Archiv:Novadis vor Neetha! (BB 24)

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Auge-grau.png Quelle: Bosparanisches Blatt Nr. 24, Seiten 1-3
Aventurisches Datum: Boron/Hesinde 1026 BF



Novadis vor Neetha!

Angriff auf Stadt der Hl. Thalionmel – Verwüstung der Drôler Mark

von Shafirio ay Ankhraio


NEETHA/DRÔL. Gleichermaßen beunruhigende wie hoffnungheischende Nachrichten erreichten das Herz Yaquiriens dieser Tage aus des Reiches wildem Süden, denn seit dem 23. Boron verheerten Horden berittener Novadis das Land zwischen Chabab und Harotrud. Nachdem sie die Ostgrenze der Drôler Mark, die sogenannte Novaditrutz, scheinbar ohne größere Probleme durchbrachen, gelang es den Barbaren des Eternenhochlandes zum ersten Mal seit fast 30 Götterläufen wieder bis an die Küste des Siebenwindigen Meeres vorzudringen und darüber hinaus auch die weiße Wacht Neetha beinahe zu erobern. Schwer getroffen vom verheerenden Sturm der Novadis zeigt sich vor allem die Grafschaft Wobran, doch kam es auch in der Rosenstadt Drôl zu einigen Unruhen unter der furchtsamen Bevölkerung.

Die Ereignisse im Süden seien zur besseren Orientierung im Folgenden chronologisch wiedergegeben:

Bemerkenswert ruhig verlief das Jahr 2518 bis zum 23. Boron für die leidgeprüften Bewohner des südlichen Königreiches – Thorwal schien nach dem ausgehandelten Frieden keine Gefahr mehr, und auch von der Schwarzen Allianz gingen seit dem Staatsbesuch Prinz Timors im Rahja keine größeren Aggressionen mehr aus, die Novadistämme der Beni Brachtar in Oberchababien und der Beni Arrat in Arratistan aber wurden wie jeher in Konflikten gegeneinander oder gegen die Echsenmenschen des Loch Harodrôl gewähnt. Tatsächlich scheinen die beiden eigentlich seit Jahrhunderten verfeindeten Stämme ihre Blutfehde aber beendet oder zumindest für eine längere Zeit niedergelegt zu haben, denn gemeinsam zogen sie nunmehr mordend und plündernd durch die Drôler Mark.

Den ältesten glaubhaften Berichten zufolge rissen die vereinten Stammeskrieger mit ihrem Kriegsgeschrei bereits am frühen Morgen des 23. Boron die ersten Bewohner einiger grenznaher Weiler in der Commandantur Gravina aus dem Schlaf. Was auf diese erste Störung folgte, lässt sich wohl nur noch mit dem Wort Massaker umschreiben, denn jede Person, derer die Heiden habhaft werden konnten, wurde offensichtlich an Ort und Stelle ermordet. Schien zunächst auch die Novaditrutz selbst, die Wehr des Reiches gegen die Eternenlande unter dem Sturm der Novadis gefallen zu sein, so muss nach ersten gegenteiligen Botschaften aus der Garnisonsstadt Gravina davon ausgegangen werden, dass die Heiden die Festung mit den dort in Regimentsstärke stationierten Truppen bewußt umgangen haben – bleibt die Frage, wie ihnen das gelingen konnte.

Unzweifelhaft ist, dass die Reiterhorden der Mordbrenner am 26. Boron die Küste bei Wobran, der zweitgrößten Stadt des Drôler Königreiches, erreichten, während sich von dort aus ostwärts zu diesem Zeitpunkt bereits eine etliche Meilen breite Schneise des Todes und der Verwüstung erstreckte. Auch die Kleinstadt Vlapacho zwischen Wobran, Gravina und Wanka ist – kaum dass berittene Boten sie vor den mit dämonischer Geschwindigkeit vorrückenden Barbaren hätten warnen können – in den Feuerlohen der Aggressoren untergegangen.

