Briefspiel:Kinder der Nacht (1)

Aus Liebliches-Feld.net
Zur Navigation springenZur Suche springen

Auge-grau.png

Stadt Urbasi klein.png Briefspiel in Urbasi Stadt Urbasi klein.png
Datiert auf: in einer Nacht zwischen 17.-20. Travia 1038 BF Schauplatz: Gasthaus Firdayoner und die Katakomben Urbasis Entstehungszeitraum: ab August 2014
Protagonisten: siehe Übersichtsseite Autoren/Beteiligte: Familie ya Malachis.png Cassian, Familie Flaviora.png Flaviora, Haus Urbet-Marvinko.png Gonfaloniere, Familie di Bassalo.png Klimpermädchen,
Familie di Bassalo.png Neli, Haus di Salsavur.png Rondrastein, Familie Dalidion.png Storai, Familie Zorgazo.png Toshy
Zyklus: Übersicht · Finnian & Sanjana · Shafiro & Ivica · Cavalliera Yandriga · Das Vorhaben mit den Tunneln · Der Zusammenstoß vor der Tür · Ein Lachanfall · Blanker Stahl · Katakom... · Aufbruch · Beim Bestiarium · Unter der Erde · In die Tiefe · Verfolgung I · Verfolgung II · Angriff · Flucht · Verhör · Tumult · Rettende Begegnung

Finnian & Sanjana

Autor: Toshy

Es war dunkel geworden in Urbasi, und so bemerkte der Krämer die Gestalt nicht, die an einer Hausecke seinen Weg kreuzte. Der mit Töpferware beladene Karren, der sich mühsam hangabwärts schaukelte, begann zu kippen. Mit einem entsetzten Schrei auf seinen Lippen versuchte der Krämer den Karren zu halten.
Vergeblich!
Einer der Tonkrüge rollte an den Rand des hölzernen Karrens und stürzte den Pflastersteinen entgegen. Aus dem Augenwinkel nahm der Krämer den Schatten war, der elfengleich zum Sprung ansetzte und den Tonkrug nur einen Fingerbreit vor den Steinen vor dem Zerschellen rettete.
"Ihr müsst vorsichtiger sein, mein Freund", sprach die Gestalt, in einen dunkelgrünen Kapuzenmantel gehüllt, mit freundlicher, sanfter Stimme.
"In dieser Nacht sind allerlei Schelme unterwegs." Er zwinkerte dem Krämer breit grinsend zu. Dieser erkannte ein rahjagefälliges Äußeres unter der Kapuze, hatte den Mann aber vorher noch nie gesehen, dessen war er sich sicher.
Finnian Zorgazo stellte den Tonkrug vorsichtig zurück auf den Karren, tippte sich mit seinen Fingern an die Kapuze, als hätte er einen Hut auf, und setzte seinen Weg unbeirrt fort.
Nichts konnte in dieser Nacht seine Laune trüben, war er doch mit einem der liebreizendsten Geschöpfe verabredet, das diese Stadt zu bieten hatte. Viviona della Turani, die er vor wenigen Tagen kenngelernt hatte, als er nach Urbasi kam, dessen war er sich sicher, musste die schönste Blume dieser Stadt sein.

