Briefspiel:Wahlen in Shenilo 1040 BF/Wahlkampf

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Nominierungsphase

Rondrigo Amando Schwarzenstamm (Gransignore)

Frischvermählter Rondrigo Schwarzenstamm kandidiert als Gransignore
Greift nun Pertakis über den Ehebund nach der Macht?
Von Thersion Gedra
Shenilo/Pertakis, Efferd 1040 BF. Nachdem viel zu frühen Ableben der beiden Gransignores von Shenilo und Pertakis ist in beiden Städten enorme Unruhe auf der politischen Bühne entstanden. Am Yaquir positionieren sich Feliceya, die jüngere Schwester des verstorbenen Alessandro ya Ilsandro, und Endigo di Pertakir, Rondrianer und heftigster Kritiker Shenilos in den vergangenen Jahren, als mögliche Nachfolger im Amt des Stadtherrn von Pertakis.
Während in Pertakis zum ersten Mal seit Dekaden das Stadtoberhaupt nicht mehr Ilsandro heißen könnte, sind die Wechsel an der Spitze der Geronsstadt mittlerweile keine Seltenheit mehr. Allerdings könnte bei der diesjährigen Gransignorewahl die Ereignisse im benachbarten Pertakis in noch stärkerer Weise eine Rolle spielen, als bisher. Nun hat nämlich ein bisher eher zurückhaltendes Mitglied der Eteria seinen Hut in den Ring geworfen – Cavalliere Rondrigo Amando Schwarzenstamm, Verwalter der Herrschaft Solstono anstelle seines im Sangreal weilenden Neffen Teucras de Solstono.
Erst vor wenigen Wochen hatte sich dieser mit Arjana d’Illumnesto vermählt, der Tochter des Herrn von Tolmanayo. Zwar hat er sich bisher nicht zu einem Zusammenhang mit seiner jüngst erfolgten Heirat erklärt, aber die beträchtliche Mitgift, von der die Rede ist, hat sich Rondrigo bereits zunutze gemacht, hat der Schwarzenstammer doch pünktlich zu seiner Kandidatur die Fertigstellung des Kaiserkanals zwischen Balthar und Solstono vermelden können, offenbar mit nicht unbeträchtlichen Stiftungen der Schwarzenstammer finanziert. Gute Nachrichten für das von den Jahren des Pilgerstreits mit Pertakis gebeutelte Shenilo, wenn die Verbindung zum Kaiserpalast in Horasia erst ebenfalls fertiggestellt ist.
Während es an den guten Absichten Rondrigos bisher keinen Zweifel gab, so kann dies von seinem neuen Schwiegervater Barbio d’Illumnesto, dem einstigen Gegner der Sheniler bei der Fahnenschlacht von Gilforn, nicht gesagt werden. Wenn die Gerüchte zutreffen, wonach sich in Tolmanayo bereits Söldner der Schwarzen Kompanie versammeln, dann mag der Illumnesto sein Schatzkästlein tatsächlich geplündert haben, um hochfliegende Ambitionen zu befriedigen.

Carion von Calven (Cancellario)

Jugendsünde oder Schatten der Vergangenheit
Von Balbaro ter Barken
Shenilo, Efferd 1040 BF. Wie jüngst bekannt wurde, wirft bei dieser Wahl ein gänzlich unerwarteter Kandidat seinen Hut in den Ring: Signore Carion von Calven, Gutsbesitzer an der Westküste, hat sich kurz vor Ablauf der Frist dem Consilium Draconis als Kandidat für das Amt des Cancellario empfohlen.
Nun wäre dies nicht weiter bemerkenswert, wenn nicht besagter Herr trotz seines recht geringen Alters von 27 Götterläufen bereits eine schwierige Vergangenheit aufwiese. In jener unheilvollen Zeit vor acht Jahren arbeitete er nämlich eng mit seinem berüchtigten Vetter Ludovigo zusammen, der ihm die Vogtei über seine Stammgüter anvertraute. Es heißt gar, der selbsternannte, anmaßende Fürst habe für den Fall seines eigenen Ablebens Signore Carion die Regentschaft in Vertretung seines Sohnes Geron anvertrauen wollen. Ob dies glaubhaft ist, wissen nur die Götter – und wohl mancher Mitverschwörer von damals. Den erbosten Volksmassen, denen sein Vater Odarin im Travia 1033 BF zum Opfer fiel, entging Carion jedenfalls wohl nur deshalb, weil er seinerzeit (bewusst?) nicht in Shenilo weilte.
Seit jener Zeit ist, das sei der Vollständigkeit halber gesagt, nichts Nachteiliges über den Signore bekannt geworden. Nun muss Shenilo, muss sein Drachenrat und muss nicht zuletzt der zu wählende Gransignore sich befragen, ob die Stadt bereit ist, eine Figur mit solch zwiespältiger Vergangenheit in ein hohes Stadtamt zu berufen. Mit Signora Sinestra ya Papilio hat er immerhin eine unbelastete und angesehene, wenn auch ebenso wenig erfahrene Konkurrentin.

Leomar di Gondolfini (kandidiert nicht nochmals)

Constabler strebt keine Wiederwahl an
Von Balbaro ter Barken
Shenilo, Efferd 1040 BF. Der Wahlkampf in Shenilo gewinnt in diesen frühen Herbsttagen an Fahrt. Leomar di Gondolfini, der seit 1036 BF das Constableramt innehat, hat überraschend erklärt, er strebe eine erneute Kandidatur nicht an. Shenilo, so der Constabler, brauche für die nächsten Jahre wesentlich jüngere und unverbrauchte Magistrate. So begrüße er das Antreten Signore Aurandis als Kandidat für das Amt des Gransignore. Er selbst habe seine Aufgabe mit großer Freude erfüllt, wolle sich aber nach Ablauf seiner Amtszeit vorerst ins Privatleben zurückziehen.
Wichtigstes Vorhaben für di Gondolfini war neben der Heranführung der Sheniloer Drachenreiter auf ihre alte Sollstärke der Aufbau einer schlagkräftigen Sheniloer Flussflottille. Weil dieses letztere Projekt wieder und wieder (und bis dato) an Widerständen aus den städtischen Gremien gescheitert ist, scheint der Adlige aus Ruthor amtsmüde zu sein. Zu einigen anderen Magistraten und Teilen der Eteria herrschte zuletzt ein gespanntes Verhältnis. Bei den Soldaten erfreut sich der Constabler jedoch dem Vernehmen nach immer noch größerer Beliebtheit.

Wahlkampf

Bericht über Rondrigo Amando Schwarzenstamm (Gransignore)

Schwarzenstamm für Horasia
Von Farlon Terschlin
Nachdem unser Blatt bisher nur über die Kandidatur Rondrigo Schwarzenstamms berichtet hatte, konnten wir nun ein Gespräch mit dem faktischen Herrn von Solstono führen. Darin trat dieser Befürchtungen entgegen, er sei in irgendeiner Weise in Diensten Pertakis' unterwegs.
"Zwar will ich nicht verhehlen, dass ich nicht zu jenen gehöre, die sich eine ewige Feindschaft mit Pertakis wünschen. Aber das Haus d'Illumnesto hat vielmehr Clameth im Sinn, als Intrigen gegen Shenilo." Damit spielt der Vogt von Solstono zweifellos auf dessen Besetzung durch den Baron da Brasi an, denn auch der Hintergrund der Anwesenheit von dessen Schwarzer Kompanie ist bisher unklar.
Allerdings hat, so konnte sich das SHB überzeugen, Rondrigo Schwarzenstamm sehr wohl eine politische Agenda: "Der Blick Shenilos muss endlich gen Horasia gerichtet werden. Viel zu oft haben wir noch mit Sorge gen Pertakis geblickt, mit Ehrfurcht gen Arivor oder mit Furcht gen Vinsalt", so Schwarzenstamm. Dabei sei die Rivalität mit der Yaquirstadt für keine der beiden ponterranischen Städte bisher fruchtbar gewesen und Arivor bekanntlich "vom Himmel verbrannt worden".
Mit Blick auf die anstehende Amtsübernahme des Horas sagte der Onkel des Ordensoberen der Heilig-Blut-Ritter: "Die Zeit der Vinsalter Alleinherrschaft nähert sich ihrem Ende." Die Zukunft des Reiches entscheide sich im Horaspalast. "Und mein Haus hat bekanntlich beste Beziehungen in den Sangreal. Diese will ich in die Dienste Shenilos stellen."

