Briefspiel:Königsturnier/Knappentage

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Horasturnier.png Geschichten am Rande des Königsturniers Horasturnier.png
Datiert auf: 20. Rahja 1038 BF Schauplatz: Schwerterfeld zu Arivor Entstehungszeitraum: April 2015
Protagonisten: Calvert und Fulvian ya Malachis, Alexandrian della Turani, Lorian und Timor di Salsavûr sowie weitere Autoren/Beteiligte: Haus di Salsavur.png Rondrastein, Familie ya Malachis.pngCassian


Die folgenden Begebenheiten ereignen sich am Rande des Königsturniers im Rahja 1038 BF.

Prolog in Marudret einige Wochen vor dem Turnier

Neulich im Palazzo Malachis

Ein resolutes Klopfen an seiner Tür verriet Calvert, das nun das mütterliche Donnerwetter auf welches er schon seit einiger Zeit wartete über ihn hereinbrechen würde. Trotzig hob er das Kinn und versetzte der Übungspuppe einen letzten heftigen Schlag mit dem Holzschwert, bevor er sich der Tür zuwandte in der sich mittlerweile seine für gewöhnlich sanfte Mutter aufgebaut hatte und tatsächlich momentan eher an eine Alveraniare der Rondra erinnerte, als an eine Muse der Künste.

„Calvert, was ist nur in dich gefahren?“ stieg sie auch direkt ins Thema ein. „Es heißt zwar die Laute schlagen, aber damit ist NICHT gemeint, dass du das arme Instrument über den Kopf eines deiner Mitschüler ziehst. Weder der Laute noch Gerlands Kopf ist das gut bekommen. Ich erwarte eine Erklärung!“ „Gerland hat das schon lange verdient. Er macht sich ständig über mich lustig und behauptet meine Musik klänge wie das Heulen eines Hundes, nun, ich habe ihm gezeigt wer hier heult.“ Calvert blickt seine Mutter finster an und wo er schon mal dabei ist macht er seinem Herzen gleich richtig Luft: „Ich spiele nicht gut, das ist wohl wahr, aber er muss es mir nicht wieder und wieder unter die Nase reiben. Mutter, ich will ein Ritter werden. Ich will Heldentaten begehen und nicht darüber singen. Hier“ -Calverts Hand mit der Übungswaffe schnellt vor- „damit in der Hand fühle ich mich wohl, das ist mein Instrument.“ Adastria blickt ihren Erstgeborenen düster an. Langsam verrauschte ihr Zorn und machte Resignation Platz. Er hatte ja Recht. Seine Begabung für die schönen Künste war mäßig und im merkantilen Sektor war er mehr als lausig. Aber das Kriegshandwerk? Warum ausgerechnet musste er eine Vorliebe für so etwas Gefährliches haben? Minutenlang sahen sich Mutter und Sohn in die Augen schließlich seufzte Adastria und senkte den Blick. „Also gut Calvert, wir werden nach einer Möglichkeit suchen dir die Knappschaft zu ermöglichen oder dich auf eine Kriegerschule schicken, aber für den Augenblick gehst du zu deinem Mitschüler und entschuldigst dich für die Beule.“

Einige Wochen später konnte Calvert sein Glück kaum fassen, er saß mit seinem Onkel Fulvian ya Malachis in einer Kutsche gen Arivor. Er würde das Königsturnier besuchen und all die großen und berühmten Streiter des Reiches tjosten sehen. Allein bei dieser Aussicht kribbelte sein Magen vor Aufregung. Das größte und bedeutendste Turnier seit Jahren und er würde dabei sein!

Am Ersten Turniertag, dem 20. Rahja auf dem Schwertfeld

Auf der Tribüne der Turnierbahn Lutisana

„Onkel, Onkel! Das hättest du sehen müssen! Ich war gerade bei dem aufregendsten Kampf dabei, den es je gegeben hat!“ Mit vor jugendlicher Begeisterung blitzenden Augen drängte Calvert ya Malachis durch die Sitzreihen der Tribüne, um seinen Onkel, den Sänger Fulvian, zu erreichen, der gerade einige Damen mit der romantischen Ode „Das Spitzentüchlein“ unterhielt. Lächelnd sah dieser seinem Neffen entgegen. Als ihn seine Schwester gebeten hatte den Jungen mit nach Arivor zu nehmen, war Fulvian zunächst nicht begeistert gewesen. Diese Tage auf dem Königsturnier waren die ersten, die er mehr oder weniger ungestört in Gesellschaft seines Liebsten verbringen konnte. In Urbasi zwangen sie die starren Ansichten von Alexandrians Familie zu äußerster Diskretion und außerdem war die Stadt einfach zu klein, um sich öffentlich zu zeigen. Außerdem würden es für eine geraume Zeit auch ihre letzten gemeinsamen Tage sein, denn er musste seinen Pflichten als Vertreter Marudrets im Cronconvent wieder nachkommen. Aber Calvert hatte sich als sehr selbstständig und daher unkompliziert herausgestellt. Der Junge stromerte über den Turnierplatz, tauchte nur ab und an, wie jetzt, wieder auf und war abends von den Anstrengungen des Tages rechtschaffen müde.

