Briefspiel:Das Brautgeld

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Briefspielgeschichte aus: Stadt Unterfels klein.png Briefspiel in Unterfels
Datum (aventurisch / irdisch): Anfang Ingerim 1036 BF / 2013/14
Beteiligte (aventurisch / irdisch): Carinio Telmian, Madalena Grisetti und weitere Patrizier, dazu Hernán von Aranjuez, Rafik von Aranjuez und Gualterio Colonna /
Telmian, Der Sinnreiche Junker


Die Hochzeit Kaiserin Rohajas im nächsten Jahr wirft ihren langen Schatten bis nach Unterfels voraus, als almadanische Adlige sich hinsichtlich der Finanzierung des immensen aufzubringenden Brautgeldes an einige unterfelser Patrizier wenden. Die Verhandlungen sind jedoch nur teilweise von Erfolg gekrönt.


Autor: Telmian

„Nun, mein Sohn, es ist soweit. Die Kaiserin des Mittelreiches traut sich endlich."

„Das heißt, es gibt eine Menge Geschenke für sie, Vater"

„Ja, mein Sohn. Wie immer weist du genau was ich sagen will."

Ein stolzes Lächeln überzieht die Züge des etwas in die Jahre gekommenen Carinio Telmian. Er sitzt mit seinem ältesten Sohn in dem schönen Ohrensessel im Arbeitszimmer seines Palazzos. Noch nicht lange kann er dieses Palazzo sein eigen nennen. Eine kurze Erinnerung an die Flucht nach Unterfels flackern in seinen Gedanken auf. Doch er schüttelt seinen Kopf und richtet seine Gedanken wieder auf sein eigentliches Anliegen.

„Es gibt bereits einen Edlen, der sich mit einem Hilfegesuch in Geldangelegenheiten an uns gewandt hat."

„Ich kann mir vorstellen, Vater, das sich einige Familien und Häuser sehr verschulden müssen, um nicht dumm dazustehen."

„Genau, mein Sohn. Deshalb werde ich für morgen Abend die Mitglieder des Hauses Aranjuez eingeladen. Dieses Haus kommt aus dem schönen Almada. Zusätzlich werde ich noch ein paar potente Freunde aus Unterfels zu diesem Gespräch einladen. Denn leider können wir die gewünschte Summe nicht alleine stellen, Aber ich bin mir sicher, das sie sich diese Investitionsmöglichkeit nicht nehmen lassen."

„Ich freue mich schon auf diese Gespräche, Vater."


Autor: Der Sinnreiche Junker

„Werden sie nicht einen Groll gegen uns hegen?“

Es war der junge Gualterio Colonna, der seinen Onkel Hernán gefragt hatte. Zusammen mit dessen Vetter Rafik von Aranjuez schritten die drei Almadaner durch Nuovo Tsadana. An sich eines der Viertel, in welchem sich die Aranjuezer nur ungern blicken ließen. Nicht nur waren hier die verfeindeten Fubini recht einflussreich, sondern hatten sich hier auch zahlreiche vertriebene Bomeder niedergelassen. Worauf letztlich auch die Frage des jungen Teniente abzielte, waren die Telmians doch letztlich auch Flüchtlinge aus der vom Krieg schwer gebeutelten Grafenstadt. Und mehr als einmal waren auch aranjuezer Mercenarios unter den Belagerern gewesen.

„Wer weiß das schon?“, zuckte Hernán von Aranjuez mit den Schultern. „Am Ende des Tages geht es Pfeffersäcken immer ums Geld. Und hier gibt es reichlich zu verdienen. Vielleicht grollen sie uns, wohl kaum aber unserem Golde.“

„Pecunia non olet“, flocht der studierte Dom Rafik schmunzelnd ein.

Sicherheitshalber hatten sich freilich alle drei mit ihren Degen gegürtet, und in einigen Schritten Abstand folgten ein halbes Dutzend Mercenarios, Halsabschneider mit wettergegerbten Gesichtern unter riesigen Caldabresern, deren klirrender Tritt vermuten ließ, dass sie das Eisen der halben Waldwacht mit sich herum trugen. Eine Vorsichtsmaßnahme weniger wegen der Telmians, sondern vielmehr wegen erwähnter Exil-Bomeder hier im Viertel.

Die Landsknechte blieben selbstverständlich draußen zurück, als man schließlich den Palazzo Telmian erreicht hatte. Wenig später saßen Hernán von Aranjuez in der Mitte, sein Vetter Rafik rechts von ihm, derweil sich der junge Colonna im Hintergrund hielt.

„Ich hatte keine so große Runde erwartet…“, lächelte der Condottiere schmal, nachdem man die üblichen Freundlichkeiten zur Begrüßung ausgetauscht hatte.


