Despiona/Ausführliche Stadtbeschreibung

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Despiona   Stadtbeschreibung    
Die nachfolgende ausführliche Stadtbeschreibung Despionas entstammt dem Tractatio Eldoretis, der Domänenbeschreibung Eldorets des damaligen Baronsspielers Steffen Popp aus dem Jahr 1996. Fürs Wiki aufbereitet und geringfügig korrigiert wurde sie von Gonfaloniere. Eine Umstellung von der alten zur neuen Rechtschreibung erfolgte dabei NICHT.


Lido (1)

Nichts anderes als eine hoch aufgetürmte Sandbank ist die Grenze zwischen wilder und ruhiger See, allerdings mit ein wenig Erde, die der Wind hierhergetragen haben mag, mit demütig geduckten Gräsern, die Sturm und Flut fürchten, ja sogar mit dem einen oder anderen krummen Gesträuch. Der Lido riegelt die Lagune wider jedes Schiff ab, nur an zwei Stellen lässt er offene Pforten: Am Südende, das jedoch mit tückischen Untiefen auf Unkundige lauert, und unter den Augen der Stadt und ihrer Wachtürme am nördlichen Ende.

Hungerturm (2)

Scheinbar sprichwörtlich auf Sand gebaut, doch tatsächlich mit tiefem Fundament, droht der Hungerturm sowohl fremden Schiffen mit schlechten Absichten als auch den Despionern selbst, so sie sich schwerer Vergehen schuldig machen: In seinen lichtlosen Gelassen schmachten aufgrund des Blutrechts Abgeurteilte in der Umarmung kalten Steins. Freudlos verfließen die Tage hier, schmerzvoll enden sie: Vor dem Turm ist ein sandiger Fleck, im Laufe der Jahre von einer Reihe Scharfrichter und noch viel mehr Delinquenten festgetreten. Es ist der Richtplatz, auf dem schon mancher Kopf gerollt, manche Diebeshand im letzten je gespürten Schmerz sich gekrümmt, manch letztes Gebet oder letzter Fluch gesprochen worden. Die Scharfrichterin Despionas führt im Hungerturm ihr unbestechliches Regiment.

Mittagufer (3)

So nennen die Despioner, was mittäglich von Hafen und Despon liegt. Strenggenommen ist hier nicht mehr das Gebiet der Stadt, sondern jenes des Umlandes, so dass hier aus Steuergründen vor allem die Handelsfamilie di Sensavio mehrere Lagerhäuser errichtet hat, in ärmlichen Häuschen wohnen auch gleich Hafenarbeiter daneben.

Ein Karrenweg verbindet die Lager mit der Silem-Horas-Straße, die als schattige Allee zu den Dörfern Dapsilia und Karsina, also in die angrenzende Signorie führt, mit Weizenfeldern zu beiden Seiten.

Für den Altertumskundler und Hesindejünger viel wichtiger sind aber die Ruinen des antiken Despiona, von den Resten der Stadtmauer, die bei Ebbe deutlich aus der Lagune ragen, über die monolithischen Säulen eines verfallenen Tempels bis zu dem schuttumgebenen Turm an der Stelle, wo die Straße den Despon erreicht und man sich gegen einen Heller über den Fluss rudern lassen kann.

Hafen (4)

In der schwachen Strömung des Despon dümpeln da Potten, in die vielleicht gerade Korn verladen wird, heimkehrende oder ausfahrende Fischerboote, teils farbenfroh bemalt, oder die zwei Biremen, welche die "Flotte" des Grafen darstellen. Meist sind diese leicht altersschwachen Galeeren aber auf Patrouille entlang der eldoreter Küste, denn die Dreistigkeit des Thorwalschen Piratenpacks hat das Land aus dem Frieden der vorigen Dekaden aufgeschreckt.

Ein Schiff aber ist unmöglich zu übersehen, wie ein Schwan unter hässlichen Entlein: Die "Dirimethos", ehemals seekönigliche Staats-Galeere, nun als Hochzeitsgeschenk des Herzogs von Pailos für den Grafen von Thegûn und seine Gemahlin ein Sorgenkind der Finanzey-Chancelley. Denn Wartung und Besatzung der Trireme kosten ihre Dukaten. Dafür war das Prunkschiff auch eines Thalassokraten von Cyclopea und ist eines Grafen allemal würdig: Purpurgefärbte Segel, perlmuttene Augen am Bug, vergoldeter Rammsporn ...