Ungeduldig trat Calvert von einem Fuß auf den anderen und wartete bis sein Onkel das schnulzige Stück beendet hatte, aber kaum, das der letzte Akkord verklungen war, legte er los: „Zwei Giganten, diese Ritter aus Sewamund und Ruthor. Dreimal sind sie gegeneinander geritten und die Lanzen sind nicht nur einmal gesplittert. Aber keiner konnte den anderen aus dem Sattel stoßen. Ich schwöre dir, das Bersten der Lanzen klang wie Donner! Und dann haben sie gefochten, vor und zurück, Hieb auf Hieb, Ausfall, Finte, Gegenhalten.“ Der Junge begleitete seine enthusiastische Erzählung mit anschaulichen Gesten. Seine Augen und Wangen glühten vor Begeisterung. „Und dann stürmte der Amarinto auf seinen Gegner zu und hieb mit seinem Schwert so kräftig zu, dass die Klinge zerbrochen ist. Das endlich hat den Herrn d´Imirandi ins Wanken gebracht und als er in die Knie ging hielt ihm der Sewamunder die zerbrochene Klinge an den Hals. Was für ein Kampf! Das hättest du sehen sollen!“ Endlich holte Calvert Luft und Fulvian kam zu Wort: „Klingt nach einem großartigen Duell.“ „Oh ja! Darüber solltest du mal ein Lied machen, das wäre mal was!“ „Nun, vielleicht tue ich das sogar.“ Fulvian schmunzelte über die Begeisterung seines Neffen. In diesem Moment wurde seine Aufmerksamkeit allerdings von den beiden Kontrahenten, die auf der Bahn einritten abgelenkt.

Alexandrian della Turani und Rondrajane von Veliris grüßten zur Tribüne herüber, bevor sie ihre Positionen an der Bande einnahmen. „Oh, da ist ja Alexandrian.“ Kommentierte Calvert „hoffentlich ergeht es ihm nicht wie Yandriga von Urbet, die ist schwer gestürzt vorhin und musste vom Feld getragen werden. Oder dem Zorgazo, der wäre fast gestorben. Es läuft heute nicht so gut für uns Urbasier. Die junge di Bassalo hat auch noch keinen Lanzengang gewonnen. Habe ich gehört. Naja immerhin geht es ihr gut.“ Fulvian hörte seinem Neffen nur noch mit halbem Ohr zu. Gebannt verfolgte er wie Alexandrian sein nervös tänzelndes Pferd zur Ruhe brachte und die beiden dann wie von einem Katapult geschleudert nach vorne schossen, der Gegnerin entgegen, die in ähnlicher halsbrecherischer Geschwindigkeit heranraste. Allerdings konnte selbst der im Kampf unerfahrene Fulvian sehen, dass die Ritterin aus Veliris ihre Lanze wesentlich ruhiger zu halten vermochte als Alexandrian. Der junge Urbasier verfehlte, während die Lanze seiner Gegnerin ihn knapp unter dem Schild vorbei am Torso traf und ihn in hohem Bogen aus dem Sattel schleuderte. Erschrocken stöhnte der Sänger, während Calvert seufzte: „Oh, nein, autsch, das hat weh getan. Ich sag doch, heute läuft es nicht gut für die Goldfelser. Ach du je… Alexandrian steht ja gar nicht auf…. Ob er sich auch verletzt hat? Onkel, was ist denn los? Du bist ja weiß wie ein Laken!“ Auf der Turnierbahn war mittlerweile ein Bursche herbeigeeilt und hatte Alexandrian den Helm abgenommen und dem Turani beim Aufsetzen geholfen. Der Urbasier hielt sich die Seite, aber mit Hilfe des Burschen kam er auf die Füße und das Publikum klatschte ihm zu. Gestützt, aber winkend verließ er die Wallstatt.

„Ich muss zu ihm.“ War alles was Fulvian über die Lippen brachte, bevor auch er eilig die Tribüne verließ. Calvert war immerhin noch so geistesgegenwärtig die Laute seines Onkels zu schnappen, bevor er hinterherlief.

Fulvian betrat das rot-gelb gestreifte Zelt Alexandrians als diesem soeben aus seiner Unterkleidung geholfen wurde. Der Turani stöhnte leise durch zusammengebissene Zähne. Auf seiner linken Flanke, da wo sich der Rippenbogen wölbte prangte ein schwarz-roter Bluterguss, der sich an den Rändern bereits in den Schattierungen Blau und Grün zu verfärben begann. „Oh Götter! Das sieht böse aus!“ Fulvian musste sichtlich an sich halten beim Anblick seines Geliebten. „Ach das sieht schlimmer aus als es ist. Die Rippen sind geprellt, selbst Schuld. Ich habe den Schild zu hoch gehalten.“ Wiegelte Alexandrian ab. „Geprellt? Oder Gebrochen! Das muss sich ein Medicus ansehen.“ Fulvian war nicht bereit die Verletzung so leicht zu nehmen wie der junge Cavaliere. „Calvert, lauf los und such den Feldscher, er wird hier gebraucht.“ „Fulvian, du übertreibst. Für diese Bagatelle brauche ich keinen Arzt. Ein wenig kühles Wasser drauf und das wird wieder. Felio, geh los und besorge mir eiskaltes Wasser.“ Antwortete Alexandrian. Kaum war der Bursche gegangen eilte Fulvian an die Seite seines Geliebten und kniete bei diesem nieder. „Alexandrian, sei doch nicht so unvorsichtig! Mir wäre fast das Herz stehengeblieben als ich dich stürzen sah. Ich dachte die Lanze hätte dich durchbohrt und die Seite sieht übel aus. Du solltest nicht noch einmal reiten.“ „Machst du Witze? Wegen dieser Schramme? Ich bin auf dem größten Turnier seit Jahren, jede Familie die etwas auf sich hält nimmt hier teil. Ich kann mich mit den größten Streitern unserer Zeit messen und da soll ich wegen eines Kratzers hinschmeißen? Nein Fulvian kommt gar nicht in Frage. Wenn es dich beruhigt, soll der Medicus draufschauen, von mir aus auch einen Verband anlegen, aber ich werde wieder antreten. Gebrochene Rippe oder nicht.“ Fest sahen sich die beiden Männer in die Augen, maßen sich mit Blicken, schließlich war es Fulvian der den Kontakt abbrach und seufzte: „Du bist draufgängerisch und unvernünftig wie immer.“ Alexandrian grinste und sagte: „Deshalb liebst du mich doch Goldkehlchen. Hör auf zu schimpfen und küss mich lieber.“ Ohne viel Federlesen zog er Fulvian zu sich heran und die beiden Männer versanken in einem innigen Kuss. „Also gut.“ erwiderte der Sänger, als sich ihre Lippen trennten, „dann reite, aber ich wüsste etwas weit Besseres, was du mit deiner Lanze anfangen könntest.“ Laut lachte Alexandrian auf, was ihm prompt einen stechenden Schmerz in der lädierten Seite einbrachte. „Aaah… bring mich nicht zum Lachen.“ Stöhnte er. „Ich glaube eine feste Bandage ist gar keine schlechte Idee.“