Nur noch wenige Schritte, dann hatte er sein Ziel erreicht. Lärm drang aus dem Gasthaus Firdayoner an sein Ohr und hob seine eh schon vergnügliche Stimmung.
Zwei Gestalten öffneten die Tür, torkelten singend und sich in den Armen liegend aus dem Gasthaus, und Finnian schlüpfte hinein in die Welt aus rauchgeschwängerter Luft und den Gerüchen ungewaschener Bürger vermischt mit gebratenem Fleisch. Er blickte sich um, doch konnten seine Augen die Gesuchte nirgends erspähen.
Dann blieben seine berüchtigten blaugrünen Augen an weiblichen Rundungen hängen, die einsam in einer wenig beleuchteten Ecke auf einer der Holzbänke verweilten. Er näherte sich neugierig wie ein Fuchs einer Henne und blieb dann schelmisch lächelnd neben ihr stehen und blickte auf sie hinab. Eine weitere Tochter einer der heimischen Patrizierfamilien, dachte sich Finnian beim Betrachten ihrer Kleider und räusperte sich, um auf sich aufmerksam zu machen. Die junge Adlige hockte unbeirrt an ihrem Platz und krickelte mit einem Kohlestift in einem Notizbuch herum und nahm von Finnian scheinbar keine Notiz.
Er räusperte sich erneut. Als sie sich wieder nicht rührte, stelle er sich dreist hinter sie und senkte vertraut seinen Kopf, bis sein Kinn fast ihre Schultern berührte. Er blickte auf die Zeichnung, die die junge Dame anfertigte, von dem Wirt, der hinter dem Tresen stand und unablässig seinerseits die Leute beobachtete. Dann flüsterte er ihr ins Ohr:
"Ein wahres Kunstwerk, schöne Frau."


Autor: Cassian

Als Sanjana bei Sonnenuntergang den Firdayoner erreichte, war noch keiner ihrer Freunde da. Was sie mit einem schnellen Blick durch die Gaststube zu ihrem Bedauern feststellte.
Gut, sie war heute auch wirklich zeitig dran. Dies war dem glücklichen Umstand geschuldet, dass morgen Praiostag war und ihr Vater sich in einer Besprechung mit Duridanya Zorgazo befand. Irgendetwas die Signoria und den Zustand von irgendwelchen Straßen betreffend. Carolan hatte seine Tochter zwar darüber informiert, warum das gemeinsame Abendmahl heute ausfiel, aber für Sanjana war der Grund weniger interessant als die Tatsache an sich, dass der Abend ganz und gar ihr gehörte.
Nun, ihre Freunde und Bekannten würden schon noch auftauchen. Der Firdayoner war mittlerweile so etwas wie der allabendliche Sammelplatz der jungen Nachtschwärmer geworden. Hier traf man sich zunächst auf den ein oder anderen Schoppen, zog dann gemeinschaftlich weiter oder blieb hier hängen, je nach Lust und Laune.
Sanjana steuerte den langen Tisch an der rückwärtigen Wand an und ließ sich auf der Eckbank nieder. Von hier konnte man den Gastraum gut überblicken, ohne selbst sofort gesehen zu werden, außerdem war es nicht weit bis zu der Türe in den Hinterhof, eigentlich dafür gedacht das stille Örtchen erreichen zu können, aber das ein oder andere Mal hatte sich diese Pforte auch schon als sinnvoller Notausgang erwiesen, wenn zügiges Verschwinden angezeigt schien.
Die junge Malachis ließ sich Wein, Wasser und eine heiße Firdayoner bringen, jene Wurst für die das Gasthaus in der ganzen Stadt bekannt war. Während sie die Hausspezialität mit einer scharfen, roten Soße verspeiste, ließ sie den Blick schweifen, und es dauerte nicht lange, bis ihr erstaunliche Ähnlichkeiten zwischen der Wurst und ihrem Erfinder ins Auge sprangen. Fast prustete sie einen Schluck Wein über den Tisch, als sich ihr ein Bild aufdrängte und Sanjana aß eilig zu Ende, um sich dann über ihr Notizbüchlein zu beugen. Kaum hatte Sanjana ihren Kohlestift in der Hand, versank die Welt um sie herum. Sie konzentrierte sich völlig darauf, dem wohlbeleibten Wirt die Form seiner Wurst zu verleihen und sie auch in seine Gesichtszüge einzuarbeiten. Sie war gerade dabei seine wulstigen Lippen wurstförmig zu runden, als ihr eine sonore Stimme „Ein wahres Kunstwerk, schöne Frau“ ins Ohr flüsterte und Sanjana zu Tode erschrak.
Scharf sog sie die Luft ein und verzog den Stift, was zu einem hässlichen Strich quer über das Kinn des Wirts führte. Dann fuhr sie mit katzenhafter Geschwindigkeit herum und blitzte den Schelm mit funkelnden Augen an: „Signor Unverschämt, was fällt dir ein! Sich so anzuschleichen und mich dermaßen zu erschrecken! Dafür verlange ich Satisfaktion!“
Erst danach musterte Sanjana den Mann genauer und stellte fest, dass es mitnichten ihr Vetter soundsovielten Grades Shafiro war, den sie erwartet hatte, sondern ein zwar ebenfalls sehr gutausehender, aber ihr eben völlig fremder Herr. „Oh“, setzte sie daher leicht verlegen nach, „um Vergebung, das waren jetzt reichlich harte Worte.“