Das Treiben im Hafen ist im Lichte solcher Gesellschaft gewiss profan, aber recht einträglich, täglich kommen und gehen am Kai Salz, Getreide, Purpur, Trockenfisch, Linnen, Wein, den Kai entlang reihen sich meistenteils der Handelsfamilie ya Comari gehörende Lagerhäuser, aber auch ein Bordell, alles eingerahmt von Flussturm und Hafenturm. Letzterer ist nach langer Nachlässigkeit jüngstenes wieder regelmäßiger besetzt.

Halle der Heiligen Elida (5)

Als Elida von Salza die aventurische Westküste entlang nach Brabak segelte, um mit fünf Kornschiffen eine Hungersnot zu lindern, da machte sie, so die Despioner Fama, auch hier Station. Ihr zu Ehren entstand der Efferdtempel, und manche nennen Elida die Stadtheilige von Despiona.

Fast der ganze Bau steht im Wasser (mit in den Hafengrund gerammten Pfählen als Fundament), bloß die Portalseite kann trockenen Fußes erreicht werden. Wobei gar nicht eindeutig ist, wo das wahre Portal sich findet: Gegenüber dem gewöhlichen Eingang ist im Rücken der Gottesstatue eine auf das Hafenbecken hinausführende Tür, durch die am Tag des Wassers der Ausführende des Wunders Vom Beschreitbaren Wasser die Elidahalle betritt. Meist ist Hochgeweihte Erlgard von Irendor die Auserwählte. Die Nichte des Staatsmarschalls Folnor Sirensteen zu Irendor fasste den Entschluss Efferd zu dienen, als sie noch die neethische Kriegerschule besuchte. [Anm.: Dies widerspricht evtl. der offiziellen Darstellung Erlgards.]

Hafentor (6)

Nur Fremde werden angehalten, Despiona ist klein genug, dass die Stadtbüttel fast alle seine Bewohner vom Sehen kennen und daruntergemischte Reisige erkennen können. Wer besonders abgerissen, penetrant verlaust und verdreckt oder mittellos erscheint, wird meist abgewiesen, Sieche und Besessene ohnehin. Keine Regel ohne Ausnahme: Der Klang guten Silbers hat schon ganz andere Türen geöffnet ...

Mit der Suche nach Hetzschriften, Giften und Schmuggelware geben sich die Büttel selten ab, in der überschaubaren Stadt kommt dergleichen sowieso bald von selbst ans Tageslicht. Waffenbeschränkungen sind in einer chababischen Stadt unbekannt.

Thorwaler dürfen vor der Stadt wieder kehrt machen, gewöhnliches Volk (wozu Abenteurer bei gebührlichem Betragen zählen) durchschreitet eher unbehelligt das Tonnengewölbe des quadratischen Torturms und setzt Fuß, Sandale oder Schuhwerk in die

Stadtplan Despionas

Laubengasse (7)

Die Hauptstraße Despionas läuft quer zu den acht Gildengassen, als da wären: Lagunenfischergasse, Eisengasse, Färbergasse, Meerfischergasse, Tavernengasse, Salzgasse, Brotgasse, Kramergasse.

Beiderseits des sonnenglühenden Pflasters locken schattige Arkaden und Gewölbe mit all den Läden und Tavernen, die eine Stadt braucht.

Wenn in der Stadt Markt gehalten wird, herrscht in der Laubengasse ein beängstigendes Gedränge und Geschiebe, eine summende Geräuschkulisse hunderter Gespräche, Schelte für ungezogene Gassenjungen, Lachen über einen Scherz, junge Burschen pfeifen nach Mädchen, Säuglinge weinen, spielende Kinder kreischen, Flüche zweier Fuhrleute, die einander nicht ausweichen wollen, im ersten Stock gehen Gespräche von Fenster zu Fenster oder Balkon.

Die Seitengassen sind weniger laut, weniger lebhaft, dort wohnen ärmere Despioner, streunen wilde Katzen und Hunde auf der Suche nach essbarem Abfall umher, allzu oft landet ja der Mist nicht in Rinnstein oder Kloake (an soetwas wie eine Kanalisation ist in Despiona natürlich nicht zu denken), sondern grad dort, wo ihn jemand ohne viel Aufhebens fallen lässt. Für Sammetschuhe sind die Gassen wahrlich nichts, auch unvorsichtiges Spazieren endet rasch in einem Schwall Spülwasser (oder anderen, viel schmutzigeren oder stinkenderen Dingen) aus dem ersten Stock. Darum verkehren die vornehmen paar Patrizier trotz geringer Distanzen nicht per pedes, sondern in Sänften, welche zwei oder vier Träger schleppen. Diese Mode haben sie jüngst vom Grafen von Thegûn abgeschaut.

