Briefspiel:Retter des Amtes/III

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Sheniloneu3k klein.png Briefspiel in Shenilo Sheniloneu3k klein.png
Beteiligte (irdisch)
Familie Menaris klein.png Athanasius
Familie Cordur klein.png Cordur
Stadt Ramaud.png Gishtan re Kust
Familie di Asuriol.png Travin

außerdem mit Stimmabgabe

Haus Aurandis klein.png Randulfio
Familie Brahl klein.png Brahl
Haus Calven klein.png Calven
Haus Carson klein.png OrsinoCarson
Haus di Matienna klein.png Di matienna
Haus Gabellano klein.png Gabellano
Familie Tuachall klein.png Lagoil
Haus ya Papilio klein.png Sharane

Die Briefspielgeschichte Retter des Amtes? spannt sich um die Magistratswahlen in Shenilo im Praios 1034 BF. Nach der Wahl des dritten gewählten Gransignore von Shenilo, Leomar Gabellano, steht die Entscheidung über die Ämter des Ersten Rates, Iustitiars und des Secretarios an. Der während der Amtseinsetzung verkündeten Entscheidung des neuen Gransignore wurde ein überraschender Vorschlag vorangestellt.

Shenilo, Balkon des Magistratpalastes, 17. Praios 1034 BF

Schauplatz: Der Magistratspalast von Shenilo

Leomar Gabellano schritt an den Mitgliedern der Eteria vorbei, die in zwei Halbkreisen den Sitzungsaal des Magistratspalastes flankierten. An den Wänden hing der Doppeldrache Shenilos, Hauswappen waren – anders als in der Dorén-Halle – keine zu sehen. Mit einer letzten knappen Beugung des Oberkörpers, darauf bedacht keine der Amtsinsignen dabei verrutschen zu lassen, zollte er den firunwärts den Saal beschließenden Mitgliedern des Consilium Draconis seinen Respekt. Dann bahnte er sich seinen Weg durch beiseite tretende Männer und Frauen. Nun sah er auch die Gesichter der Kandidaten für die Magistratsämter. Er nickte dabei insbesondere den beiden Männern und der Frau, die für das Amt des Ersten Rates kandidierten. Zuvor waren die neun Männer und Frauen in einem Alkoven vor seinem Blick verborgen gewesen.
Das Gewicht der Amtskette des Gransignores drückte überraschend stark auf seinen Schultern. Seine – kurzen – Erfahrungen als Cancellario von Ruthor hatten ihn eigentlich auf die Ausübung eines Amtes mit brisantem Hintergrund vorbereitet, aber diesmal standen die Zeichen anders: Es galt nicht die eigene fragwürdige Reputation durch gerechte Amtsführung – so gerecht man im Adelskrieg eben agiere konnte – von weiterem Schaden zu bewahren. Nun galt es, ein Amt mit fragwürdiger Reputation durch solide – und wegweisende – Maßnahmen vor weiterer Beschädigung zu bewahren. Und dadurch mochte es gelingen, sich auch endlich selbst in den Augen Aller von den Taten des Thronfolgekrieges reinzuwaschen. Leomar lächelte schmal, als er auf den Balkon trat. Wenn er sich die Hände dreckig machen musste, um die Trümmer zusammenzukehren, die andere geschlagen hatten, damit endlich alle vergaßen, dass er sich selbst einst beschmutzt hatte, dann sollte es eben so sein.
Die Rufe und der Jubel, der Leomar entgegenschlug, waren verhalten. Kein Vergleich zu den Freudenrufen, den trunkenen Feiernden oder auch den wilden Disputationen bei der Amtseinführung Ludovigos von Calven und Endor Doréns. Leomar hatte seine Dukaten aber auch nicht für Agitatoren, Jubelaranier oder Unruhestifter verwendet, die Stadtkassen waren leer, die politische Lage prekär, die Stadt selbst lag in Teilen im Ruin. Es war nicht die Zeit um mit Opulenz über die vergangene – und noch immer drohende – Katastrophe zu überstrahlen. Und auf die Straßenkämpfe der letztjährigen Wahl legte er ohnehin keinen Wert. Viel zu unkontrollierbar, viel zu gefährlich – und viel zu roh. Er trat an das Geländer aus starkem Eichenholz und ließ seinen Blick über die Menge schweifen.

