Briefspiel:Unter Katzen
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Ein konspiratives Gespräch dreier Damen.
Unter Katzen
Palazzo Rizzi, Unterfels, Travia 1048 BF
Lucido lag nahe dem warmen Kamin und leckte sich die Pfote, bevor er diese nun zum wiederholten Mal über sein Antlitz stich. Das schwarze Fell des Aveskaters glänzte im Schein der nahen Kerzen und das Licht spiegelte sich in seinen großen Augen. Der Blick des Katers schweifte durch den Raum. Er sah seine Vertraute im Gespräch mit einer anderen Hexe … ebenfalls eine Katze, wie seine geschulten Augen erkennen konnten und was auch naheliegend war, wurde die Unbekannte doch von einer Nuala begleitet. Eben jener unbekannte Stubentiger bemühte sich zwar sichtlich darum, Lucido nicht zu offensichtlich zu beobachten, doch konnte der schlaue Kater deutlich erkennen, dass ihre Augen lediglich zu Schlitzen geschlossen waren und sie eben nicht vor sich hin döste.
Der stolze Kater erhob sich, streckte sich theatralisch durch, drehte sich einmal im Kreis und legte sich dann wieder auf seinen warmen Platz. Sein Blick lag nun wieder auf Gwena, die sich inzwischen mit zwei Menschenfrauen unterhielt. Als herausragender Empath konnte der Aveskater deutlich die herrschenden Emotionen der kleinen Gruppe vernehmen, auch wenn er die in Menschenzunge gesprochenen Worte nicht verstand. Gwena wirkte dabei neugierig und entspannt und die in orange und golden gekleidete alte Frau, die Lucido bereits vom Sehen kannte und die hier die Hausherrin war, tat es ihr beinahe gleich. Einzig die fremde Hexenfrau wirkte etwas nervös und unsicher und der schwarze Kater hätte sehr gerne gewusst, warum dies wohl so sein mochte.
Es kam nicht oft vor, dass Gwena mit ihm auf Reisen ging und sie die große Stadt verließen. Das Treffen hier musste demnach ein sehr wichtiges sein und da eine von den Schwestern ihrer Vertrauten anwesend war, ging es wohl um die Schwesternschaft und darum im weiteren Sinne auch um ihn selbst.
Lucido leckte sich über die Lippen und wandte sich gänzlich den drei Menschenfrauen zu, vor allem weil die Fremde sich gerade über irgendetwas aufzuregen schien. Es war ein starkes Gefühl, wie es Hexen oft in sich trugen, das den Aveskater nun gänzlich auf den Plan rief … und nicht nur ihn, wie ein knapper Seitenblick auf die Nuala offenbarte …
“Wie meinst du das?”, fragte Gezelda von Ulmentor und richtete sich dabei auf. Bei diesen Worten schwappte der edle Wein in ihrem Kelch bedrohlich nahe zum Rand hoch und drohte sich über ihr hübsches grünes Kleid zu ergießen. “Nachhelfen?”
“Schwester …”, hob Gwena Hugedeel zur Antwort beschwichtigend ihre Hand. Die Frau trug ihr feuerrotes Haar hochgesteckt und war in ein lindgrünes Kleid aus neuester Vinsalter Mode gekleidet. “Du weißt, dass es Mittel und Wege gibt, sie gefügig zu machen.” Es legte sich ein knappes Schmunzeln auf die Lippen der aristokratischen Dame. “Was ich so über dich … und die Empfängnis deines Sohnes gehört habe, sind dir diese Mittel und Wege nicht ganz unbekannt.”
“Das ist ja … unerhört”, war die Ulmentorerin nun noch ungehaltener als zuvor. “Wir reden hier nicht über irgendeinen Mann, den man in die richtige Richtung lenkt, damit dieser der einen Sache nachkommt, für die seine Gattung gut ist …”, Gezelda brach ab, fasste sich und atmete tief durch, “... es geht hier um die Zukunft meiner Familie und meiner Nichte.”