Der Tempel (8)

Die dunkle Aura der Macht und Majestät, die dieses monumentale Bauwerk im Süden Despionas umgibt, ist schon zu spüren, wenn man seinen Fuß noch gar nicht in sein Inneres gesetzt hat. Steht man vor diesem eindrucksvollen Gebäude, beschleicht selbst den Frommen und Andächtigen unweigerlich ein Gefühl des Unbehagens.

Zwar wird ein jeder hier in Despiona dem Fremden bestätigen, dass dieses Haus dem Horas geweiht ist, dem glanzvollen Adler, dem unsterblichen Erben der Götter und Begründer des heiligen bosparanischen Reiches zur Ehre gereichend, doch die alten Mauern scheinen in dieser Hinsicht eine andere Sprache zu sprechen. Sie erzählen eine lange Geschichte, die nur die wenigsten verstehen.

Vor den Kapitellen der vier hohen Säulen aus dem Marmor der Eternen, welche die breite Treppe zum großen Tor hin flankieren, schauen gar schreckliche Daimonenfratzen herab, wahrhaftig, es mag der Eindruck entstehen, der Metz, welcher derartige Schrecknisse dort oben verewigen konnte, muss der heiligen Noiona verfallen gewesen sein. Das gewaltige Rundportal, aus schwarzem Holz gefertigt und mit kunstfertigen Schnitzereien verziert, gewährt dem Gläubigen und Ehrfürchtigen Einlass in das Gotteshaus. Zur Rechten und zur Linken des Tores halten stets zwei Jünglinge Wache, das Schwert fest umgürtet und um die Schultern den weißen Mantel des Ordens vom blutroten Stabe und Schwerte gelegt. Sie sind es, die Sorge tragen, dass kein Unwürdiger die Schwelle des Tempels überschreitet.

Sodann öffnen sich die riesenhaften Flügel des Portals und man blickt in das dämmrige Licht, welches das Mittelschiff erhellt. Schon hört man den monotonen Gesang der Priester und Novizen des Ordens, der noch in den verwirrenden Winkeln der zahlreichen Seitenschiffe und Kapellen nachhallt und so eine beeindruckende Akustik erzeugt. An den Wänden flackern unruhig einige Fackeln und tauchen die große Halle in unstetes Licht. Zu gering wäre die Sonneneinstrahlung, die durch die kleinen Fenster hoch oben in den Mauern auf den mosaikenen Boden fällt, um auch nur einen Bruchteil dieses Schiffes zu erleuchten. Rechts neben dem Eingang hängt gleich ein mannshoher Gong aus Messing, mit dem die Bewohner der Stadt zu den Gottesdiensten gerufen werden. Wird er mit dem schweren, lederumwickelten Eisenklöppel geschlagen, so ist der durchdringende, lang anhaltende Ton selbst noch im Getümmel des Hafens zu vernehmen. Wer weiß, zu welchen Anlässen dieses ehrfurchtgebietende Instrument schon alles geschlagen wurde?

An den Wänden und auch in der Halle selbst stehen immer einige Menschen aus Despiona, das Haupt ehrfüchtig gesenkt und zumeist in einer dezenten Unterhaltung begriffen, denn dieses Gebäude ist der geistige Mittelpunkt der Stadt. Ein Treffpunkt von Fremden und Stadtleuten, denn dies ist ein Ort des Friedens. Einige hölzerne Bänke bieten den müden Pilgern Gelegenheit zur andächtigen Muße während er den alten Chorälen und Gesängen der Geweihten lauscht.

