Briefspiel:Unerwartete Begegnung in Oberfels

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Stadt Unterfels.png Briefspiel in Unterfels Stadt Unterfels.png
Datiert auf: Efferd 1045 BF Schauplatz: Oberfels Entstehungszeitraum: ab August 2022
Protagonisten: Gardisten, der Botenreiter (Ludovigo von Scheffelstein), Rondralia della Pena, Erlan Sirensteen Autoren/Beteiligte: Haus della Pena jH klein.png Horasio, Haus Sirensteen.png Erlan

Teil 1: Am Yaquir

Autor: Horasio

Sie ließ ihren Blick über die Brüstung der mächtigen Yaquirbrücke gleiten und bemerkte, wie sich die morgendliche Sonne im dahinfließenden Strom spiegelte. Ein wenig blendete sie Praios' Antlitz, doch sie hielt dem prüfenden Blick des Götterfürsten stand und spürte, wie sie das Naturschauspiel etwas beruhigte. Nur wenige Reisende suchten den Weg in die junge Festungsstadt Oberfels und so wähnte sie sich beinahe allein auf dem steinernen Übergang, als sie zur Brüstung trat und den Blick über das Yaquirtal genoss. Ihr Atem beruhigte sich etwas, sie war schon seit ihrem Aufbruch vor wenigen Tagen unruhig gewesen und diese Unruhe hatte sich zunehmend verstärkt, als sie der Grenze und dem Ziel ihrer Reise näher kam.

Als sie den Kopf leicht neigte und die Yaquirkuppen betrachtete, erkannte sie im Augenwinkel den Palazzo Yaquirbruch. Er thronte genauso über dem Wasser, wie man es ihr beschrieben hatte. Ihr Herzschlag beschleunigte sich wieder etwas, mit einem kraftvollen Seufzer entschloss sie sich weiter zu gehen. Sanft zog sie ihren Falben, der treu neben ihr her trottete, weiter und strich sich mit einer Hand ihre Weste noch einmal glatt. Und wenn es nicht nur ihr erster, sondern auch ihr letzter Auftritt im Yaquirbruch sein möge, sie wollte ihn mit Stolz und Würde beschenken.

Der vor dem Eingang des Palazzos zunächst träge wartende Wachposten nahm zunehmend Haltung an, als sie offensichtlich auf ihn zuhielt und nicht weiter in Richtung der Festungsstadt weiterziehen wollte. „Die Zwölfe vor“, begrüßte sie den Mann kurz. Der musterte sie einen Augenblick etwas mißmutig, wofür womöglich die almadanische Färbung ihrer Mundart verantwortlich war, erwiderte den Gruß und blickte sie fragend an. „Ist der Baron vom Yaquirbruch zugegen?“ erkundigte sie sich und versuchte sich größer und aufrechter zu halten als üblich. „Wer will das wissen?“ erwiderte ihr Gegenüber, keineswegs feindselig, eher neugierig klingend. Ein Lächeln umspielte ihre Lippen. Da war er, der Moment. Sie griff an den Caldabreser, der bisher ihre brünetten Locken zurückgehalten hatte und zog ihn schwungvoll vom Haupte. „Richtet Erlan Sirensteen aus, dass die Tochter Horasio della Penas hier ist und ihn um eine Audienz bittet."

Teil 2: Die Tochter della Penas und der Botenreiter

Autor: Erlan

Der Gardist, obwohl noch jung an Jahren, zuckte ein wenig zusammen. Den Namen Horasio della Pena kannte er. Und was man sich von ihm erzählte, das war nicht schön. Ganz im Gegenteil zur jungen Dame die ihn anlächelte und anscheinend auf etwas wartete.

Er musterte sie noch einmal von oben bis unten, stellte fest, dass sie augenscheinlich vom Stande war, was zumindestens ihrer Aussage nicht widersprach. Er nickte nur kurz, ging ein, zwei Schritte zurück, drehte sich dann um und eilte - vielleicht ein bisschen zu schnell für eine Routineangelegenheit - in den Palazzo.

Durch den schnellen und so unerwarteten Abgang des Gardisten abgelenkt bemerkte sie gar nicht, dass sich ein Reiter von Richtung der Stadt dem Palazzo genähert und sie beobachtet hatte. Dieser sprach sie an: "Was habt ihr nur schlimmes gesagt, dass der Arme wie von einer Maraske gestochen weggerannt ist?"

Die Tochter des Kullbachers

Sie erschrak ein wenig, denn sie hatte den ihr unbekannten Reiter nicht gehört, der in einigen Schritt Entfernung stehen blieb und sie fragend anschaute. Sie musste etwas blinzeln um ihn angesichts des Sonnenlichts besser zu erkennen, denn die Praiosscheibe stand ungünstig. Sie erblickte blinzelnd einen hochgewachsenen Mann auf einem Rappen, der leichte aber dennoch edle Reisebekleidung trug und eine bei Botenreitern übliche Tasche trug. Ansonsten war er den sommerlichen Temperaturen entsprechend eher leicht also luftig bekleidet und trug einen Hut, der zwar nicht so edel wie ihr Caldabreser aussah, aber sicherlich dennoch für Sonnenschutz sorgte.

Während sie ihn so musterte antwortete sie ihm noch nicht und schaute ihn etwas skeptisch an. Er sprach oder flüsterte eher auf seinen Rappen ein, der ein paar Schritte zurückwich und dann sprang er vom Pferd und landete auf einem Knie, als ob er sich verneigen würde und sprach erneut: "Entschuldigt edle Dame! Es geziemt sich nicht von hoch zu Ross Euch anzusprechen." Und mit diesen Worten richtete er sich auf und wiederholte seine Frage: "Sagt an, was ist geschehen, dass ein wackerer Gardist wie von der Maraske gestochen wegrennt?"

Teil 3: "Kennt ihr Erlan Sirensteen?"

Autor: Erlan

Eigentlich wollte sie ein paar Schritte auf ihr Gegenüber zugehen, ließ es dann aber doch sein. Aufgrund des Größenunterschieds hätte sie dann nach oben schauen müssen und hinter ihm strahlte die Praiosscheibe immer noch sehr kräftig und dann hätte sie wieder blinzeln müssen. Außerdem kam es ihr auch nicht zupass zu anderen Leuten aufzuschauen, insbesondere zu denen, die sie gar nicht kennte. Und die sie - zugegebenermaßen - aus ihrem Konzept gebracht hatten. Im Vorfeld der Reise hatte sie sich immer wieder ausgemalt, welche Worte sie sprechen würde, wie sie diese betonen möchte und hatte auch mit möglichen Reaktionen gerechnet. Wie sie es von den Unterweisungen in Almada her kannte, hatte sie sich sogar ihre Sentenzen notiert. Doch all die Vorbereitungen waren jetzt für die Katz. Aber sie dachte sich: "Rondralia, Du hast hier etwas zu tun, Du lässt Dich sicherlich nicht von einem Botenreiter von Deinem Plan abbringen!"