Melina ya Papilio (Camerlenga) stellt sich vor

„Ihr kennt mich“, eröffnete die ehrwürdige Melina ya Papilio ihre Vorstellungsrede vor dem Consilium. „Schon zu Zeiten der Domäne Pertakis war ich hier in Shenilo tätig: Als Stadt-Esquiria habe ich nach der Durchsetzung geltenden Rechts und der korrekten Erhebung der Steuern geschaut.“ Manch altgedienter Consiliere nickte da zustimmend: Ja, die kleine, kräftige Cavalliera hatte viele Jahre in der Stadt gewirkt – ruhig, besonnen, ohne Aufhebens um ihre Person zu machen und ohne ihrem eigenen Haus Vorteile zu verschaffen.
„Auch nach der Unabhängigkeit Shenilos bin ich der Stadt zu Diensten geblieben und verwalte weiter die Vogtei Send“, fuhr die grauhaarige Ministerialin fort. „Das Gut erbringt unter meiner Leitung verlässliche Einkünfte, mittels derer öffentlichen Bauten und Institutionen unterhalten und gepflegt werden - nicht zuletzt auch dieser Versammlungssaal.“ Auch das stimmte, wussten die Consilieri. Nie hatte es Zweifel an der guten Ordnung von Send gegeben. Deshalb hatte man Melina ja seinerzeit als verlässliche Vogtin bestätigt.
„Und in den kommenden beiden Götterläufen, biete ich an, möchte ich für Shenilo die Camerlenga sein. Ich will auch dieses Amt zum Wohl der Stadt ausüben. Falls Euch meine Erfahrung in diesen Geschäften überzeugt, so setzt mich, Melina ya Papilio, als Camerlenga auf die Vorschlagsliste.“

Kedio aus Malur sieht Sinestra ya Papilio als Cancellaria

Schon seit Stunden liefen die Beratungen im Consilium Draconis. Über die Vorschläge für die Ämter des Camerlengo und des Constablers war angesichts der stattlichen Zahl möglicher Kandidaten ausführlich und teils hitzig gesprochen worden. Beim Cancellario schien der Redebedarf hingegen gering zu sein: Carion von Calven, so der scheinbare Konsens, komme nicht nur aus einem angesehenen Haus, sondern habe auch einige Erfahrung in verwalterischen Geschäften. Ihn würde der künftige Gransignor nicht ablehnen.
Da aber bat der Consiliere Nosulgor ums Wort. Das überraschte manchen, denn Kedio aus Malur vermied üblicherweise Diskussionen, die zu keinem Ergebnis führen konnten. Die eingesparte Zeit könne er besser für die Pflege von Alten und Kranken im Spital verwenden, so seine Einstellung.
„Werte Mitglieder des Consiliums, bedenkt folgendes: Das Amt des Cancellario – oder der Cancellaria - ist ein forderndes, zeitaufwändiges. Alle organisatorischen Akte in der Stadt und dem Bund liegen in der Verantwortung des Amtsinhabers. Die Person, die diese Verantwortung auf sich nimmt, benötigt nicht nur Erfahrung in den formal korrekten Abläufen einer Verwaltung. Sie sollte auch einen ungetrübten Blick auf das Geschehen haben können und ihre persönliche Zeit ganz auf diese Tätigkeit konzentrieren. Das schließt den direkten Kontakt mit den Verwaltungsbeamten und denjenigen ein, die beschlossene Maßnahmen umsetzen.
In diesen Tagen sind die genannten Befähigungen noch wichtiger als in der Vergangenheit: Wir wissen noch immer nicht, was die Katastrophe von Arivor für unser Gemeinwesen bedeutet. Die ersten Hilfesuchenden und ihres Heims verlustig Gegangenen sind bereits in Shenilo eingetroffen und bislang nur zu einem kleinen Teil gut untergebracht oder gar in sinnvollen Tätigkeiten in der Stadt eingebunden worden. Es steht zu erwarten, dass noch viele mehr kommen werden. Zu verhindern, dass die Neuankömmlinge in Not, Hunger, Wohnungslosigkeit und Untätigkeit geraten, wird auf absehbare Zeit – und ich spreche da nicht von Wochen oder Monaten, sondern von Jahren - die größte neue organisatorische Aufgabe in Shenilo sein, neben allen regulären Tätigkeiten des Cancellario oder der Cancellaria.
Ich denke darum, dass wir eine Person für dieses Amt vorschlagen müssen, die sich ganz auf diese Tätigkeit konzentrieren kann, und weder durch familiäre Verpflichtungen noch durch politische Überlegungen von den Erfordernissen der exekutiven Pflichten abgelenkt wird. Mir erscheint daher Sinestra ya Papilio als die Richtige, sie zur Cancellaria vorzuschlagen. In den vergangenen vier Götterläufen hat sie für ihre Familie die Herrschaft Wanka verwaltet. Sie ist fleißig und verlässlich, wie man es von einer Papilio erwarten sollte, und nimmt sich dabei als Person nicht allzu wichtig. Dass sie in ihrem Zuständigkeitsbereich zudem ein Herz für Notleidende gezeigt hat, ist aus meiner Sicht eine zusätzliche Qualifikation. Darum empfehle ich Euch, bei der nun abzustimmenden Priorisierung Euer Votum für Sinestra ya Papilio als künftige Cancellaria auszusprechen.“

Arana von Shenilo nimmt Stellung zu den Constabler-Kandidaten

Gleich vier Personen waren als Kandidaten für das Constabler-Amt ins Gespräch gekommen. Traditionsgemäß erhielt die Consiliera Famerlor als Erste das Wort dazu.
Arana von Shenilo, Vorsteherin des Sankt-Geron-Tempels, zog die Nase kraus: „Die Möglichkeiten sind begrenzter als es scheint. Es ist ein geschickter Zug der Drachenreiter, zugleich ein weißes und ein rotes Kamel auf die Reise zu schicken. Doch die scheinbare Alternative ist gar keine wirkliche.
Der wackere Gianbaldo Carson ist bislang nur Leutenant, seine Beförderung zum Capitano der zweiten Eskadron überfällig. Das im Hinterkopf, würde mancher aus diesem Gremium wohl sagen, er solle bei seiner Einheit verbleiben und seinen Weg weiterhin geradlinig gehen. Das Constabler-Amt könne er ja dann in vier oder acht Jahren wieder anstreben.
Damit wäre die näherliegende Option Aldare ya Papilio, immerhin bereits als Capitanya erfahren. Dass diese Constablerin werde, könnte manchem Consiliere als der konsequent nächste Schritt erscheinen. Allerdings sollten wir nicht vergessen, dass die Esquiria seit jeher immer dann eine gute Figur gemacht hat, wenn es um die Verknüpfung von Politik und Kriegskunst ging, nicht aber dann, wenn es darum ging, rondrianische Tugenden hochzuhalten. Ich erinnere nur an das Gefecht am 4. Efferd 1036 BF in Efhardis, dessen Verlauf sie als Befehlshaberin mitzuverantworten hatte.
Besagtes Ereignis führt mich dann auch gleich zum nächsten 'Kandidaten'.“ Arana spuckte das Wort geradezu aus. „Cusimo di Ulfaran, der im rondrianischen Zweikampf zum Meucheldolch greift, will Constabler werden? Ich bitte Euch! Warum nicht gleich einen der Presser aus Porta Pertakia für dieses Amt empfehlen?
Bleibt noch Cavalliere Gladio. Er hat sich mir persönlich bereits vorgestellt. Viel sagen kann ich über ihn zwar noch nicht, doch ist er ein aufrechter Glaubensbruder und Ordensmitglied. Einen solchen in der Stadt zu haben ist gut. Wo er und sein Haus zwischen den Alteingesessenen und Etablierten zu positionieren sind, ist jedoch schwer abzuschätzen.“
Mit einem „soviel dazu“ nahm Arana wieder Platz.

