Familie Vesselbek/Historie

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"Sehr geehrte Signora Vittoria,

bezüglich ihres Anliegens die frühesten Ursprünge und die Abstammung Ihrer noblen Familia zu klären, konnte ich, wie in unserem Gespräch schon erwähnt, nur Weniges herausfinden. Das Vorhandensein von Dokumenten aus der Zeit kurz vor und kurz nach Bosparans Fall ist sehr beschränkt. Dies hat zum Einen mit den vielfältigen Zerstörungen zu tun, welche die Garether hierzulande anrichteten. Doch auch danach gibt es wenig verfängliches, denn offensichtlich hat es zu Zeiten der sogenannten Klugen Kaiser oftmals Lücken in Dokumentenreihen gegeben. Dies mag mit dem Wüten der nachfolgenden Priesterkaiser zu tun haben. Aber wohl auch mit dem Usus in damaliger Zeit den wertvollen Schreibstoff Pergament als Palimpsest mehrmals zu nutzen. Zumal wenn die Urkunden und Listen veraltet waren und den Archivaren somit als verjährt und nutzlos erschienen. Doch ich schweife wieder ab. Verzeiht! Doch beschäftige ich mich nicht erst seit unserem Gespräch mit der Historia jener Zeit. Darum habe ich Kenntnis vieler Schriften und Dokumente. So konnte ich doch in recht kurzer Zeit einige Dinge zusammentragen, welche zur Aufhellung der frühen Geschichte Ihrer Familia dienlich sein könnten. Ich beginne tabellarisch mit dem ältesten Dokument von seiner ursprünglichen Abstammung her. Auch wenn das Wort Dokument nicht immer das bezeichnet, was man als Nichthistoriker denken mag. Alle erwähnten Schriftstücke und Artefakte sind als Abschrift bzw. als Ortsangabe beigefügt.

1. "Mythologiae, sirve explicationis fabularum", Navale Ponti (Bethana, 923 BF)
Dies wertvolle Buch ist ein Exzerpt ausgewählter Sagen aus bosparanischer und frühgarethischer Zeit mit erklärenden Anmerkungen. Es erhält unter anderem einen für Euch durchaus interessanten Hinweis ins Darpatische. Der Text der Sage und Doctor Pontis Interpretation sind als separates Blatt beigelegt.

"Und Silem-Horas selbst kam auf Rommilys. Sein Auge schaute freudig die Tempel und Häuser. Sein Ohr horchte beruhigt die Berichte der Priester und Edlen. Alles war so wie es die Zwölfe in Alveran verlanget. Alles war so wie der Kaiser selbst es 5 Jahr fürderhin auf Gesetzestafeln meiszeln ließ. Rommilys war eine fromme Stadt.
Doch nicht nur gute Zeugnisze der Bürger kamen an sein Ohr. Ein Gutsherr war von auswärts gekommen, um dem Kaiser selbst sein Leid anzutragen. Auf dasz dieser den Seinen helfen könnt. Er tat Kund von ungeheuerlichen Dingen. Ein böse Priesterin, die Wisilpikka geheiszen war, hätte sein Dorf unter Herrschaft genommen. Sie würd nicht den guten Zwölfen huldigen, sondern einer finstren Göttin. Sie hätt Macht über geflügelt Zeuch und auch anders Gethier. Damit plage sie all die frommen Landleut, die ihr nicht zu Willen sind. Schon Vielen, die nicht Tribut gegeben, oder die nicht hörig sein wollten der falschen Göttin, habe sie von ihren Schergen mit giftgen Waffen zu Tode bringen laszen.
Dies zu hören erzürnte nun den Kaiser gar sehr. Er gürtete sein Schwert und tat ein Gebet zu den Zwölfen. Er schwor bei Praios, nicht eher zu ruhen, bis er die Frevlerin und all ihre Vasallen bestraft habe. Alsdann ritt der Kaiser fort ins Land und seine Legion folgte hernach.
Gegen den Kaiser, welcher für die wahren Götter stritt, hatte falsche Götzenmacht kein langes Bestehen mehr. Der Tempel brannte lichterloh und mittendrein die böse Götzenpriesterin. Als nun der Kaiser selbst vor die Dörfler trat, so hub er laut zu sprechen an: Die Wisilpikka hat keine Macht mehr über euch! Fallt nieder auf die Knie und schwört bei den Zwölfen nie wieder falschem Glauben nachzugehen!

Wer dem Geheisz des Kaisers nachkam, dem erwies er Gnade und nahm ihn mit sich nach Bosparan. Denn dort könne jeder sehen, welche Macht die Zwölfe hätten, auf das er nie wieder im Glauben falsche Wege gehe."

