Briefspiel:Malbeth und Delhena (19)

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Horasreich-klein.png Briefspiel Horasreich-klein.png
Datiert auf: Ende 1012 BF Schauplatz: vor allem Ankram und Onjaro Entstehungszeitraum: im letzten Jahrtausend
Protagonisten: siehe Übersichtsseite Autoren/Beteiligte: Christel Scheja, Markus Hattenkofer, Niels Gaul; bearbeitet von Michael Hasenöhrl und (fürs Wiki) Armin Bundt
Zyklus: Übersicht · Malbeths Aufbruch · Von Onjaro nach Ankram · Delhenas Warten · Weitere Gäste ... und ein Tanz · Malbeths Zweifel · Treffen in der Nacht · Die Einladung · Jaarns Antwort · Die Feier zu Ankram · Eine besondere Überraschung · Jaarns Ankunft · Weitere Gäste · Das Fest beginnt · Unterbrochene Zeremonie · Bankett, Tanz und allerlei Reden · Gespräche abseits der Feier · Ein wenig festliches Ende · Die Kreisweihe ... · ... und eine druidische Trauung · Die Geburt der Erben Ankrams und Onjaros

... und eine druidische Trauung

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albeth wandte sich zu ihr um. In seinen Augen war ein ehrfürchtiges, abgehobenes Leuchten, erst jetzt, als er sich zu ihr umdrehte, schien er wieder nach Dere zurückzukehren.
Delhena, meine Liebe, ich hoffe, es war dir nicht zu lang.“
Sie nahm seine Hände in die ihren und erwartete halb, wieder solch ein Kribbeln zu verspüren, wie sie es zuvor an dem Stein gefühlt hatte, doch es blieb aus, und das Kribbeln, das ihr den Nacken hinunterief, als er ihr in die Augen blickte, hatte nichts mit druidischen Kräften, sondern nur mit einer noch viel älteren, ganz natürlichen Macht zu tun.
„Ist hier unter den Anwesenden jemand, der nicht zur Bruderschaft des Druidenzirkels von Clameth und Onjaro gehört?“ rief plötzlich laut Coros, der in der Mitte des Kreises wieder begonnen hatte, in der Schale zu rühren. Delhena merkte nicht sofort, daß sich das auf sie bezog, bis Malbeth ihre Hände kurz, aufmunternd drückte.
„Ja, ich bin hier.“ ließ sie sich vernehmen.
„So tritt vor und nenne uns deinen Namen.“
„Ich bin Delhena Naila, Baronin von Ankram.“
„Ist es so, daß du dir einen der Bruderschaft zum Gatten erwählt hast?“
„So ist es.“
„Wen erbittest du dir?“
„Malbeth Glandore, den Baron von Onjaro.“
„Aus welchem Grund erbittest du ihn?“
Delhena war über diese Frage ein wenig überrascht.
„Ich liebe ihn.“ sagte sie schließlich schlicht, und das schien Meister Coros zu befriedigen.
„Ist der genannte Bruder unter uns, so trete er vor.“
„Hier bin ich, mein Meister.“
„Ist es auch dein Wille, diese Frau heimzuführen als die deine?“
„Ja, das ist er.“
„Aus welchem Grunde?“
„Ich liebe sie.“
„So sollt ihr nunmehr die Freude und den Trost erleben, in Sumu vereinigt zu werden. Malbeth, lege bitte deine Hand in diese Schale.“
Er hielt ihm die Schale hin, und Delhena konnte sehen, daß sie augenscheinlich mit Wasser angerührte Lehmerde enthielt. Malbeth steckte seine Hand in die Schüssel, und sie wurde von dem dunklen Brei umschlossen.
„Delhena, lege bitte auch deine Hand in diese Schale.“
Delhena tat, wie ihr geheißen, und spürte, wie der kühle Lehm um ihre Finger strömte. Sie fühlte Malbeths Hand, die die ihre sofort umschloß.