Asteratus Menaris (Camerlengo) stellt sich vor

„Die Herrin Hesinde lehrt: Es gibt eine Welt, aber sechs Elemente, die sie zusammenhalten. Es gibt einen Göttervater, aber Zwölfgötter herrschen über Alveran, es gibt einen Horas, aber das Haus der Fürsten und das Haus der Edlen regieren mit ihm das Liebliche Feld. Nur in Shenilo, soll der Magistrat nicht aus sechsen, nicht aus zwölfen, nicht aus vielen, sondern aus einem Hause rekrutiert werden? Was für die Herrschaft im Hause ya Papilio richtig sein mag, kann für Stadt und Bund verheerend sein.“ Mit diesem Seitenhieb auf die vielfache Kandidatur von Mitgliedern des Hauses ya Papilio auf den verschiedenen Magistratsposten begann Geronya Menaris den Brief ihres Vetters Asteratus, den sie vor dem Consilium Draconis verlesen hatte, das hinter verschlossenen Türen über die Kandidatenliste zum Magistrat beriet.
Dann wandten sich Asteratus' Worte dem von ihm angestrebten Aufgabenfeld zu, der Verwaltung der Kasse von Stadt und Bund als Camerlengo: „Der Herr Phex lehrt: Der Tüchtige kann manches erreichen, aber es ist keine Tüchtigkeit, wenn man nur dem Willen anderer folgt und das Gegebene verwaltet. Es gilt auch, selbst neue Wege zu gehen, eigene Gedanken zu entwickeln, die Erfolg bringen. Phex ist ein Gott der Nacht, wie er ein Gott des Handels ist, ein Gott der List, wie er ein Gott der Tüchtigkeit ist. In der Stadt Shenilo leben viele Menschen, der Bund hat viele Köpfe, viele Wünsche und noch einmal so viele Träume. Ihn so zu verwalten, dass entscheidende Wünsche und zumindest einige Träume erfüllt werden können, verlangt mehr als Tüchtigkeit und Gehorsam. Es verlangt kluge Strategien und Einsichten.“ Manche Hörer glaubten hier einen Hinweis auf die unaufgeregten, aber auch uninspirierten Jahre der Amtszeit Kusminela Agers erinnert. Die Frage war nun, ob Asteratus Menaris selbst Ideen zur erkennen gab, was er anders anzupacken gedachte.
„Der Herr Nandus, der Sohn der Hesinde und des Phex lehrt schließlich: Wer nichts erfahren will, wird nichts wissen, wer keinen Schlüssel hat, kann kein Schloss öffnen, wer keinen Plan hat, kann keine Arbeit verrichten, keinen Erfolg erlangen, wer keine Strategie hat, kann kein Spiel, keine Schlacht für sich entscheiden. Nur wer Einsicht und Wissen hat, kann kluge Entscheidungen fällen. Deshalb werde ich, wenn man mich für würdig und weise genug hält, der Stadt Shenilo als Camerlengo zu dienen, wie ich ihr zuvor als Pfandvogt über die Schulden des Hauses Calven gedient habe, eine neue Steuerschätzung anstreben. Die letzte liegt nunmehr bald acht Jahre zurück, in denen sich unsere Stadt und der Bund stark verändert haben. Adelshäuser und mit ihren ihre Klienten haben Stadt und Bund verlassen, dafür sind mehrere Häuser neu hinzugezogen und haben ihre Gefolgsleute – und Steuerzahler – mitgebracht. Dann hat die Pilgerzollkrise die Stadt beschäftigt, ohne dass wir hier mit der nötigen Entschlossenheit und Einheitlichkeit gesprochen haben. Durch den Wegfall Arivors als wichtigstes Pilgerziel der Region wird sich nicht nur der Handel in Shenilo tiefgreifend verändern, auch haben wir den Zuzug neuer Sheniloer zu erwarten, mit denen wir klug, aber auch gerecht umgehen müssen. All dies, was Hesinde, Phex und Nandus mich in den Jahren meiner Studien und meines Dienstes für den Bund gelehrt haben, will ich als Camerlengo für Popolo und Patriziat Shenilos anwenden.“

Leomar Gabellano (Camerlengo) wirbt um Stimmen

Ihr guten Leute von Shenilo!
Einmal mehr entscheiden wir gemeinsam über die Geschicke unserer schönen Stadt. Einmal mehr gilt es, diejenigen mit Amt und Würden auszustatten, welche sich verdient gemacht haben und denen wir das größte Können ihn den Ämtern zusprechen, welche es neu zu vergeben gilt. Viele gute Namen lese ich auf der Liste derjenigen, die sich um eines dieser verantwortungsvollen Ämter beworben haben. Auch ich wage es, meinen Namen hinzuzufügen, Leomar Gabellano.
Als Gransignore habe ich euch bereits gedient. Nennt man mich nicht den Gransignore des Wiederaufbaus? Ist es mir nicht gelungen, die Geschicke unserer wunderbaren, aufstrebenden Stadt so zu lenken, dass sie weiterhin wachse und an Bedeutung gewinne? Haben wir nicht viel erreicht in dieser Zeit? Und habe ich als Präfekt von Côntris die Belange Shenilos nicht gut auch nach außen vertreten? Und ja: Habe ich nicht viele Jahre treu Haus Galahan gedient und dessen Finanzen verwaltet, bis Haus Gabellano die rechtmäßige Herrschaft des Hauses Firdayon auch über Haus Galahan erkannte?
Längst liegen all diese Ämter hinter mir. Was mir geblieben ist, ist meine Erfahrung. Und das Wissen, in der Verwaltung auf viele gute Leute bauen zu können, wenn ich als Camerlengo dem neuen Grandsignore und damit Shenilo erneut dienen werde. Und geblieben sind all meine Kontakte zu den großen Geldhäusern in Vinsalt und Grangor. Der Handel ist es, der Shenilo weiter erblühen lässt, und dem ich mich seit jeher verschrieben habe. Daher empfehle ich mich euch als neuer Camerlengo unserer Stadt.

