Briefspiel:Kadron und Djamilla (4)

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Horasreich-klein.png Briefspiel Horasreich-klein.png
Datiert auf: 1014 BF Schauplatz: vor allem Marudret und Clameth Entstehungszeitraum: im letzten Jahrtausend
Protagonisten: siehe Übersichtsseite Autoren/Beteiligte: Stefan Deutsch, Marcus-René Duensing, Christel Scheja, dazu Clemens Bock, Eckart Hopp, Martin Lorber, Lars-Torben Oltrogge, Steffen Popp, Dennis Schmidt, Karl-Heinz Witzko; bearbeitet von Michael Hasenöhrl und (fürs Wiki) Armin Bundt
Zyklus: Übersicht · Die Kunstfestspiele zu Marudret · Abendliches Begrüßungsbankett · Feierliche Eröffnung · Erster Tag: Bücher und Gedichte · Zweiter Tag · Dritter Tag: Bildhauer · Vierter Tag · ...

Erster Tag: Bücher und Gedichte

F

ür das gemeine Volk hatte man eigens kleine Stände in den Straßen aufgebaut, an denen man allerlei Köstlichkeiten für wenig Geld kaufen konnte, die Ehrengäste aber eilten ins Marudreter Schloß, um dort zu speisen.
In dieser Mittagspause hatten die Gäste auch die einmalige Möglichkeit, Austellungen im Marudreter Schloß, in der Akademie und im Marudreter Stadthaus zu besichtigen. Dazu stand jeder Festtag unter einem anderen Motto. An diesem ersten Tag galt "Bücher und Gedichte", das hieß, daß an diesem Tage in allen drei Gebäuden eine Bücher- und Gedichteausstellung zu besichtigen war. Für jeden war etwas dabei, unter anderem:

– Extasa IV Tabus, Triebe, Techniken, Tramatik von Ursus Flabius Saxif dem Bezwinger
– Der Hofknicks in Vollendung von Walter vom Fließ
– Furagieren - strategische Notwendigkeit oder politischer Selbstmord von Kadron Ilmar von Carson
– Heeresstrukturen und Taktiken vor Bosparans Fall von Kadron Ilmar von Carson
– Rhetorik und ihre politische Resonanz von Ritter Labo vom Schlag
– Staatsformen oder das Leben und Wirken der Bienen von Wolzo Wabe
– Sommersonnenblumen. Clamether Heimatroman von Sieglind Sommer-Echenbach
– Die Giflinsaga, circa zweitausend Jahre altes Heldenepos
– Seefahrt ist Not. Eindringliche Erzählung über das harte Leben der Efferdbrüder. Der Autor Gorchus Kinau wurde vor einem Jahr bei Sturm durch einen Fockmast erschlagen.
– Die Nandusbuche. Roman zur Erbauung und Erziehung junger Damen von Anea von Hulzheim
– Der Shadifreiter. Reiseerzählung aus der Khom von Teodins Sturmvogel
– Neue Heldenepen. Eine Liedersammlung des bedeutensten efferdanischen Barden Odn Buchenhügel
– Die Dämonenschlacht - Dichtung und Wahrheit. Eine geschichtliche Abhandlung von Baronin Elanors Bruder Ebius
– Über die Bienenzucht vom Vetter des Grafen von Belhanka Phalaxan von Toricum
– Was Niobara verschwieg zum Thema Astrologie & Astralenergie von Gan Daryth, Magister der Magiekunde
– Sturmbringer. Abhandlungen & Anektoten zu den Themen Schamanismus und Wettermagie von Blasius van Wynth
– Traumgesänge. Balladen wie "Falkin und der Rabe", Gedichte und Graphiken
– Traumspiegel. Von Meereswesen, Rittern und Drachen
– Das Altimountische Reich. Ein Geschichtsbuch von Zorro al Sithi über ein längst vergangenes Reich
– Das eherne Schwert. Ein Roman von Halman Gerling
– Legenden und Weisheiten. Eine Sammlung von Ardan von Freising
– Mein Kampf gegen das Böse. Ein Reisebericht über das Abenteuererleben von Gisbris dem Ungenannten
– Der kranke Mann in Gareth. Von manchen als das beste Buch des Jahrzents bezeichnet. Es stammt aus der Feder von Karl Kinatus und berichtet über das Haus Gareth, vornehmlich über Kaiser Hal I.
– Die Kultur - Bindeglied aller Völker von Macrin vom Rauhen Berg
– Codex Kulturica. Eine Enzyklopedia über die Kultur in Aventurien von Macrin vom Rauhen Berg. Bisher sind drei Bände erschienen, aber weitere werden folgen. Diese drei Bücher werden hier zum ersten Mal ausgestellt.