Einen Medicus zu finden

Währenddessen eilte Calvert wieselflink zwischen den bunten Zelten hindurch und suchte nach einem Medicus. Letztendlich wurde er zum rot- weißen Zelt des di Salsavûr geschickt. Interessanterweise stand auf dem Schildständer vor diesem ein bunt bemalter Rundschild der nordischen Barbaren, was Calvert kurz inne halten ließ, bevor er das Zelt betrat. Neben dem Rundschild waren vor dem Zelt noch weitere Wappenschilde befestigt, die Calvert aber nicht besonders auffielen. Dort war ein Wappen mit dem weiße Wolfskopf auf roten Grund, mit zwei Äxten und einer Eichel sowie mit Streitflegel, Streitkolben und Backwerk zu sehen. Auch war das Zelt deutlich größer als ein gewöhnliches Turnierzelt, was darauf schließen ließ, dass mehrere Streiter das Zelt ihre Turnierunterkunft nannten. „Auf die Idee mit einem Kettenhemd bei einem Turnier anzutreten, kann nur jemand kommen, der zulange im Norden war.“ Stellte eine männliche Stimme amüsiert fest, woraufhin mehrere Personen auflachten und eine vor sich hin grummelte. „Halt bloß die Klappe, Lorian.“ „Du warst schon auf der Akademie kein guter Lanzenreiter und daran hat sich nichts geändert“, mischte sich eine Frauenstimme ein, woraufhin wieder mehrere Lacher folgten, ebenso wie ein dumpfer Schlag, so als ob etwas die Zeltwand getroffen hatte. „Jetzt halt verdammt nochmal still, Timor! Sonst reißt mir wieder der Faden! Und wirf verdammt nochmal nicht mit meiner Ausrüstung!“ Arono Andolinis Gesicht hatte sich gerötet, als er den Salsavûr, dessen Schulter er gerade nähte, zurechtwies. „Lorian und Lovisa, ihr seid gefälligst ruhig, während wir hier unsere Arbeit machen. Sonst lernt ihr mich gleich mal kennen!“ Der Satz Aronos wurde von den beiden und Timor mit einem Lachen quittiert, woraufhin letzterer wieder einen missmutigen Blick des Medicus' auf sich zog. Auf einem anderen Feldbett saß Lovisa di Tolfiano, die gerade von Carisia Brigonetti begutachtet wurde. Um ein kurzes Nicken von dieser zu bekommen, dass ihre Verletzung nur ein Kratzer war, der am besten von selbst heilte. Ein großgewachsener Mann, der noch seinen Wappenrock mit dem Wolfskopf trug, stand mit verschränkten Armen daneben und amüsierte sich über Timor. In diesem Moment platzte der junge Malachis in das Zelt und wurde fast sofort von zahlreichen Augenpaaren fixiert. Der stehende Kämpfer, um nichts anderes konnte es sich handeln, zog eine Augenbraue nach oben, als er den Jungen sah. „Bursche, hat er sich im Zelt geirrt?“ Einen Moment lang blickte Calvert verdutzt in die Runde. Was für eine Ansammlung von Rittern und Kämpfern. Fast war er ein wenig eingeschüchtert. Aber als er angesprochen wurde besann er sich auf seine Pflicht und machte eine knappe, aber zackige Verbeugung. „Nein, Herr Ritter, habe ich nicht. Mein Onkel hat mich ausgeschickt einen Medicus zu finden. Sein Freund wurde beim Lanzengang verletzt, wobei es nicht so übel ausschaut wie das.“ Fasziniert nahm Calvert zur Kenntnis, dass hier gerade eine ziemlich lange Wunde genäht wurde während der Verletzte scheinbar seelenruhig dasaß und einen kräftigen Zug aus einem silbernen Pokal nahm.