Gezeichnet
Leomar Gabellano

Orsino Carson hält eine Rede für Gianbaldo Carson (Constabler)

Vor dem Palazzo Petilliani hatte sich eine Menge versammelt, bestehend aus Geladenen, Herbeigerufenen, Interessierten und nicht zuletzt Pilgern auf dem Weg zum nahen Tempel der Rondra. Unter den Kollonaden wurden erfrischende Getränke und kleine Würzbrötlein ausgegeben, ein Bänkelsänger deklamierte heroische Verse über die Taten St. Gerons, begleitet von passende Klängen, die von einigen Musikanten, die in der Kollonade standen, erzeugt wurden. Dann trat eine kleine Gruppe auf das aufgestellte Podest: der ehemalige Gransignore Shenilos, Orsino Carson, begleitet von seinem Neffen Gianbaldo, gewandet in die Uniform der Sheniloer Drachenreiter. Flankiert wurden beide von Innocencia Rahjada von Urbet-Marvinko, Gianbaldos Gattin, sowie zwei Mitgliedern der Heimdallgarde. Der Erzähler beendete seine Geschichte mit dem Sieg Gerons über die Schlange vom Sikram, so geschehen in der Heimat Innocencias. Die Musikanten spielten ein paar letzte Töne, dann war es still auf dem Geronsplatz, ein seltener Fall.
Orsino Carson trat vor und verkündete mit lauter Stimme, den Blick zur Seite gewendet, wo die anwesenden Hohen Herren und Damen Platz genommen hatten, dann wieder geradeaus auf die Menge blickend: „Signores, Signoras! Popolo Shenilos! Mit Stolz möchte ich euch meinen Neffen Gianbaldo vorstellen. Manch einer wird ihn kennen, aufgrund seiner Taten auf dem Feld des Turniers ebenso wie bei seiner Bewährung als Verteidiger von Recht und Sicherheit Shenilos! Heute nun will ich euch bekanntgeben, dass mein Neffe Gianbaldo sich zur Wahl für das Amt des Constablers bewirbt. Ich selbst habe dieses Amt vor Jahren ausgeübt, in diesen bisweilen turbulenten Zeiten habe ich gelernt, was es heißt, die Truppen der Stadt und des Bundes zu führen. Die Herrin Rondra, die Geschichte und Ihr, Signores und Bürger Shenilos, mögen entscheiden, ob ich dies Amt gut geführt habe. Aber seht euch um: Shenilo geht es gut. Der Segen Rondras liegt auf dieser Stadt, in der ihr Held Geron verehrt wird, in der die Werte Rondras hochgehalten werden. Doch wird es Shenilo weiter gut gehen? Viele Konflikte wurden gelöst, unser Bund ist geachtet und anerkannt, die alte Feindschaft mit Pertakis wurde beigelegt, während meines Gransignorats, wenn ich dies anmerken darf. Ich kam einst im Thronfolgekrieg mit meinem Haus in diesen Stadt, wo ich freundliche Aufnahme fand und eine neue Heimat. Und ich habe mich immer dankbar zeigen wollen und dies habe ich auch meiner Familie weitergegeben. So brenne ich nun darauf, der nächsten Generation der Carsons die Gelegenheit zu geben, Shenilo zu dienen. Mein Haus ist der Herrin Rondra seit jeher zugetan, so ist es das Amt des Constablers, das ihr zukommt.
Mein Neffe hier hat bei den Ardariten zu Arivor gelernt, welche Lehre mag besser sein als diese? Arivor… welch ein Verlust. Und welch eine Erschütterung unserer Lande. Wird es Shenilo gut gehen? Werden die Ereignisse, die die ganze Gerondrata, in deren Kernland der Stammsitz der Carsons liegt,in Unruhe versetzt hat, über uns kommen? Schon branden die ersten Wellen dieser neuen Krise an unsere Tore. Shenilo braucht jetzt einen tapferen und entschlossenen Anführer! Ich sehe in manchen Gesichtern hier die Erinnerung an die Ereignisse vor drei Jahren, als eben dieser Gianbaldo Drachenreiter über den König-Khadan-Platz führte, ohne zu zögern, entschlossen, beseelt vom Eifer Rondras und der Opferbereitschaft Gerons, sich in die aufgebrachte Menge, die von auswärtigen und wahnsinnigen Provokateuren aufgepeitscht, wie von Sinnen benahm. Als das Leben eines Geweihten und die Ehre der Stadt auf dem Spiel standen. Ja, ich weiß, dass manch einer diesem Einsatz zum Opfer fiel, und ich bedaure dies. Doch waren es die Umstände, die dies erforderten, mein Neffe reagierte schnell und er setzte für die richtige Sache in der Not nicht nur das Leben derer, die ihm im rettenden Weg standen, für Shenilo aufs Spiel, sondern ebenso sein eigenes. Für die Ehre, für Shenilo. Ich stand an diesem Tag auf dem Balkon des Magistrats und ich sah herab auf den Platz und ich sah, was dort geschah und in diesem Moment erkannte ich, dass dieser Mann, dieser Krieger, dieser Leutnant der Drachenreiter, von meinem Blut, von meinem Geist ist. Und ich wusste, dass er der ist, der Shenilo dienen wird wie ich. In den Zeiten, die kommen, wenn selbst die Sterne nicht mehr sicher stehen, braucht Shenilo an der Spitze seiner Kämpfer einen Mann, der entschlossen ohne Zögern und mit dem Sinn für die richtige Tat für Shenilos eintritt. Hier steht er!“
Unruhe erfasste die Menge.

Isida von Veliris spricht für Carion von Calven (Cancellario)

Dass die heutige Sitzung eine besondere sein würde, wurde nun auch dem verschlafensten Consiliere Umbracor klar, als sich nach Kedio von Malurs Beitrag nun auch die Consiliera Aldinor zu Wort meldete. Dies war seit längerem nicht mehr vorgekommen. Prätor Boronir überlegte kurz, ob er sich überhaupt an eine Wortmeldung von ihr erinnern konnte, seit ihr Mentor Tankred Menaris aus dem Rat geschieden war. Es mochte auch schlicht borongefälliges Vergessen sein (auch er wurde ja nicht jünger), aber tatsächlich schien die junge Isida von Veliris seitdem geschwiegen zu haben. Immerhin auch borongefällig.
Nun aber erhob die Geweihte ihre etwas heisere Stimme: „Verehrte Consilieri“, Isida räusperte sich. „Es mag durchaus stimmen, was Seine Gnaden Kedio gesagt hat. Und Signora ya Papilio, also, diese Signora ya Papilio, ist … wie die anderen Signoras ya Papilio… derer ja nun einige kandidieren…“, Isida setzte ab. Sie schien sich zu sammeln. „Will sagen, Signora Sinestra ist sicher eine sehr ehrenvolle Dame und eine verantwortungsbewusste Verwalterin. Das mag alles sein. Aber ich möchte einwerfen, dass auch wahr ist, was über Signore Carion gesagt werden muss, dass er…“, abermals stockte sie kurz, „… dass er sich in vielen Dingen durch Fleiß, Sorgfalt und Begabung auszeichnet. Zwar hat er seine Güter an der Westküste, aber doch kennen wir ihn alle von den Straßen der Stadt Shenilo. Weil er nämlich schon jetzt mehr als die Hälfte des Jahres hier weilt!“ Isida blickte in die Runde. Sie suchte nach Verständnis. „Schon jetzt ist er im Palazzo Luciano mehr zuhause als zu Gast. Und ich kann darin keinen Nachteil sehen, wenn ein Kandidat, wie es ja viele sind, durch seinen Besitz unabhängig ist, nicht wahr? Er kann dann doch umso mehr seine Kräfte in den Dienst der Stadt stellen. Damit bringt Signore Carion alles mit, was ein Magistrat der Drachenstadt braucht..“ Sie hielt inne. „Danke.“
Isida von Veliris lehnte sich zurück. Sie sah gemartert aus. In ihrem Kopf bewegte sich nur die eine Frage: Hatte sie die Wahl Signore Carions nun befördert – oder verhindert?