Es gibt etliche dieser Sagen im Volksmund, die von ähnlicher Ketzerei aus den Tagen nach Ausrufung des Silem-Horas-Edikts berichten. Andere Orte werden erwähnt. Manchmal wird genauer angedeutet, welcher Art der Götterfrevel war. Mal sei Kaiser Silem-Horas selbst zugegen gewesen, mal waren es andere Recken. Doch alle diese Sagen und Mären beruhen auf der historisch belegten Tatsache, daß in den Jahren nach Ausrufung des Silem-Horas-Edikts aus den äußeren Provinzen vermehrt Sklaven in die Kernlande des Bosparanischen Reichs kamen. Zumeist wurden ganze Familien- und gar Dorfverbände aus dem Umfeld diverser nunmehr als Ketzerei verdammter Kulte umgesiedelt, um die unzähligen neuen Bauvorhaben des Kaisers mit Arbeitskräften zu versorgen.

Bemerkenswert an der obigen Sage aus den Darpatlanden ist die namentliche Nennung der Frevlerin. Dem Sprachenkundler kann sie Andeutung geben, welcher Kult hier ausgelöscht wurde. Dazu muß man die Provinzdialekte des Bosparanischen Reiches näher betrachten. Wer dies vermag, der findet in der Sermo Darpatis das Wort Wisil, wohl aus der Sprache der Alhanier entlehnt. Es ist auch im heutigen Garethi noch gut erahnbar. Weisel ist die Bezeichnung für eine Bienenkönigin. Allüberall wurde in der Sermo Vulgaris (dem Volksbosparano) mit picco eine Spitze und mit picca eine spitze Waffe (siehe Pike) bezeichnet. So ist Wisilpikka wohl eher ein Titel als ein Name. Denn es bedeutet in etwa "Stachel der Königin" (gemeint ist die Bienenkönigin). Offenbar war der Kult aus der oben zitierten Sage ein Bienenkult, höchstwahrscheinlich der immer noch im Bornlande verbreitete Glaube an die Bienengöttin Mokoscha. Doch nur Hesinde kennt nach so langer Zeit noch die Wahrheit.


2. Eine außergewöhnlich gut erhaltene Siegessäule im Privatbesitz der Vinsalter Casa dil Cordori.
Besehbar nur nach Gutdünken der Hausherrin im Garten der Villa Cordori in Alt-Bosparan zu Vinsalt.
Das die eher kleine Säule spiralförmig umlaufende Reliefband zeigt einen im Jahr 92 v.BF abgehaltenen Triumphzug zu Ehren eines kaiserlichen Legaten eines gewissen Selim Horatius Flavius Cinta. Dieser soll laut darunter befindlichem Schriftband in den Nordprovinzen für Ordnung gesorgt und dort die Ketzerei mit großem Erfolg bekämpft haben. Auch führt er in Wort und Bild Ketzer aus den bekehrten Provinzen mit sich, die er zum Zeichen des Sieges des wahren Glaubens als Sklaven nach Bosparan führt.
Der Name dieses Legaten bekräftigt den Wahrheitsgehalt der obigen Sage. Die Ähnlichkeit der Namen Selim Horatius und Silem-Horas ist ein starkes Indiz, daß die in der Sage vorhandene Erwähnung des Kaisers zwar falsch ist (Kaiser Silem hat die Kernlande des Alten Reichs vor seinem Feldzug gegen das Großsultanat Elem vermutlich niemals verlassen), doch die beschriebenen Ereignisse trotzdem stattgefunden haben, und nur aufgrund der Namensähnlichkeit im Lauf der jahrhundertealten mündlichen Überlieferung dem Kaiser zugeschrieben wurden.
Desweiteren birgt der letzte Name der Geschlechtsname des auf der Säule genannten Legaten ein weiteres Indiz, welches für die Aufarbeitung der Historia Ihrer Familia aufschlußreich sein könnte. Das bosparanische Geschlecht Cinta mit weit verzweigtem Besitz im Phecadital ist nachweislich der Urahn der heutigen Familie Sionta aus Grangor. Dokumente diesbezüglich kann ich Euch gern nachträglich zukommen lassen, Signora.

3. Pergamentrolle PK/Urk/015/22/005
Nachweislich aus dem Jahr 15BF im Archiv der Alten Burg zu Kuslik lagernd, stark verwittert und teilweise sehr unleserlich:

"....
irrĩmit XXXXCLII sclavi im ProtectoratXXXXX
1. darûz diu Wissilbecco , fior tuozem fXXXX
bîdiu pflegent dîhXX vun Burg SewacsteXXX
2. darûz vonna XXXXuen, drî huntert sclaXX
bîdiu bîbaûwent XXakkarae vun Burg VeliriX

...."