„Malbeth, du fühlst die Hand deiner Geliebten, auch wenn du sie nicht siehst?“
„Ja, ich fühle sie.“
„Delhena, fühlst auch du die Hand deines Geliebten, ohne sie zu sehen.?“
„Ja, das tue ich.“
„So wisset, dies ist nur ein Gleichnis. Denn niemals kann es einem Menschen gelingen, den anderen vollständig zu sehen. Ihr habt einander dennoch erkannt. Euer Leben lang sollt ihr danach trachten, das wahre Selbst eures Gatten zu erspüren. Im Schoß der Erde gibt es kein Sehen, und alles Sichtbare wird zunichte. Nur was ihr von eurem Partner erspürt, ist wahr und hat ewigen Bestand. Tretet nun vor, Brüder, und betrachtet diese Schale.“
Die Druiden der Bruderschaft kamen heran und betrachteten die schwärzliche Masse in der Schale.
„Bezeugt ihr mir, daß ihr keinen Unterschied erkennt zwischen den Händen dieser Liebenden?“
„Das bezeugen wir!“ riefen sie einstimmig.
„So sei fortan jede eurer Hände auch die Hand des Anderen. Was sie für euch tut und was sie für euch wählt, das tue sie auch, das wähle sie auch für den anderen. Bezeugt ihr mir, Brüder, daß ihr keinen Unterschied erkennt zwischen den Händen dieser beiden und dem lebendigen Leib der Mutter Sumu?“
„Das bezeugen wir.“
„So sei es all Euer Leben. Ruhet im beschirmenden Schoß der Mutter, erkennt ihre Kraft, ihre Beständigkeit, ihre Lebendigkeit und ihren festen Halt. Werdet eins mit ihr, und erlangt so ewigen Frieden. ‘Bredaar ruouen taleg Losmuen Muraar Sumuo, niner xe argusult lan malan Rhojemmor.’ Wer völlig ruhet in der Mutter Sumu, der wird seinen Tod nicht bemerken.“
Delhena spürte, wie eine unbeschreibliche Kraft durch ihre Hand in sie einfloß. Sie wußte nicht, wovon diese ausging, sie wußte aber, daß die Verbindung zwischen ihrer und Malbeths Hand der Schlüssel für die Kraft war, daß sie beide nun ein starkes Band verknüpfte, das niemals reißen konnte. Und noch etwas spürte sie. Ein ebensolches Band, das in ihr Inneres ging, in ihren Leib, zu dem Kind, das ungeboren unter ihrem Herzen ruhte, und sie spürte noch ein weiteres Band von solcher Art, das von dem Kind aus zu Malbeth reichte.
„Malbeth Glandore von Onjaro, Hüter des Zirkels der Wälder von Onjaro, Delhena Naila von Ankram, das Band, das euch nun zusammenhält, ist das der Liebe, und keine Macht könnte ein stärkeres knüpfen. Doch nicht nur eure Herzen, auch euer Geist und eure Seelen sind nun verbunden durch die Kräfte der lebendigen Mutter Sumu. Dieses Band wird euch helfen, Trennungen zu überwinden, Anfechtungen niederzuringen und Gefahren zu widerstehen. Ihr seid nun wahrlich und unverbrüchlich Mann und Frau, zusammengefügt wie zwei Klumpen Lehm, wo niemand die Trennlinie wird finden können. Nehmt eure Hände heraus, und seid nun lebendige Kinder der Mutter Sumu, lebt im Kreise der Menscheit, und zeigt ihnen Harmonie und Ehrfurcht vor den unermeßlichen Kräften, die die Erde in sich birgt.“
Malbeth hielt ihre Hand fest und hob sie langsam heraus und hoch über ihre Köpfe. Lauthals und durcheinander gratulierten nun die Brüder, Malbeth mußte heftiges Schulterklopfen über sich ergehen lassen, mit Delhena wurde etwas sanfter umgegangen. Jemand brachte irdene Schalen und einen Schlauch Weines, und man trank sich zu.