“Ein Ansinnen, das dich hierher nach Unterfels gebracht hat, meine Liebe”, gab sich Gwena immer noch unbeeindruckt. “Aus welchem Grund?” Nun nahm die Dame mit dem feuerroten Haar einen Schluck aus ihrem Kelch. “Ich bezweifle, weil es dir in den Nordmarken nicht an Angeboten und Möglichkeiten fehlt.”
“Das ist es nicht”, antwortete Gezelda nun etwas kleinlaut. “Es gab schon so einige Werber um die Hand meiner Nichte, doch lehnte sie bisher jeden ab.”
“Ein Grund mehr, warum man die jungen Leuten nicht Entscheidungen von dieser Tragweite treffen lassen darf”, schaltete sich nun die alternde Traviana Rizzi in das Gespräch ein. Die Matriarchin der Familie hatte sich entspannt in ihren Stuhl gelehnt und die Hände gefaltet. Optisch strahlte sie Mütterlichkeit und Milde aus, doch wer sie näher kannte, wusste, dass sie eine aufmerksame, berechnende und gefährliche Frau sein konnte.
Gezelda maß die alternde Frau mit einem kurzen Blick. “Das ist einem Versprechen geschuldet, welches uns mein verstorbener Bruder abgerungen hat. Silvagild soll sich ihren Gemahl selbst aussuchen … genau das ist ja das Problem. Als Ritterin weiß man nie genau wann Golgari ruft und je schneller man der dynastischen Pflicht nachkommt, desto besser.”
Gwena nickte zustimmend. Sie war eine Hexe - genauso wie Gezelda - und Schwestern, die einen Ehebund eingingen, waren innerhalb der Gemeinschaft nicht immer gut gelitten. Nicht wenige Töchter Satuarias waren der Meinung, dass es ein Zeichen der Schwäche sei, sich als Frau mit einem Mann zu verbinden. Gezelda schien dieser Sichtweise treu geblieben zu sein, während Gwena selbst diesen Bund als Bestandteil ihrer Tarnung einging - für eine Frau, die einem Geschlecht entstammte, das der Herrin Travia eng verbunden war, war es nunmal nicht anders möglich unangenehme Fragen und Aufmerksamkeit zu verhindern. Genau aus diesem Grund waren der Hexe auch die Spielregeln wohl bekannt, an welche sich Angehörige des Adels halten mussten - egal ob im Neuen oder Alten Reich.
“Warum denkt Ihr, dass dies bei Valeran anders sein sollte?”, fragte derweil Traviana interessiert. “Versteht mich nicht falsch, Signora …”, nun richtete sich die alternde Frau etwas auf und streckte ihren Rücken durch, “... wir sind sehr interessiert an Eurem Angebot. Unsere Familie ist zwar vermögend, doch fehlt es unserem Stammbaum an altem und angesehenen Blut. Eine Verbindung zu einer alten, neureichischen Junkersfamilie wäre demnach in unserem Sinne, auch wenn wir auf Eure Forderung eingehen, die Nachkommen dieser Verbindung zur Gänze Eurem Haus zuzurechnen. Aber …”, über das Antlitz Travianas huschte ein Schmunzeln, “... es scheint mir, als wäre derselbe Hemmschuh, der bisher verhindert hatte, dass die junge Signora sich für einen Ehegatten entschieden hat, auch in unserem Fall ein Problem?”
Das Ulmentorer Familienoberhaupt nickte knapp. “Deshalb soll es ja bloß eine Bitte sein … und kein Versprechen”, konkretisierte Gezelda. “Meine Nichte wird in einigen Wochen eine Reise nach Belhanka antreten und da sie sich ihren Reisebegleitungen gegenüber auch in der Vergangenheit schon des Öfteren relativ … offen gezeigt hat, würde es sich anbieten, wenn Euer Enkel meine Nichte … nunja … begleitet.”
“Und damit ist sie einverstanden?”, fragte Traviana mit eine hochgezogenen Augenbraue.
Gezelda lächelte diese Frage jedoch weg. “Das lasst meine Sorge sein, Signora.” Der Blick der Ulmentorerin ging zwischen den beiden Frauen hin und her. “Setzt bitte Valeran einfach darüber in Kenntnis … den Rest wird die Herrin Rahja erledigen … hoffentlich.”
-Fin-