Hinter dem Vorhang

Carion von Calven und Sharane ya Papilio

Wenige Tage vor den Entscheidungen des Consiliums
Hochgeehrter Signore Caron, hochverehrte Signora Sharane,

wie Euch zugegangen sein wird, habe ich mich unlängst um das Amt des Cancellario der Stadt Shenilo beworben. Ich konkurriere dadurch mit Eurer Base Signora Sinestra, wie Euch ebenfalls bekannt sein wird.
Es ist mir nun ein Anliegen, Euch zu versichern, dass von meiner und meiner Familie Seite keinesfalls beabsichtigt ist, das hochverehrte Haus ya Papilio als Ganzes oder Signora Sinestra im Speciellen zu brüskieren. Im Gegenteil teile ich die Meinung, dass die hohen Verdienste, die Ihr und die Euren sich um den Sheniloer Bund erworben haben, noch in zu geringem Maße berücksichtigt wurden. Seid deshalb gewiss, dass wir das uns Mögliche tun werden, den Kandidaturen Eurer weiteren Basen, Signora Aldare und Signora Melina, zum Erfolg zu verhelfen.
Ich sehe in einem Zusammenstehen unserer Häuser, wie bisher, so auch in Zukunft, eine wichtige Stütze für das Erblühen unserer ponterranischen Heimat. Eine erneute Verbindung beider Familien auch in privaterer Hinsicht würde ich deshalb ebenso wie das gesamte Haus Calven begrüßen.
Solltet ihr ebenso gesonnen sein, so sei, wer von Eurer Familie dazu Lust verspürt, von Herzen zu einer Lustbarkeit in die Villa Faraglione zu Masara eingeladen, dies noch für den Efferd oder den Traviamond. Dort wird auch Zeit für private Unterredungen in ungezwungenem Kreise sein. Meine Gattin und ich werden mit Freuden Eure Gastgeber sein, mein Gevatter Leophex und weitere liebe Verwandte und Freunde Euere Tischgenossen.

Der Segen der Zwölfe mit Euch,
Carion von Calven, Herr von Masara

Montalto, im Efferd 1040 BF
Euer Edelgeboren Carion,

es erleichtert uns, auch das Haus Calven unter jenen Familien zu wissen, die bereit sind, Verantwortung für die Stadt und den Bund Shenilos zu übernehmen. Ich will nicht verhehlen, dass selbst im großen Kreis der Papilios, die wir als zuversichtlich und guten Willens gelten, mancher in Sorge ist ob des Zustands und Zusammenhalts, der Verwerfungen der vergangenen Jahre und Tendenzen zur Trennung, die mancher offen, mancher insgeheim redet oder betreibt.
Aus dieser Sorge rührt auch die Bereitschaft mehrerer Frauen aus unseren Hauslinien her, eines der in wenigen Tagen zur Neubesetzung anstehenden Ämter auszuüben, falls sie für diese vorgeschlagen werden sollten. Wir hofften, dass diese Bereitschaft ein Signal geben würde, dass auch andere Häuser sich dazu bekennen, in maßgeblichen Positionen für das Wohl Shenilos einzustehen. Eure Kandidatur zum Cancellario belegt, dass dieses Signal angekommen ist, wie es auch für die anderen Ämter mehrere Personen gibt, die antreten.
Seid unbesorgt, Domicello Carion, es geht uns nicht um Ansehen und Einfluss, sondern um die öffentliche Erkenntnis, dass Verantwortung für das Allgemeinwohl keine Last ist, sondern etwas, um das es sich zu bewerben lohnt. Somit brüskiert Eure Kandidatur meine Nichte Sinestra keinesfalls, sondern ist ein erfreuliches Zeichen.
Letztlich liegt es ja auch beim Consilium, dem künftigen Gransignor jene vorgeschlagenen oder selbst benannten Kandidaten zu benennen, aus denen er Camerlenga, Cancellaria und Constablerin auswählen soll. Ich denke, wir müssen die Beratungen abwarten.
Sollten diese eine Tendenz zu Euren Gunsten erkennen lassen, nicht aber ein eindeutiges Votum, dem sich der Gransignor kaum verweigern könnte, so wäre denkbar, dass Sinestra eine Empfehlung zu Euren Gunsten an die Consilieri ausspräche. Vielleicht würdet Ihr das umgekehrt genauso halten wollen.
In jedem Fall wäre die von Euch geplante Feier zu Masara nicht nur eine gute Gelegenheit, die Verbundenheit der Calvens und der Papilios zu stärken: Falls ihr Cancellario werdet, könntet Ihr mit Sinestra deren ursprüngliche Vorstellungen für die Amtsführung besprechen – und umgekehrt. Ich schlage vor, dass Ihr einen Euch genehmen Tag im Travia nennt, an dem einige Papilios bei Euch zu Gast sein dürfen. Neben Sinestra sollen ihr Vetter Horasio und ihre Schwester Corrada uns vertreten. Erstere ist sinnvoll, Zweiter als Resident zu Shenilo dem Anlass angemessen, die Dritte meinem Bruder Phederico ein Anliegen.

Es grüßt Euch Sharane ya Papilio, im Auftrag des Patriarchen Caron

Leomar und Rebecca Gabellano

Ein Leben ohne die Politik? Ohne ein Amt mit Einfluss und der Möglichkeit, die Festigung der Stellung seiner Familie weiter voranzutreiben? Seiner Familie, der noch immer der Hauch der Galahans nachwehte, denen die Gabellanos so viele Jahre treu gedient hatten? Leomar Gabellano, Baronet und ehemaliger Gransignore von Shenilo, ehemaliger Präfekt von Côntris, verwarf den Gedanken so schnell, wie er gekommen war.
Ein letztes Mal las er die Rede, mit der er sich um das Amt des Camerlengo bewarb, bevor er nach seiner Tocher Rebecca riefen ließ. Die junge Dame mit dem honigfarbenen Haar betrat nur wenige Minuten später den Parlor ihres Vaters im Sheniloer Palais. Hübsch war der Palazzo Gabellano in Shenilo, keine Frage. Und doch kleiner als derjenige, den die Gabellanos einst in Pertakis besaßen, und der ihnen genommen wurde nach dem Ende des Kampfes zwischen Firdayon und Galahan. Einen Moment verlor Leomar sich in Gedanken. Es hätte schlimmer kommen können. Weitaus schlimmer. Seine damalige Entscheidung, die Garnison in Pertakis nicht zu unterstützen und dadurch die Oberherrschaft des Hauses Firdayon anzuerkennen, hatte letzten Endes mit zum Untergang der Galahans beigetragen. Doch sie hatte dafür gesorgt, dass seine eigene Familie relativ unbeschadet überlebte und amnestiert wurde. Vorsicht und Demut waren seither seine weisesten Berater gewesen, und ihnen vertraute er sich gerne an. Sie hatten ihn weitergebracht.

