Briefspiel:Feuernacht (24)

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Stadt Urbasi klein.png Briefspiel in Urbasi Stadt Urbasi klein.png
Datiert auf: ab 7. Rondra 1035 BF, abends Schauplatz: Stadt Urbasi, besonders Palazzo Casciano Entstehungszeitraum: Juni bis Dezember 2013
Protagonisten: Haus Urbet und viele zum Fest geladene Patrizier Urbasis Autoren/Beteiligte: Familie Aspoldo.png Aspoldo, Haus della Pena aeH.png Dellapena, Haus di Onerdi.png Di onerdi, Haus Doren.png Dorén, Haus Urbet-Marvinko.png Gonfaloniere, Haus della Pena jH.png Horasio, Familie ya Ranfaran.png Ranfaran, Haus di Salsavur.png Rondrastein, Familie Dalidion.png Storai, Haus di Tamarasco.png Tamarasco, Familie Zorgazo.png Toshy, Haus della Turani.png Turani, Familie Carasbaldi.png ZarinaWinterkalt


Flucht nach vorn

Autor: Gonfaloniere

„Sie wird’s überleben …“
Primodottora Peraijana, die einstige Hofmagierin seines Bruders, wandte sich schweißgebadet und sichtlich ausgezehrt an Auricanius, der die ganze Zeit über an der Seite der Fürstin geblieben war.
„Mehr kann ich für sie jetzt nicht tun“, fügte die Vorsteherin der Medicischule noch hinzu.
Obwohl Auricanius die erste Feststellung erleichterte, wollte er im Angesicht der schweren Entstellungen, die die Witwe seines Bruders nach wie vor zeichneten, innerlich aufheulen. Ihm lag ein Kloß im Hals, so schwer, dass es ihn fast wunderte, wie sein eigener geschwächter Körper ihn tragen konnte. ‘Es hilft nichts’, redete er sich selbst ein, ‘Zeit fürs Bedauern muss zu anderer Gelegenheit gefunden werden!’
Dann wandte er sich an die Primodottora: „Kann man sie hier wegschaffen?“
Keine 50 Schritt von ihnen entfernt brannte der Palazzo Casciano trotz des einsetzenden Regens lichterloh, während erste Flammen bereits auf die gegenüberliegende Fassade des Magistratspalasts übergegriffen hatten, vor dem ihre improvisierte Behandlungsstätte lag.
„Ja. Und das sollten wir auch schnellstens tun“, antwortete ihm die Gefragte nach einem eigenen Blick über die Schulter. „In der Medici-Schule können wir sie …“
„Nein“, fuhr ihr Auricanius bestimmt dazwischen, „sie bleibt an meiner Seite! Und ich muss in den Tempel …“ Sein entschlossener Blick war auf das Portal des großen Hesinde-Tempels gerichtet.
„Mit Verlaub, Ehrwürden, aber mit ihr“, Peraijana wies auf Preciosa, „werdet ihr dort niemals hinein gelangen. Nicht solange der Baron von Montarena davor steht. Ihr riskiert nicht nur euer, sondern auch ihr Wohlbefinden!“
Der Geweihte kniff die Augen zusammen, als wollte er widersprechen, tat dies aber nicht: „Ihr habt meinem Bruder gedient, Magistra, und ihn nicht retten können. Die Zeit ist gekommen, dass ihr diese Schuld begleicht. Bringt sie persönlich in die Medici-Schule, persönlich, hört ihr, und wartet darauf, sie dort meinem Inquisitionsgefolge zu übergeben, damit sie ins Kloster gebracht werden kann. Sicher. Lebend. Von den Wölfen unangetastet. Könnt ihr mir das versprechen?“
Peraijana nickte. Dann zwang Auricanius sich trotz der Proteste der ihn selbst versorgenden Medici und gegen alle eigenen Schmerzen wieder auf die Füße. Er hatte seinen Entschluss gefasst …