Die in heutiger Zeit schwer verständliche Liste ist sehr lang. Sie enthält eine Aufstellung der Zuteilung von Sklavenkontingenten für verschiedene Herrschaften. Bei der ersten Volkszählung nach Bosparans Fall wurden auch alle Sklaven erfaßt, wie die Liste beweist.
Und schon der erste Eintrag ist für Ihr Interesse von Belang. Denn hier taucht der Name Wissilbecco auf. Ähnlichkeiten mit dem Namen Wisilpikka aus der obigen Sage und weiterfolgenden Namen sowie dem heutigen Namen Ihrer Familia Vesselbek sind durchaus nicht zufällig. Sondern beruhen auf Veränderung der Sprache und der Schreibgepflogenheiten.
Jene obige als "Wissilbecco" bezeichnete Gruppe war eine größere Gruppe Sklaven, möglicherweise ein fester Familienverband, die mit dem Zensus des Jahres 15BF einer neuen (Garether) Herrschaft zugewiesen wurden, nämlich einer Burg Sewacstein. Ob mit Burg nun eine befestigte Siedlung oder wirklich nur eine Burg bezeichnet wird, kann aus dem damaligen Garethischen nicht immer eindeutig geklärt werden. Das Wort Burg bezeichnete beides.
Auf jeden Fall steht außer Zweifel, wo sich Burg Sewacstein befand und noch befindet. Auch der Zweck, zu dem diese Sklaven dem Burgherrn zugewiesen wurden, ist eindeutig. Sie sollten Fürsorge für die Deiche tragen (pflegent dîha). Diese Aufgabe und der festgehaltene Eigenname lassen deutlich auf Vorfahren Ihrer Familia schließen. Und geben einen ersten Hinweis auf das Sewamunder Land als deren Heimat.

4. Urkunde BS/194/05
Heiratserlaubnis des adligen Grundherrn aus dem Jahr 194BF
5. Pergament BS/197/18
Vermerk in ein Hofstellen- und Grundzinsverzeichnis aus dem Jahr 197BF beides im Archiv von Burg Sewakstein lagernd

"Wir Gundolar, fryherre zu Sewamundt, verkünden mit disem brife,
dêr hoerece Ardo von dem hove mittem hûsezeichen des grunen phâles,
ûssem geslechte der Wesselbekker, erlaubnuss bekummt,
die hoerece Fiana tohter des Adalric Knopfgut,
von dem hove mittem hûsezeichen des roten herincs,
zu eheligen.
Daʒ hôchzîtsgelt erhebet sich ouf vünf schâffe unt drî vas wîn.

Gegeven zu Burc Sewakstein im jâr XXIII unsers Kaisers Gerbald"

"zinspergamënt im jâre Gerbald XXVI
....
● hove mittem hûsezeichen der sege

sahse: Ardo Wesselbekker
ackar: VII huoben
zins: LXXXIIII secke rocken
CXII secke rueben
LVI balle wolle
XIIII læmbelîn

....
● hove mittem hûsezeichen des binlîn

sahse: Gorm Wesselbekker
ackar: IIS huoben
zins: XXX secke rocken
XXXX secke rueben
X grôʒe kuerbe epfel
V gense

....
● hove mittem hûsezeichen des grunen pfâhles

sahse: Ribart Wesselbekker
ackar: II huoben
zins: XXIIII secke rocken
XXXII secke rueben
XVI balle wolle
IIII læmbelîn ...."

Beide Urkunden stammen aus derselben Zeit beide weisen wohl auf erste namentlich erwähnte Stammahnen Ihrer Familia hin. Dem Hörigen Ardo Wesselbekker, der einem Freiherrn Gundolar von Sewakstein als Hofsasse untertan war, wird eine Heiratserlaubnis erteilt. Die nachfolgende Zinsrolle weist gar noch zwei weitere Familienmitglieder aus. Geschlechter- oder Familiennamen zumal bei Unfreien waren in jener Zeit eher unüblich. Jedoch kommt der Name Wesselbekker in der Zinsrolle dreimal vor. Was auf eine gewisse Tradition dieses Namens hinweist und die Verbindung zur vorher erwähnten Sklavensippe der Wissilbecco zu bestätigen scheint. Allerdings kann man nicht mehr von Sklaven sprechen. Gerade Ardo Wesselbekker hatte einen recht großen Hof zugewiesen bekommen, was trotz des unfreien Standes auf eine recht hohe Stellung innerhalb der Untertanen des Freiherrn von Sewamund schließen läßt. Sehr wahrscheinlich waren die Ahnen Ihrer Familie vorher, wie schon in der Urkunde aus dem Jahr 15BF andeutet, und nachher stets als Deichbauern und Deichbauer tätig.

Nach diesen Jahresdaten gibt es aus verschiedenen Gründen keine verläßlichen Dokumente mehr. Wie schon die Studie des ehrenwerten Maestro Tamarisco zeigt, taucht erst in der Rohalszeit der Name Vesselbek -diesmal in gewohnter und heute üblicher Form- wieder auf. Ich denke, ihr könnt Euch auf die Zuverlässigkeit und Gründlichkeit des Maestro verlassen. Zumal er als profundester Kenner Sewamunder Historie gelten muß, dem ich eigentlich nichts hinzufügen. kann.

Ihr könnt Euch auch auf mein Urteil und mein Wissen verlassen. Mein Spezialgebiet ist, wie schon erwähnt, die Geschichte der Zeiten nach Bosparans Fall. Und ich denke, gerade mit Urkunden und Dokumenten aus dieser Zeit gedient zu haben. Sollten mir noch weitere Zeugnisse zu Händen oder vor Augen kommen, so werde ich mich gern wieder an Euch wenden, und diese nachreichen.

Hiermit empfehle ich mich freundlichst!

Nandus und Hesinde mit Euch!

Marbocello Broderico"


Fortsetzung folgt!