Er lächelte Rebecca zu. Es würde sie interessieren. Anders als ihr Bruder Rondrigo, der - sehr zum Bedauern des Vaters - mit Politik nicht viel im Sinn hatte und nur an die Jagd, den Tanz und seine Fechtstunden dachte, hatte Rebecca die Wichtigkeit des Handelns Leomar Gabellanos verstanden und war sich bewusst, dass eines Tages sie die politischen Geschicke ihrer Familie fortsetzen musste.
"Komm, meine Liebe", sagte Leomar. "Was hältst du davon?" Er blies den Sand von dem Pergament und reichte es ihr. Sie nahm das Schriftstück entgegen und las es aufmerksam. "Du weist auf deine Verdienste als Grandsignore und Präfekt hin. Auf deine Erfahrung, dein Können. Doch hältst du es für klug, Vater, auf unsere Vergangenheit mit den Galahans hinzuweisen?", fragte Rebecca anschließend.
"Es ist sogar notwendig. Wenn wir es nicht tun, so tun es zweifellos unsere Gegner. Indem wir deutlich machen, dass wir den Galahans gut gedient haben, machen wir deutlich, dass wir etwas von der Verwaltung von Geld verstehen. Denn niemand kann leugnen, dass dies ein einflussreicher Posten war, und dass wir ihn gut vertreten haben. Und wir nehmen unseren Gegnern den Wind aus den Segeln, wenn wir unsere Schwäche selbst offenbaren. Wir waren gute Diener, die schlussendlich jedoch das falsche Tun ihrer Herren erkannt und sich den rechtmäßigen Herrschern, Haus Firdaryon, unterworfen haben. Wer dann noch versuchen sollte, Profit aus unserer Vergangenheit zu schlagen, dürfte sich am ehesten selbst schaden und wir könnten dies leicht gegen ihn verwenden."
Rebecca nickte. "Aber ich glaube, dass es heikel ist, Travin di Asuriol so offen in seiner Kandidatur als Gransignore zu unterstützen", sagte sie dann und tippte mit dem Finger auf eine entsprechende Passage im Text. "Und bist du dir überhaupt sicher, dass er ein guter Gransignore wäre?"
"Asuriol könnte als starker Gransignore ein guter Verbündeter sein. Wenn er dagegen ein schwacher Grandsignore sein sollte, so hätte der Magistrat mehr Macht, in welchem ich den Posten des Camerlengo zu gewinnen hoffe. Haus Asuriol ist in einer ähnlichen Lage wie wir. Doch hat die Niederlage der Galahans sie weit schlimmer getroffen als uns."
"Das ist der Punkt Vater. Man könnte glauben, die ehemaligen Galahanisten steckten unter einer Decke und stützten sich gegenseitig, um wieder mehr Einfluss zu erhalten."
Leomar dachte kurz darüber nach und wägte ab. "Du hast Recht. Wir streichen diese Passage und bleiben neutral, was den Gransignore angeht. Ich werde dennoch mit Travin di Asuriol sprechen und ihm meine Unterstützung zusichern. Ich bin sicher, dass er und ich gut miteinander arbeiten könnten."
"Die ya Papilios treten gleich dreimal an. Das ist unverschämt", sagte Rebecca nach einer Weile. Leomar schmunzelte. "Das ist Politik", sagte er dann. "Ich gehe durchaus davon aus, dass sie eines der Ämter erlangen werden. Nur hätte ich Melina ya Papilio eher als Cancellaria gesehen denn als Camerlenga. Sinestra ist schlichtweg zu unerfahren für dieses Amt. Ich bin sicher, dass viele dies so sehen. Hätte Sinestra um das Amt der Camerlenga kandidiert und Melina als Cancellaria, wäre uns das eher zupasse gekommen."
"Hätten wir unsererseits Rondrigo nicht als Constabler vorschlagen sollen?", fragte Rebecca.
"Nein. Es ist mir nicht ganz klar, warum die ya Papilios Sinestra überhaupt vorgeschlagen haben für den Posten der Cancellaria. Aber wir machen nicht den Fehler, ein unerfahrenes Familienmitglied zu empfehlen. Deinem Bruder Rondrigo mag es in dieser Hinsicht sicher nicht an Ehrgeiz fehlen, wohl aber an Erfahrung. Darüber hinaus ist der Posten des Constablers ohnehin von wenig Bedeutung. Wir konzentrieren uns auf das Amt, das für Haus Geballano das erfolgversprechendste ist: Camerlengo."

Rondrigo Amando Schwarzenstamm schreibt Briefe

Brief Rondrigos an Orsino Praiondrian ya Papilio
Hochwürden Praiondrian,

wir kennen uns nur flüchtig, auch wenn ich Eure weise und treffende Messe vor dem Auszug der beiden Gransignores von Pertakis und Shenilo nach Arivor, der ich beiwohnen durfte, schon damals ausdrücklich gelobt habe und auch in der Vergangenheit Euer Wirken in Pertakis immer mit großem Vertrauen verfolgen durfte. Außer dem strengen Glauben an den Götterfürsten teilen wir noch eine weitere Eigenschaft – wir beide stehen nicht hoch in der Gunst unserer Familienoberen. Entsprechend mag es Euch aus doppeltem Grund verwundern, dass ich mich mit meinem Anliegen an Euch wende.

Ich tue es ebenfalls aus doppeltem Grund: Zum einen ist auch mein Neffe und Patriarch Teucras, Großkomtur des Heilig-Blut-Ordens, ein göttergefälliger Mann, der weiß, dass mein Anliegen recht ist. Und auch Eure Base Sharane hat in Ihren langen Jahren als oberste Richterin des Sheniloer Bundes mehr als bewiesen, dass sie eine Dienerin des Praios ist. Daher bin ich auch immer der Auffassung gewesen, anders als andere, dass eine Verlängerung Ihrer Amtszeit der Stadt gut zu Gesicht gestanden hätte. In beiden weiß ich also Unterstützer meiner grundsätzlichen Ziele.

Zum anderen aber ist es an der Zeit, dass etwas getan wird. Wie ich höre, konkurrieren in Pertakis die Oberhäupter der Familien di Pertakir und Ilsandro wieder einmal um die Macht in der Signoria. Hinter Ihnen stehen die Götter Rondra und Phex, deren Lehren zweifelsohne ihre Berechtigung und ihre Zeit haben. Allerdings, fürchte ich, haben Krieg und Handel die Gemüter der Ponterra im vergangenen Jahrzwölft mehr als genug beschäftigt. Die einen forderten den Waffengang, um Ehre oder Ruhm der Heimatstadt zu mehren oder wiederherzustellen, die Folge ist Euch bekannt: Von den letzten zwölf Jahren standen wir drei in offenem Krieg miteinander, den Rest in verdecktem Krieg. Und wenn von einem Ende der Kämpfe geredet wurde, dann mit der Begründung, dass er schlecht für den Handel sei, mancher führte gar Krieg mit Dukaten und Zolleinnahmen. Krieg und Handel schienen das einzige zu sein, was Kopf und Herzen in der Ponterra beschäftigte. Der Frieden ist unterzeichnet. Nun ist es, davon bin ich fest überzeugt, an der Zeit, dass die Ponterra ihre Ordnung zurückerhält.

In Arivor sind nicht nur unser beider Gransignores verstorben, sondern das traditionelle Kriegertum ist unter himmlischem Zorn vergangen. Welches, frage ich, Zeichen braucht es noch, um zu erkennen, dass nun nicht mehr die Zeit für eitles Gerede und blutigen Waffengang ist? Stattdessen spricht man nun wieder von Handel. Zahlreiche Überlebende haben die Ponterra erreicht, Pertakis ist davon weitaus mehr betroffen als Shenilo. Schon haben sie, wie wir erfahren durften, schäbige Barracken errichtet, um wieder Ihrem Tagewerk, dem Handel mit Waffen, nachzugehen. Ich höre, dass es solche in den Reihen Eurer Signoria gibt, die sie für das heimische Handwerk und den Handel mit Waffen, Rüstungen oder anderen Waren gebrauchen wollen. Manche glauben bedauerlicherweise hinter jeder Katastrophe eine neue Gelegenheit für Profit oder einen Grund für neuen Zwist zu erkennen.

Ich aber glaube, und hoffe Euch an meiner Seite, dass es Zeit ist, innezuhalten und die Ordnung wiederherzustellen, alte Tugenden zu bewahren und alte Traditionen besser zu pflegen. Daher werde ich als Gransignore ad primo mit dem unseligen Einfall eines Leibmagus ein Ende machen und dem Amt stattdessen einen Leibgeweihten an die Seite stellen, der dieses beraten soll.

Außerdem sollen die Ponterranischen Quaestoren mit neuen Rechten ausgestattet und, wie es dieser Position gebührt, dem Gransignore zugeordnet werden. Ihnen soll fürderhin obliegen, die Friedensgerichtsbarkeit des Gransignore in den Ihnen zugewiesenen Städten auszuüben, und Vergehen, die den Frieden und die Ordnung in der Ponterra bedrohen, vor ordentlichen Gerichten zur Anklage zu bringen oder im Zweifelsfall eigene Gerichte zu berufen.