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chließlich bedeutete Coros den Versammelten, ihm zu folgen, hinaus aus dem Ring, dorthin, wo gen Osten die Hügel sich erhoben, über denen bereits eine leichte Ahnung vom Morgen stand. Dort an der grasbewachsenen Böschung standen oder lagen kleinere, unbehauene Megalithen ohne erkennbare Ordnung über den Hang verteilt, alle waren überwachsen und manche sichtbar zerborsten oder umgekippt. Zwei aber standen neu da. Coros blickte Malbeth an und deutete auf einen davon.
„Dein Eiann! Wir haben ihn vom Schrein in Clameth hierher gebracht, denn du bist nun Hüter dieses Zirkels, und hier sollte nun das Zentrum deiner Seele sein.“
Malbeth stand wortlos da, blickte sich unter den Brüdern um und schloß dann schweigend Coros in die Arme.
„Ich danke euch, Brüder. Ich weiß wohl, welche Arbeit ihr euch gemacht habt, aber ihr habt mich wahrlich glücklich gemacht.“
Delhena hörte, wie ein nahe stehender Druide einigen der Adepten ein wenig Erklärung zu dem seltsamen Geschehen gab. „Der Eiann ist der Stein der Weihe, der Ort der geistigen Geburt. Zu ihm ist es, zu dem der geweihte Dolch des Druiden stets zeigt, wenn ihm die Freiheit dazu gelassen. Der Ort des Eiann ist die seelische Heimat des Druiden, und je weiter und länger man von ihm entfernt ist, desto weniger kann man sich zuhause fühlen. Auf den Eiann eines Druiden wirken nur solche Kräfte, die geweiht sind. Das heißt, kein Ungeweihter kann ihn bewegen oder zerstören. Deshalb haben wir auch den Karren mit Malbeths Eiann zu Fuß hierher geschoben, und keiner von euch durfte uns helfen. Da wir hier unweit von Malbeths neuer Burg sind, kann er sich nun hier zuhause fühlen, und wer weiß, vielleicht werden auch einige von euch ihren Eiann einst hier stehen haben in diesem uralten Hain, denn Malbeth wird bald selbst Lehrarbeit aufnehmen und Druiden weihen - dazu diente ja das Ritual, das wir vorhin zelebriert haben.“
Zu dem zweiten Stein daneben führte Coros nun Delhena.
„Dieser Stein soll einmal der Weihestein für Euer Kind sein, wenn es sich zum Diener der Sumu entwickeln sollte. In jedem Fall aber wird es an dieser geweihten Stelle stets den Kräften der Erde nahe sein und Trost, Heilung und Kraft finden. Deshalb möchte ich dich bitten, den Stein berühren, denn über dich wird die seelische Brücke zu dem Kind hergestellt, und der Stein wird auf diese Leben geweiht.“
Delhena trat an den Stein, legte ihre Handflächen auf seine Oberfläche und trat näher an ihn heran, bis ihr Bauch Kontakt mit dem Fels hatzte.
Wieder begann eine Rezitation in der alten Sprache, wenngleich nur wenige Verse lang. Dann legte Coros Delhena die Hand auf die Schulter und dankte ihr. Sie trat zurück an Malbeths Seite, und obgleich er dieselbe Miene zur Schau trug, die vielen oft als unergründlich erschien, wußte sie inzwischen zu erkennen, wie glücklich und froh er war. Er legte seinen Arm um sie und drückte sie so fest an sich, wie er, in seienr zärtlichen Besorgtheit, glaubte, dies zu können.

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eister Coros aber rief noch einmal zu den umstehenden Druiden.
„Ihr habt gesehen, wie dieser Stein ein wahrer Eiann geworden ist für das Kind, das bald den Leib seiner Mutter verlassen wird, um auf dem Leib unser aller Mutter zu wandeln und die Welt durch seine Gegenwart reicher zu machen. Ich bitte nun um eure Gabe für den neuen Sproß der Erde.“
Einer der Druiden trat bedächtig vor. Er nahm den Zweig, den er bei sich hatte, lehnte ihn gegen den Stein und sagte dabei:
„Ich bringe den Eichenzweig - für Stärke und hohes Alter.“
„Ich bringe den Zweig der Haselnuß - für Zähigkeit und Ausdauer.“
„Ich bringe die Mistel - für Bewußtsein um die Kräfte der Erde.“
„Ich bringe den Farn - für Weisheit und Voraussicht.“
„Ich bringe die weiße Distel - für Mut und Unverzagtheit.“
Und so ging es fort, einer nach dem anderen traten die geweihten Druiden vor und brachten eine Gabe mit ihren Segenswünschen, das Zwölfblatt für göttlichen Beistand, den Efeu für Geschicklichkeit und Gewandtheit, die Seerose für Ausstrahlung und Anmut und immer so fort. Malbeth trat als letzter hinzu.
„Ich bringe die Lilie - für einen wachen Sinn für die Schönheit und die Freude am Leben.“
Der Morgen graute bereits, die Vögel sangen, und die Morgenkühle und die Feuchtigkeit machten Delhena leicht frösteln, da trat als letzter Meister Coros heran, pflückte sacht ein Kleeblatt, auf dem ein silbriger Tautropfen glitzerte.
„Und ich bringe dies - für ein reines, gütiges und strahlendes Herz.“