Um den steinernen und rußgeschwärzten, klobigen Altar in der Mitte des Tempels im Kreis herum stehen dann die Priester des Ordens und ihre Novizen, unermüdlich in ihren Anrufungen des Horas, um Gnade für die Stadt und den Orden zu erflehen. Umgeht man den Altar leisen Schrittes, um die Priester in ihren Gebeten nicht zu unterbechen, erblickt man den bisher im Dämmerlicht kaum wahrgenommenen Thron. Zwölf Stufen führen zu dem marmornen Sitz hinauf, welcher zu beiden Seiten gesäumt wird von fein gearbeiteten güldenen Statuetten und steinernen Statuen, die Bilder und Vorstellungen aus einer anderen Welt und einer anderen Zeit zu vermitteln suchen. Vor Jahrtausenden mögen vielleicht die Despoten Despionas Platz auf diesem Thron genommen haben, wer weiß das schon? Heute wird der gewaltige Sitz nur noch von hohen Vertretern der horasischen Geistlichkeit in Anspruch genommen, wenn sie der Messe beiwohnen, so auch vom Meister des Glaubens, einem der drei Großmeister des Ordens, welcher die Schirmherrschaft über den Tempel übernommen hat.

Hinter diesem Kunstwerk ragt steil die Stirnwand der Halle auf. Von unbekannten Künstlern bemalt zeigt sie auf zwölf einzelnen Feldern die Kosmogonika, im Zentrum das Ringen von Los und Sumu. Welche Geschichte wollen uns die köstlichen Bodenmosaiken erzählen? Auch sie sind einzige Kunstwerke, zeigen sie doch in Tausend und Abertausenden von kleinen Steinchen, die sich zum Ganzen zusammenfügen, das Reich des Efferd. Schimmernde Wellen, in denen man noch das Rauschen des Meeres zu vernehmen glaubt, lebensnahe Darstellungen von Oktopoden, Riesenmuscheln, kleinen Krebsen und Schildkröten. Wovon mögen die bemalten Wände erzählen, die hier einen heldenhaften Kampf eines einzelnen gegen eine Heerschar finster dreinblickender Goblins, dort den legendären Geron den Einhändigen, das Schwert Siebenstreich zum Todesstoß gegen den Wyrm von Chababien erhoben, und an anderer Stelle wieder die grobe, fast verwischte Darstellung eines Stierkopfes zeigen?

Nur wenige mögen sich in der verworrenen Vergangenheit dieses Bauwerks zurechtfinden. Denn schon lange vor dem Fall der Hunderttürmigen wurden hier den Horaskaisern des Alten Reiches Gold, Weihrauch und andere wertvolle Dinge geopfert, die Stadtgöttin Despiona wurde mit Blumengewinden bedacht und auch die anderen Zwötf gerieten nicht in Vergessenheit. In den Dunklen Zeiten schließlich hielt finsterer Daimonen- und Götzenkult die Stadt in seinem furchtbaren Bann. Die Altäre des Tempels röteten sich vom Blute der dem Orkenstier Brazoragh dargebrachten Menschenopfer. Es begab sich zur Wende der Zeiten, dass Efferd zu Ehren die kunstfertigen Mosaike in den gestampften Lehmboden eingelegt wurden und seine Geweihten ihre Gottesdienste im Tempel vollzogen. Doch dann schwärzten Feuer und Rauch der unbarmherzigen Garether Barbaren die Wände des Tempels, brachten die jahrhundertealten Gewölbe des Mittelschiffes zum Einsturz und sämtliche Altäre wurden zerstört. Das Unkraut gedeihte allüberall und niemand legte Hand an, um die Zustände zu verbessern. Der Tempel glich einem einzigen Schutthaufen. Für Efferd bauten die Despioner eine Halle der heiligen Elida an anderer Stelle und erst als die Priesterkaiser die Macht an sich rissen, begann im Namen der Gemeinschaft des Lichtes der Wiederaufbau der alten Gemäuer. Viele Jahrzehnte zogen ins Land, bis das Werk vollendet ward. Und doch, als endlich der Tag der Weihe nahte, wurde die Herrschaft der Praioskirche niedergeworfen. Ordensritter der Rondra zogen ein, doch in der Zeit der Unabhängigkeitskämpfe zogen sie einen Bannfluch auf sich. Wiederum machte die Communio Luminis ihre Ansprüche auf den Tempel geltend und aufgrund des allgemeinen Friedens im Reich vermochte sie es, einen Tempel des Ucuri einzurichten.

