Archiv:Die große Rückkehr des Gestechs (BB 38)

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Quelle: Bosparanisches Blatt Nr. 38, Seiten 24-25 Schildwacht.png Datiert auf: Peraine 1034 BF


Die große Rückkehr des Gestechs

Urbasisches Turnier findet erstmals wieder in der Stadt statt

von Sinjara Acciaioli


Als am 30. Praios 1033 BF zu Beginn der Marudreter Fehde (BB#37) die urbasische Armbrustmanufaktur abbrannte – die Täter stehen bis heute nicht fest – dachte bestimmt niemand in der Silberstadt, welch Glück dies war. Dem Aurelassen sind Schicksalsschläge und der Neuanfang danach jedoch nicht fremd. Und so hielten sich die Urbasier nach jener verhängnisvollen Nacht an die junge Herrin Tsa, selbst wenn sie es auf ungewöhnliche Weise taten – einen rondragefälligen Ort des Wettstreits nämlich schufen, noch dazu einen, den es ebendort schonmal gegeben hatte. Am 15. Peraine 1034 BF kehrte das Große Gestech Urbasis auf sein altes, wiederhergestelltes Turnierfeld innerhalb der Stadtmauern zurück. Und wie!
Gonfaloniere Romualdo di Salsavûr hatte den Adel des ganzen Reiches eingeladen, diesem Premierenturnier beizuwohnen. Viele waren gekommen. Cavallieri aus Vinsalt, Arivor, Methumis, Efferdas, Shenilo, Sewamund und Unterfels, ja selbst aus den Nordmarken meldeten ihre Teilnahme am Tjost, der Königsdisziplin, an. Manchen lockten auch die Visionen von der Heldenkönigin Salkya Firdayon (siehe hier). Die Urbasier empfingen sie mit einem Volksfest. Überall wehten stolz die Banner der Nachbarschaften, der Zünfte, der Patrizier und natürlich der Stadt selbst. Für die adligen Besucher gab es noch am Vorabend ein Bankett im silbernen Saal des Magistratspalasts.

Eigentlicher Beginn des Turniers war jedoch der Morgen des 15., als das Große Stechen seinen Anfang nahm. Jedem der 31 Teilnehmer des Tjosts wurden jeweils drei Gegner zugelost und nur die siegreichsten unter ihnen wahrten ihre Chance aufs Weiterkommen. Schon das allererste Gefecht sah den jungen Unterfelser Tiro Cirrention sensationell gegen die Arivorer Mitfavoritin Nevinia ya Stellona triumphieren, nachdem er ihr am Abend zuvor noch eine Ode gesungen hatte. Weniger rühmlich ließ sich der in Diensten Croenars stehende Ralman di Côntris von einem weiteren Streiter desselben, dem ‘Schwarzen Turm’ Torreon de Torri regelrecht über den Haufen reiten – und verdankte nur dem raschen Einsatz einer herbeieilenden Heilmagierin, dass er dies nicht mit schwersten Verletzungen bezahlte. Doch auch Favoriten standen sich schon einander gegenüber, etwa der unglückliche Tarquinio della Pena, Sieger von 1029, dessen Gefechte alle in den Fußkampf gingen, davon einmal gegen Dareius Amarinto, der der Turniertradition seines Hauses Ehre machte, als er alle drei Gefechte dieses Tages für sich entschied. Dies gelang auch dem für den Baron von Ramaúd streitenden Nordmärker Koromar von Liobas Zell, der Sheniloer Drachenreiterin Usvina Cordur und dem bereits genannten Torreon, dessen letzter Kampf des ersten Tages gegen den Arivorer Adalrik von Schreyen ein weiterer bemerkenswerter war. Im eigentlichen Tjost noch unterlegen, doch sattelfest, erteilte der Hüne dem Favoriten im Kampf mit dem Schwert eine brutale Lektion und legte eindrucksvolles Zeugnis seiner körperlichen Urgewalt ab.
Der zweite Tag, der 16., begann mit einer weiteren Sensation, an der wieder der Unterfelser Tiro beteiligt war: Er hatte die Schwertschwester Amene di Salsavûr schon am frühen Morgen aufgesucht und ihr berichtet, dass ihm selbst eine der Visionen von Salkya zuteil geworden war! Der Segen der Göttin Rondra, so die Schlussfolgerung der Hochgeweihten, müsse dadurch nochmal ganz besonders auf dem laufenden Turnier liegen. Die Stichkämpfe um die letzten vier Plätze in den finalen Forderungen sahen danach weitere denkwürdige Duelle, als etwa die einst verfemte Rumina von Cerellion die Marchese-Tochter Vanossa della Tegalliani schlug, von deren Familie sie sich abgespalten hatte. Der heimische Mitfavorit Lorian di Salsavûr, Sieger von 1032, setzte sich in spannenden Kämpfen zweimal erst zu Fuß gegen Reon ya Torese und Barian della Turani durch.
Als dann endlich die finalen Forderungen anstanden, wählten die als Reizer gelosten ungeschlagenen Streiter des Vortags, Koromar und Dareius, ihre zu Trutzern gelosten Widerparte, Usvina und Torreon, als erste Gegner aus. Eine Rechnung, die für den Streiter Baron Gishtans im Sheniloer Ehrenduell nicht aufging, Dareius dafür gegen den furchterregenden Torreon mit der Lanze triumphieren ließ. Allmählich zeichnete sich nun aber auch ab, dass dies am Ende der besondere Tag einer urbasischen Patrizierin werden sollte: Yandriga von Urbet überraschte durch furiose Schwertgewitter nach jeweils unentschiedenen Lanzengängen die Arivorer Favoriten Nevinia und Adalrik, bevor sie sich im Halbfinale mit Dareius ein Duell bis zur Erschöpfung lieferte – und erneut gewann. Das andere Halbfinale ging ebenfalls in den Fußkampf, in dem sich Lorian Usvina geschlagen geben musste. So kam es schließlich zum Finale, das es am Tag vorher schon gegeben hatte, als Usvina Yandriga noch vom Pferd stieß. Diesmal kehrte sich das Kampfgeschick jedoch um und es war erneut Yandriga, die sich im entscheidenden Kampf mit dem Schwert durchsetzte. So überrascht war selbst das Turnierpublikum von dieser Wendung, dass es den Sieg der Einheimischen erst nach einem mehrere Augenblicke währenden Moment des Staunens bejubelte.
Zur Siegerehrung durch den Gonfaloniere, die auch den im Schildstechen so viel erfolgreicheren Tjostteilnehmer Gaspard Slin aus Efferdas seinen Preis entgegen nehmen sah, hatte sich die Überraschung dann gelegt. Stattdessen wurden die Ereignisse der vergangenen zwei Tage bei manch einem Glas Goldfelser Morgenrot, kräftigender Sikrami und vielerlei anderen Köstlichkeiten in überwiegend heiterer Runde feierlich gewürdigt. Der eine oder andere auswärtige Ritter nahm gar noch einen neuen Knappen aus Urbasi mit nach Hause.

Armin Bundt, mit Dank an alle Teilnehmer des irdisch ausgewürfelten Spektakels, die Losfeen und besonders den ‘Final-Würfler’ Eike Wendland