U

m die zweite Efferdstunde betrat Macrin wieder die Bühne. "Liebe Kunstfreunde! Ich habe jetzt das große Vergnügen, euch ein Theaterstück besonderer Art anzusagen. Doch alles weitere wird der Intendant des Arivorer Theaterbundes Jobar von Perdanwall selbst sagen."
Der Intendant erklomm die Bühne. "Werte Gäste! Wir alle habe uns heute hier versammelt, um der ersten Kunstfestspiele der Akademien der Künste Aventuriens beizuwohnen - die ein neues Bollwerk gegen Aberglauben und zur Wahrung der Zivilisation ist, im Begriff, einen gewichtigen Platz in der Historie einzunehmen: unmittelbar nachdem die Schwarze Flut die nördlichen Grenzen der zivilisierten Welt überrannte und unübersehbare Schäden anrichtete, entstand hier, unter der Ägide Ihrer Kaiserlichen Majestät Amene-Horas, durch ihren treuen Diener Macrin vom Rauhen Berg (Nicken in die entsprechende Richtung), ein Werk, das beweist, daß der Elan und der Wissensdurst der Menschheit ungebrochen ist! Wahrlich Großes wurde hier für das Alte Reich - und damit für die gesamte Zivilisation - geleistet. Doch müssen wir nicht nur dem Baron von Marudret danken - auch jenen muß unser Dank gelten, die durch ihre Taten in der Vergangenheit gewährleisteten, daß die Zivilisation jemals diesen ihren Stand erreichen konnte!
Ob es nun die Kämpfer wider die Schwarzpelze oder die Veteranen der Schlacht von Olbris seien - all denen müssen wir danken, die sich Gefahren entgegenstellen. Auch wenn sie schlußendlich unterlegen sein mögen, ein Platz in Rondras Hallen und in unserem Herzen ist ihnen gewiß.
So auch Lutisana von Kullbach, die Gründerin des Heiligen Ordens der Rondra vom Theater in Arivor, die zum Schwert griff und einen aussichtslosen Kampf gegen eine gigantische Übermacht focht, um das Alte Reich, das nunmehr zu neuem Glanze erstanden ist, doch damals dem Untergang nahe war, zu erretten. Ihr soll unser Stück gewidmet sein, das die letzten Tage dieser tapferen Frau schildert."
Jobar drehte sich zur Bühne um, der Vorhang öffnete sich.
Auf dem Boden kniete, in zerrissene Kleider gehüllt, den Blick gen Alveran erhoben, eine junge Frau - Lutisana von Kullbach. Inbrünstig betete sie zu ihrer Göttin, woraus der Zuschauer erfuhr, wie die bemitleidenswerte Frau in diese Situation gekommen war. Nachdem sie sich zur Gouverneurin von Phecadien ernannt hatte, um "das waidwunde Land" zu retten, hatte sie nach hastigem Rückzug von der Stadt Sewamund auch ihre Bastion Grangor an das vorrückende Heer der Garether verloren und erwartete nun das Urteil des Herrn von Rommilys. Verzweifelt befragte sie ihre Göttin, womit sie, die Ihr doch stets so getreu gedient habe, dies verdient hätte. Doch vorerst verblieb sie ohne Antwort.
Kaum senkte sie ihren Blick, als Protektor Gorben von Rommilys, im Gefolge zwei weitere Richter, darunter Voltan von Burgstätten, die Zelle betrat. Mit harten Worten verkündete man, daß sie wegen "Hämmerns an den Grundfesten von Reich, Dere und Alveran, wegen dem Verrat am Kaiserreich" zum Tode verurteilt sei. Nachdem dies verkündet war und Lutisana das Urteil sichtlich verzweifelt vernommen hatte, verließen Gorben und sein Kumpan Lutisana, nur Voltan blieb zurück.
Dieser entpuppte sich im folgenden als Jugendfreund Lutisanas, der sie inbrünstig liebte. Er appellierte an sie, "an unsere Jugend, an unsere Liebe" zu denken, er wolle sie aus den Händen der Mittelreicher "erretten". Lutisana, die eine neue Hoffnung sah, gestand ihm "meine unverbrüchliche Liebe". Dann verließ auch Voltan sie, der nun seinerseits begann, Getreue zu sammeln.
Hernach sprach Lutisana mit einem alten Geweihten, wobei sie schließlich zu dem Schluß kam, daß Rondra sie nicht für "feigen, hinterhältigen Verrat", sondern für ihre "gar der Rondra ungefällige Flucht von Sewamund" strafe. So im Glauben gefestigt kehrte sie in ihre Zelle zurück, fest davon überzeugt, ihre gerechte Strafe zu erhalten.
„Stunden“ später sah man, wie Voltan in ihre Zelle eintrat, draußen hörte man Schwertgeklirr. Als Voltan nun seine Angebetete befreien wollte, verweigerte sie sich ihm, sie habe sich mit ihrem Tod abgefunden, erleide ihn gerecht. Er aber solle sich nach Süden wenden und den Kampf weiterführen. Verzweifelt versuchte Voltan nun, sie von ihrem "Wahnsinn" abzubringen, doch Lutisana war fest in ihrer Überzeugung. So blieb ihm nichts anderes übrig, als sie ihrem Schicksal zu überlassen.
Schon am nächsten Tag ward die Ritterin zum Richtblock geführt. Als man sie fragte, ob sie noch einen "göttergefälligen" Wunsch vorzubringen habe, nannte sie nochmals die Besatzer "Zerstörer, die ihre Bösartigkeit durch die Vernichtung einer einzigartigen Kultur und Welt, ihre Gottlosigkeit durch Schändung und Zerstörung zahlreicher heiligen Häuser und Städte bewiesen hätten, Grausame ...", doch schließlich fiel ihr Kopf.
Voltan, der dies aus sicherer Entfernung mitansah, trauerte um Lutisana, der Überzeugung gewahr geworden, daß er sie niemals für sich hätte gewinnen können: "Immer wäre ich an zweiter Stelle gewesen, sie diente ihrer Göttin".
Damit fiel der Vorhang und das Publikum dankte es ihnen mit tobenden Applaus. Immer wieder öffnete sich der Vorhang und die Darsteller verneigten sich. Als der Applaus schließlich endete, betrat wieder Macrin die Bühne und verkündete eine kleine Pause, bevor es in einer halben Stunde weitergehen werde.