Der neue Gransignore - Leomar Gabellano

„Popolo unserer Civitas, Sheniler und Sheniloer, seid mir gegrüßt, an diesem Tage. Es ehrt mich, dass so viele von Euch gekommen sind, um diesem Augenblick beizuwohnen. Soeben wurde mir von den Consilieri des Consiliums die Amtsinsignien überreicht, von nun an bis zur nächsten Wahl im Praios des übernächsten Götterlaufes bin ich als Gransignore von und für Shenilo eingesetzt.“ Er legte eine Hand auf die Brüstung. „Ich trete kein leichtes Erbe an, wie ihr wisst. Die Geldkatzen der meisten, die ich heute sehe, sind eher mit Eisen, denn mit Silber gefüllt und selbst die Dukatentruhen des Patriziates zieren heuer nur die staubigen Abdrücke einstigen Vermögens. Unser Stolz ist geprüft, aber nicht gebrochen worden, dennoch mussten wir empfindliche Verkleinerungen unseres Contados in Kauf nehmen. Während südlich der Stadtmauer Vieles in Ruinen liegt wächst nur der Boronanger stetig und gemaht uns unserer Fehler und derer, die wir verloren haben.“
Er nahm das Drachenwappen seiner Amtskette in die Linke und hob es an, so dass es von unten zu sehen sein mochte. „Der Göttervater Praios, dem Unordnung ein Übel ist, wird uns jedoch die Kraft geben, das Zerstörte wieder aufzubauen: Sei es der Glaube aneinander oder die Bauten, deren Mauern verbrannten.“ Er zog die Klinge Benedicts aus dem Gehänge und hielt sie, Griff gen Himmel, vor sich. „Die Himmelsleuin hat bewiesen, dass sie sich nicht abgewandt hat, von der Grabesstätte ihres ersten und größten Recken. Bei der Fahnenschlacht standen wir einem überlegenen Feind gegenüber – und wir wichen nicht zurück. So werde auch ich nicht vor der vor mir stehenden Aufgabe weichen!“ Er ließ die Klinge wieder in die lederne Hülle gleiten und hob schließlich in der Rechten die Kristallkugel an, die einst Besitz der legendären Aurelia Dorén gewesen sein soll. „Die Allweise, die Herrin der Sechs Künste, sie wird unseren Händen und Herzen und unseren Köpfen die Kraft geben, mit Weisheit wiederzuerrichten, was tollkühner Wahn niedergerissen hat.“ Er ließ die Kugel wieder sinken und wandte sich noch einmal eindringlich an seine Zuhörer.
„Ich stelle mich ganz in den Dienst meiner Aufgabe. Und meine Aufgabe wird der Aufbau sein. Aber es gilt nicht nur das Vergangene neu zu errichten. Mit Hesindens Weisheit gilt es auch, einen Blick durch Fatas Augen zu wagen. Bevor ich Euch meine Entscheidung darüber mitteile, wer mir als Wahrer des Rechts, als Wahrer der Tradition und als Wahrer der Standesvertretung, als Iustitiar, als Secretario und als Erster Rat bei meiner Aufgabe helfen wird, bevor ich Euch sie mitteile, möchte ich einen Einblick in das geben, was ich zuletzt ansprach.“
Er wandte sich gen Südosten, wies mit der linken Hand über Stadtmauer und die Ruinen Porta Pertakias hinweg, wo er das Glitzern des Yaquirs erahnen konnte. „Die Pertakker sind nicht unsere Feinde, wie der Novadi oder der Almadaner! Sie sind keine Blutsfeinde. Sie sind Feinde der Ehre. Und sie sind Feinde des Wohlstandes. Feinde unserer Ehre und unseres Wohlstandes. Das dürfen wir nie vergessen. Unter meinen Vorgängern ist zu recht versucht worden, die Pertakker da anzugreifen, wo sie sich für unangreifbar halten: An ihrem Wohlstand. Doch weder die Zollnahme auf dem Yaquir, noch der Aufbau eines Hafens in Côntris haben die Zeichen der Zeit richtig gelesen. Die Zukunft des Yaquirs und damit die Zukunft des Landes an der Brücke, die ihn überspannt, liegt nicht in Pertakis oder Côntris sondern weiter im Westen, hinter den montaltinischen Wäldern.“ Er ließ seine Hand über den Horizont wandern und sah, wie Einige aus der Menge seiner Bewegung folgten.
„Wer, wie ich, den Verhandlungen des Kronkonventes lauscht, ahnt, dass was einst Therengar Firdayon vermochte auch den Namen unseres geliebten Khadan II. in die Landkarten einschreiben wird: Der Kaiserkanal wird gebaut werden. Ob mit den Mitteln von Adel und Popolo oder aus der Kasse der Firdayon, ob in einem Dutzend oder in fünf Dutzend Jahren. Aber er wird gebaut werden.“ Er beugte sich eindringlich auf dem Geländer nach vorne. „Und Shenilo muss Anteil an dieser Entwicklung haben. Bei Solstono arbeiten jene, die in den Landherrenhändeln gegeneinander stritten schon jetzt ihre Schuld ab, um die Trasse vorzubereiten. Aber nicht nur die Mitte des Kanals liegt im Sheniloer Bund, auch der Zufluss zu den Wassern des Yaquir: Balthar, jener Ort, der aus den Händen der Galahanisten gerissen wurde und nunmehr der Civitas Shenilo übertragen wurde, nur um uns dann von den einstigen Waffenknechten der Galahan, der Kusliker Seesöldner wieder entrissen zu werden. Doch das wird nicht so bleiben.“ Er richtete sich wieder auf und wies mit der Hand zurück in den Raum aus dem er gekommen war.

