Briefspiel:Gedankenspiele

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Stadt Urbasi klein.png Briefspiel in Urbasi Stadt Urbasi klein.png
Datiert auf: 22. Praios 1033 BF Schauplatz: Stadtpalast in Urbasi Entstehungszeitraum: 2010
Protagonisten: Auricanius von Urbet, Tarquinio della Pena Autoren/Beteiligte: Haus Urbet-Marvinko.png Gonfaloniere, Haus della Pena jH.png Horasio

Die vorliegende Briefspiel-Geschichte Gedankenspiele schildert eine Unterredung zwischen Tarquinio della Pena und Auricanius von Urbet vor der urbasischen Consiglio-Wahl 1033 BF. Sie greift auch den Rücktritt des Letzteren von der Familienführung (siehe hier) auf.


22. Praios 1033 BF, im Palazzo Casciano:

Der Junge hielt kurz inne als er den Fremdling kommen sah, widmete sich dann aber doch wieder den Steinen in seinen Händen. Nach kurzem Zielen und einem Stoß aus Unterarm und Handgelenk warf er einen den Kieselstein hinüber zum tönernen Topf und freute sich mit einem Lächeln als dieser sein Ziel fand.
„Du bist Aventurion Rubec, nicht wahr?“ Der Fremde war neben ihm stehen geblieben, hatte sich das Spiel kurz angesehen. Mit großen Augen blickte der Bub hinauf in der freundliche Gesicht des Besuchers, dessen schwarzes Barett mit einer großen weißen Feder geschmückt war. Seinen Kurzmantel hatte er über die linke Schulter geschwungen. Nickend bestätigte er die Frage während er sich den Dolch betrachtete, den der Edelmann an seiner Seite in einer verzierten Scheide führte.
„Kannst du mir sagen wo ich den Herrn des Hauses finde?“
Aventurion hob die Hand und wies schweigend über den Hof. Dort hinter einer Säule konnte man das golddurchwirkte Gewand eines Geweihten des Praios erkennen.
„Hab Dank,“ empfahl sich der Besucher.

Tarquinio della Pena

Ein Lächeln legte sich auf das Antlitz Tarquinios als er den Inquisitor und Suprior der Turaniter begrüßte. „Exzellenz!“ Der junge Edelmann kniete nieder und hauchte einen Kuss auf den Greifenring an der von ihm dargebotenen Hand des Geweihten.
„Wir haben uns etwas länger nicht gesehen Comto,“ entgegnete jener und begann mit seinem Gast etwas durch die Galerien der Sala Alverana zu spazieren.
„Ich hatte dringende Geschäfte auf meinen Ländereien bei Sikramara zu erledigen.“
„Einige befürchteten schon ihr würdet der Wahl zum neuen Gonfaloniere fern bleiben.“
„Nein Exzellenz, diese Gerüchte sind stark übertrieben.“ Tarquinio blieb stehen und betrachtete den Geweihten des Götterfürsten einen Moment lang. „Der Rücktritt von eurer Position als Patriarch der Familie scheint euch gut zu tun, ihr wirkt erholt. Dabei war ich es, der nun einige Wochen auf dem Land verbrachte.“
Auricanius lächelte über das Kompliment und schritt dann in seiner goldenen Robe weiter, Tarquinio folgte ihm. „Nun, das habt ihr ganz ausgezeichnet beobachtet. Ich fühle mich tatsächlich befreit von einer Last und kann meinen anderen Aufgaben voll und ganz nachkommen.“
„Auch weil ihr wisst, dass das Haus in guten Händen ist,“ fügte der Comto hinzu. „Ich bin sicher euer Vetter wird eurem Weg folgen und das Erbe der urbetischen Marvinko bewahren.“ Nun setzte er zu einem Flüstern an. „Das Erbe des geschätzten Fürsten Traviano.“
Tarquinio blieb erneut stehen und legte seine Hand auf eine tiefe Einkerbung an einer Säule. „Es ist mir wie gestern, als ich in diesem Palazzo für dieses Erbe kämpfte und mein Schwert den Stein hier herausschlug.“
„Mein lieber Comto, ihr solltet in der Gegenwart leben,“ erwiderte Auricanius, der seinem Bruder und dessen Hinterlassenschaften durchaus zwiespältig gegenüber stand.
„Ich lebe jetzt, aber meine Gedanken müssen auch der Zukunft gelten, Exzellenz.“ Tarquinio machte einen Schritt auf den Geweihten zu. „Man erzählt sich Comto Panthino betrachte die Gemeinde als legitime Erbin des Fürsten.“