Der Mann, der gerade genäht wurde, lachte los, als er die Anrede für seinen entfernten Verwandten hörte, ebenso fielen Lovisa und Carisia in das Lachen ein. „Herr Ritter, der ist gut!“ Timor schien die Verletzung nicht zu stören, so amüsierte er sich. „Verdammter Hühnerdreck, du einfältiger Sohn deines Hauses, kannst du nicht mal zwei Minuten ruhig sitzen bleiben!“ Aronos Gesicht war feuerrot und der sonst ruhige Medicus schien kurz davor zu platzen. „Jetzt ist mir schon wieder der Faden gerissen!“ Die Schimpftirade des Arztes ließ Timor sofort verstummen, auch wenn er sich jetzt sowohl über die Anrede als auch das Geschimpfe amüsierte. Derweil kramte Arono einen weiteren Faden hervor, zog den alten aus der Wunde und begann seine Arbeit an Timors Oberkörper, der fast vollständig mit Hautbildern übersät war und zahlreiche davon durch Narben nicht mehr die ursprüngliche Form hatten, von vorne. „Herr Ritter ist falsch! Die Anrede für einen Ritter lautet 'Euer Wohlgeboren' oder 'Signore'“, Der Mann mit dem Wolfskopf auf der Brust hatte sich vollends umgedreht und vor Calvert aufgebaut. „Du hör auf zu lachen und lass dich lieber nicht von einer Lanze treffen“, wandte er sich kurz an Timor, bevor er weiter, in einem gelehrigen Tonfall, mit dem jungen Malachis sprach. „Abgesehen davon ist alles drei bei mir nicht richtig.“ Hatte dieser Jungspund denn keinerlei Erziehung genossen oder kam er schlicht und einfach aus einer ganz anderen Ecke des Horasreichs? Dass es sich um ein Mitglied einer höhergestellten Familie handelte, war alleine schon an seiner Gewandung zu erkennen. Auf alle Fälle brauchte er dringend Nachhilfe in Heraldik, gerade in dem Alter. „Bei dem da“, er deutete auf den Mann, mit der Wunde und danach auf die Dame, die etwas entfernt auf einem Feldbett saß, „oder bei ihr wäre die Anrede richtig. Bei mir heißt es 'Euer Hochgeboren', 'Baron', ohne Herr, oder ebenfalls 'Signor', falls man den Stand seines Gegenübers nicht kennt oder auf die Schnelle herausfinden kann. Des Weiteren...“ Weiter kam er nicht, da er unterbrochen wurde. „Also Lorian, sonst hältst du auch keine Vorträge, also musst du auch jetzt nicht damit anfangen, wo der Junge auf der Suche nach einem Arzt ist.“ Der Mann mit den Hautbildern hatte den Baron von Montarena mit einem Grinsen unterbrochen, was dieser mit einem bösen Blick quittierte. „Aber meinen gebe ich nicht her, sonst nörgelt er nur wieder herum, dass er mit meiner Naht nochmal anfangen muss. Aua.“ Arono hatte Timor einen Schlag auf die Rückseite der verletzten Schulter gegeben und danach extra mit der Nadel neben die Wunde gestochen. „Pass bloß auf, was du sagst, noch habe ich die Nadel in der Hand!“ „Ich schau mir das mal an, Lovisa hat bis auf ein paar blaue Flecken und Kratzer sowieso nichts.“ Mit diesen Worten erhob sich Carisa, schnappte sich ihre Tasche und ging in Richtung Calverts. „Geh vor Junge, aber hör auf zu rennen, dass bringt nur Unruhe ins Lager.“ Während sie sprach, packte sie noch Lorians Arm und zog ihn mit sich. „Und du Primus kommst ebenfalls mit, sonst muss Arono nochmal von vorne anfangen.“ Als Bestätigung schnaubte der Doktor nur ohne sie weiter zu beachten. „Die Reaktion lasse ich mir nicht entgehen...“ Mit diesen Worten streifte sich Lovisa ihre Oberbekleidung wieder über, griff nach ihrem Schwertgurt und folgte der Gruppe aus dem Zelt.

Über den Zeltplatz

Jetzt hatte er also an Stelle eines Doktors eine ganze Apanage dabei. Na ob sich sein Onkel das so vorgestellt hatte? Calvert hatte da so seine Zweifel. Aber ihm hatte es bei den Salsavûrs gefallen. Der Umgangston war markiger als er das von zu Hause gewohnt war aber nun, es war ja auch Kriegsvolk, da legte man auf gepflegte Formen wohl weniger Wert. Er könnte sich allerdings immer noch auf die Zunge beißen für den Faux pas mit dem `Herrn Ritter´. Natürlich kannte er die korrekte Anrede, er hatte sich in der Aufregung nur verhaspelt. Hoffentlich hielt ihn der Baron von Montarena jetzt nicht für einen Bauerntrampel. Vorsichtig musterte Calvert den Mann aus den Augenwinkeln. Was konnte er nur tun oder sagen um die Scharte wieder auszuwetzen? Wahrscheinlich gar nichts, aber er konnte zumindest endlich mal höfflich sein und sich vorstellen. Also nahm er seinen Mut zusammen räusperte sich und sagte: „Euer Hochgeboren, verzeiht, das ich euch falsch angesprochen habe, es wird nicht wieder passieren. Mein Name ist Calvert ya Malachis. Ich bin hier mit meinem Onkel Fulvian ya Malachis und dem Cavaliere Alexandrian della Turani, wegen dessen ich auch geschickt wurde den Medicus zu holen.“