Lange Zeit war das Amt des Rectors der Stadt mit dem des Hochgeweihten des Praios verbunden. Im Jahre 1011 schließlich wurde der Falke mit dem Adler vertauscht. Priester des Horas zogen ein und errichteten wieder einen Kult der Reichsgottes. Und im Gefolge des allerorten wieder auflebenden Horasglaubens machte schließlich im Jahre 1017 der Conte von Thegûn dem Orden des blutroten Stabes und Schwertes das Angebot, in Despiona sesshaft zu werden.

So kam es, dass der Tempel heute fest in der Hand des Ordens ist, der bestrebt ist, die Bürger Despionas zum wahren Glauben zurückzuführen. Denn Vinsalt ist weit und in Chababien geht man manches Mal eigene Wege ... Comtur Geron von Irendor führt inzwischen mit eiserner Hand das Regiment über die zahlreichen Priesterbrüder und Novizen in Despiona, so dass die Stadtleute zumindest den alten Hofgeweihten des Grafen wiedererkennen können und auf diese Weise leichter Vertrauen zum Orden zu fassen vermögen.

Ballistenturm (9)

Das Mengbillner Kriegsschiff muss erst gebaut werden, das dem konzentrierten Beschuss der Torsionsgeschütze dieses Turms standhielte. Falls nicht Verrat im Spiel ist oder die Wache in Borons Armen schlummert (ein schweres Verge-hen, das geradewegs vom Kleinen zum Großen Tod führt - die Behausung der Scharfrichterin ist gleich gegenüber), kann keine noch so unscheinbare Nussschale in der Laguneneinfahrt den Augen des Ballistenturms entgehen.

Denkmalsockel (10)

Hier stand einst das von Golodion ya Gallasini erschaffene, kunstvolle Standbild Conte Cedors. Thorwaler der dem Conte feindlichen Blutschwinger-Ottajasko hatten die Statue zerstört, um den Conte zu schmähen, seitdem ist der Sockel verwaist und wartet auf eine neues Standbild.

Cyclopentreppe (11)

Stufen von zyklopischen Maßen führen geradewegs in die blaugrauen Fluten des Meeres. Ob wirklich die Einäugigen diesen Zugang zur Stadt erbauten, oder ob Fischmenschen ihrem Herrn Efferd hier den Weg bereiteten, sollte er dereinst leibhaftig erscheinen, wer vermag es wirklich zu deuten. Das Tor ist jedenfalls Ausgangspunkt des Wunders Vom Beschreitbaren Wasser: Dabei wandert ein Efferdianischer Priester auf den Wellen durch die Lagune bis zu Halle der Heiligen Elida.

Wappen der Comari

Palazzo Comari (12)

Das Haus der Patrizierfamilie ya Comari ist über eine Brücke mit einem der typischen Familientürme verbunden. Sechs dieser Türme ragen in der Stadt in den Himmel, sie sind der Stolz ihrer Geschlechter. Es ist ungeschriebenes Gesetz, dass keine Familie es wagen darf, höher als der Oikaldikenturm des Despotenpalastes zu bauen, denn dies wäre eine Beleidigung für dieses alte Markgrafengeschlecht. Untereinander aber wetteifern die Familien sehr wohl darum, aufeinander herabschauen zu können, und es soll früher vorgekommen sein, dass in hastigem Wettstreit schlampig gebaute Türme plötzlich wieder zusammenfielen. Einen "gegnerischen" Turm zu unterminieren und zum Einsturz zu bringen, wäre eine tödliche Beleidigung, die blutige Fehde nach sich zöge. Tatsächlich dienen die Familientürme auch dazu, sich im Falle eventueller Kämpfe um die Macht in der Stadt zu verschanzen, aber da die Zeiten doch einigermaßen friedlich geworden sind, ist der Wert der Familientürme jetzt vornehmlich ein symbolischer.

Die Namen der sechs Patrizierhäuser Despionas sind: ya Comari, di Sensavio, ya Dascovia (lange Zeit Ucuri-Hochgeweihte des Tempels), ash Manek, ay Oikaldiki, von Gareth-Gurgelbach ("Kaiser"-Geschlecht der mittelreichischen Erbfolgekriege im Exil). Alle stehen sie im niedersten Adelsrang des Esquirio. Die ya Comari stellen nun derzeit mit Signor Orelano den Rector von Despiona; die Grundlage ihres Wohlstandes ist der Handel mit Purpur aus Cyclopea.

