe ich, Haldan Cordur vernommen, dass Ihr an einem handwerklichen Wissensaustausch Interesse habt. Wenn euch der folgende Vorschlag genehm ist, werde ich umgehend nach Erhalt einer entsprechenden Nachricht nach Efferdas aufbrechen. Falls ich euren Ansprüchen jedoch nicht gereichen sollte, wäre ich über eine Absage dankbar.

In meiner Position als stellvertretender Leiter der Devotionalienwerkstatt möchte ich euch unser ingerimmgefälliges Wissen näherbringen. Das Drechslern und Schreinern erlernte ich bereits zu Schulzeiten und übe diese Tätigkeiten nun seit 20 Götterläufen aus. Nach Rücksprache mit unserer Devotionalienwerkstatt möchte ich euch folgendes präsentieren:

Als Grundlage werden wir eine Auswahl der von uns verwendeten Materialien zusammenstellen. Im Wesentlichen sind dies Holz und Stein, aber auch einige unserer selbst gemischten Farben, auf die wir besonders stolz sind. Abrunden möchten wir mit einigen Beispielen unserer Werkzeuge. Aus unserem Sortiment an produzierten Stücken bringe ich eine aussagekräftige Mischung mit. Der vermutlich interessanteste Teil wird der Austausch handwerklicher Tricks und Kniffe sein. Abschließen würden wir euch gerne einen Einblick in unseren organisatorischen Werkstattablauf geben, Ausbildung der Lehrlinge, Entwicklung neuer Modelle und unsere phexgefälligen Tätigkeiten.

Ich gedenke persönlich und nur in Begleitung meines Eselkarrens anzureisen. Könnt Ihr eines der vortrefflichen efferdischen Gasthäuser besonders empfehlen, für einen mittleren Geldbeutel? Die Dauer meines Aufenthalts in Efferdas bestimmt natürlich ihr. Drei Wochen erscheinen mir sinnvoll.

Die gesamte Devotionalienwerkstatt Cordur sendet euch kollegiale Grüße!

Shenilo, am Praiostag des 03. Boron 1044 nach Bosparans Fall

Haldan Cordur

Madalenas Entschluss

"Tante, das hier solltest du dir ansehen." Madanne reichte den Brief an ihre Tante weiter und suchte die Lupe vom Schreibtisch, um diese ebenfalls anzureichen. "Dich wird das auch Interessieren, Vater. Bitte warte kurz." Madalena las die Unterschrift. "Ah, der Herr Cordur, stimmt. Lessandero, ich hatte dir doch erzählt, das wir einen Gast erwarten?"

Lessandero nickte. "Ja, den Adeligen aus... Shenilo, richtig? Ich hoffe, der Junge taugt was und ist kein eingebildeter Schnösel."

Madalena las den Brief aufmerksam und antwortete derweil geistesabwesend ihrem Bruder. "Hm? Ja, du hast recht."

Madanne sprang ihr helfend zur Seite: "Nein Vater. Den Eindruck konnten wir nicht gewinnen. Wobei... er sprach gern von seiner Werkstatt und auch der Familie..." sie unterbrach sich: "Ach, du kommst schon zurecht."

"Das tue ich immer. Wenn der Junge nicht spurt, lernt er mich schon kennen." brummte Lessandero. "Vater! Dir ist schon klar, dass es hier auch um unsere Reputation als Familie geht!" "Meine Werkstatt, meine Regeln." brummte er mürrisch. Dann begann er zu grinsen. "Er will uns doch kennenlernen."

"Wenn du einen Eklat riskierst..."

"... dann hat es Junge auch nicht anders verdient." unterbrach ihr Vater sie harsch. Madalena hatte in der Zwischenzeit zu ende gelesen und sah ihren Bruder an: "Der Knabe ist ausgebildet, und keiner deiner Frischlinge. Wenn du ihn den Fisch schnitzen lässt..."

"WAS?" fuhr Lessandero dazwischen. "Ob Lehrling oder Meister! Seit Generationen schnitzt jeder neue Angestellte seinen Fisch! Das ist Tradition, seit dieses Haus..."

Madalena unterbrach ihn mit einer Geste und einer Kraft in der Stimme, die man ihr nicht zugetraut hätte.

"... dann stellst du ihm gefälligt das gute Werkzeug zur Verfügung."

"Nun... Das ist wohl angemessen." erwiderte Lessandero kleinlaut.

"Wunderbar. Anschließend sollten wir auch jemanden zu Ihnen schicken. Ich denke, Arbas wäre die passende Wahl."