Durch den Wappenrock und die darunter getragene wattierte Kleidung war der Körper des Barons nur zu erahnen, aber scheinbar hatten ihn die zahlreichen Kämpfe gestählt. Seine Hände waren von zahlreichen Narben übersät, die davon zeugten, dass er die Zeit nicht nur auf einem Feldherrenhügel verbracht und aus der Ferne kommandiert hatte. An seinem Waffengurt hingen eine Linkhand sowie ein Kusliker Säbel, der von edler Machart war, aber dennoch einen schlichten Stil hatte. Sein braunes Haar trug er kurz, wie es bei Kriegern üblich war. Sein Gesicht, das erstaunlicherweise keine einzige Narbe aufwies, wurde von einem Dreitagebart bedeckt. Seine Füße stecken in schweren Reitstiefeln aus gutem und gut gearbeitetem Leder. Lovisa di Tolfiano trug ähnliche Kleidung wie der Baron, allerdings zeigte ihr Gewand ein anderes Wappen und an ihrer Seite hing ein Langschwert. Von der Statur her war sie deutlich schlanker als der Salsavûr und unter ihrer Kleidung zeichneten sich deutlich weibliche Rundungen ab. Ihre langen Haare waren zu einem Zopf geflochten worden, der einen Haarkranz an ihrem Kopf bildete. Carisa, die vorweg ging, so als ob sie den Weg zu dem Zelt des Turanis kannte war in der üblichen Gewandung ihrer Zunft gekleidet. Lorian schien entspannt zu sein, während er neben dem jungen Calvert ging und lächelte, als dieser sich getraut hatte etwas zu sagen. Soso, ein junger Malachis, der sich für Kämpfe und Wunden zu interessieren schien und das, wo die Familie eher im Ruf stand künstlerische Interessen zu haben. Mindestens genauso interessant war, weswegen und vorallem für wen ein Medicus gesucht wurde. Seit wann hatten die Malachis etwas mit den Turani zu schaffen. Er schob die Gedanken erst einmal beiseite und wandte sich wieder dem aufgedrehten Jungen zu. „Schön dich kennen zu lernen Calvert ya Malachis. Mein Name lautet Lorian von Salsavûr-Westfar, Baron von Montarena, Edler von Mahrenstieg und noch ein paar andere Titel...“ „Du hast Primus vergessen“, warf Lovisa ein, was ihr einen Blick des Barons einbrachte. „Die Dame, die mich gerade unterbrochen hat ist Esquiria Lovisa di Tolfiano, Cavallerista meines Vetters.“ Er deutete auf die vor ihnen gehende Frau. „Und dass ist Carisa Brigonetti, ihres Zeichens Feldscherin.“ „Sargente und Feldscherin der Eisenwölfe, Lorian, wenn du schon alle vorstellst, dann bitte korrekt“, kommentierte die eben Vorgestellte mit einem schnippischen Ton, der sowohl Lorian als auch Lovisa lächeln ließ. „Was hat denn der Turani abbekommen? Es muss ja schlimmer sein, als es aussah, wenn er dafür einen Medicus benötigt. Mir war so, dass eine Lanze an seiner Gestechrüstung gebrochen ist und ihn aus dem Sattel gehoben hat.“ Lovisa grinste kurz nach Lorians ersten beiden Sätzen, ob des kaum hörbaren Sarkasmus in seiner Stimme. Carisa drehte sich kurz um und warf dem Baron einen Blick zu, der Wasser hätte gefrieren lassen können, ihn aber nicht im Geringsten zu beeindrucken schien.

Calvert entging der Spott und ernsthaft antwortete er: „Oh ja, er hat den Schild zu hoch gehalten und die Lanze hat ihn an der Flanke erwischt. Das ist alles schwarz-rot und grün und blau. Sieht wirklich nicht sehr schön aus. Aber bluten wie bei Eurem Verwandten tut es nicht. Ich hoffe ja, dass es nicht schlimm ist und er weiter reiten kann. Signor della Turani ist nett. Er hat mir gestern gezeigt, wie die Alberhut geht und wie man eine Riposte schlägt. Allerdings hab ich das nicht so richtig hinbekommen. Das muss ich noch üben.“

Lorian schmunzelte, ob der Begeisterung, die Calvert für den Schwertkampf an den Tag legte. „Könnte eine oder mehrere Rippen erwischt haben“, murmelte Carisa vor sich hin, „oder auch nur ein ordentlicher Bluterguss...“ „Signor della Turani hat dir also schon die Alberhut und eine Riposte gezeigt.“ Lorian musterte den Jungen. „Du solltest die Riposte erst mal vergessen und die Grundlagen lernen. Nur wenn du diese gut beherrschst, wirst du eine ordentliche Riposte schlagen können, ansonsten könnte die erste Riposte, die du schlägst, auch deine letzte sein.“ Lorians Gesicht war ernst geworden, während er sprach, strahlte aber immer noch Freundlichkeit aus. „Was bringt es dir, wenn du eine Riposte schlägst, aber den weiteren Kampf nicht fortführen kannst, da dir die Grundlagen zur Fortsetzung desselben fehlen?“