Wappen der Sensavio

Palazzo Sensavio (13)

Die schärfsten Konkurrenten und langjährige Feinde der ya Comari sind die Mitglieder des Hauses di Sensavio, ihre Geschäftsdomäne sind Salz und Taft, wobei das Gerücht geht, die Seide hierzu würde aus Mengbilla bezogen. Schon ist die Mehrheit des Rates den di Sensavio zugetan, nur der Respekt vor dem greisen Rector lässt die Räte zögern, die Herrschaft der ya Comari zu beenden.

Phrenya di Sensavio, die junge Hausherrin im Palazzo, soll die stete Erinnerung daran für unerträglich befunden haben und in ein Gemach mit Fenster auf den Innenhof umgezogen sein - die Häuser der Erzfeinde liegen ja genau gegenüber an der Laubengasse.

Avesturm (14)

Das noch junge Gotteshaus ist ein Spende des Conte von Thegûn höchstpersönlich. Wie ein Finger ragt der Turm ins Meer der Sieben Winde und deutet nach Westen, erinnert an des Contes glückliche Rückkehr von Güldenland. In seinem untersten Gelass befindet sich ein Avesschrein, um ihm und seinem Gott zu huldigen kommt der Graf manchmal hierher. Eine unverlöschliche Flamme brennt in seinem höchsten Gemach und weist Schiffen in mondloser Nacht den Weg.

Markt (15)

Einmal wöchentlich, am Markttag natürlich, bauen hier die Brezelbäcker, Kesselflicker, Zahnreißer, Melonenbauern et cetera ihre Tische und Sonnensegel auf und breiten ihre Waren aus, und das ist dann von früh bis spät ein munteres Gefeilsche, Geplaudere und Geschiebe, dass man glauben möchte, aus allen Ecken und Enden wäre ganz Chababien zusammengeströmt. Nur in der Mittagshitze erlahmt das Treiben, ein paar schattige Bäume und zwei Brunnen bringen dann Abkühlung für Unentwegte.

Pferdeschwemme und Basilica (16)

Chababien ist im Horasreich für seine feurigen Rösser berühmt, aber auch in Chababien ist diese marmorgefasste Pferdeschwemme einzigartig. Aus den Eingeweiden der Eternen wurden die weißen Stufen gebrochen, die den Reittieren der Cavallieri (ordinäres Volk nimmt eher mit Eseln vorlieb) als Zugang zum säubernden und erfrischenden Nass eröffnen, schwarz und weiß gebändert sind die Seitenwände des Beckens.

Die sogenannte Basilica dahinter erfüllt zweifachen Zweck: Das Erdgeschoss ist eine Markthalle, wo in kleinen Läden Ziegenkäse, Schafswolle, Sesamkringel, weiße Bohnen, Eselswurst und vieles mehr feilgeboten wird, das Obergeschoss aber ist ein einziger Saal (in Form eines Parallelogramms, wie ein zwergischer Mathematicus anmerken würde) mit an den Wänden rundumlaufender Sitzbank; er dient dem Rat der Stadt zu seinen Zusammenkünften. Bemerkenswert ist seine hölzerne Decke, die Aussehen und Konstruktion eines umgedrehten Schiffsrumpfes aufweist.

Stadtwappen Despionas

Rectorenpalast (17)

Im Arkadenhof des harmonisch proportionierten Palazzos ist an mehreren Stellen das Wappen der Stadt zu bewundern: Ein silbernes Segelschiffchen auf Purpur. Das Motiv weist auf Seehandel, die Farben auf die Handelsgüter Salz und Purpurfarbe hin.

Despiona ist exemt, reguliert seine Angelegenheiten also selbst. Zur unerbetenen Einmischung hat kein Adliger das Recht. Das Sagen hat vielmehr die Handvoll Patrizierfamilien, vornehmlich von ihnen wird in einem schwer durchschaubaren Modus der Rector von Despiona gewählt, der dann über Stadt und Land gebietet. Die Unabhängigkeit Despionas und ihr kleiner Herrschaftsbereich stammen noch aus Zeiten, als Eldoret zur Capitale der Domäne wurde - man wollte die erhitzten Gemüter der Despioner ruhig stellen. Der Rectorenpalast nun beinhaltet die Amtstuben des Rectors und der Stadtbüttel, die Schreiber und das Archiv, Stadtgefängnis und Getreidespeicher.

Zirkelhaus (18)

Dieses Haus wurde auf Veranlassung Donna Lutisanas dem Obersten Magister des Grangorer Zirkels der Grauen Magi geschenkt. Allerdings scheint das Gebäude immer noch leer zu stehen, niemand hat je jemanden ein- oder ausgehen sehen.