G

egen die zweite Boronstunde kam ein Mann namens Odn Buchenhügel auf die Bühne und verneigte sich elegant. Alle lauschten bedächtig seiner Harfe und seinen Worten. Bis er dann nach dem fünften Lied die Ballade "Hinterm Horizont" ankündigte. Wieder klaschten und riefen die Zuschauer vor Begeisterung ihm zu, und als er sein Lied, das ihn so bekannt gemacht hatte, sang, setzten auch die Zuhörer ein und sangen mit ihm. Am Ende seiner Darbietung, das war gegen die zweite Firunstunde, übersähten ihn die Besucher mit Blumen. Odn war so gerührt, daß man auch eine kleine Träne erkennen konnte. Immer wieder mußte er sich verbeugen, bis schließlich der Applaus nachließ und Odn langsam von der Bühne, übersäht mit Blumen, schritt.
Alle erwarteten jetzt Macrin, doch plötzlich rannte der Baron von Heidenbach, Danow von Notmark, auf die Bühne. "Liebe Freunde. Ich komme, wie die meisten wohl wissen, aus dem fernen Bornland. Und als Dank für die Einladung habe ich ein Lied aus meiner Heimat mitgebracht." Das Publikum klatschte vor Begeisterung, und als der Applaus nachließ, zupfte Danow an seiner Laute und umrahmte so seinen Gesang.