Sie fächerte sich etwas Luft mit dem Caldabreser zu, bevor sie sich an ihren unerwarteten Gesprächspartner wandte: "Ich habe den Baron um eine Audienz ersucht. Kennt ihr Erlan Sirensteen?"

"Nun, wir sind hier in Oberfels. Genauer gesagt stehen wir vor dem Baronssitz dem Palazzo Yaquirbruch. Wer kennt hier Erlan Sirensteen nicht? Euch brauche ich das ja auch nicht fragen, wenn ihr um eine Audienz beim Baron ersucht."

Der Botenreiter, Rondralia hatte für sich entschieden ihn unter dieser Bezeichnung zu merken, fuhr mit einer Frage fort: "Aber sagt an, woher kennt ihr den Baron? Nicht nur Eure Kleidung, insbesondere der Hut, sondern auch Eure zarten Worte zeigen deutlich, dass ihr nicht von hier stammt."

Teil 4: Kochendes Blute

Autor: Horasio

Zart? Hatte er sie zart und damit verweichlicht genannt? Mit einem Mal kochte das Blut in ihren Adern und ließ ihre Nasenflügel beben. Auch wenn sie nicht von almadanischem Geblüt war, hatte sie doch viele Gewohnheiten und Verhaltensweisen ihrer Gastgeber übernommen. Doch musste sie dem dreisten Reiter nun wirklich beweisen, dass ihre Worte so scharf sein konnten wie ihr Rapier? Sie entschied sich dagegen, wer wußte schon um wen es sich bei diesem Herren handelte und in der Fremde schien es ihr zunächst klüger sich zurückzuhalten. „Ich kenne ihn nicht, noch nicht. Ich hoffe es ist mir vergönnt ihn in Angelegenheiten meiner Familia sprechen zu dürfen."

Teil 5: Die Gebote der heiligen Frau TRAvia

Autor: Erlan

Mit dieser Erklärung schien sich der Botenreiter zufrieden zu geben. Er wollte gerade mit einem Satz ansetzen, da kam eiligen Schrittes der Gardist zurück - jedoch nicht mehr alleine. Jedenfalls nicht so ganz. Denn die beiden zusätzlichen Wachposten, die ihn erst begleiteten, blieben am Eingang positioniert. Sie schienen den Gardisten, der zu Rondralia eiligen Schrittes ging, argwöhnisch zu beobachteten. Nicht dass sie schon dabei waren ihre Waffen zu ziehen, aber ein träges Warten im Antlitz der Praissonne, wo man sich besser keinen Mucks zu viel rührt - das war es nicht. Eher gespannte Wachsamkeit, wie Rondralia belustigt feststellte, während sich ihr der junge Gardist näherte, dem sie ihr Begehr genannt hatte. Dieser ignorierte den Botenreiter völlig, so erschien es jedenfalls für Rondralia und sie dachte sich schon kurz, ob er sich für was besseres als den Botenreiter halten würde. Im selben Moment fragte sie sich, warum sie innerlich für den Botenreiter mit seinen frechen Worten überhaupt gedanklich Partei ergriff. Das der Wachposten jedoch vor Aufregung den Botenreiter gar nicht richtig wahrgenommen hatte, hatte sicherlich auch damit zu tun, dass in seinem Rücken die Praiosscheibe inzwischen schon fast unbarmherzig strahlte und somit nur die Silhouette richtig zu erkennen war. Das kam ihr aber nicht in den Sinn.

Mit fester Stimme erklärte sich der Wachposten Rondralia gegenüber: "Hochwohlgeboren ist derzeit nicht zu sprechen. Man empfahl mir Euch vorzuschlagen in zwei Tagen Euer Ersuch zu erneuern."

Während Rondralia noch überlegte, wie sie darauf reagieren sollte, trat der Botenreiter einen Schritt vor. Er nahm seinen Hut ab, befreite damit seine Haare, die er für einen kurzen Moment schüttelte. Für Rondralia kam dieser Moment deutlich länger vor als er wirklich dauerte und als die gewellten braunen Haare kinnlang herunter fielen und das Gesicht des Botenreiters einrahmten, musste sie feststellen, dass das, was sie sah, ihr gefiel. Während sie noch fast versonnen überlegte, was sie jetzt sagen sollte, hörte sie den Botenreiter schon sprechen und war irritiert. Diese Worte geziemten sich nicht für einen Botenreiter! Was hatte er noch genau gesagt?

"Nun denn, wenn eine Audienz erst in zwei Tagen möglich sein wird, dann sollte man den Geboten der heiligen Frau TRAvia folgend, ihr nun Unterkunft gewähren. Ich bin mir sicher, dass der Baron, der für seine traviagefällige Gastfreundschaft im ganzen Land bekannt ist, das auch so sehen würde. Die Gästeräume des Palazzos sollten ihr doch eine angemessene Heimstatt bieten können. Das wäre doch viel sinnvoller als wenn die edle Dame jetzt nach Oberfels geschickt wird."

Sie hatte mit allem gerechnet, aber nicht damit. Doch ihre Erwartungshaltungen sollten heute mehrfach gesprengt werden, denn anstatt dass der Wachposten jetzt den Botenreiter angemessen für sein forsches Auftreten angehen würde, schien dieser kurz zu überlegen, verneigte sich kurz vor ihr und bat sie, ihm zu folgen. Was sie dann auch machte. Als sie jedoch plötzlich hinter sich ein paar Geräusche hörte, drehte sie sich um und sah nur noch, wie der Botenreiter auf seinem Pferd sitzend sich eilig in Richtung Oberfels entfernte. Als sie wieder nach vorne blickte sah sie die beiden zusätzlichen Wachposten die etwas verwundert ihren Kollegen anschauten. Als der sie anführende Gardist erklärte, dass man ihr - ja, ihr, Rondralia! - eine Unterkunft zu gewähren habe und doch bitte dafür Sorge trage, dass alles sicher zugehen würde, war sie genauso erstaunt wie die beiden Wachposten. Diese bedeuteten ihr durch Gesten, dass sie sie begleiten sollte, während der Gardist wieder seine Position als Wachposten einnahm und sich hinter Rondralia der Eingang zum Palazzo Yaquirbruch schloss.

Teil 6: Sala Veliria

Autor: Horasio

Noch einmal schritt sie messenden Schrittes durch das Gemach. „Eins, zwei, drei, vier…“, flüsterte sie zu sich, brach aber ihren Gang als sie an dem kleinen Beistelltisch mit der gläsernen Karaffe ankam. Eilig goss sie sich ein und stürzte den verdünnten Wein in einem Zug hinunter. Dass sich ihr Mund trocken anfühlte, als sei sie ein Ketzer auf Pilgerfahrt durch die Khôm, änderte aber auch das nicht.