Schließlich will ich ad tertio, unter Anleitung der Geweihtenschaft des Praios, Gespräche über eine Vereinigung des Getrennten in die Wege leiten: Drei Jahrhunderte lang gehörten Pertakis und die Ponterra zusammen und nur der Streit von Männern, die inzwischen selbst nicht mehr leben, hat Shenilo in die Unabhängigkeit getrieben.

Wenn Ihr gewillt seid, diese meine Ziele zu unterstützen, dann bitte ich um Euren Segen und Eure Fürsprache bei der Cavalliera Sharane. Wenn Ihr weiterhin andere Wege seht, Euch in diesem meinem Vorhaben einzubringen, bin ich Euch sehr verbunden.

Gegeben im Efferd-Mond im eintausend und vierzigsten Jahr nach der Zerstörung Bosparans

Rondrigo Amando Schwarzenstamm, Vogt von Solstono und der Seneb-Horas-Straße

Ein Brief an Greifmut von Calven und seine Folgen

Brief Rondrigos Hochwürden von Calven,
Bisher haben wir noch keine Bekanntschaft miteinander gemacht. Eure Pflichten in Vinsalt für Reich und Kirche und die meinen in Solstono für Familie und Reich, dem ich als Straßenvogt zwischen Pertakis und Horasia diene, werden dafür sicherlich zum größeren Teil verantwortlich sein. Ich wende mich heute dennoch an Euch mit der Bitte, mich bei Eurem Vetter Marino von Calven, Schirmer der Flut etc. pp. zu empfehlen. Wie Ihr vermutlich erfahren habt, habe ich mich dazu entschieden, dem Bund von Shenilo als Gransignore vorzustehen, so man mich für würdig hält. Für Eure Unterstützung oder die Eurer Familie könnte ich Euch Manches versprechen, doch das will ich nicht tun. Dies mag bisher Gepflogenheit gewesen sein. Es ist nicht die meine. Das Verhalten von Händlern kann niemals recht sein, wo Herrschaft ausgeübt werden soll. Lasst mich Euch stattdessen von der Ordnung sprechen. In Vinsalt, wo der Fürst und der Patriarch der Kirche des Götterfürsten herrschen, erzähle ich Euch damit nichts Neues. Doch auch in Horasia, wo mein Vetter Teucras den Orden des Heiligen Blutes anleitet, wird darüber gesprochen:
Das Reich hat in den letzten Jahren an Ordnung eingebüßt. Nicht durch die Hand des Comto Protector, sondern durch machtversessene Herrschlinge und verblendete Schwertschwinger. Dass sich schließlich die Pforten des Himmels öffneten und Brand und Feuer ins Herz des Reiches regnen ließen, schmerzt viele und auch mich – überrascht hat es mich aber weniger.
Auch meine Heimat, vor den Toren des Sangreals, war in den vergangenen Jahren selten von Ruhe und Ordnung gesegnet. Statt alte Freundschaften zu pflegen, hat man altgediente Häuser aus der Stadt verbannt, wenn nicht in Wort, so doch mit Taten und sich statt Ihrer manchen Fremden an den Tisch geholt.
Die beiden letzten Stadtoberhäupter haben sich zwar dem Frieden mit unserem Nachbarn Pertakis verschrieben, was lobenswert ist. Doch beide wollten sich im Glanze dieses Friedens sonnen. Der erste winkte vom Balkon des Magistratspalastes in Shenilo herab – und lud Aufruhr und Schwarzmagie ein. Der zweite erhob die Hand in der Kapitale der Kampfkunst zum Friedensgruß – und ein brennender Stern antwortete ihm. Es ist an der Zeit für Stabilität vor den Toren des Sangreals. In diesem Jahr stehen wichtige Ereignisse für die Zukunft des Reiches an. Im Frühjahr, wenn der Horas die Regierungsgeschäfte übernehmen soll, werden der Fürst von Vinsalt, der bisher des Reiches Zusammenhalt gewährleistete, und der Horas, der das Reich zu einer besseren Zukunft führen soll, gemeinsam an der Spitze des Reiches stehen. Lasst uns beide es ihnen, wenn auch auf bescheidenere Art, gleich tun und für die Geschicke Shenilos und seines Bundes eintreten.
Wenn Ihr dies tun wollt, dann verspreche ich Euch nicht Geld, noch Ämter oder Ruhm. Ich verspreche Euch Ordnung, die Wahrung der Tradition und ein Ende der Vetternwirtschaft.
Gez. Rondrigo Amando Schwarzenstamm, Vogt von Solstono und der Seneb-Horas-Straße

Vinsalt, Efferd-Mond 1040 BF

Greifmut von Calven runzelte die Stirn. Er ließ das Schreiben sinken ließ. Als die Novizin ihm seine Post gebracht hatte, hatte er mit allem gerechnet, aber nicht mit einer solchen Offerte. Selten genug hörte er von seiner Verwandtschaft auf dem Lande. Nun versuchte man ihn allen Ernstes in den Wahlkampf einer Landstadt hineinzuziehen. Shenilo. Das war lange her, sehr lange. „Heilige Hildemara, unselige Ränke!“, murmelte der dickliche Geweihte. Er war geneigt, den Brief zu ignorieren oder wenigstens unverbindlich zu antworten. Nur der wohlklingende Name Schwarzenstamm ließ ihn zögern. Dieser Rondrigo – den Namen wiederum hatte er noch nie gehört – war offensichtlich ein Verwandter des Großcomturs vom Heiligen Blut. Das hatte der Briefschreiber schließlich mit Nachdruck betont. Greifmut schüttelte unschlüssig den Kopf, kniete sich auf die gepolsterte Bank vor dem Fenster seiner Zelle und begann eine Litanei zu Ehren des Sonnengottes.

Die Sonne war schon ein gutes Stück weitergewandert, als es klopfte. Greifmut schreckte aus seinen Gebeten hoch. „Ja?“

Die Novizin zeigte sich verlegen an der Tür. „Hochwürden, der Tempeldienst…“

Greifmut zuckte. Er war spät dran. Das war ihm in den letzten beiden Jahrzwölften, seit er in Vinsalt diente, nie passiert. Und auch vorher nicht.

„Natürlich, ich… Ich komme gleich. Leg‘ das Prailonion bereit und lass die Altarlichter entzünden.“ Mit einer unwirschen Geste schickte er das Mädchen weg.

Etwas Zeit blieb ihm noch. Eilig schrieb er auf ein Pergament ein paar Sätze, einige mehr auf ein weiteres und siegelte beides hastig, verbrannte sich, fluchte, besann sich und bat seinen Herrn um Vergebung, bevor er den Raum zum Gottesdienst verließ. Auf dem Weg drückte er die Briefe einem Akoluthen zur Weiterleitung in die Hand, der las: „An S.E. Den Wahrer der Ordnung Bosparan. Eilt sehr!“ und „Marino von Calven, Shenilo. Eilt maxime!“.

Drei Tage später saß Greifmut in einer Mietkutsche Richtung Ponterra. Zu welchem Zweck - dass wusste er selbst nicht so genau.

Briefwechsel zwischen Aldara Schwarzenstamm und Orsino Carson

Aldaras Brief
Hochgeboren Carson,

erlaubt mir zunächst Euch zu Eurer Genesung zu beglückwünschen, die uns hier in Solstono zutiefst erfreut und beruhigt hat. Erlaubt mir auch, Euch die Grüße meines Vaters, Signor Rondrigo Amando Schwarzenstamm zu übermitteln, der zu wichtigen Unterredungen mit seinem Vetter, meinem Onkel, Teucras, in Horasia weilt und Euch daher nicht selbst schreiben konnte.