Autor: Telmian

Während des Austausches der üblichen Höflichkeiten hatte sich der älteste Sohn rüber zum Maestro gebeugt und bestätigte ihm die weise Voraussicht im Nachbarraum ein paar Leibwächter auf Abruf stehen zu haben. Da die Gäste ja durchaus mit großem Waffengeschepper vor der Tür vertreten waren. Darüber hinaus fiel dem geschulten Auge auf, dass einer der drei Diener im Raum weit muskulöser war als üblich.

„Naja, große Runde ist noch ein wenig übertrieben. Vielleicht warten wir noch ein paar Augenblicke auf weitere Teilnehmer. In der Zwischenzeit genießen wir einfach zweierlei Trauben.", sprach Carinio Telmian. Mit diesen Worten stellte ein Diener Trauben auf den Tisch und ein zweiter fing an flüssige Trauben in Kristallgläser zu füllen. „Der leichte Wein wird euch hoffentlich munden."


Autor: Der Sinnreiche Junker

Die drei Almadaner sprachen dem Weine recht unterschiedlich zu, derweil nach und nach weitere Patrizier eintrafen. Während der Baron und Junker und sein Vetter Rafik sich nach einem Höflichkeitsglas zwar nachschenken ließen, an selbigem aber dann nur noch recht sparsam nippten, schien der junge Gualterio hinten, hinter dem Rücken der Älteren nichts dagegen zu haben, dass man ihm das Gefäß ein ums andere Mal füllte.

Dass auch die Telmians gewisse Sicherheitsvorkehrungen getroffen zu haben schienen, machte indes scheinbar niemandem etwas aus. Es waren nun einmal nicht alle Freunde hier. Weitere Höflichkeiten wurden ausgetauscht, insbesondere mit den Neuankömmlingen, ehe die Runde schließlich offenbar vollzählig war, und Carinio Telmian den Condottiere bat, sein Anliegen vorzubringen.

Mit dankendem Nicken rückte dieser den Stuhl nach hinten und erhob sich. „Zunächst einmal möchte ich Dom Carinio danken, dass er mir hier die Möglichkeit gibt vor Euch zu sprechen. Ich gehe davon aus, dass sich in diesem erlauchten Kreise sowohl die Neuigkeit der Verlobung Ihrer Kaiserlichen Majestät Rohaja von Gareths mit dem Markgrafen von Perricum herumgesprochen hat, wie auch dass Dom Carinio alle Anwesenden bereits im Vorfeld über mein Anliegen unterrichtet hat. Nun…“, legte sich seine Rechte auf den Rand seines Glases „…falls jemand hier mit dem Steuerwesen des Neuen Reiches nicht so vertraut ist, erlaubt mir kurz den Sachverhalt auszuführen: wann immer der Mundillo des Lehnsherrn oder der Lehnsherr selber zum ersten Mal heiratet, schulden ihm seine Vasallen und Untertanen das sogenannte Brautgeld.“

Eine kurze Pause und kurzer Blick in die Runde, ob alle Anwesenden den Ausführungen folgen konnten, dann fuhr Hernán von Aranjuez fort. „Die jeweilige Höhe jenes Brautgeldes richtet sich nach dem Rang des Heiratenden. Da es sich um die Kaiserin handelt, ist die Summe…nun ja…immens.“ Trotz des schmalen Lächelns, dürften die meisten der Patrizier erfahren genug sein zu erkennen, dass er alles andere als glücklich über diesen Umstand war. Wen wundert’s?

„Viele Adlige werden nicht in der Lage sein, diese aus dem Stand aufzubringen, denn schon für manchen Baron wird eine fünfstellige Summe fällig werden. Entsprechend werden sich viele verschulden müssen. Bei den Patriziern von Punin, Ragath oder Taladur. In Gareth, bei der Nordlandbank. Oder eben im Horasreich…“


Autor: Telmian

Carinio Telmian schaute erst einmal prüfend den Condottiere und seine Mitstreiter, dann die versammelte Runde an. Er sah sowohl Überraschung, Misstrauen und Unglauben vor allem aber unverhohlenes Interesse in den Gesichtern der Unterfelser. Nach einem letzten Seitenblick zu seinem Sohn antwortete er:

„Verehrter Condottiere, es freut mich, das ihr uns deshalb aufsucht. Nehmen wir der Einfachheit mal an, das ihr Sicherheiten habt. Diesen Punkt sollten wir dann als letztes Besprechen. Daher meine erste Frage: Welche Rolle habt ihr uns in diesem Spiel zugedacht. Was schwebt euch vor? Seit ihr selbst in der Pflicht oder ein Mittelsmann? Wenn ja, für wen? Ich hoffe solcherlei Geheimnisse stehen einem phexgefälligen Handel nicht im Wege. Gründe für Misstrauen haben wir doch bereits genug, oder?"