Unruhig trat sie an das Fenster, an dessen Sims eben noch zwei Tauben saßen und nun eilig davonflogen. Scheinbar hatte sich eine kleine Kolonie der Tiere oberhalb der Sala Veliria in einem Vorsprung des Gemäuers eingenistet. Ihre Hinterlassenschaften auf dem Stein waren deutliches Zeichen ihrer stetigen Präsenz.

Sie nickte und betrachtete kurz das Gemach, in das man sie einquartiert hatte. Das, so musste sie sich selbst eingestehen, musste man den Sirensteens lassen. Sie behandelten unerwarteten und vermutlich ebenso unwillkommenen Besuch immerhin standesgemäß. Nicht, dass ihr das etwas nützen würde, falls sie mit ihrem Vorstoß beim Baron des Yaquirbruchs diesen an seinen Zwist mit ihrem Vater, Boron habe ihn selig, erinnern würde und es ihr nicht gelänge an seine Verantwortung gegenüber der Waisen des getöteten Kullbachers zu appellieren.

Ein stilles Seufzen entwich ihrem Hals als sie sich wieder dem Fenster und damit dem Blick auf den Yaquirstrom zuwandte. Immerhin hatte es sich bestätigt, dass Graf Rimon Sâlingor derzeit nicht hier weilte - er mochte ein noch deutlich größeres Interesse am Bekämpfen des Erbes ihres Vaters haben, wollte er doch die Herrschaft seiner Familie über die Grafschaft Bomed zweifellos für kommende Generationen sichern. Da war es nur allzuwahrscheinlich, dass er auch den kleinsten Spross der Hoffnung seiner Feinde auszutreten versuchte, ehe daraus ernsthafte Gefahr erwachsen könnte. Diese Gedanken ließen sie noch einmal zweifeln, ob es wirklich richtig gewesen war, dieses Alveranskommando anzugehen.

„Du kannst das“, flüsterte sie selbst zu sich und wusste, dass ihr Leben auf dem Spiel stand. Egal wie gastfreundlich sie bisher aufgenommen worden war, es war nicht unwahrscheinlich, dass sie ihrem Vater bald übers Nirgendmeer folgen würde.

Sie hörte Schritte auf dem Gang vor dem Gemach. Wie auch immer. Man hatte ihr gesagt, es gäbe in Kürze das Abendmahl und ihr Magen knurrte bereits wie der sprichwörtliche hungrige Oger. Noch einmal strich sie sich Weste und Hose glatt, sie hatte auf das bereitgestellte Kleid verzichtet und es achtlos auf dem Bett liegen lassen, ehe sie sich lässig an den Rahmen des Fensters lehnte. So sie heute sterben sollte, dann mit dem Ausdruck der Sprezzatura und vollem Magen.


Teil 7.1: Es ist aufgedeckt...

Autor: Erlan

An der Tür klopfte es, Rondralia erwiderte: "Herein!" Im Türrahmen blieb ein livrierter Diener stehen, der sie ansprach: "Wollt ihr mir bitte folgen? Es wird gleich aufgedeckt." Beim Umdrehen sah er das ihr zur Verfügung gestellte Kleid auf dem Bett und zog fast unmerkbar eine Augenbraue hoch, bevor er ihr voranging.

Das Ziel war ein kleinerer Salon. Der Raum wurde auf den ersten Blick dominiert von einem großen Tisch in der Mitte, der augenscheinlich nur für zwei Personen gedeckt war. Doch sobald sie sich den Raum und die Wände näher anschaute, sah sie überall Kartenwerk. Vor einer Regalwand war eine große Karte Aventuriens aufgehangen, an der gegenüberliegenden Seite augenscheinlich eine Seekarte, auf der neben Aventurien auch die sagenumwobenen Kontinente im Westen und Süden zumindestens andeutungsweise abgebildet waren. Direkt zu den Seiten der doppelflügligen Eingangstür zu diesem Salon waren zwei Staffeleien, auf denen auch Landkarten aufgespannt waren. Die eine erkannte sie als Karte des Horasreiches, die andere war eine viel kleinteiligiere und detaillierte - vermutlich von dieser Region, denn der eine oder andere Name kam ihr nicht nur von der Anreise bekannt vor.

Doch was noch imposanter war, war der Blick aus den Fenstern: denn hier sah sie die Wassermassen des Yaquirs, der quasi unter dem Salon herfloss. Am Firmanent stand die Sonne noch hoch am Firmament. "Wie es wohl aussieht, wenn sich später die Praiosscheibe in den Yaquirwellen vom Tag verabschiedet?" fragte sich Rondralia, bevor sie realisierte, dass sie gar nicht alleine war.

An einem der mehr seitwärts gelegenen Fenster stand ein mutmaßlich vielleicht neun Spann großer Mann, der auf die Yaquirwellen schaute. Dieser war in teuerstes Tuch gekleidet. "Ist das die berühmte al'anfanische Seide?" fragte sie sich in Gedanken. Aus den Ärmeln schaute prächtige Drôler Spitze hervor. Sollte dies der Baron sein, den sie unbedingt sprechen musste? Aber er sollte doch gar nicht zugegen sei, wurde ihr berichtet. Doch dann schalt sie sich selber, denn anhand der Haare war klar, dass es nicht dieser Erlan Sirensteen sein konnte. Denn der Mann, der da rausschaute, trug fast in Wellen herabfallendes braunes Haar und der Baron des Yaquirbruchs war für seine hellen weißblonden Haare bekannt.

Schräg vor dem Mann, der sie anscheinend immer noch nicht bemerkt hatte oder aber bemerken wollte, stand eine weitere Staffelei. Auf dieser war augenscheinlich eine Karte des zentralen Aventuriens, vor allem mit dem Mittelreich, angebracht, in der mit kleinen Nadeln bestimmte Positionen markiert waren. Am jeweiligen Ende der Nadeln war jeweils ein kleines Wappen abgebildet, doch auf die Entfernung konnte sie sich keinen Reim darauf machen. Auf jeden Fall dominierten die Farben Schwarz und Gold, aber Rot und Weiß waren auch zu erkennen. Jetzt kannte sich Rondralia bei Wappen zwar schon ein bisschen aus, aber ihr war es nicht vergönnt jahrelang regelmäßig die Heraldik zu studieren, so dass sie diese Farben nicht einem speziellen Wappen zuordnen konnte.