Lessandero brummte erneut. "Ich mag ihn zwar nicht entbehren, aber das wäre wohl die geschickteste Wahl. Der Junge würde davon mit Sicherheit genauso profitieren wie wir. Ich würde mich ja selbst auf den Weg machen, aber... mein Bein."

"Dann ist es abgemacht." schloss Madalena die Unterredung.

"Den Göttern sei Dank, dass er sich nicht selbst auf den Weg nach Shenilo machen will." konstantierte Madanne, nachdem ihr Vater gegangen war. "Arbas wird neuen Methoden wesentlich aufgeschlossener gegenüberstehen und nicht alles kleinreden, was er sieht."

Madalena enthielt sich einer Antwort und setzte ein Antwortschreiben auf. "Madanne, erinnere mich daran, ein Gästezimmer herrichten zu lassen."

Ankunft in Efferdas

Nachdem Haldan die Einladung der Trentis erhalten hatte, belud er den Eselskarren und machte sich voller Vorfreude auf den Weg nach Efferdas. Von Shenilo aus reiste er den Yaquir entlang bis Kuslik. Von dort nahm er die Küstenstraße über Salicum und Terubis bis zur Kauffahrerstadt in der Coverna.

Dort angekommen überreichte der große und schlaksige Haldan einige Fässchen aus der Weinhandlung Yaquiria Shenilo, Yaquirsteiner Gaumenfreund und andere Sorten. „Ich und die ganze Familie Cordur sowie unsere Werkstattmitarbeiter sind hocherfreut über unseren Wissensaustausch. Ich soll beste Grüße von meinem Vater ausrichten. Als kleine Aufmerksamkeit möchte ich zu dem Wein diese Trinkbecher überreichen. Jeden Becher ziert das stolze Wappen der Trentis. Davon abgesehen ist jeder einzigartig in Material und Form.“ sprach Haldan zur versammelten Runde und strich dabei über die Tischplatte. „Ich bin gespannt wie ein Kurzbogen auf eure Manufaktur. Allein schon über diesen aufwendig geschnitzten Tisch ließe sich einen ganzen Tag fachsimpeln. Bitte erlaubt mir, euch einige Mitbringsel aus unserem Sortiment zu präsentieren.“ Haldan breitete eine Decke auf dem Tisch aus und begann, die Mitbringsel darauf zu stellen.

„Zuerst unsere Rohstoffe. Gestein aus den Steinbrüchen des Phecanowaldes gelangt über Unterfels zu uns, hauptsächlich Granite und Kalk. Halbedelsteine - und auf Anfrage auch Edelsteine - beziehen wir von der Familie Wankara, selbstverständlich nur in kleinsten Mengen. Hölzer kommen auch aus dem Phecanowald, allerdings von den Vesselbeks aus Sewamund. Einiges an Holz sammele ich auch zusammen mit meinen beiden Kindern. Und damit komme ich auch gleich zu Efferdas. Denn man sagt, dass kein Rohstoff prägender für eure Heimatstadt ist als Holz. Das Haus Cordur bezieht leider noch keine Rohstoffe von hier, insbesondere keine Edelhölzer aus den Kolonien. Darüber würde ich gerne bei Gelegenheit sprechen.“

Lessandero hörte mit wachsendem Interesse zu, ließ sich dies jedoch nicht anmerken. Mit strengem Blick beobachtete er Haldans Warenschau. Madalena war beruhigt, dass ihr Bruder ihre Ansprache von vor einigen Wochen noch nicht vergessen zu haben schien.

Haldan stellte als nächstes eine Reihe von Tontöpfchen auf den Tisch. „Farben stellen wir seit einiger Zeit selber her. Meine Ehefrau hatte die Idee dazu. Mit ihrer alchemistischen Ausbildung und ihren arkanen Künsten vollbrachte sie wahre Wunder. Zur Herstellung benötigen wir eine Vielzahl von unterschiedlichen Zutaten, z.B. Falkenfedern von den Schwarzenstamms oder erstaunlich unerstaunliche Pflanzen aus den Gärten der d'Imirandi. Ihr werdet erstaunt sein, welch erstaunliche Ergebnisse wir bisher erzielt haben.“ Er reichte die Tontöpfchen an seine Gastgeber. „Edelmetalle für die Farben sowie Blattgold und Silber kommen aus Urbasi.“ Dann musste Haldan plötzlich etwas schmunzeln „Genau wie unsere ingerimmgefällige Konkurrenz in der Devotionalienproduktion. Denn dort schnitzen sie so wie die Trenti und Cordur Heiligenfiguren.“