Nach dem Willen des Gransignore neuer Präfekt Balthars - Tolman Cordur

„Ich habe beschlossen, dass es einer ordnenden Hand bedarf, die Geschicke der Ponterra in Balthar zu packen und zu unseren Gunsten zu wenden. Während der Balia haben die Mütter und Väter der Stadt beschlossen, dass Präfekten der Stadt künftig nur noch aus den Reihen erfahrener Gransignori rekrutiert werden sollen.“ Er hielt drei Finger in die Höhe. „Drei Gransignori hat Shenilo gesehen, seit es die Unabhängigkeit erstritt. Zwei sind längst über das Nirgendmeer gegangen. Einer wahrt die Rechte Shenilos an der Grenze unseres Contado und hält ein wachsames Auge auf die Bestrebungen Pertakis’.“ Die Finger waren gesenkt worden. „Unser Anspruch auf Balthar ist nur das, ein Anspruch und nicht mehr. Noch nicht mehr. Was, sage ich, liegt da näher als einen mit dieser Aufgabe zu betrauen, den einige, nicht wenige, unter den Eteri für würdig erachtet hätten an meiner statt als Gransignore zu amtieren?“ Leomar Gabellano lächelte.
„Daher wird es meine erste Eingabe an die Signoria der Stadt, die Eteria sein, meinen ehrenwerten Konkurrenten, Tolman Cordur zum Präfekten für die Civitas Shenilo in Balthar zu ernennen. Zu diesem Zwecke erhebe ich ihn hiermit in den Stand eines Cavalliere. Möge er das Schwert gürten, den Harnisch polieren und die Lanze schärfen und für die Rechte unserer Stadt streiten. Und für ihre Zukunft.“

Erhebung in Abwesenheit

Am Tage der Amtseinführung Leomar Gabellanos sah man Tolman Cordur nicht im Magistratspalast sitzen. Er kam auch nicht überraschend herein spaziert, wie es Ludovigo von Calven-Imirandi bei der letzten Amtseinführung getan hatte. Nein, an diesem Tag sah man den Vetter von Dorio Cordur noch nicht einmal in Shenilo weilen. Er hatte seinem Vetter gebeten, dass er die jährliche Überprüfung der Herbergen der Familie und Freunden übernehmen dürfe, da dies in den letzten Jahren auf Grund der chaotischen Verhältnisse im Land und in der Stadt nur bruchstückhaft geschehen konnte. So ritt er mit einem Secretario der Familie die Herbergen ab.