Aus der Geschichte: Angriffe der Novadis auf Neetha und Drôl

Umgehend nach den ersten Berichten aus dem Süden wandte sich die Redaktion auch an sachkundige Historiker der chababischen und drôlschen Geschehnisse, namentlich Magistra Rohaljane Scioccina vom Vinsalter Tempel der Hesinde:

„... ähm ja, Novadis. Nun ja, die Novadis gehen auf das vermeintliche Erscheinen ihres Wüsten… ähm …götzen Rastullah vor 266 Götterläufen zurück – aber halt, das wolltet ihr ja gar nicht wissen. Also Angriffe auf die südlichen Gemarkungen gab es erstmals 2257 Horas, als die Beni Brachtar unter ihrem Tugruk Pascha in die damals noch recht junge Grafschaft Tolfana einfielen. Zwei Jahre später versuchten sie auch die Markgrafenstadt Neetha einzunehmen, was ihnen wegen des wohl allgemein bekannten Opfers der Hl. Thalionmel aber misslang.

Seither herrschte eigentlich ein schwelender Kriegszustand zwischen dem Königreich und den Novadis, wiewohl diese lange Zeit keine größeren Eroberungszüge zu veranstalten in der Lage waren. Erst 2451 und 2452 Horas brachen dann abermals ganze Reiterhorden ins Liebliche Feld ein, jedoch nicht unter dem Kommando des Sultans der Beni Brachtar sondern unter dem des Kalifen Chamallah persönlich. Auch dieser Versuch wurde dann allerdings bei Olbris und später vor dem belagerten Neetha zurückgeschlagen. Der Kalif eroberte dann stattdessen Corapia, das seither Chorhop heißt. Dafür verloren die Beni Brachtar aber während einer Strafexpedition des königlichen Heeres 2454 Horas ihre wichtigste Festung am oberen Chabab.

2489 Horas griffen auch die Beni Arrat die Ländereien am Meer der Sieben Winde an, indem sie die Stadt Drôl, damals ja noch nicht zum Reich gehörend, belagerten. Erst die Entsendung eines weiteren königlichen Heeres vermochte diesen Versuch vereiteln. Im Zuge dieser Geschehnisse kam es dann wiederum zu einer Strafexpedition, die wohl einige Sippen komplett auslöschte – unter dem heutigen Staats-Marescallio und Principe von Drôl Folnor Sirensteen im übrigen.

Bleibt also zu resümieren, dass Drôl zum letzten Mal vor 29 Götterläufen und Neetha gar zuletzt vor 66 Götterläufen von Novadis angegriffen wurden, und noch dazu immer nur von einem Stamm gleichzeitig. Die neue Situation scheint da doch etwas anders zu sein, zum ersten Mal vielleicht sogar richtig … ähm … interessant. Entschuldigt mich nun, aber ich müsste da doch einige Eintragungen in die Chroniken machen, das könnte ja tatsächlich spannend werden … ja, ja, spannend!“

Diese … ähm … Spannung dürfte sich ja nunmehr, Phex sei’s gedankt, auch bei der ehrenwerten Magistra gelegt haben.

Bevor die Novadis sich vor den Mauern Wobrans selbst blicken ließen, zerstörten sie zunächst die im Norden und Süden nächstgelegenen Semaphorentürme – und deckten damit ein weiteres Mal diese Schwachstelle der Küstenverteidigung auf (man erinnere sich in diesem Zusammenhang der Geschehnisse im Vorfeld des thorwalschen Übergriffs auf Kusmarina). Erst über den Seeweg gelangten daher Berichte über die Situation in Wobran in den Norden. Seit dem 26. Boron standen in der kleinen Handelsstadt kaum vier Dutzend Stadtbüttel einer Übermacht von einem halben Tausend offensichtlich wild entschlossendenen Stammeskriegern gegenüber, die allerdings nach der Zerstörung der Semaphorentürme zunächst keine weiteren Anzeichen einer Belagerung der befestigten Stadt lieferten. Befürchtungen, die Novadis mochten sich zu diesem Zeitpunkt bereits direkt gegen die unvorbereiteten Hauptstädte Neetha oder Drôl wenden, schienen sich daher zunächst zu bestätigen.