Im Weiteren präsentierte Halden die mitgebrachten Werkzeuge, wie Schnitzmesser, Spatel, Meißel und berichtete von deren Anwendungsgebieten. Nachdem sich das Weinfässchen gelehrt hatte, stellte Halden eine kleine Kiste auf den Tisch. „... und damit komme ich zu unserem Sortiment. Wir fertigen hauptsächlich was die Pilger brauchen, also Gehstöcke sowie Amulette mit dem Bildnis der Herrin Rondra. Aber auch Alltagsgegenstände wie diese Schatullen oder Auftragsarbeiten stellen wir her. Hier, an diesen vier Gehstöcken kann man gut die Auswirkung der unterschiedlichen Qualität der Ausgangsmaterialien erkennen...“

Der Fisch und das Spiel

Nach dem Empfang und der Vorstellung der Cordur'schen Kunstfertigkeit, war es nun an der Reise Lessanderos, den Gast vom großen Salon im Haupthaus in die direkt angrenzenden Werkstätten zu führen. Dabei ging er kaum darauf ein, dass diese Abgrenzung keine besonders strenge war: die Familie lege seit jeher Wert auf eine flache Hierarchie und kurze Wege zu allen Angestellten.

"Wie ihr auch würde ich gerne unseren Rundgang bei den Ausgangsmaterialien beginnen. Leider ist unser Lager am anderen Ende des Nordflügels, daher müssen wir zunächst einmal die Werkstätten durchqueren."

Trotz seines hohen Alters schritt Lessandero geschwind voran. Dadurch versuchte er zu verbergen, dass er sich gelegentlich auf die Lippe biss um die Schmerzen im linken Bein zu unterdrücken, wenn er Stufen zu erklimmen hatte.

Arbas schritt neben Haldan einher, hinterdrein folgte Madalena, gestützt durch Madanne.

Arbas erzählte dem Gast derweil die Geschichte der Familie: von den Anfängen als Heiligenschnitzer, als ihr Urahn Albor Trenti am Hafen saß und den Arbeitern zusah, wie sie die Schiffe entluden. Wie lang die Arbeiter in den Lagerhäusern und Schiffen verschwanden. Wie ihm die Idee kam, dass die Arbeit erheblich effizienter zu bewerkstelligen wäre, wenn all die Fässer, Ballen und Kisten ein einheitliches Maß hätten, um sie im Schiff und im Lagerhaus schneller verstauen zu können.

"Es gelang Albor, die Besitzer der hiesigen Werft von seiner Idee zu überzeugen, und seitdem lassen sich die Segler der Familie Slin mit einem Ausbau aus unserer Werkstatt bestellen."

Inzwischen hatten sie das Materiallager an der Nordseite des Haselnussmarktes erreicht: drei schmale, hohe Fachwerkhäuser standen hier in der Abendsonne und boten reichlich Platz, um das Holz zu lagern, zu sägen und (sofern nötig) weiter zu trocknen.

Hier lagerten Eichen aus dem Ranafandelwald, Buchen und Nadelhölzer aus den umliegenden Wäldern, Steineichen aus dem Norden und sogar Mohagoni von den Waldinseln.

"Wir arbeiten zur Zeit daran, Nova Methumisa als zusätzliche Importquelle für weitere exotische Hölzer zu evaluieren, doch im Moment sind die Preise noch exorbitant und die Lieferungen nicht zuverlässig. Wobei die Nähe von Efferdas zu Belhanka für uns natürlich nützlich ist." erklärte Madanne.

Über die kleine Sägerei, wo die Hölzer grob gesägt und gehobelt werden konnten, ging es wieder in die Werkstatt. Eine große Halle, mit vielen Tischen und noch mehr Schnitzarbeiten an den Wänden. An der Stirnseite prangte eine große Abbildung Ingerimms, wenn auch etwas untypisch mit Zimmermanns- statt Schmiedehammer.

Auf und neben den Tischen fand sich ein großer Querschnitt der Arbeitsfelder: von schmucklosen, doch leichten und stabilen Ladekisten über Heiligenstatuetten und -statuen bis hin zu reich verzierten Schmuckarbeiten für Wandvertäfelungen oder Schränke.

"Und hier unser Herz: die große Arbeitshalle. Hier vorn stehen die Tische der Lehrlinge. Im Laufe der Lehrjahre ziehen sie immer näher zu den Gesellen, mit denen sie dann auch immer enger zusammenarbeiten. Die Arbeiten hier an den Wänden sind zum großen Teil Lehrlingsarbeiten, aber einige dienten auch zum ausprobieren neuer Methoden." "Dies dort!" Arbas unterbrach Lessandero voller Eifer. "Dies war unsere erste Arbeit am Mohagoni. Ein Senator wollte sich sein Arbeitszimmer neu Täfeln lassen. Leider geriet ihm der Raum dadurch zu dunkel. Wir haben das Mohagoni dann mit helleren Hölzern kombiniert."