„Eine blutige Nase wahrscheinlich.“ Antwortete der junge Malachis die Stirn in nachdenkliche Falten gelegt. „Aber wisst ihr Euer Hochgeboren,...ich habe nicht so oft die Gelegenheit, dass mir jemand etwas mit dem Schwert beibringt, daher muss ich das nutzen. Früher hat mir mein Großvater Unterricht erteilt, aber der lebt jetzt in Urbasi. Mutter hat mir zwar versprochen, dass ich nun eine ernsthafte Ausbildung zum Ritter bekomme, aber ganz so einfach wie die Akademie der Künste zu besuchen ist das ja nicht.“ Der Baron von Montarena lächelte. Kluge Antwort des Jungen, auch wenn eine blutige Nase vermutlich das harmloseste war, was er bekommen konnte. Die Tolfiano lächelte in sich hinein, als sie über die Unterschiede der Akademie der Künste und der Kriegerakademie in Arivor nachdachte. Purer Luxus war die Künstlerschule im Gegensatz zu der Arivorer Ausbildungsstätte. „Die Ausbildung zum Ritter oder Krieger ist sicherlich nicht so einfach, wie die zu einem Künstler. Aber warum ist es denn nicht so einfach eine solche zu bekommen? Beziehungsweise, hat deine Mutter bei passenden Akademien, Rittern oder Kriegern mal angefragt? Du dürftest in dem Alter sein, wo man eine solche Ausbildung beginnt, weiter damit zu warten macht die Sache sicherlich nicht einfacher.“ Sagte Lorian „Ich bin elf Götterläufe und kommenden Rondra werde ich zwölf“ bestätigte Calvert die Einschätzung des Kriegers. „Ich glaube, meine Mutter hat Onkel Fulvian gebeten das hier, während des Turniers zu tun.“ Fuhr er seine andere Frage beantwortend fort. „Also jemanden anzufragen, aber bisher hat mein Onkel mit mir darüber noch nicht gesprochen und fragen wollte ich nicht, weil ich nicht ungeduldig wirken will. Aber ganz ehrlich? Ich platze fast vor Neugier.“ Calvert zappelte bei der Vorstellung bald einen Schwertvater oder Mutter zu bekommen aufgeregt von einem Bein auf´s andere, was ihn trotz seiner gescheiten Antwort doch gleich wieder sehr jung wirken lies.

„Du willst nicht ungeduldig wirken und deswegen fragst du ihn nicht“, wiederholte Lorian laut und schaute den neben ihm gehenden Jungen an. „Wenn du nicht fragst, wirst du aber auch nicht wissen, ob dein Onkel auch das machen soll, weswegen er, deiner Vermutung nach, mit dir hier ist. Fragen kostet nichts, man wird davon auch nicht dümmer und bekommt auf die eine oder andere Art seine Frage beantwortet.“ Lovisa nickte gedankenverloren, als sie schweigend neben den beiden herschritt. „Sich seine Aufregung und Neugier ansehen zu lassen ist hingegen nicht sonderlich eines Ritters würdig“, fügte der Baron lächelnd hinzu. Calvert bekam rote Ohren, da hatte er sich doch schon wieder eine Belehrung eingefangen! Dabei wollte er sich so bemühen einen guten Eindruck zu machen! Excrement aber auch! Andererseits hatte der Baron auch wieder recht mit seinem Einwand über das Fragen. Er wollte ja nicht quengeln und drängeln sondern nur Bescheid wissen, wenn er ordentlich und ernsthaft fragte, würde ihm sein Onkel bestimmt auch vernünftig antworten. Onkel Fulvian war umgänglich, besonders seit Alexandrian aufgetaucht war. Calvert grinste, ihm war durchaus klar, wie die beiden Männer zueinander standen, sooo jung war er dann auch nicht mehr. Aber ob sie das grad öffentlich machen wollten?

Das wiederum bezweifelte Calvert und wie ihm dieser Gedanke kam, fiel ihm auch sofort der Fehler auf, daher haspelte er schnell: „Ähm, ihr habt Recht, Baron, ich werde mich besser zusammenreißen. Aber nun..., wir sind gleich da, ich laufe voraus und sage Bescheid…“ Mit einer zackigen, knappen Verbeugung ohne noch eine Erwiderung abzuwarten stob Calvert davon, um wenigstens zwei, drei Minuten Vorsprung zu habe, bevor der Baron von Montarena ins turanische Zelt platzte.

Lorian zog die Augenbraue hoch, als er dem wegrennenden Jungen hinterher schaute. Sein Blick wanderte zu Lovisa: „Waren wir in dem Alter genauso?“ Lovisa erwiderte den Blick des Barons, der vor langer Zeit mal ihr Kommilitone auf der Akademie war. „Ich denke schon, wir könnten ja mal unsere Lehrer fragen, wenn, dann jetzt, da wir gerade mal wieder in Arivor sind.“ „Keine schlechte Idee, der alte Duardo von Kusilk ist noch da, der dürfte uns die Frage beantworten können“, Lorian wirkte in Gedanken, während er sprach. Derweil führten sie ihre Füße weiter in Richtung des Zelts der della Turani und sie erreichten es ein paar Minuten nach Calvert.


Verarztungen und Erfrischungen

„Onkel? Signor della Turani?“ Calvert kündigte sich kurz an, bevor er in das Zelt stürmte. Die beiden Männer saßen nahe nebeneinander auf der Pritsche. Fulvian presste mit der einen Hand eine kühlende Kompresse auf Alexandrians Flanke und streichelte mit der anderen seinen Nacken. Allerdings ließ er diese Hand, da Calvert gerade hereinstürmte sinken und blickte seinem Neffen fragend an. „Calvert? Warum rennst du so? Wo ist denn der Medicus?“ „Die kommt und ist gleich da, zusammen mit dem Baron von Montarena und der Signora di Tolfiano.“ „Aha.“ Mehr fiel Fulvian gerade nicht dazu ein, aber er erhob sich von dem Feldbett und trat in Richtung des Eingangs und durch diesen hindurch.