Stattdessen behielten die Angreifer ihre Belagerung aber tatsächlich über mehrere Tage aufrecht, während derer über den Hafen und die sichere See viele der Einwohner Wobrans (und der Bewohner des Umlands, die sich hinter die Mauern geflüchtet hatten) evakuiert werden konnten. Unklar bleibt indessen, warum der belagerten Stadt aus den Garnisonen Drôls und Gravinas kein Entsatz geschickt wurde – insbesondere die Untätigkeit des berittenen kaiserlichen Regiments Der Rose Dornen gibt in diesem Zusammenhang Rätsel auf. Wahrscheinlich mit einem Sturmangriff auf die Mauern der Küstenstadt gelang den Novadis am 1. Hesinde in der Tat die überraschende Eroberung des befestigten Wobrans. Von den Verteidigern der Stadt scheint diesen Überfall keiner überlebt zu haben, denn ebenso wie bereits in Vlapacho gingen die Barbaren auch hier mit äußerster, gar dämonisch zu nennender, Brutalität vor, auch loderten auch über der Hafenstadt alsbald himmelshohe Flammen.

Wenig schien den novadischen Mordbrennern bis zu diesem Zeitpunkt an einer Sicherung des überrannten Territoriums gelegen zu sein – angesichts der mittelfristig bereitstehenden horasischen Heeresstärke nicht verwunderlich – und auch nach der Zerstörung Wobrans wandten sich die Reiterhorden der Beni Brachtar und Beni Arrat zunächst wieder von der Horasstraße ab, um gen Shilish am Chabab im Nordosten eine weitere breite Schneise der Verwüstung in das Land zu brennen. Gegenüber der alten chababischen Feste Eskenderun schlugen die Novadis hier am 6. Hesinde zum zweiten Male ein kurzes Zeltlager auf, indes vom eigentlichen Shilish längst nurmehr brennende Ruinen und das vergossene Blut der wenigen bis zuletzt Verbliebenen kündeten.

Von Shilish aus entsandte Sultan Rastafan II. ben Brachtar, denn kein geringerer führte diesen Mordzug an, auch einen (den wohl einzigen) gefangengesetzten Drôler gen Neetha, der weißen Wacht zu künden, was ohnehin längst offensichtlich war, nämlich dass er dem verderbten Blute seines Ahnen Tugruk Pascha folgend die chababische Haupt- und Hafenstadt zu erobern gedachte. Die weiteren seiner fanatischen Verblendung und Verehrung des Götzen Rastullah entsprungenen Schmähungen gegen Horasreich und Kaiserin sollen an dieser Stelle erst gar nicht genannt werden.

Auf den Ansturm der Novadis, der tatsächlich noch fast eine Mondphase auf sich warten lassen sollte, bereitete man sich längst und nicht erst auf diese Ankündigung hin sowohl in Neetha als auch Eskenderun fieberhaft vor. Während letztere Feste aufgrund der ausgedehnten Befestigungen um sie herum trotz geringer Besatzung wenig gefährdet erschien, bot gerade die weiße Wacht mit der erst vor wenigen Jahren wiederhergestellten und nicht befestigten Thalionmel-Brücke eine deutliche Schwachstelle, die den novadischen Reiterhorden trotz des winterlichen Hochwassers im Chabab den Überritt über denselben ermöglichen würde. Bei der Organisation der Verteidigungsmaßnahmen Neethas stach vor allem Chababiens Erzherzog und kaiserlicher Prinz Timor ay Firdayon-Oikaldiki selbst heraus, der seinen Untertanen höchstpersönlich sein Vertrauen in ihre Wehrhaftig- und Verteidigungsfähigkeit ausprach: „Schaut nicht nach Vinsalt, schaut auf Euch – das Herz der Wackeren schlägt hier im Süden!“