Viele Gerüchte gehen über das Gebäude um. "Es spukt dort herinnen", meinen inzwischen die einen, "In diesem Haus werden Schwarze Künste und geheimes Zauberwerk vollzogen", sagen die anderen. Von den Nachbarn wird das Bauwerk ebenfalls sehr misstrauisch beäugt, doch niemand mag die Weisheit der Gräfin, die diesem Kreis von Magiern ehrenhalber angehört, anzweifeln.

Forum (19)

Im Mittelpunkt des herrschaftlichen Platzes steht der Pranger, eine verwitterte Steinsäule mit eisernen Hand- und Fußfesseln und einem Halsring. Wer hier wegen Betrügereien, Unsittlichkeiten, Beleidigungen und dergleichen angekettet wird, darf sich an Spott und Beschimpfungen vornehmlich durch Gassenjungen und Müßiggänger erfreuen, auch am Bewurf mit allerlei fauligem Gemüse, in schwereren Fallen Peitschenhiebe kosten. Das Gefühl der Wehrlosigkeit, wenn lästige Fliegen sich auf die Striemen stürzen und man weder Arm noch Bein rühren kann, wenn Nachbarn einem ins Gesicht spucken und man denn verachtungsvollen Blicken der ganzen Stadt ausgesetzt ist, Hitze und Durst leidet, während sonst alles bei der mittäglichen Siesta ist, bleibt gewiss unvergesslich. Aber wer mit falschen Gewichten wägt oder der Frau des Nachbarn nachstellt, hat den Schandpfahl verdient.

Rahjahalle (20)

Der Tempel der Liebesgöttin wurde ganz im herkömmlichen Stil des Kultes erbaut, er ist außer dem von Bahin der einzige im Land Chababien. Oder besser, wie die hiesige Priesterin Aylanya ya Dascovia sagen würde: "Ganz Chababien ist ein einziger Tempel der Schönen Herrin!"

Schulhaus (21)

In diesem Gebäude geben gegen eine Spende von einigen Silberstücken in der Woche die Priesterbrüder des Ordens vom blutroten Stabe und Schwerte täglichen Unterricht im Lesen, Schreiben und Rechnen für die Sprösslinge der Betuchteren unter der Bevölkerung.

Inzwischen scheint es auch zum guten Ton in Despiona zu gehören, für einige zusätzliche Taler die eigenen Kinder bei den Ordensbrüdern auch noch im Bosparano und der aventurischen Geographie unterrichten zu lassen.

Die Erziehung, die die Horasgeweihten ihren Zöglingen hier im Schulhaus angedeihen lassen, ist von sehr strenger Natur. Anders jedoch als die Novizen des Ordens, die hier in Despiona in einem der Bruderschaft eignen Nebengebäude des Stadtempels entweder für ein Jahr in die Lehre des Horas unterwiesen werden, um dann ihre Ausbildung in der rondrianischen Kampfeskunst an anderem Orte anzutreten, oder gänzlich darauf vorbereitet werden, zu Ordenspriestern geweiht zu werden, lernen die Schüler hier hauptsächlich Dinge von eher geringem weltlichem oder geistlichem Belang und erhalten schwerpunktmäßig Kenntnisse von allgemeiner Bildung, was aber selbstverständlich nicht heißen soll, dass die Ordensbrüder die Lehre von ihrem Gott bei ihrem Unterricht vernachlässigen oder gar ganz außen vor lassen würden.

Die Schiefen Türme (22)

Allein eine Reise wert ist dieses Unikum: Der städtische Glockenturm einerseits und der Speicherturm andererseits sind allmählich im wenig tragfähigen Boden eingesunken, dabei einander sich zuneigend, was die Wirkung desto mehr verstärkte. Seit Jahren wird eifrig die Wette geschlossen, wann es mit dem Einsturz der Schiefen Türme soweit sei, aber ein Rechenexempel des gelehrten Golodion ya Gallasini hat angeblich ergeben, dass vorerst nur geringe Gefahr besteht. Derweil sind die Türme jedenfalls ein überaus seltsamer Anblick.

Despotenpalast (23)

Hier, in der Jahrhunderte überdauerten Residenz der Despoten von Despiona residiert seit dem Sturz des Phrenos das gefallene Geschlecht ay Oikaldiki, respektive ihr Oberhaupt Lutisana.