****

‘An jeder Ecke einen’, gab sich Yandriga die eigene Parole vor. Ihr Plan, Verfolger aus den Reihen des Hauses di Salsavûr auf die eigene Fährte zu locken, war aufgegangen, wie ihr ein flüchtiger Blick zurück verriet, als sie gerade um die Ecke des Castello-Palasts und unter den Due Torri verschwand. Mindestens zwei schwer gerüstete Eisenwölfe galoppierten der selbst nur mit ihrem Schwert bewaffneten Cavalliera hinterher. Ohne Rüstung würde sie schneller sein. Aber Weglaufen war eigentlich nicht ihre Art …
Am Palazzo Lacrimosa des älteren Hauses della Pena trieb sie ihr Ross um die Ecke, wendete aber sofort, als sie sich sicher war, aus dem Sichtfeld der Verfolger erstmal verschwunden zu sein. Ihr Pferd strauchelte auf dem unter dem Regen glitschiger werdenden Pflaster fast. Kurz fiel ihr Blick auf das Fresko direkt an der Prunktreppe des Palastes, von dem sie gehört hatte, dass es ihr Bruder einst gestiftet und dann – nach dem Verrat Baron Leomars – mit seinem Kriegshammer zertrümmert hatte. Zeit für abschweifende Gedanken blieb ihr freilich nicht. Innerlich zählte sie die Augenblicke herunter, die vergehen würden, bis ihre Verfolger selbst um die Ecke preschten – und galoppierte ihnen dann an der Innenseite der Kurve rücksichtslos entgegen.
Die schreckgeweiteten Augen des Streitrosses ihres Gegners waren das Erste, auf was sie achtete, bevor sich die beiden Pferde – ihres und das des Eisenwolfs – im Galopp leicht berührten. Fast wären beide frontal zusammengestoßen. Yandriga indes war ihrem Gegenüber wenig überraschend einen entscheidenden Augenblick voraus, zog das Schwert mit grimmigem Hieb einmal durch dessen Panzerung hindurch in seine Seite. Blut spritzte. Das Schwert war bestimmt eine Hand breit durch den seitlichen Bauch des Gegners gefahren.
Der andere Eisenwolf, den sie gleich mit passiert hatte, wendete selbst umgehend, und von weiter hinten preschte eine weitere Reiterin heran. ‘Verdammt’, dachte Yandriga, ‘die war mir ganz entgangen …’ Wütend trieb sie dem eigenen Pferd die Schenkel in die Seite, um entweder Richtung Aquädukt oder Theaterplatz zu entkommen.
Dass ihr in letzterer Richtung gleich die Reiter des ausgerückten Barons von Sibur den Weg versperren würden, ahnte sie nicht …

****

„Macht Platz für den Geweihten! Bei Praios und seinen elf göttlichen Geschwistern, macht Platz, Urbasier!“
Auricanius‘ Stimme klang fester denn je, als er sich im Chaos auf dem Renascentia-Platz, inmitten von Brandhelfern, Schaulustigen und in Zwistigkeiten vertieften Sympathisanten verschiedener Adelshäuser eine Schneise durch die Menschenmenge zu schaffen versuchte. Und tatsächlich: Es gelang.
Mit dem flackernden Licht des Palastbrands in seinem Rücken hielt er direkt auf das Portal des Hesinde-Tempels zu, als vor ihm die ersten schwergerüsteten Berittenen auftauchten. Eisenwölfe!
„Ihr auch, Brandstifter, macht Platz!“
Die Anklage in der Aufforderung klang so beiläufig mit, dass man sie für eine ganz natürliche Anrede halten konnte. Auricanius wagte viel, das war ihm bewusst, aber mit Gehässigkeit oder auch nur gehässigem Tonfall würde er hier nicht weit kommen. Dennoch verfehlten seine Worte ihre Wirkung nicht. Viele Umstehende wichen vor dem Geweihten in seiner verrußten und mit Brandflecken übersäten Robe zurück. Die einfachen Urbasier formten sich hinter ihm gleichsam zum Halbkreis, als er den Eisenwölfen immer näher kam. Ob es Neugier war, oder paralysierende Angst über das, was nun geschehen mochte, die sie leitete? Bestimmt beides und vieles mehr. Bei manchen verzogen sich die Gesichtszüge, als sie die beiläufige Anklage des Geweihten vernahmen. Brandstifter waren verhasste Leute, egal ob adlig, schwer gerüstet oder gar hoch zu Ross …
„Beim Götterfürsten, ich befehle euch Platz zu machen!“
Auricanius näherte sich scheinbar unaufhaltsam dem vordersten der Berittenen, der aber nicht zurückwich, sondern dem Geweihten vielmehr sein Schwert entgegenstreckte. Der Geweihte war sich nicht sicher: Hatte der von ihm so Konfrontierte unter seinem Helm gerade schwer verständlich ‘Halt’ gerufen?
„Willst du der Verdammnis anheimfallen? Du richtest dein Schwert auf einen Geweihten der Zwölfe“, wandte sich Auricanius direkt an den Eisenwolf. „Auf Geweihtenmord steht als Strafe die Ewigkeit in den Niederhöllen! Willst du das wagen?“