Abends treten Elche aus den Dünen
ziehen von der Palve an den Strand
wenn die Nacht wie eine gute Mutter
leise deckt ihr Tuch auf Haff und Land.

Ruhig trinken sie vom großen Wasser
darin Sterne wie am Himmel steh'n
und sie heben ihre starken Köpfe
lautlos in des Sommerwindes Weh'n.

Langsam schreiten wieder sie von dannen
Tiere einer längst vergang'nen Zeit
und sie schwinden in der Ferne Nebel
wie im hohen Tor der Ewigkeit.

Als Danow geendet hatte, tobte das Publikum, und Blumen flogen als Dank auf die Bühne, doch nach einigen Minuten stand schon ein anderer auf der Bühne. Es war Gisbris von Schwarzbuckel.
"Verehrte Damen und Herren. Auch ich möchte euch ein Lied aus Schwarzbuckel auf meiner Harfe vortragen."
Auch Gisbris erntete großen Applaus und Blumen aus dem Publikum. Doch schon wieder stand ein anderer auf der Bühne. Ein großer langhaariger, blonder Mann, der ziemlich verwahrlost aussah mit seinen ungepflegten Haaren und Bart. Es schien ein Abenteurer zu sein, doch schnell klärte er selber den Irrtum auf.
"Liebe Freunde. Auch ich komme aus dem Neuen Reich, genauer gesagt aus Jannendoch, denn ich bin der Baron Kjaskar Knallfaust. Da ich zum Volke der Thorwaler gehöre, möchte ich mich in die Reihe derer einreihen und euch einiges Musikalisches aus meiner Heimat bieten."
Auch ihn begleiteten die Zuschauer mit Applaus. Mit seiner rauhen Stimme wurden die Seemannslieder noch betonter. Am Ende schäumte die Stimmung schon fast über, als plötzlich Adaon von Veliris auf der Bühne stand und zu reden anfing: "Liebe Freunde! Wenngleich ich in den letzten Monaten mich sehr selten in der Öffentlichkeit habe sehen lassen, möchte ich diese Kunstfestspiele nun zum Anlaß nehmen, um euch einmal zu zeigen, was ich in meiner Zurückgezogenheit erlernte."
Und ehe sich’s die Zuschauer versahen, zog eine Karawane über die Bühne, dazu erzählte Adaon Geschichten im tulamidischem Stil. Immer wieder tauchten Bilder aus der Khom auf und die Zuschauer fühlten sich, als ob sie wirklich in der Wüste seien. Am Ende tobten die Zuschauer, und als erneut wieder ein Adliger, diesmal war es Myros von Metenar, auf der Bühne stand, konnten sie sich kaum noch halten.
"Liebe Freunde! Um das heutige Programm an diesem ersten Festspieltag zu beenden, möchte auch ich euch noch mit meiner Violine erfreuen. Dazu singe ich einige Lieder aus Uhdenberg, wo ich meine Kindheit verbrachte, Donnerbach, aus den Elfenwäldern und Weiden." Myros konnte kaum seine Rede beenden, da brachen die Besucher schon in Jubel aus, wann hatte man so etwas schon erlebt? Soviele Herrschaften auf der Bühne? Das gab's wohl nur einmal, und zwar hier in Marudret bei den ersten Kunstfestspielen, wo schon dieser erste Festspieltag ein Ereignis war, das in die Geschichte eingehen würde.
Doch jetzt folgten die melancholischen Lieder von Myros, und beim letzten kamen auch Adaon von Veliris, Danow von Notmark, Gisbris, Kjaskar, Troyan, Danilo von Crés, Kadron und der Gastgeber Macrin auf die Bühne, hakten sich ein und sangen "So ein Tag, so wunderschön wie heute", begleitet vom tobenden Publikum, und auch die restlichen Ehrengäste waren aufgestanden und klatschten im Rhythmus der Musik. Ja, es war schon ein prächtiger Tag gewesen, und jetzt das Finale, man hätte meinen können, daß es schon vorbei wäre, doch glücklicherweise war dies erst der erste Tag, und alle waren gespannt, was noch in den nächsten Tagen kommen würde. Denn dieser erste Tag würde wohl kaum zu überbieten sein, oder doch?