Lange musste er nicht warten, denn die angekündigte Gruppe hielt bereits auf das Zelt zu und war auch unschwer zu erkennen. „Rondra zum Gruß und in Perains Namen Dank, dass ihr meinem Ruf gefolgt seid werte Signori. Ich bin Fulvian ya Malachis“ Grüßte Fulvian die Ankommenden. Gleichzeitig hielt er den Zelteingang gastfreundlich auf, so dass die Gruppe eintreten konnte. „Alexandrian, wie es scheint hat unser junger Calvert hier keinen Turnierheiler geholt, sondern die Leibmedica des Barons von Montarena. Ich hoffe mein Neffe ist nicht durch ungebührliches Betragen aufgefallen?“ Leichte Besorgnis klang aus den Worten des Sängers, konnte er sich doch momentan noch nicht so recht erklären, warum die hohen Herrschaften die Medica begleitet hatten. „Leibmedica, wenn ich das wäre, würde ich samtene Kleidung tragen und wäre herablassend wie andere meines Fachs“, Carisa schien nicht sonderlich viel von Begrüßungen zu halten. Sie sah auf dem ersten Blick nicht einmal annähernd nach einer Leibmedica aus, sondern hatte eher die Ähnlichkeit mit einem Fleischer, was die Kleiderwahl betraf. „Wo haben wir denn unseren Patienten?“ Mit diesen Worten ging sie an Fulvian vorbei und schnurstracks auf den sitzenden Turani zu. Ohne sich weiter um die anderen Anwesenden zu kümmern begann sie die Verletzung zu untersuchen. „Entschuldigt meine … nun eine Leibmedica ist sie sicherlich nicht, eher eine Leibfeldscherin, die ihr Fach mehr als versteht und auch euch Rondra zum Gruße. Scheinbar hat uns euer Neffe schon angekündigt“, fuhr Lorian als Schlussfolgerung auf den offengehaltenen Zeltvorhang fort. „Dennoch.. Lorian von Salsavûr-Westfar und Lovisa di Tolfiano. Was das Verhalten eures Neffen angeht, so hat er das eines Jungen in seinem Alter gezeigt, würde ich mal behaupten.“ In Lorians Augen blitzte eine gewisse Amüsiertheit bei seinem letzten Satz auf. Fulvian grinste spitzbübisch und erwiderte augenzwinkernd: „Also WAR er keck und unverfroren. Nun, wenn die Herrschaften schon den Weg hierher auf sich genommen haben, darf ich dann zumindest eine Erfrischung anbieten? Wir haben recht passablen Wein da oder auch gekühlten Saft.“ Dabei wies der Sänger auf einen Eimer mit Wasser aus dem etliche Flaschen ragten. „Also Cavaliere, das ist halb so wild. Die Rippe ist nicht gebrochen, nur geprellt. Ich bandagier euch das ordentlich, dann könnt ihr wieder auf Pferd.“ Verkündete in diesem Moment die Feldscherin und beendete ihre Untersuchung, die Alexandrian ohne eine Mine zu verziehen still erduldet hatte. „Na, das sind doch mal gute Neuigkeiten. Fulvian, darauf trink ich gerne einen Saft.“ Freute sich der junge Turani. Um sich vom nicht ganz schmerzfreien Bandagieren abzulenken fragte er: „ Ich bin leider nicht auf dem Laufenden, wie eure Lanzengänge ausgegangen sind, hoffentlich erfolgreich? Aber den Sturz von Timor di Salsavûr habe ich gesehen, das sah übel aus. Hat er sich schwer verletzt?“ „Der hat sich mal wieder eine Kratzer und ein paar blaue Flecken eingefangen, nichts was nicht von selbst heilen würde.“ Carisa schien die Wunde von Timor nicht so bedeutend gewesen zu sein oder sie spielte es bewusst herunter. „Der so...“ Lorian räusperte sich, was die Feldscherin sofort zum Schweigen brachte, so als ob er ein Kommando gegeben hätte. „Die Verletzung meines Vetters sind nicht sonderlich schwer, der Sturz sah schlimmer aus, als er war. Morgen werdet ihr ihn, wieder sehen können auf der Turnierbahn.“ Neben dem Baron huschte, bei dessen letzten Worten, ein kurzes Grinsen über das Gesicht Lovisas, so als ob der Salsavûr einen Spaß gemacht hätte. „Gerne, nehmen wir eine Erfrischung zu uns. Einen Roten, wenn ihr einen solchen da habt.“, der Herr von Quellstein sprach für die beiden Adligen, da er genau wusste, was Lovisa nehmen würde. „Was euren Neffen angeht, so war er nicht unverfroren, nur vielleicht etwas vorschnell und unerfahren, nichts was eine gute Ausbildung nicht bereinigen könnte.“ Der Baron musterte kurz seinen Gegenüber, bevor er weiter sprach. „Wie kommt es, dass euch euer Neffe hier begleiten durfte?“ Lorian schaute kurz zu Calvert hinüber und zwinkerte. Auch Fulvian kann sich einen abschätzenden Blick in Richtung des Salsavûrs nicht verkneifen, da dessen Frage nicht unbedingt dem, was man unter leichter, beiläufiger Plauderei verstand entsprach. Bevor er allerdings antwortete sorgte er dafür, dass ihre Gäste etwas zu Trinken bekamen.