Erst jetzt bemerkte sie, dass der Diener, der sie hier hin geführt hatte schon gar nicht mehr im Raum war und sie gar nicht das Schließen der Türflügel gehört hatte - ebenso nicht im Vorfeld das Öffnen. "Wer immer das ist, er weiß gar nicht, dass ich hier bin", dachte sie sich und schmunzelte ein wenig. Aber sie war des Wartens überdrüssig und außerdem hatte sie ja langsam aber sicher Hunger. Der Gedanke, dass ihr Magen wieder knurren könnte und sie so bemerkt werden würde, gefiel ihr gar nicht, daher erhob sie ihre Stimme:

"Die Zwölfe vor", begrüßte sie den Mann kurz. Dieser drehte sich um und Rondralia meinte ein kleines Zucken der Überraschung zu Beginn erkannt zu haben. Er drehte sich zu ihr um und sein von den Haaren eingerahmtes Gesicht lächelte sie an. Seine dunklen Augen funkelten und er schien sich zu freuen, sie zu sehen. Dieser Anblick verwirrte sie, denn woher kam ihr das Gesicht so bekannt vor? Sie kannte jetzt nicht so viele Adlige, insbesondere nicht in diesem jungen Alter, aber er war nicht dabei. Doch mit seinen ersten Worten "Auch Euch die Zwölfe zum Gruße - Travia voran!" fiel es ihr sofort ein, denn diese Stimme hatte sie in guter Erinnerung.

"Ihr? Ihr seid der Botenreiter?!" [...]

Teil 7.2: Der Botenreiter und die almadanische Ehre

Autor: Erlan

Rondralia schaute ihr Gegenüber erstaunt an und war völlig verwirrt. Dieser Kerl, der sie noch vor wenigen Stunden frecherweise als "zart" bezeichnet, ihr dann aber durch seine Fürsprache eine Unterkunft im Palazzo ermöglicht hatte... der war gar kein Botenreiter? Sondern ein, und das musste sie jetzt für sich mal kurz feststellen, ein äußerst adretter junger Edelmann?

Ludovigo von Scheffelstein, gelegentlich auch Ludovigo Sirensteen genannt, ungefähr auf 1044 BF datiert

Ihr Gegenüber verneigte sich kurz vor ihr und stellte sich vor: "Verzeiht, ihr kennt mich noch gar nicht: Mein Name ist Ludovigo von Scheffelstein. Und mitnichten, ich bin kein Botenreiter. Aber diese Feststellung zeigt ja eher Euer scharfes Auge. Denn fürwahr, ich trug vor wenigen Stunden noch die Reisebekleidung nebst Depeschentasche eines Botenreiters. Damit ist es fürderhin einfacher manche Stationen zu passieren" und mit den Augen blickte er auf die Staffelei mit der Karte neben sich.

Sie folgte seinen Blicken zur Karte nicht, sondern fragte ihn ganz direkt: "Dann seid ihr also Erlan Sirensteens..." - doch mitten im Satz unterbrach er sie und erwiderte "Sohn? Ja. Auch wenn es, im Hinblick auf meine Mutter und der Familie eher im Sinne Traviens denn Rahjens ist. Aber sagt an, mit wem habe ich es denn zu tun?"

"Rondralia della Pena ist mein Name" antwortete sie Ludovigo, der sie dabei ohne auch nur mit einer Wimper zu zucken anlächelte. Der junge Gardist heute morgen war da noch anders drauf, dachte sich Rondralia, denn dieser sprang ja, wie der Botenreiter, wie Ludovigo sagte, fast wie von einer Maraske gestochen, als er ihren Namen hörte. Das war bei ihrem Gastgeber nicht der Fall, der ihr jetzt bedeutete, sich an den Tisch zu setzen.

Kaum saßen die beiden läutete er schon eine Glocke und wie auf Kommando erschienen mehrere Bedienstete und brachten erste Speisen - aber auch Karaffen mit Wein. "Nun gute Rondralia, auch wenn mich die Unterhaltungen mit Euch immer freuen, sollten wir jetzt nicht zu lange mit dem Essen warten, sonst sind die guten Gaben der Götter nicht mehr im besten Zustand. So eine Sikrami kann man auch kalt essen, aber was da in der Küche gezaubert wurde, sollte schnell auf den Tisch."

Das traf bei ihr auf Zustimmung, sie hatte ja schon länger Hunger und musste sich zurückhalten, um nicht zu schnell zuzugreifen. Wie hatte noch eine gute Freundin ihr mal gesagt? "Egal wie hungrig ihr sein möget: Ihr seid eine edle Dame und kein Schlinger. Verhaltet Euch also auch zu Tisch so!"

Nachdem der erste Gang abgeräumt wurde nutzte sie die Gelegenheit zur Konversation: "Sagt, was sind das für Nadeln auf der Karte? Und was ist das für ein Wappen an den Nadeln?" Ludovigo schaute kurz auf die Karte und antwortete ihr: "Das Wappen meines Schwertvaters." Doch bevor er noch weiter reden konnte, öffneten sich schon wieder die Flügeltüren des Salons und er fuhr nach einem Blick dorthin fort: "Wir können uns das sicherlich später gerne mal anschauen, aber ich glaube jetzt sollten wir uns den firungefälligen Gaben widmen, die aufgetischt werden." Denn in diesem Moment brachte die Dienerschaft Wildbret.

Fast jede Konversation die sie begannen, wurde durch die Dienerschaft wieder unterbrochen bzw. beendet, da eine neue Köstlichkeit aufgetragen wurde.

So gut hatte Rondralia seit langem nicht gegessen. In einem kurzen Moment fragte sie sich, ob sie jemals so gut gegessen hatte. Da ignorierte sie auch den gerade noch gehegten Gedanken, dass das fast schon Absicht sei, dass sie nicht mehr als einen Satz wechseln konnten, bevor es weiter ging. Nach einiger Zeit war es dann vorbei, anscheinend war das nun der letzte Gang.

"Das war ein gutes - und vor allem umfangreiches - Essen", sagte Ludovigo, während er seinen kleinen Teller, auf dem sich bis gerade noch zwei Ifirnskugeln befanden, wegschob. "Einfach exquisit - aber was genau war das?" fragte Rondralia ihn, als sie auch ihren Teller zur Seite schob. "Die Ifirnskugeln kommen ursprünglich aus den hohen Eternen und können nur bei sehr kalten Temperaturen hergestellt und gelagert werden. Wenn man sie dann rechtzeitig serviert, dann schmelzen sie nicht auf dem Teller, sondern auf der Zunge - und zwar sanft und zart, so wie man es dem Herrn FIRun eher nicht zuschreibt. Daher auch der Name. Es soll gekühlte Kellerräume geben, da gibt es die verschiedensten Sorten dieser Ifirnskugeln.