Einige Tage später, Seneb-Horas-Straße, 20. Praios 1034 BF

In einer Herberge an der Straße nach Côntris, kam ein Beilunker Reiter und überreichte Tolman eine Depesche. "Werter Herr Cordur, ich überbringe euch eine Depesche von Gransignore Leomar Gabellano!" Er nahm den Brief entgegen und gab dem durstigen Boten ein Getränk seiner Wahl aus, da dieser ihm ebenfalls mitgeteilt hatte, dass der Absender eine schnelle Antwort erwartete. Eigentlich hatte er seine Aufgabe dafür nutzen wollen, der Politik Shenilos für einige Zeit zu entgehen und seinen Ärger über seine Nichtwahl verrauchen zu lassen. Doch sie holte ihn ein. Also öffnete er den Brief und diesem entnahm er das der neue Gransignor ihn zum Präfekten von Balthar erheben wollte. Was hatte der alte Galahanist und das Fähnchen im Wind jetzt wieder vor, ging ihm durch den Kopf. Wollte er ihn dorthin abschieben um einen Konkurrenten weniger zu haben oder war das Angebot wirklich ernst gemeint? Da es dem Gransignor aber scheinbar so wichtig war, ihm deshalb eigens einen Boten nachzuschicken, musste das Angebot ernst gemeint sein. Er ließ sich ein Blatt Briefpapier bringen und fing zu schreiben an.

Werter Gransignor,

es ist mir eine Ehre, der Stadt Shenilo als Präfekt von Balthar zu dienen. Meine Amtsgeschäfte werde ich aufnehmen sobald die diesjährigen Prüfungen der Gaststätten meiner Familie abgeschlossen sind.

Die Zwölfe mit Euch
gezeichnet Tolman Cordur am 21. Praios 1034 BF

Nachdem er den Brief mit dem Löschsand abgelöscht hatte und einkuvertiert hatte, übergab er es dem Reiter, der sich sogleich auf den Weg zurück nach Shenilo machte. Mit diesem Brief hatte er Zeit gewonnen sich auf sein neues Amt vorzubereiten, denn die Prüfungen hatten nie eine festgesetzten Zeitpunktn an denen sie fertig sein mussten, dazu waren einfach zu viele Unwägbarkeiten im Spiel und wenn diese nicht da waren so erfand man sie einfach. So konnte sich eine Prüfung von zwei Wochen bis zu zwei Monden hinziehen. Und Tolman Cordur hatte sich vorgenommen sich seine Präfektur vorher noch einmal anzusehen.

Da war doch noch was...? (Ernennung der Magistratsämter), drei Tage zuvor

Ein (neuer?) Erster Rat für Shenilo

Nachdem aus der Menge und aus dem Magistratspalast kein dankbarer oder verwunderter Tolman Cordur hervorgetreten war, um sich zu seiner Ernennung zum Präfekten zu äußern und auch kein Protest vernehmlich geworden war - Leomar vermutete, dass im Inneren des Gebäudes die Consilieri eifrig über die Rechtmäßigkeit seiner Tat diskutierten - fuhr der frisch gewählte Gransignore mit der üblichen Zeremonie fort.

Der neue alte Erste Rat auf einem neuen, jedoch älteren Bildnis

"Nun ist es an mir, die Magistratsämter des Ersten Rates, des Iustitiars und des Secretario zu mir zu rufen." Er hob eine Pergamentrolle von einem Kissen, die ihm ein Novize des Praios-Tempels anreichte, deren Wachssiegel er nach der Gürtung mit dem Schwert des Gransignores gebrochen hatte. "Würdige Namen hat das Consilium Draconis auf dieses Pergament geschrieben, Vertreter sheniler Geschlechter, die seit Jahrzehnten, ja Jahrhunderten Stadt und Ponterra durch ihr weises Handeln vorangebracht haben, aber auch Vertreter der Neubürger, der Sheniloer, die sich erst in den vergangenen Jahren zu uns kamen, durch ihre Treue im Krieg der Drachen und zuletzt in den Landherrenhändel gegen den pertakischen Gegner ihren Platz an der Seite der alten verdient haben. Würdig, in der Tat. Doch welch' Gransignore wäre ich, wenn ich jenen vergäße, der die Civitas Shenilo von Anfang an und auch in Zeiten der Krise, ja des Zerreissens fast aller Ordnung mit seiner Weisheit und seiner Standhaftigkeit gesichert hat. So möchte ich denn, dass auch in den kommenden Jahren Shenilos Stimme im Reich und die weisen Worte in meinem Ohr aus dem Munde des Freiherren von Ramaúd stammen sollen. Gishtan re Kust, ich berufe Euch zum Ersten Rat Shenilos und rufe Euch zu mir, auf dass ihr den Bürgern Shenilos begegnen möget."