„Er vertritt leicht andere Ansichten als ich, richtig.“ Der Geweihte machte eine kurze Pause, ließ seinen Blick durch die buntverglasten Fenster der Sala Alverana auf das dahinter verschwommen erscheinende Sikramtal schweifen. „Gleichwohl hat er sich als Hausoberhaupt nun denselben Interessen verschrieben, die ich den letzten … drei … Jahren zu wahren versuchte.“
„Will sagen, er kann das Erbe von Travianos Tochter gar nicht preisgeben“, hakte Tarquinio nach.
„Nein … ähm doch. Er ist nun das Hausoberhaupt, doch er wird die ungeklärten Ansprüche nicht einfach so aufgeben. Einen, das heißt irgend einen, angemessenen Titel wird Rahjada tragen müssen, da stimmt er mit jedem anderen hier überein.“ Auricanius machte eine Geste, die verdeutlichte, dass das ‚hier‘ auf den Palazzo Casciano bezogen war. „Außer mit Preciosa, die wird noch schwer an jeder neuen Entwicklung diesbezüglich zu verdauen haben.“
Tarquinio überlegte kurz, ob er erneut nachhaken sollte, doch diesmal kam ihm der Geweihte voraus: „Viel wichtiger ist jedoch zunächst, was mit Urbet passiert. Wenn Panthino, was wir hoffen wollen, ins Consiglio gewählt wird, braucht es einen neuen Podestaten. Eine Überlegung, eine zwiespältige wohlgemerkt, ist es, Condottiere Uolbo wählen zu lassen. Wie stündet ihr zu einer solchen Möglichkeit?“

Nun, wenn ihr davon ausgeht, dass niemand dem Condottiere gewachsen ist und ihr ihm wirklich vertraut, dann könnt ihr ihm Urbet überantworten. Allerdings," Tarquinio hob die Schultern und die Arme leicht an und machte ein zweifelndes Gesicht "glaube ich immer noch, dass ihr euch kein Vertrauen in Urbasi schafft, wenn ihr Valpoza die Schlüssel zu Urbet übergebt. Vielleicht ist das aber auch gut so."
"Wie meint ihr das?"
"Ich meine dies lässt sich vorzüglich nutzen. Wenn es ohnehin unmöglich ist Valpoza zu kontrollieren und er die Stadt beherrscht, ob er sich nun Podestat nennt oder nicht, dann schicken wir ihm entweder jemanden, den wir hier in Urbasi eh nicht gebrauchen können und der sich gerne in Urbet die Zähne an ihm ausbeißen darf. Vielleicht sogar jemanden, dessen Versagen vorhersehbar ist und uns nur zu Nutze sein kann. Es gibt immer einige Salsavûr, die dafür bereit ständen."
"Ich verstehe," erwiderte Auricanius ruhig.
"Oder wir nutzen es um uns der Loyalität einer Familie wie Dalidion, Zorgazo oder Solivino zu versichern. Mit dem Posten eines Podestaten steigen diese Häuser auf und geben sich einstweilen mit der zweiten Rolle hinter Valpoza zufrieden, während sie zugleich hier in der Stadt unserer Sache dienlich sind. Diese zwei Möglichkeiten sehe ich."

"Ich werde nochmal darüber nachdenken", gab sich Auricanius unentschlossen. Mittlerweile waren die beiden Gesprächspartner an der Balustrade der Loggia angelangt und blickten auf die Piazza del Theatro unter sich.
"Diese Aussicht kann einen schon wehmütig werden lassen", kommentierte der Geweihte das Häusermeer an der Hügelflanke und im Sikramtal - und fügte nach einem unverständigen Stirnrunzeln Tarquinios an: "Meine Pflichten werden mich künftig immer mehr im Kloster binden. Es würde mich wundern, wenn Hochwürden Gerolan den nächsten Praiosmond noch erlebt, so schlecht wie es um seine Gesundheit steht. Ich hoffe nur, dass noch genug Zeit zur Aufsicht über die Erziehung der Kinder bleibt. Denn das möchte ich Panthino doch nicht überlassen."
"Warum?"
Auricanius sah sein Gegenüber an, als suchte er nach Worten. "Ich fürchte, ihm fehlt da das Fingerspitzengefühl. Die Kleinen sind so sensibel, nehmen jedes noch so unterdrückte Gefühl auf. Jede unbedachte Irritation mag die Familie in der nächsten Generation zerreißen, gerade wo sie alle das gleiche Alter und doch schon so verschiedene Lebensgeschichten haben."
Tarquinio musste unwillkürlich an Aventurion Rubec denken, der ihm ja vorhin noch über den Weg gelaufen war. Aber natürlich auch an Selinde Traviana sowie die vielen nach dem Tod Travianos geborenen Kinder, bei denen über die Vaterschaft so wild spekuliert wurde.
"Ach", wechselte der Geweihte dann unvermittelt das Thema, "Panthino dürfte sich übrigens für den Priore pecunis entscheiden, sollte ihm diese Wahl in drei Tagen noch offenstehen. Ich hoffe, das ist kein Problem ..."