Kurze Zeit später waren die Teller auch schon abgeräumt und Rondralia ergriff das Wort, denn sie hatte ja schließlich ein Ziel: "Wo ist denn Euer ... Vater?" Mit einem Mal wich das ansonsten stets präsente Lächeln Ludovigos aus seinem Gesicht, jedoch schoss stattdessen die Röte in seine Haut: "Ich habe die Pause sehr wohl vernommen. Was bringt Euch dazu daran zu zweifeln, dass er mein Vater ist? Mir ist natürlich bewusst, dass es nur im Sinne Travias ist und nicht im Sinne Rahjas" - und mit deutlich leiserer Stimme vollendete er den Satz noch ganz leise mit "und auch nicht im Sinne Praios'", bevor er in normaler Lautstärke fortfuhr: "Das habe ich Euch auch schon erklärt. Insofern steht es Euch nicht zu, das anzuzweifeln!"

Sie bemerkte natürlich, dass sie einen wunden Punkt erwischt hatte und der bis dahin so kontrolliert wirkende Ludovigo schien also doch auch aus der Reserve zu locken sein. Doch die jetzige Situation gefiel weder ihr noch ihm, so dass sie versuchte das schnell zu klären: "Entschuldigt bitte die Wortwahl. Aber", und da schluckte sie etwas, "da wo ich herkomme, ist es eigentlich so, dass wenn der leibliche Vater gestorben ist, es keinen anderen Vater gibt, der sich so liebevoll um einen kümmert!" Sie biss sich auf die Lippen, denn sie befürchtete, dass sie bei diesem emotionalen Ausbruch vielleicht etwas zu viel gesagt hatte. Doch das war anscheinend nicht der Fall, denn kurz darauf kehrte das Lächeln auf Ludovigos Gesicht zurück, der ihr sichtbar verziehen hatte.

"Nun, wo mein Vater ist. Ich meine in Vinsalt, also im echten Vinsalt. Doch von der Jahreszeit her könnte er auch noch auf Burg Irendor sein oder in Unterfels. Ich habe nicht immer den genauen Überblick. Er ist ein viel beschäftigter Mann." Bei diesen Worten kicherte er leicht auf, fühlte sich aber durch ihren fragenden Blick quasi ertappt und erstummte. Doch ihrem fragenden Blick folgten fragende Worte: "Warum habt ihr gekichert? So ein Baron hat doch sicherlich viel zu tun."

Dom Ludovigo stand auf, ging zu ihr hin, bedeutete ihr aufzustehen und sagte dann: "Das kann ich Euch nur sagen, wenn ihr versprecht, dass alles, wir beide hier gesagt haben und noch sagen werden, diesen Raum nicht verlässt! Schwört es bei Eurer almadanischen Ehre!"

Teil 7.3: Das ‚falsche‘ Vinsalt

Autor: Erlan

Rondralia war im ersten Augenblick so überrascht davon, dass er sie als Almadanerin identifiziert hatte, schalt sich aber danach schon fast selber, dass sie anscheinend die almadanische Vergangenheit Ludovigos verdrängt hatte. Sie schwörte es bei der almadanischen Ehre und danach erläuterte er ihr sein Kichern:

"Es hat mich an einen Witz aus meiner Jugend erinnert. Ich weiß noch, dass es ein wichtiger Tag war, wo mein Vater viele wichtige Personen aufsuchen musste und dafür von einem Ort zum anderen mit der Kutsche eilte. Meine Mutter und ich begleiteten ihn und warteten nach einem Stopp in der Kutsche. Direkt danach sollte es weiter gehen. Als er dann mit einer gewissen geschäftigen Verspätung ankam, fragte meine Mutter ihn, wo wir denn jetzt hin fahren würden und dass er dem Kutscher entsprechende Instruktionen erteilen müsse. Und mein Vater war so beschäftigt, dass er gar nicht präzise antworten konnte, sondern nur entgegnete: 'Egal wohin, ich werde überall gebraucht.' Als Ludovigo das wiederholte, kicherte er wieder und auch Rondralia fand es lustig. "Ja, jetzt lachen wir da unbeschwert drüber. Damals in der Kutsche lachten meine Mutter und ich auch, und es gab jemanden der darüber nicht sehr angetan war", vollendete Ludovigo diese Anekdote.

Rondralia fühlte sich gut unterhalten und schien ihr eigentliches Ziel aus den Augen zu verlieren. Sie wollte doch über Erlan Sirensteen alles mögliche erfahren, aber da war doch noch was, was sie nachfragen wollte: "Ihr sagtet gerade 'im echten Vinsalt'. Was ist denn das 'falsche Vinsalt'?"

Und wieder errötete Ludovigo ein wenig. Man sah ihm quasi an, dass jetzt zwei Seiten in ihm rangen. Doch schlussendlich obsiegte die verständnisvolle, freundliche Seite: "Nun... ihr habt ja bereits geschworen. Dann kann ich Euch jetzt ja auch ein kleines Geheimnis des Hauses Sirensteen und speziell des Palazzos anvertrauen. Ihr habt sicherlich gemerkt, dass die einzelnen Gelasse oftmals kartierte Namen aufweisen. Und es gibt einen kleinen Salon ganz am Ende des Gebäudes über der großen Galerie. Öffnet man dort die Fenster hört man das Rauschen des Yaquirs - und genau das erinnerte meinen Vater an seine Zeit in Vinsalt während des Aufenthaltes an der dortigen Akademie. Es muss wohl einen Ort am Yaquir in der Nähe einer Brücke gegeben haben, wo er sich immer wieder mal zurückgezogen hat und wo das Rauschen ähnlich klang. Seitdem nennt mein Vater diesen Salon 'Vinsalt'. Wenn er beispielsweise eine längere Lektüre vor sich hat oder einfach nur mal von den Mühen des Tagwerks sich erholen will, dann zieht er sich gerne dorthin zurück."

Rondralia war ein wenig verwirrt und brachte das auch zum Ausdruck: "Nun, es ist doch nicht verwerflich, dass man ein Gelass oder einen Salon so benennt. Warum sollte auch diese Aussage dem Schwur unterliegen?"

Da blinzelte Dom Ludovigo keck auf, posierte sich direkt vor ihr und flüsterte ihr ins Ohr: "Nun, weil ihr es geschworen habt!" - und mit tänzelnden Seitenschritt brachte er ein bisschen Entfernung zwischen Rondralia und sich selbst. Er positionierte sich so vor ihr, dass sie sehr gut sein rechts Ohr und die gewellten Haare, die es umspielten sah. Mit einer übertriebenden Theatralik schien er mit seiner Hand an eine nicht vorhandene Tür zu klopfen und bevor die Gefahr bestand, dass Rondralia es nicht verstanden hätte, sagte er auch noch in einer verstellten Stimme 'klopf - klopf'. Er wirbelte mit zwei Schritten quasi spiegelbildlich auf die andere Seite, reckte die Nase und antworte mit einer wiederum verstellten und leicht nasalen Stimme: 'Was ist Euer Begehr?' Um sich dann wieder spiegelbildlich zu drehen, so dass ein gespielter Dialog zwischen zwei Personen entstand:

'Ich möchte den Herrn Baron sprechen.' 'Der Baron weilt derzeit in Vinsalt und ist daher nicht zu sprechen.'   Rondralia wusste nicht, ob sie jetzt lachte, weil sie das vorgeführte Schauspiel so lustig fand oder aber weil sie jetzt verstand, was das echte oder eher gesagt das nicht echte Vinsalt bedeutete. Es war schade, dass sie geschworen hatte, hiervon nichts hinauszutragen, denn diese Anekdote gefiel ihr wirklich gut.