Ich schreibe Euch heute dennoch in seinem Auftrag, denn, wie Ihr wisst, hat sich mein Vater dem Urteil der anderen Mitglieder der Eteria unterworfen und sich der Wahl zum Gransignore von Shenilo gestellt. Euch davon zu überzeugen, ihn darin zu unterstützen, ist Unterfangen dieses Briefes.

Euch mag überraschen, dass ein Mitglied meines Hauses sich an Euch wendet, waren wir doch in der Vergangenheit nicht immer der gleichen Auffassung. In Wahrheit, so glaube ich, ist aber diese Tatsache das wirklich Überraschende, teilen wir doch die Liebe zu Ordnung und Stabilität und zur einzigartigen Einrichtung des Sheniloer Bundes, den unser beider Häuser gemeinsam begründet haben. Eure Anstrengungen, Ruhe und Frieden wiederherzustellen, indem der unselige Hader mit Pertakis ein Ende habe, haben stets die volle Unterstützung des Hauses Schwarzenstamm genossen. Die Fortführung dieser Mission durch Signore Aurandis, die Zwölfe mögen ihn in Ihre Hallen aufgenommen haben, war äußerst ehrenwert – doch nun muss auf diesen großen Taten aufgebaut und der Frieden gesichert werden!

Deshalb erfüllt mich mit Sorge, was sich in den letzten Jahren abgespielt hat. Zwei altehrwürdige Häuser haben dem Bund den Rücken gekehrt oder schicken sich an, dies zu tun. Sicher, sind die Umstände unterschiedlich, aber die Konsequenzen durch die Entscheidungen der Häuser di Selshed und Dorén für den Bund doch gleichermaßen unerfreulich.

Gleichzeitig hat die Katastrophe von Arivor zahlreiche Hilfesuchende nach Shenilo gespült – und ich spreche natürlich nicht allein Bäckergesellen oder Devotionalienhändlern, obwohl wir vor den Toren Eurer Baronie, in Clameth, gesehen haben, zu welchem Aufruhr auch solche Verzweifelten Seelen fähig sind, wenn man ihnen nicht mit der Strenge eines Vaters begegnet, der am besten um das Wohl seiner Kinder weiß. Die Nominierung Eures eigenen Sohnes Gianbaldo, so ist sich mein Vater wiederum sicher, zeigt einmal mehr, dass Ihr ein Mann gleicher Gesinnung seid! Mit Männern wie Signore Gianbaldo an seiner Seite, Signore Rondrigo Vieles erreichen, was jetzt noch im Argen liegt.

Gleichzeitig müssen wir aber von den Hilfesuchenden sprechen, die in Gestalt von Familienoberhäuptern und überlebenden Cavallieri mit unterschiedlichsten Interessen und Hoffnungen in die Ponterra gekommen sind. Schon begehren Häuser Einlass in Stadt, Bund und Rat, deren Streit gerade die ganze Gerondrata in ständiger Fehde hält. Die blutige Woge dieser Auseinandersetzungen wird leider auch in den Wassern des Yaquir nicht verschwinden.

Ihr wisst weit besser, was es bedeutet, wenn Euer Vetter Telfar einen anderen Machthaber unterstützt als Signor Festo von Schreyen es tun mag!

In solchen Zeiten ist es die Auffassung meines Vaters, der ich mich anschließe, dass man sich der ursprünglichen Tugenden des Sheniloer Bundes erinnern sollte, um diesen zu bewahren. Im Bewusstsein, dass des gräulichen Haders nunmehr genug sei, heißt es darinnen in Artikel I und in diesem Bewusstsein ist es das Ansinnen des Signors Rondrigo, so er für würdig befunden wird, in so große Fußstapfen zu treten, wie Ihr, Baron Orsino, sie hinterlassen habt, den Frieden von Shenilo auf die würdigen Häuser der Signoria von Pertakis auszudehnen. Dies kann natürlich nur auf dem Wege harter, aber gütlicher und strenger, aber gerechter Verhandlungen geschehen, wofür ich in seinem Namen um Eure Unterstützung werbe!

Mögen die Zwölfe bis dahin mit dem Euch und den Euren und dem Sheniloer Bund sein!

Gegeben im Efferd-Mond des Jahres 1040 nach Bosparans Fall


Cavalliera Aldara Xalma Schwarzenstamm, Verwalterin von Morana

Orsinos Antwort
Signora Aldara,

habt Dank für Eure Anteilnahme an meiner Genesung und für die Grüße Eures Vaters.
Erfreut habe ich zur Kenntnis genommen, dass sich Euer Haus darum bemüht, Einvernehmen mit dem meinen herzustellen. Die von Euch so treffend beschriebenen Herausforderungen, die die Ereignisse der vergangenen Monde erzeugt haben, sei es in Arivor, in Clameth oder in Horasia, machen es in der Tat mehr als notwendig für den Sheniloer Bund, sich zu stärken und zu wappnen und entschlossen und mutig, im Geiste Rondras, aufzutreten: dem Mutigen gehört die Welt, der Zaghafte wird in sie hinausgejagt! Für diese Haltung steht mein Neffe Gianbaldo und ich bin erfreut, dass das Haus Schwarzenstamm seine Kandidatur unterstützt. Waffen und Wehr Shenilos wären damit in guten Händen.
Dazu ist es nötig, dass wir in Stadt und Bund mit einer Stimme sprechen und in einem Sinn handeln. Auch wenn der Bund, unbenommen der Austritte der jüngsten Vergangenheit, eine erstaunliche Reichweite erlangt hat seit seiner Gründung, ist er doch ein eher kleiner Akteur in all den Spielen der Macht, die allezeit gespielt werden an den Gestaden des Yaquirs. Dies ist nicht zuletzt meine Lehre aus den Kämpfen, die ich gefochten habe um Clameth. Und die Verhandlungen haben mir gezeigt, dass dies auch in Pertakis so verstanden wurde, die beiderseitige Ehre wurde wiederhergestellt, einem freundschaftlkichen Verhältnis steht somit nichts im Wege derzeit. Einer engeren Zusammenarbeit will ich deshalb ebenso wenig im Wege stehen wie ich dies bei den Verhandlun gen getan habe. Hinbzu kommen natürlich die merkantilen Interessen, die auch mein haus durchaus direkt betreffen: die Yaquirbrücke in pertakis ist ebenso von hohem Intresse für den Bund wie die Frage der Fährrechte zwischen Contrîs und Gilforn.
Dennoch muss ich hier zu einer gewissen Vorsicht, zu Geduld und auch einem gesunden Misstrauen raten: die Machtverhältnissee in Pertakis sind stets undurchsichtig und wechselkhaft gewesen. Eine vertragliche Bindung ode gar die Gewährung von Einfluss aus Pertakis auf dier Geschickte Shenilos sollte stets wohl überlegt und durch entsprehcnde Vereinbarungen gegen unerfreuliche Entwicklungen abgesichert werden (dazu gehört natürlich selbstredend der Grudnsatz der Gegenseitigkeit, d.h. in dem Maße, in dem Pertakis bei uns Mitsprache oder Rechte erhielte, sollte aus den Reihen Sehnilos dies auch in pertakis erfolgen). Auch hier wird sich mein Haus natürlich stets engagiert zeigen.
In diesem Sinne sähe ich einem Gransignorat Eures Vaters mit Wohlwollen entgegen.

Mögen die Zwölfe mit dem Bund sein

Grüßt Euren Vater von mir!

Gegeben im EFF 1041

Orsino Carson, Baron von Gilforn

Aldare oder Gianbaldo

Text folgt