Zur Verwunderung mancher Beobachter wirkte der alte und neue Rat von Leomars Worten überrascht. Konnte das sein? War er überzeugt gewesen, dass Travin oder Mazarina der Vorzug gegeben würde?
Ein wenig umständlich entzündete Gishtan re Kust eine frisch duftende Cigarille und brachte Phex so ein Rauchopfer, ehe er sich erhob und zuerst vor seinen Magistratskollegen, dann der lauschenden Menge und schließlich dem obersten Würdenträger Shenilos verbeugte: „Edelgeboren Leomar, Ihr seid bereits der fünfte in Shenilo beheimatete Gransignore, dessen Vertrauen ich genieße, dem ich raten und den ich vertreten werde, wann immer es erforderlich ist. Ich bin zuversichtlich, dass Ihr unsere schöne Stadt und ihre Einflusssphäre in ruhigem Fahrwasser steuern wollt, und sage Euch meine Unterstützung in diesem Ansinnen zu. Über das, was in den kommenden drei Götterläufen zu tun wäre, werdet Ihr mich gewisslich in Kürze unterrichten. Doch schon jetzt sage ich Euch vor diesen Versammelten zu: Als Erster Rat Shenilos in den Jahren 1034 bis 1037 nach Bosparans Fall will ich Euch in Eurer größten Aufgabe unterstützen, Sicherheit, Wohlstand und Zusammenhalt des Gemeinwesens zu vergrößern, auf dass kleinliches Geschacher Einzelner Shenilo nicht schade.“
Der Baron ya Ramaúd nickte wohlwollend den beiden anderen Kandidaten für das Amt sowie deren Unterstützern zu: „Gransignore Gabellano hat nicht gegen Euch entschieden, bin ich überzeugt, sondern für mich. Mazarina di Selshid, Travin di Asuriol, Ihr werdet nun nicht die Bürde des Amts auf Euren Schultern lasten haben, aber dennoch die Möglichkeit – und ich bin überzeugt: auch den Wunsch, denn diesen habt Ihr mit Eurer Kandidatur ausgedrückt – Shenilo und seinen Bürgern zu dienen. Der Reiz des Neuen mag so rasch schwinden wie die Bekanntheit eines ehedem erfolgreichen Immanspielers, nicht aber die Lettern, die Ihr mit durchdachten Handlungen ins steinerne Buch der Stadtgeschichte schlagen könnt. Es bedarf keines Ehrenamts, Gutes für Shenilo zu leisten.“

Zwei Frauen für den Magistrat

Ehemalige Schöffin - Neue Iustitiarin: Sharane ya Papilio

Leomar Gabellano nickte dem neuen und alten Ersten Rat Shenilos für seine Worte respektvoll zu und wandte sich wieder an den Popolo und die - deutlich geringere Zahl an Patriziern Shenilos, die er in der Menge und hinter sich wähnte.
"Um jenes Wohl, Hochgeboren Gishtan, des Gemeinwesens gegenüber den anderen Städten und Territorien des Horasreiches haben wir also den bestmöglichen Gesandten gefunden, doch gilt es auch die Ordnung im Inneren zu wahren und zu fördern." Seine Stimme verlor den schwachen feierlichen Klang, der sie zuvor gefärbt hatte, seine Miene verriet den Ernst seines Anliegens.
"Viel Unrecht ist im vergangenen Götterlaufe in Shenilo und der Ponterra geschehen, viel Leid haben Adel und Bürger, Kaufherren und Bauern erfahren, das noch nicht gesühnt ist. Manches Verbrechen harrt noch der Aufklärung, manche Strafe ist noch nicht ausgesprochen. Als obersten Richter unserer Civitas brauchen wir deshalb einen Menschen, der zwar intime Kenntnisse des Rechtswesens und auch unserer Stadt und des Bundes vereint, aber vor allem gleicher Integrität ist, wie es Baron Gishtan während der verganenen Monde war. Nicht die reuigen Anhänger des Despoten oder die in gerechtem Zorn gefangenen Verbündeten meines Amtsvorgängers Endor können einander gegenseitig richten. Es muss eine Person gefunden werden, deren Neutralität über alle Zweifel erhaben ist." Seine Miene hellte sich nun etwas auf.
"Es zeugt deshalb von der großen Weisheit des Drachenrates, des Consilium Draconis, mir eine Kandidatin vorgeschlagen zu haben, die all diese Bedürfnisse und Fertigkeiten auf sich vereint. Mit großer Dankbarkeit und Zuversicht, und mit dem Versprechen auf all mir zur Verfügung stehende Unterstützungsmöglichkeiten, berufe ich daher Sharane ya Papilio, ehemalige Schöffin des Ucuri-Hofes, zur Iustitiarin von Shenilo."
Leomar wandte sich ins Innere des Magistratspalastes um, wo die Kandidaten wartend gestanden hatten und gab der amtierenden Matriarchin des Hauses mit dem Schmetterlingswappen Gelegenheit, neben ihn auf den Balkon vor die Menge zu treten.