Teil 7.4: Unerwarteter Auftritt des Barons

Autor: Erlan

Doch noch während beide lachten, ertönte plötzlich eine andere Stimme. Diesmal war es nicht Ludovigo, der versuchte sich zu verstellen. Die Flügeltüren waren immer noch geräuschlos und so hatte sie nicht gehört, wie niemand anderes als Erlan Sirensteen, Baron des Yaquirbruchs, Comto zu Bomed etc.pp., den Salon betreten hatte und mit einer bitter klingenden Stimme sich an Rondralia wandte:

"Mit welchem Recht ist jemand aus dem Hause della Pena hier im Palazzo bzw. überhaupt im Yaquirbruch?"

Mit diesem Auftritt sank die gefühlte Temperatur im Salon in die Regionen, wo Ifirnskugeln zubereitet werden können, jedenfalls hatte Rondralia das Gefühl. Doch bevor sie zur Replik ansetze konnte, die sie sich schon lange überlegt hatte, ergriff Ludovigo das Wort und sprach seinen Vater an: "Was macht ihr schon hier und seid nicht mehr in Vinsalt?" Der Baron drehte sich zu seinem Sohn zu und richtete das Wort an ihn: "Wenn jemand aus dem", und bei den nächsten drei Worten blickte er Rondralia an, "Hause della Pena sich hierhin begibt, dann lässt man auch in Vinsalt alles stehen und liegen. Ludovigo, wärest Du bitte so freundlich, uns bitte allein zu lassen. Und zwar sofort!"

Ludovigo wollte etwas entgegnen, sah aber den eisernen Blick seines Vaters und wagte es nicht einmal sich von Rondralia zu verabschieden.

Teil 8.1: Erstes Aufeinandertreffen

Autor: Erlan und Horasio

Rondralia ging einen Schritt zurück und versuchte etwas Abstand zwischen sich und den Baron zu bringen. Das war er also, der Augenblick für den sie sich nach Oberfels gewagt hatte. Sie betrachtete Erlan Sirensteen. Er erschien ihr jünger als er sein sollte, trotz seines gehobenen Alters umspielte ihn eine gewisse Jugendlichkeit, die zu anderen Anlässen vielleicht freundlich und offen wirkte. Davon war nun nur wenig zu spüren. "Euer Hochgeboren", begrüßte sie ihn knapp und versuchte seinem Blick standzuhalten.

Das war aber nicht so leicht, denn seine grünen Augen funkelten. Und sie hatte den Eindruck, dass diese Augen vor Wut funkelten und wenn Blicke ... aber nein, das können Sie ja nicht.

Doch sein Blick wandte sich kurz von ihr ab, als draußen ein leichtes Geräusch zu hören war, ein Flügelschlagen. Doch dass da weißgefiederte Vögel anscheinend gerade vom Palazzo aus über den Yaquir hinweg flogen, das sah sie gar nicht.

Er starrte sie wieder an und wies dann auf den Tisch und bedeutete ihr damit sich zu setzen. Er tat es ihr gleich und richtete das Wort an sie.

"Wer genau seid ihr und was ist der Grund Eurer Anwesenheit hier?"

Irrte sie sich oder war der Tonfall zwar scharf, aber nicht mehr so scharf wie vorher?

"Mein Name ist Rondralia della Pena, ich bin die Tochter des einstigen...", sie stockte kurz und entschied sich den rechtmäßigen Titel ihres verstorbenen Vaters in diesem Gespräch für sich zu behalten, "... Herrn von Kullbach, der euch als Horasio della Pena bekannt war."

"Das ihr die Tochter von diesem ..." - er biss sich auf die Zunge - "... von dieser Person seid, das hörte ich bereits. Sonst wäre ich auch noch nicht wieder hier. Aber was treibt Euch hier hin?"

Sie lehnte sich zurück und für einen winzigen Moment umspielte ein Lächeln ihre Mundwinkel. Er sprach mit ihr, immerhin hatte er sie nicht direkt in den Kerker werfen lassen. Nun war also der Zeitpunkt für ihre Rede, ihren Auftritt gekommen. Sie hatte dafür geprobt, ihn vor sich hergesagt, wieder und wieder... es war ein Wagnis sondergleichen.

Teil 8.2: Recht und Gerechtigkeit

Autor: Erlan und Horasio

"Da ich mich dann wohl nicht weiter vorstellen muss, können wir inmediato zu meinem Anliegen kommen", sie verfiel ins Almadanische, als sie den Stuhl zurückschob und sich erhob, um einige Schritte zu machen. "Ich weiß, dass ihr beim Verfahren contra meinem Vater über ihn gerichtet habt." Sie ging einige Schritte. "Nun, die Geschichte ist geschrieben und für uns nicht veränderbar", sie blickte etwas in die Ferne und schob etwas leiser hinterher: "Egal wie sehr man es sich auch wünscht."

Sie fing sich, drehte sich wieder zu Erlan. "Wie dem auch sei. Mein Vater wurde verurteilt. Ich bin nicht hier um eine Querella oder Fehde zu beginnen, ich bin hier um Gerechtigkeit zu fordern. Denn ich, meine Geschwister, wir wurden nicht verurteilt. Wir haben uns nichts zu schulden kommen lassen und wurden doch bestraft."

Sie wirkte selbstbewusst mit ihrer Rede. Mit welchem Recht fragte sich Erlan, um sie dann doch etwas ganz anderes zu fragen:

"Ihr sprecht von Recht und Gerechtigkeit. Gerecht und dem Recht entsprechend wäre es übrigens, dass ich in dieser Angelegenheit den Grafen von Bomed als vom HOras und damit auch von PRAios eingesetzten Herrscher dazu konsultiere. Oder was sollte mich davon abhalten?"

"Vielleicht eure Verantwortung für Kinder, die ihr zu Waisen machtet", erwiderte sie scharf und verschränkte ihre zitternden Hände hinterm Rücken.

Sie trat an den Tisch heran, stützte sich auf dem selben ab. "Seht, ich bitte euch nur darum mir zunächst einmal zuzuhören."

"Eine überaus interessante These, die ihr da formuliert. Tatsächlich wäre der junge Rimon, dessen Mutter durch die Hand Eures Vaters starb, sicherlich in einer solchen Angelegenheit eine kundige Person."