Als er sich selbst ebenfalls einen Becher mit Arivorer Blut eingeschenkt hatte, antwortete er: „Seinen Eltern erschien es eine gute Möglichkeit zu sein herauszufinden, ob Calverts Begeisterung für das Kriegshandwerk einer Begegnung mit der Realität Stand hält. Und sollte es sich erweisen, das Calverts Wunsch sich verfestigt und nicht verflüchtigt soll ich erwägen wie ihm dieser am besten gewährt werden kann.“ Fulvian nippte an seinem Wein, beobachtete dabei aber weiterhin den Montarener. „Vielleicht könntet ihr mir ja bezüglich dieser Aufgabe raten, Baron? Ihr scheint mir auf diesem Gebiet wesentlich mehr Expertise zu besitzen als ich bescheidener Sänger.“ Lorian nippte ebenfalls an seinem Wein, hörte aufmerksam zu und lächelte kurz, bevor er antwortete. „Hat er denn schon mal mehr Realität gesehen, als nur ein Turnier? Dass hier“, der Baron deutete im Zelt in die Runde, wobei ersichtlich war, dass er die umstehenden Zelte, die Turnierbahn und die anderen Dinge meinte, die bei einem Turnier allgegenwärtig waren, „ist der kleinste Teil des Kriegerseins und meiner Meinung nach auch der unbedeutendere.“ Kurz schien der Salsavûr zu überlegen, bevor er weitersprach. „Ich stehe euch allerdings gerne zur Verfügung, wenn es um einen Rat für die Ausbildung eures Neffen geht. Welche soll er denn potentiell erhalten? Für eine Kriegerakademie ist er, schon ein wenig zu alt oder vielleicht noch gerade so an der Grenze. Er würde auf alle Fälle der Älteste im Jahrgang sein, was nicht unbedingt von Vorteil ist.“ Aus dem Augenwinkel heraus beobachtete Fulvian während seines Wortwechsels mit Lorian, wie Calvert mittlerweile zum dritten Mal den Mund öffnete und dann doch wieder schloss, kurz bevor er mit seiner Meinung unhöflich in das Gespräch platzte. Fulvian schmunzelte. Er kannte die Impulsivität seines Neffen und war beeindruckt wie sehr er sich am Riemen riss, was sicher nicht an ihm lag. „Euer Hochgeboren, euer Angebot ist sehr freundlich und ehrt mich. Weiß ich doch, dass ihr sicherlich diverse Verpflichtungen habt, die Eurer Aufmerksamkeit mehr bedürfen, als die Ausbildung eines Jungspundes aus einem kleinen marudreter Haus. Ich nehme es gerne an. Allerdings schlage ich vor euch zur späteren Stunde vielleicht zu einem gemeinsamen Mahl zu treffen? Ich habe in der Tat einige Fragen zu diesem Thema, da meine Familie wirklich nicht sehr versiert im Kriegshandwerk ist. Aber die Zukunft unserer Kinder liegt uns dafür am Herzen und möchte wohlüberlegt sein und nicht zwischen zwei Lanzengängen entschieden werden.“ Auch der Baron von Montarena hatte Calvert beobachtet und musste, ebenso wie sein Gegenüber, bei dessen Reaktion schmunzeln. „Ihr stellt das Licht eurer Familie unter einen Scheffel, Signor, wenn es stimmt, was man so über euer Haus hört.“ Lorian schien das Gesagte positiv zu meinen. „Gerne können wir uns zu einem späteren, gemeinsamen Mahl treffen. Bei den Kindern beziehungsweise der Ausbildung derselben kann ich euch nur beipflichten.“ Er schaute kurz zu Lovisa und Carisa, die mit Alexandrians Verband fertig zu sein schien. „Dann verabschieden wir uns fürs Erste und treffen uns später wieder. Wie wäre es mit der zweiten Firunstunde?“ Fulvian nickte bejahend: „Ja das ist mir sehr genehm. Wenn ihr erlaubt ordere ich uns einen Tisch im `Zum Schreyen´“ Lorian nickte ebenfalls, deutete eine kaum sichtbare Abschiedsverbeugung an und verließ dann das Zelt. Auch Lovisa und Carisa verabschiedeten sich und folgten dem Salsavûr.

Kaum war der Zeltvorhang gefallen hörte man Calvert tief Luft holen. „Also stimmt es wirklich, Onkel? Ich darf in Knappschaft gehen? Und heute Abend fragst du da Signor Lorian? Ich würde gern…“ „Langsam, Calvert.“ Wurde der Knabe von Fulvian unterbrochen. „Du hast in so fern recht, dass ich tatsächlich Ausschau halten soll nach einem geeigneten Schwertvater, aber der Baron von Montarena ist ein mächtiger und vielbeschäftigter Mann. Außerdem haben wir bisher keinerlei verwandtschaftliche Bindungen zum Haus di Salsavûr. Mach dir da mal keine all zu großen Hoffnungen.“ Alexandrian tat es leid als er sah wie Fulvians Worte Calvert ernüchterten, aber sein Freund hatte Recht. Eine Knappschaft war eine enge Verbindung nicht nur zwischen Lehrer und Schüler, sondern auch zwischen den beiden beteiligten Familien. „Komm Calvert, hilf mir mal in den Harnisch, ich muss demnächst wieder auf die Bahn.“ Lenkte er den Jungen ab und kassierte dafür ein dankbares Lächeln von beiden Malachis.


Weiter geht es am Abend beim Mahl