Autor: Toshy

Finnian begann herzhaft zu lachen. So sehr, das sich an den Nachbartischen einige Gäste kurz interessiert umdrehten.
"Nein, bitte, ihr müsst mir verzeihen, meine Schöne. Ihr wart so in Gedanken versunken, dass ich mir einen Scherz erlaubte", sprach er mit vergnügtem Lächeln und setzte sich ungefragt ihr gegenüber und musterte sie. Zu seinem Bedauern war ihr betörender Duft nach wenigen Atemzügen aus seiner Nase verschwunden.
"Ihr seid mir eben aufgefallen, als ich mich nach meiner Verabredung umgeschaut habe." Er zwinkerte ihr zu.
"Ich bin öfters hier im Firdayoner, aber euch hab ich hier noch nie gesehen. Und doch meinte ich euch zu kennen. Bis eben wußte ich noch nicht woher, doch eure Marotte mit dem Zeichnen in eurem Notizbuch hat mir eine Erleuchtung beschert." Finnian deutete mit seinen Armen gestikulierend nach oben, als wolle er allen Zwölfen für ihre Erleuchtung danken. Dann blickte er zurück in Sanjanas verständnisloses Gesicht.

"Ihr habt auch von mir schon so eine Zeichnung angefertigt", sagte er grinsend, und ließ seine Worte einen Moment unkommentiert im Raum stehen.
"Auf der Hochzeit meines Bruders Amando Zorgazo mit Amandris ya Malachis. Ihr seid verwandt, wenn ich mich nicht täusche? Nun ihr wart damals ein recht unausstehliches junges Ding, dass dauernd mit mir tanzen wollte und als ich eurem Wunsch nicht nachkam, habt ihr von mir diese verunstaltete Zeichnung angefertigt."
Wieder begann Finnian herzhaft zu lachen und ließ seine verschämt dreinblickende Tischnachbarin dabei keinen Wimpernschlag aus den Augen.
"Ihr habt euch gemacht wie ich sehe. Vielleicht ist es daher Zeit für einen Neuanfang? Ich bin Finnian, Finnian Zorgazo." Er reichte verschmitzt grinsend seine Hand über den Tisch. "Und euer Name, Signora?"


Autor: Cassian

„Sanjana, und ja, ich bin eine ya Malachis, und Amandris ist meine Base“, erklärte die junge Frau etwas ausschweifend; dabei klappte sie ihr Notizbüchlein zu und reichte ihrem neuen, alten Bekannten ihre Hand über den Tisch. Als er sie allerdings nicht schüttelte, sondern galant einen Handkuss andeutete, begann auch Sanjana wieder zu lächeln.
„Mir scheint, ich habe mich in den sieben Jahren seit damals tatsächlich verändert, und ich hätte mittlerweile bessere Chancen auf einen Tanz. Aber ich fürchte, das ist alles rein äußerlich“, fügte sie mit einem bedauernden Kopfschütteln und einem kindlichen Augenaufschlag hinzu. Und dann wurde ihr Lächeln ebenfalls verschmitzt.
„Aber ihr habt euch erstaunlich gut gehalten. Keine grauen Haare, kein Schmerbäuchlein, und höchstens Lachfältchen, die euch ganz ausgezeichnet stehen. Meinen Respekt Signor Finnian, an euch sind Satinavs Hörner wohl vorbeigeschrammt.“