"Aber" und während er durch den Salon von einem Ende zum anderen Ende schritt und ihr signalisierte, sie solle sich wieder setzen, "... aber nun seid ihr nunmal hier." Nachdem sie sich wieder hingesetzt hatte, tat es ihr gleich und vollendete seinen Satz:

"Aber nun seid ihr wie gesagt hier und wenn ihr schon mal hier seid, dann will ich Euch auch gerne einmal anhören. Im Gegensatz zu Eurem Ahnen scheint ihr ja nicht jede Gelegenheit nutzen zu wollen, um mir nach dem Leben zu trachten."

Die Provokationen des Barons verfehlten ihr Ziel nicht. Ihr Herz begann noch etwas schneller zu schlagen, ihre Finger verkrampften sich und sie malte sich kurz aus, wie sie ihr Rapier zog um die Ehre ihres Vaters und ihrer Familia wieder herzustellen. Aber wie hatte es sie Dom Stordan gelehrt? Blut für Blut zur rechten Zeit! Sie fing sich wieder. "Danke, dass ihr mir Gehör schenkt."

Was war das? Lächelte er sie jetzt etwa an? Nein, das konnte nicht sein und schon guckte er wieder ernst in ihre Richtung und schien sie durch Anstarren niederringen zu wollen. Aber sie hatte anscheinend sein Gehör.

Teil 8.3: „Warum sollte ich Euch nicht hochkant rauswerfen lassen?“

Autor: Erlan und Horasio

"Es mag sein, dass es Zwistigkeit um die Grafenwürde zu Bomed gab. Dazu möchte ich nichts weiter sagen, außer dass ich diesen Titel weder einfordere, noch irgendwann anstrebe. Doch unzweifelhaft war mein Vater zurecht Herr von Kullbach, meiner Mutter gehörten Ländereien in und um Tarin herum. Da meine Geschwister verschwunden sind, bin ich der letzte Spross ihrer Verbindung. Ich bin hier um an euch zu appellieren, mir bei der Erringung dieser Ländereien und meines rechtmäßigen Erbes beizustehen." Sie sah ihm in die Augen. "Euer Ruf als gerechtigkeitsliebender und ehrbarer Edelmann eilt euch voraus, daher bin ich zu euch gekommen. Helft mir Cardolfo della Carenio aus Kullbach zu vertreiben."

„Mein Ruf eilt mir also voraus?!

Der, das ich Kinder zu Waisen gemacht habe, wie ich es gerade noch von Euch vernehmen musste?“, erwiderte Erlan scharf.

„Ja, ich habe Kinder zu Waisen gemacht. Im Krieg sind Dinge geschehen, die ich am liebsten ungeschehen wissen würde. Doch es ist ja nicht so, dass wir damit begonnen hätten. Dass ich die mir anvertrauten Menschen verteidigt habe, das bereue ich nicht. Nichtsdestotrotz ist jeder vergossene Tropfen Blut im Krieg einer zu viel gewesen.

Wenn ihr mir aber persönlich die Schuld dafür gebt, dass euer Vater nicht mehr unter uns weilt, dann stellt ihr euch gegen die praiosgefällige Ordnung. Er wurde von einem Gericht, welches nicht nur aus mir bestand, ordnungsgemäß verurteilt. Ihr wisst doch auch noch nicht einmal, wer in den internen Beratungen wie votiert hat. Und wer beispielsweise versucht hat Gnade walten zu lassen. Ihr wisst davon vermutlich genauso wenig, wie von den Missetaten Eures Vaters! Die Marchesa gemeuchelt und noch versucht ihren kleinen Sohn zu töten, damit die rechtmäßigen Ansprüche dieser Familie im wahrsten Sinne des Wortes versterben. Das war euer Vater! Und ich richte euch nicht dafür, dass ihr seine Tochter seid. Aber es ist eine Unverfrorenheit, dass ihr als Tochter eures Vaters hier hinkommt und mir Vorwürfe macht.“

Nach dieser harschen Kritik stand er auf, ging zum Fenster und blickte auf die Yaquirwellen.

Er drehte sich nach kurzer Zeit wieder um und sprach weiter: „Ihr seid ein gutes Beispiel, dass die Nachkommen den Ahnen ähneln. Eure Dreistigkeit erinnert mich tatsächlich an euren Vater. Ihr könnt mir glauben: ich hätte gerne weiter ermittelt, in welche Verbrechen Euer Vater noch verstrickt war. Doch all diese Ermittlungen, die natürlich schon begonnen hatten, wurden mit dem - fürwahr recht kurzfristig einberufenen - Prozess und seinem Ende eingestellt. Über die Toten richtet nur BORon.“

Er setzte sich wieder hin, setzte eine Art Lächeln auf, welches Rondralia nach den vorherigen Worten irritierte und sprach: „Jetzt nennt mir nur einen Grund, warum ich euch nicht hochkant rauswerfen lassen sollte oder gar den Grafen zu rufen!“

Teil 8.4: Vendetta

Autor: Erlan und Horasio

Rondralia ballte die Fäuste, ihr Körper spannte sich an, bereit den Baron anzuspringen. Noch während seiner Tirade hatte sie das Aufflammen des Zorns in ihren Adern verspürt. Sie hatten alle Recht gehabt, wie töricht war sie gewesen auf die Milde dieses Schufts zu hoffen. Wie töricht war sie zu glauben, dass es einen anderen Weg als Hader und Zwist zwischen ihr und den Mördern ihres Vaters geben könne. Und nun dieses Lächeln, dieses zynische Grinsen, dass ihr wie eine höhnende Grimasse erschien. Leise und für ihren Gesprächspartner unhörbar flüsterte sie ein Wort, dass die Zahori für ihre Blutrache nutzten: „Vendetta.“

„Ihr müsst schon lauter sprechen“, forderte er sie, doch anstatt sich vernehmbar zu wiederholen, streckte sie ihre geballten Fäuste aus und legte sie aneinander. „Wenn ihr es müsst und wollt, legt mich in Ketten, liefert mich Rimon Sâlingor aus. Oder“, sie wies mit ihrer Hand nun zur Tür, „lasst mich hinauswerfen. Auf die gepflasterten Steine oder in den reißenden Yaquir. Es ist mir gleich!“ Sie schüttelte den Kopf und sah ihn weiter an. „Ich kann und werde nicht ehrlos das Erbe meiner Familia aufgeben. Und wenn es mein Ende bedeutet, bei den Zwölfen.“

Teil 8.5: Mehr Ratio denn Querella

Autor: Erlan und Horasio

"Werte Dame! Niemand soll ehrlos das Erbe seiner Familie aufgeben. Wiewohl ich feststellen muss, dass anscheinend mehr Almadanerin in Euch steckt, als ich gedacht hätte. Vergesst nicht - ich kenne die Almadani sehr gut. Bevor ihr mich jetzt vielleicht noch verflucht, versetzt Euch doch einfach nur mal kurz in meine Lage!