Wenige Tage vor dem Beginn des Cron-Convents in Arivor hoch im Norden kündete dann – wie schon vor 259 Götterläufen zur Zeit der Heiligen Thalionmel – eine gewaltige Staubwolke den Neethanern von der bevorstehenden Ankunft des heranpreschenden, novadischen Reiterheeres, dem wie in den Wochen zuvor die blutroten Banner ihres Raubzuges voranwehten. Ausnehmend prächtig und wehrhaft maß sich dagegen aber auch die Weiße Wacht Neetha selbst ab, deren Zinnen von den Fahnen des Horasreiches und des chababischen Erzherzogtums gleichermaßen geschmückt wie von aufmerksamen Armbrustschützen bewacht wurden. Allein am nördlichen Kopf der Thalionmel-Brücke, der unvermeidlichen Nahtstelle der kommenden Auseinandersetzungen, hatte Erzherzog Timor unter seinem Befehl acht Banner und Schwadronen versammelt, den wichtigen Übergang über den Chabab unter allen Umständen zu halten.

So wehrten die Neethaner den ersten Ansturm der Novadis auf die Brücke, der zudem vom Auseinanderbrechen der Reiterhorde in zwei Teile geschwächt wurde, denn auch ohne größere Mühe ab. Nach einem tapferen doch erfolglosen Ausfall der unterlegenen Oberfelser Reiterei unter Colonello Silvolio di Sanceria breiteten sich alsbald Ruhe und die Dunkelheit der Nacht über das Schlachtfeld am Südufer des Flußes. Von offensichtlichem Verrat in den Reihen des Feindes konnten währenddessen Späher berichten, denen das Ross und der enthauptete Leichnam des Sultans der Beni Arrat, laut kaiserlicher Quellen ein gewisser Yussuf ben Gaftar, entgegengetrabt kamen. Dessen Betrug am bis dato verfeindeten Stamm der Beni Brachtar ist wohl auch der Grund für das Auseinanderbrechen des novadischen Sturmangriffs am Tage gewesen.

Die verbliebene, unter Sultan Rastafan wiedervereinte Reiterschar verbarg sich die Nacht über in einem nahegelegenen Korkeichenwäldchen, nutzte dann aber die frühen, nebelverhangenen Morgenstunden zum zweiten Sturm auf die Weiße Wacht, deren Wehr unter der dämonischen Angriffswut der Aggressoren nun erstmalig zu wanken begann. Allein das unverbrüchliche Vertrauen des Erzherzogs selbst hielt die Reihen seiner Streiter nunmehr noch zusammen, doch sollte ihm aus der eigenen Familie dann die gerechte, göttergefällige Hilfe zuteil werden: Prinzessin Salkya, die vor Halbjahresfrist erst in den Schoß des kaiserlichen Hauses zurückgekehrte Schwester lenkte, da die Wut der Feinde am grössten, im Gewand des Ardaritenordens mit der einen Hand ihre schneeweiße Schimmelstute an die Seite des Rappen ihres Bruders und streckte mit dem anderen Arm das aus Arivor nach Neetha heimgekehrte Schwert der Hl. Thalionmel in die Höhe!

Dazu sprach sie, und jeder konnte es verstehen: „Sehet her, Soldaten des Adlerthrones, Streiter der Göttin, Kämpen Neethas! Zurückgekommen an den Ort der Entscheidung ist das Schwert der Heiligen. Hinterlist sollte es in die Hände der Heiden treiben, doch dies misslang. Niemals zuvor ist die Weiße Wacht gefallen, nimmer wird es geschehen. Für die Göttin, für Rondra!“

Begeisterung löste diese unerwartete Wiederkehr der heiligen Klinge in den Reihen der Chababier aus, Verwirrung dagegen in den Herzen der ungläubigen Heiden, und schnell wandte sich darauf das Schlachtenglück zugunsten der aufrechten Streiter der horasischen Krone. Während die Reste des novadischen Mordbrennerheeres sich daraufhin in alle Winde zerstreuten – unter ihnen wohl auch der von Hass erfüllte Sultan Rastafan – und in den kommenden Wochen von chababischen und Drôler Truppen wohl endgültig in ihr karges Eternenhochland zurückgetrieben werden, standen Prinz Timor und Prinzessin Salkya in geschwisterlicher Eintracht und mit dem Wohlwollen der Götter gesegnet Seite an Seite am befreiten Südufer des Chabab.

Armin Bundt
mit Dank an Niklas Reinke für schnelle Informationen