...

„Zur Secretaria darf ich, denn auch das letzte Magistratsamt das ich zu besetzen habe wird von einer Frau bekleidet werden, ein Mitglied eines der ältesten Häuser der Ponterra Ponterra bestellen." Leomar Gabellano bemühte sich erneut seinem Gesicht ein Lächeln zu verleihen. Seine ausladende und geschwungene Rede versetzte ihn selbst mit zunehmender Dauer in unangenehme Berührtheit und er war froh, dass er Leute um sich wusste, die ihm bei der Vorbereitung seiner Worte beiseite gestanden hatten. Es galt sich als Freund der Stadt und als Freund gelungener Worte zu inszenieren. Dass ihm eher danach war die nüchternen politischen - und in letzter Zeit im Fall Shenilos vor allem monetären - Notwendigkeiten in knapper Form darzulegen, tat dabei nichts zur Sache. Also lächelte er und fuhr fort.
"Denn wer, wenn nicht das Haus di Matienna hat sich als Wahrer der Tradition erwiesen und uns immer wieder an die Werte erinnert, die den Sheniloer Bund formten? Wer, wenn nicht ein Mitglied der Familie, die den Bund ins Leben rief, kann das Fundament unserer Civitas, den Sheniloer Frieden obwalten? Und wer, wenn nicht die Schwester des ersten Gransignore von Shenilo kann mit ihrem Siegel für die Echtheit der Dokumente des Magistrates bürgen? Zur Secretaria für die kommenden Jahre ernenne ich daher Guiliana di Matienna, Baronin von Arinken. Zuletzt hat sie sich im Kampf für die Unabhängigkeit des Bundes und der Stadt, die Gerons Gebeine bewahrt, eingesetzt. Möge sie auch ihre nächste Aufgabe so gut erfüllen, auch wenn sie das Schwert gegen die Feder eintauschen muss und Siegelwachs das einzige Rot sein wird, das zu vergießen ihre Pflicht sein wird.“ Er trat einen Schritt zurück und wartete ab.

Es dauerte eine Weile, bis Guiliana auf den Balkon trat. Nach der Überraschung - hatte sie doch ihre Stimme Tolman Cordur gegeben – kam ihr für einen Moment der Gedanke, die Ernennung in dieses zeitraubende und wenig einflussreiche Amt abzulehnen. Dennoch bedeutete dies, aus der Nähe die womöglich riskante Politik des neuen Gransignore verfolgen zu können. So schritt sie zur Brüstung und die Reaktion des Popolo bei ihren Anblick zu prüfen. Es blieb ruhig, man erwartete von ihr wohl eine Rede. Passend zu Leomars Rede fiel ihr ein Ausspruch ihres Vaters ein. Halb Leomar, halb der Menge zugewandt begann sie "Wir kämpfen mit den Waffen, die uns die Götter zur Hand gegeben haben. Wenn ihr mir Feder und Siegel gebt, so werde ich sie zum Wohle des Bundes einsetzen. Und ich nehme sie an in der Hoffnung, sie seien in den kommenden Jahren die einzigen Waffen, die wir alle in die Hand nehmen müssen." Nachdem sie sich erneut einen Überblick über die Menge verschafft hatte trat sie zurück zu den anderen.