Da kommt jemand unangekündigt, unerwartet und aufgrund der Ahnenschaft dieser Person auch fast schon unerwünscht irgendwo an. Die Regeln der Frau TRAvia werden dennoch eingehalten und man wird als Gast fast schon so behandelt, als ob man zum eigenen Haus oder zu einer befreundeten Familia gehört. Und wie wird es einem gedankt? Mit haltlosen Vorwürfen, da wird mit Worten der klagende Finger auf einen gezeigt - und dabei vergessen, dass dabei ganz viele Finger auf einen zurückweisen.

Wenn man dann ansatzweise mit gleicher - nennen wir es mal - Argumentation reagiert, dann reagiert man trotzig, als ob einem gerade die große Fehde erklärt worden sei. Dabei sollte man doch nur ein valides Argument nennen und nicht gleich eine große Querella beginnen."

Welche Finger sollten auf sie zurückweisen? Welche haltlosen Vorwürfe? Wovon redete, nein, faselte Erlan Sirensteen nun? Sie blickte ihn verständnislos an, rollte mit den Augen und fragte ihn: „Wie ist es nun? Helft ihr mir oder verhaftet ihr mich?“ Sie breitete die Arme aus, wie sie überhaupt ihre Hände außerordentlich umfangreich zur Unterstreichung ihrer Worte nutzte. „Es geht um Gerechtigkeit, ich hatte gehofft euch sei daran gelegen.“ Wenigstens diesmal, dachte sie sich. „Mit der Vertreibung Cardolfos würde wieder praiosgefällige Ordnung hergestellt und ich, wie gesagt, strebe nicht nach der Grafenwürde wie mein Vater. Dieser Konflikt wäre endgültig beendet.“

Erlan musste innerlich schmunzeln. Denn er dachte bisher nur, dass junge Almadaner, die auf dem Weg zum Mann waren, in diesem Alter schwierig waren. Das war jedoch nichts gegenüber jungen Almadanerinnen, die anscheinend nicht nur wortreich, sondern auch gestenreich feurig argumentierten, wie eben die junge Dame vor ihm. Er vermutete, dass sie ungefähr genau so alt war Ludovigo war, aber anscheinend war bei ihr die Glut leichter mit einem Funken zu entzünden als bei seinem Sohn, der nicht so leicht der Bravade verfiel, wie diese Dame vor ihm.

Das innerliche Schmunzeln wurde zu einem innerlichen Grinsen, wobei Erlan sich große Mühe gab, dass es nicht auch äußerlich zu sehen war. Sein innerliches Grinsen rührte daher, dass er die Argumentationsweise von ihr amüsant fand und in ähnlicher Form schon mehr als einmal an den Höfen, wo im Namen des PRAios Recht gesprochen wird, gehört hatte. Insbesondere die generöse Mitteilung, dass man bestimmte Dinge gar nicht mehr wolle, war natürlich gar nicht so generös, wenn klar ist, dass es da gar keine Ansprüche drauf geben kann und auch der Horas selbst sich schon direkt oder indirekt dazu geäußert hatte.

"Nun mal ganz langsam. Euch verhaften wäre jetzt nicht die Option, an die ich auch nur ansatzweise dachte. Und um der Gerechtigkeit zum praiosgefälligen Recht zu verhelfen - da habt ein jeder, der mich aufsucht, ihr in mir stets einen Verbündeten."

Eigentlich wollte Erlan noch weiter reden, aber er wartete ab und wollte wissen, ob das kochende Blut inzwischen etwas erkaltet war, denn in dem Zustand, in dem seine Gesprächspartnerin war, da war ja wenig Ratio vorhanden und auf einen solchen Disput verspürte er heute abend keine Lust mehr.

Teil 8.6: Erste Recherchen

Autor: Erlan und Horasio

Rondralia zog fragend die Augenbraue hoch. „Hmmm?“, seufze sie fragend und forderte den Baron auch mit ihren Händen auf fortzufahren.

Erlan stand auf, ging zu einer der Regalwände und griff nach einer dort stehenden Glocke. Diese läutete er plötzlich und schien dann aber weiter in den Regalbänden vertieft zu sein. Dadurch bemerkte er die Aufregung bei Rondralia nicht. "Was läutet er jetzt die Glocke? Hat er nicht genug Schneid mich selbst zu verhaften?" fragte sich die junge Dame. Doch dazu passte nicht wirklich, dass er mit dem Rücken zu ihr, unbedeckt und unbewacht anscheinend in den großen Folianthen etwas bestimmtes suchte.

Unschlüssig was sie nun tun sollte, beschloss sie einfach abzuwarten. Diese Warterei sollte auch nicht zu lange dauern, denn der Sirensteen schien gefunden zu haben, was er suchte, denn er kam zurück mit einer großen Karte und montierte sie an einer der Staffeleien, die er Richtung Tisch zog.

In dem Moment kam auch ein Bediensteter herein, der fragend den Baron anschaute. Dieser blickte kurz von der Karte ab und gab dem Diener Anweisungen: "Erst einmal ein paar Getränke für meinen Gast und mich. Wer viel disputiert, bekommt einen trockenen Hals. Ist Wein recht?", fragte er Rondralia. Diese nickte und Erlan fuhr fort: "Also Wein, so sei es. Dann bitte ich Euch noch den neuen Bomed zu bringen. Er müsste im Arbeitszimmer liegen. Und schaut bitte ob die Encyclopaedia Yaquiria auch vor Ort ist."

Nach den Anweisungen ließ der Diener sie alleine und sowohl Rondralia als auch Erlan schauten sich die großformatige Karte vor ihnen an. Diese zeigte die Grafschaft Bomed und teilweise angrenzende Gebiete.

Teil 8.7: „Unsere Feinde werden zittern...“

Autor: Erlan und Horasio

Rondralia runzelte die Stirn, da sie jetzt damit nun gar nicht gerechnet hatte.

„Hier“, sie wies auf die Gegend westlich der Gugella, „hat sich dieser Schuft Cardolfo in Kullbach mitsamt seinen Banditen eingerichtet!“

Sie sprach schnell und beinahe überschlugen sich ihre Worte. „Überlegt einmal Dom Erlan, wie es war als die Sirensteen und della Pena gegeneinander stritten. Nun aber können wir Seite an Seite reiten, fechten und nach errungenem Sieg gemeinsam trinken! Unsere Feinde werden zittern!“ Sie grinste ihn an. „Und ich überlasse euch gerne die Ehre den Lumpen seiner gerechten Strafe zuzuführen! Ihr werdet als Befreier Kullbachs gerühmt!“ Sie stemmte ihre Hände in die Hüften. „Wie viele Männer und Frauen habt ihr unter Waffen? Wann können wir aufbrechen?“