"Was hat es denn mit den... Holzfischen auf sich?" fragte Haldan und zeigte auf die Lehrlingstische. Vereinzelt lagen sie auch auf denen der Gesellen.

Die Trentis grinsten und schauten Lessandero an. "Nun, das ist eine alte Familientradition. Ist euch das Efferdische Delphinocco bekannt? Der Sport im Hafenbecken."

„Nein, von einem Sport im Hafenbecken habe ich noch nichts gehört. Aber es hört sich fantastisch an, bitte erzählt mehr.“ forderte Haldan Lessandro auf.

"Es ist ein Mannschaftssport im Wasser. Die Spieler kämpfen dabei um einen solchen 'Fisch'."

"Jeder neue Mitarbeiter, ob Lehrling oder Meister, muss als erste Aufgabe seinen eigenen Fisch schnitzen und beim nächsten Spiel unter Realbedingungen testen." erklärte Lessandero. Madanne ergänzte: "Dies zeigt zum einen, dass niemand in der Hierarchie sich um bestimmte Aufgaben drücken kann. Also dass dieselben Regeln für alle gelten. Und das gemeinsame Spiel mit den Kollegen am Feierabend stärkt die Gemeinschaft. Viele haben Ihren Fisch noch Jahrzehnte später am Platz, und arbeiten daran weiter." Sie zeigte auf einen Fisch, der sogar über Schuppen aus den unterschiedlichsten Hölzern - hergestellt aus Hobelspänen - verfügte. Sie zwinkerte Haldan zu: "Ihr werdet auch die Möglichkeit bekommen, Euch daran zu versuchen."

Von hier aus ging es weiter zur letzten Station, der Lackiererei:

"Im Gegensatz zu Euch haben wir leider nicht die Expertise, Farben selber anzurühren. Aber Gylda leitet die Lackiererei. Sie arbeitet eng mit den Gerbers zusammen. Wir können Euch morgen früh vorstellen."

Frösche beim Abendmahl

Haldan hatte den Ausführungen aufmerksam gelauscht und war beeindruckt von dem ingrimmschen Wirken der Trentis. Von Lessandros schmerzendem Bein hatte er nichts bemerkt. „Es wäre mir eine Ehre, ebenfalls einen Fisch anzufertigen, als wäre ich einer der euren. Flache Hierarchien pflegen wir in Shenilo ebenfalls. Auch wenn sich dies eher aus den natürlichen Gegebenheiten ergibt. Denn wir sind nicht groß genug für solche Strukturen.“

Beim Abendessen ließ man den Tag ausklingen. Als Vorspeise wurde ein Chababischer Sommersalat gereicht, als Hauptgang ein Liebfelder Gurkenhuhn. Haldan legte ein Stück Mohagoni auf den Tisch. „Solch edles Holz durften meine Hände noch nicht berühren.“ Er griff danach und zog die Finger zurück. „Man kann die Hitze des Südens förmlich spüren!“ Erneut berührt er das Holz und fuhr mit den Fingern darüber. „Glatt und hart wie polierter Marmor, ein edler Rohstoff. Habt ihr jemals die Reise nach Uthuria gewagt oder zu den sagenhaften Waldinseln? Das muss ein Abenteuer sein, dass selbst einem Phileasson Foggwulf den Bart flattern lässt.“

Als Nachspeise werden Belhanka-Rosenblüten gereicht. Eine Person nutzte das gefräßige Schweigen: „…und dann sagte der Frosch: nein, nein, nein.“ Mit dieser Pointe endete der Witz und alle Anwesenden mussten laut lachen. Niemand hätte dieser Person zugetraut solch Witze erzählen zu können.

Mit dem Öffnen eins Fässchens Küstenwind der WYS wurde Haldan in die Geheimnisse des Delphinicco eingweiht, soweit dies ohne ein Hafenbecken möglich ist. „Ein wunderbarer Zeitvertreib muss Delphinicco sein und ein Vergnügen für die ganze Stadt. In Shenilo spielen wir Imman. Beim letzten Freundschaftsturnier in Ramaúd belegten wir Platz drei von vier. Und es ist nur einem glücklichen Zufall zu verdanken, dass Yaquirstein Shenilo nicht letzter geworden ist. Nämlich, dass die Mannschaft Dreimaster Ramaúd noch besser im schlechtsein waren als wir. Doch an Freundschaft haben alle dazugewonnen.“ Haldan lehnte sich mit verschwörerischen Blick noach vorne. „Und ich habe das Gefühl, solch einen Gewinn auch hier gemacht zu haben.“ Mit diesen schönen Worten ließ man den Abend ausklingen.