Ein einziges Tor eröffnet den Zugang zum mauerumgürteten Teil des Palastes, der Citadella genannt wird: Das kolossale Diplyon von Despiona, ein haushohes Doppeltor, das von den Flügeln eines bronzenen Drachen umrahmt wird. Man heißt es auch Yolumanisches Tor. Die Citadelle bietet einem Schwadron des IV. Kronregiments Königlich Chababischer Kavalliere unter dem Kommando Aldyrania ya Dascovias Quartier. Es heißt, der Rat hätte einen großen Einfluss auf die Soldaten, so dass sie schon einmal für eigene Zwecke missbraucht werden ...

Den Mittelpunkt der Citadella bildet die Halle der Kälaren, ein Langschiff im Spitzbogenstil der Rohalszeit. Farbenglühende Glasfenster lassen das Innere dieses Bankettsaales als Tsas regenbogiges Paradies erscheinen. Rahjawärts liegen ein Lustgarten und der Rosen- oder Klapperturm mit einer Semaphorstation, firunwärts ein Gemüsegarten und der Tharsonius-Turm, wo sich der graumagische Orden des Pentagramms von Vinsalt niedergelassen hat. Von hier schwärmen die Magistri des Ordens von Zeit zu Zeit aus, um das Land Chababien nach Menschen mit der Gabe zu durchforschen und diese an die nördlichen Akademien zu schicken.

Eine gedeckte Brücke führt von der Citadella in das dreistöckige Castello Oikaldiki mit seinem Oikaldikenturm, wo ein roter Pfau auf blauem Fahnentuch weht, seinem Arkadenhof, dem Brunnen, den Loggien und Balkonen, den Kapellen, dem Empfangs-Gemach, den Zimmerfluchten Lutisana ay Oikaldikis und Bardo von Gareth-Gurgelbachs, den Suiten der Gäste und den Kammern des Gesindes, mit all den unzähligen großen und kleinen Menschen und Dingen.

Doch für gemeine Despioner ist das allseits von Wasser umgebene Castello meist verschlossen. Im festen Griff des Meeres schließlich sind die Ruinen des alten Despotenpalastes, der antiken Gemäuer also, die wirklich und nicht bloß dem Namen nach einst den Despoten von Despiona zur Wohnung dienten, bevor das Wasser für immer stieg.

Ralûnkentor (24)

Der Turm mit seinen vier Giebeln bewacht den Weg Richtung Dorf und Lehen Ralûnk, daher der Name. Mit Reisigen wird ebenso verfahren wie am Hafentor.

Hela-Horas-Tempel (25)

Ehe die Herrschaft der Schönen Kaiserin endete, fanden die damals sehr horastreuen Despioner noch Zeit, der selbsternannten Herrin aller Götter und Menschen einen Tempel zu erbauen. Aber das Werk wurde nie vollendet, nicht einmal damals also deckten Dachziegel die verfallene Cell und die geborstenen Säulen. Heute weiß kaum noch jemand von der unheiligen Zwecksetzung des Tempelbaus, die Ruine ist einfach eines der vielen Relikte aus alten Tagen und dient oft als Treffpunkt für verschwiegene Stelldichein. Sie ist von einem Pinienhain umgeben.

Turnierplatz (26)

Wenn das Lanzenstechen der Cavallieri, ein Wettlaufen oder Bogenschießen oder gar ein Hunderennen angesagt sind, kehrt auf dem sandigen Platz Leben ein. Sonnensegel können gespannt und eine hölzerne Tribüne aufgebaut werden. Oftmals finden hier auch aufwendige Übungen der Chababischen Cavallerie statt. Ansonsten ist der Turnierplatz Ort für allerlei Raufhändel, der gemeint ist, wenn es drohend heißt: "Zur Firunsstund auf der Blutwiese!"

Alte Mauer (27)

Die Reste der alten Stadtmauer markieren die Ausdehnung des antiken Despiona, sogar die Silem-Horas-Straße nach Ralûnk, Chetoba und Methumis zwängt sich noch durch das bosparanische Stadttor. Der einzige bis dato intakte Turm ist am Praiosende am Despon der Flussturm. Heute bezeichnet die alte Mauer die Grenze zwischen der Stadt und dem ebenfalls vom Despionischen Rat regierten Umland.