Am nächsten Morgen ging es wieder zur Werkstatt. An der großen Abbildung Ingerimms blieben Lessandero, Arbas, Madalena, Madanne und Haldan stehen. Haldan durfte das Gebet sprechen: „… möge das Messer das Holz schneiden, möge der Hammer den Nagel treffen und mögen meine Hände verschont bleiben, auf dass ich noch lange meinem Handwerk nachgehen kann.“

Es wird bunt und endet

Nach Haldans Morgengebet begann sogleich das geschäftige Treiben in der Casa Trenti: Lessandero ließ sich in Haldans und Arbas' Anwesenheit von den Meistern über den Stand einzelner Arbeiten unterrichten und erteilte Anweisungen, wie an jedem Rohalstag. Die Gesellen und Lehrlinge erfüllten derweil die große Halle mit Ingerimmgefälligem Lärm. Anschließend eilte Arbas zu Madalena, um sie und Madanne zu unterrichten. Lessandero führte Haldan derweil in den Innenhof: In einem kleinen Schuppen - mehr ein überdachter Unterstand denn richtiges Gebäude - der an die große Halle angebaut war, befand sich Gyldas Reich der Farben. Ihr stand dort ebenfalls einer der Lehrlinge zur Seite. Die allgegenwärtigen Sägespäne und Holzstaub waren hier seltener anzutreffen. Zwei Seiten des Raums waren mit schlichten Regalen und Schränken vollgestellt, die offenbar schon als Übungsfläche für einen Anstrich gedient hatten: die Türen der Schränke waren kunterbunt lackiert, um nach getaner Arbeit die Pinsel auszustreichen. Auf den Regalen türmten sich Tiegel, Töpfe und Flaschen mit allen möglichen Farben. Dazu Pinsel in verschiedensten Größen. Während der Lehrling eine der berühmten Ladekisten lasierte, um sie vor Efferds Launen zu schützen, lackierte Gylda eine Holzfigur, die aufgrund der Aufwendigkeit ihrer Arbeit offensichtlich ein Heiliger sein musste.

Lessandero reichte ihr im Gespräch die von Haldan mitgebrachten Tontöpfchen, und Gylda ersuchte direkt darum, das schillernde Blau an der schuppenartigen Robe der Figur auszuprobieren. Auf dem hellen Nadelholz sollte dies nach der erfolgten weißen Lasierung zur leichten Betonung der Maserung des Holzes besonders zur Geltung kommen.

"Kilian Gerber hat uns die Farbe der Roben der Efferdgeweihten, das Efferdisch Blau, für unsere Figuren als Lack gemischt. Aber bei dieser Figur, mit den Schuppen, finde ich diese Cordur'sche Farbe mit den silbrigen Pigmenten passender. So etwas habe ich noch nie gesehen. Lässt sich das normal streichen? Muss ich die Figur dafür hinlegen?" Nachdem die Robe als Gemeinschaftsarbeit gestrichen war, gingen Lessandero und Haldan in die Haupthalle zurück.

Lessandero hatte hier bereits einen Holzrohling für Haldan bereitgelegt. Mit geübten Schnitten holte Haldan die grobe Form eines Fisches aus dem Holz. Dabei kamen, ganz im Sinne des Wissensaustauschs, Messer und Meißel sowohl aus Efferdas als auch aus Shenilo zum Einsatz. Ein jeder konnte seine Kniffe zeigen. Die Arbeiten wurden von vielen erstaunten und erfreuten „Ahhs“ und „Ohhs“ begleitet. Bis nachmittags wurde gehobelt, gehämmert und gefeilt, dem Herrn Ingerimm zum Wohlgefallen.

So gingen noch einige Tage ins Land. Es wurde viel gelernt und viel gelacht. Zum Ende des Wissensaustauschs verabschiedete sich Haldan mit den Worten: „Dann sehen wir uns im nächsten Götterlauf in Shenilo“. Die Gasthäuser der Familie Cordur entlang eures Weges stehen euch jederzeit offen.

Jedes Mal wenn ein Handwerker in einen köstlichen Trentifisch beißt, erinnert man sich dieser Ereignisse und dankt den Göttern für ihre Gaben.