Autor: Der Sinnreiche Junker

Hernán von Aranjuez hob ein wenig irritiert die Augenbrauen. „Mein lieber Telmian…“, murrte er, dieses Mal ohne die almadanische Höflichkeitsanrede Dom „…ich weiß ja nicht, welchen Grund Ihr habt, mir in Sachen eines ehrlichen Handels zu misstrauen, aber Ihr dürft Euch gerne von Methumis bis Eslamsgrund auf die Suche nach jemandem machen, der bezeugen könnte, dass das Alte Regiment von Ragatien oder ich jemals einen Kontrakt gebrochen hätten.“

Damit schob er den Stuhl zurück und machte Anstalten sich abzuwenden, doch legte ihm sein Vetter Rafik beschwichtigend die Hand auf den Arm. „Domnas y Doms, gemach, gemach“, lächelte er entschuldigend in die Runde. „Was mein Vetter damit sagen wollte, ist, dass es für uns keinerlei Grund für ein falsches Spiel gibt. Unsere Geschäfte in Unterfels, im Yaquirbruch und darüber hinaus gehen gut. Dies würden wir gewiss nicht für ein paar schnelle Münzen aufs Spiel setzen.“ Wenn der Condottiere das auch so sah, so ließ er es sich zumindest nicht anmerken. Immerhin entspannte sich sein Körper ein wenig, sodass nicht damit zu rechnen war, dass er unmittelbar hinaus stürmen würde. Stattdessen genehmigte er sich dann doch eines ausgiebigen Schluckes des Weins, und starrte dabei finster auf die Tischplatte vor sich.

Stattdessen war es wieder der Advocatus, der, die Fingerspitzen vor sich aneinander gelegt, fortfuhr: „Wie bereits ausgeführt benötigen Almadas Adlige große Summen an Gold. Wir sind nur einfache Mercenarios…“, lächelte der Centimare Aurum von Unterfels dünn, der ganz gewiss kein einfacher Mercenario war „…doch will mir scheinen, dass es eine gewisse Parallele zwischen den Umständen gibt, welche uns dereinst nach Unterfels führten, und welche nun hier vorliegen. Im Thronfolgekrieg im Allgemeinen wie auch im Yaquirbruch im Speziellen gab es eine dergestalt große Nachfrage nach Landsknechten, dass die Preise so stark anstiegen, dass es auch Mercenarios aus der Ferne hierher zog. Die durch das Brautgeld bedingte hohe Nachfrage nach Krediten in Almada hat nun in ganz ähnlichem Maße die Zinsen in die Höhe schnellen lassen. Und nun bieten wir Euch die Möglichkeit an diesem lukrativen Umstand zu partizipieren, so wie einst wir von den lukrativen Umständen hier profitiert haben. Freilich…“

Mit scheinbar bedauernder Miene sah sich Rafik von Aranjuez in der Runde um. „Freilich würde es mich wundern, wenn die Domnas y Doms über allzu viele Kontakte verfügten, die über die Südpforte hinaus gingen. Die Südpforte jedoch…“ Schwer seufzte der Advocatus und zuckte mit den Schultern. Alle Anwesenden wussten um die unsichere Lage im Yaquirbruch, die stets umkämpften Taifas zu beiden Seiten der Grenze, ein Paradies für Söldner wie Hernán von Aranjuez, aber ein Gräuel für jeden ehrlichen Kaufmann und Händler. Sodann lehnte er sich zurück. „Wir nun eröffnen Euch Zugang zu Adligen aus anderen Teilen Almadas. Aus sicheren Teilen Almadas.“

„Und was ist für Euch dabei drin?“, meldete sich ein sichtlich unruhig auf seinem Platz herumrutschender Patrizier. Offensichtlich fehlte ihm die Geduld für die langschweifigen Ausführungen des Almadaners.

Beschwichtigend hob Dom Rafik die Hände, lächelte fein. Der erste Fisch war wohl am Haken. „Ein almadanischer Adliger, vor allem natürlich aus den ferneren Teilen des Königreiches, fragt sich natürlich, warum er sich das Gold in Unterfels leihen soll, wenn der Weg nach Punin, Ragath, Taladur oder Eslamsgrund viel kürzer ist. Nun, wie gesagt, die Zinskonditionen schießen in Almada ob des großen Bedarfes durch die Decke. Folglich wäre eine günstigere Option sicherlich für viele verlockend. Jedoch, ich seh’s an den Mienen der Domnas y Doms, stellt sich für Euch die Frage, weshalb Ihr Gold zu günstigeren Konditionen verleihen solltet. Nun ja, ich denke mal, dass dies hier ein Geben und Nehmen ist. Wie gesagt gibt es für einen Ragatier wenig Grund sein Gold im fernen Unterfels zu leihen, wenn er es zu gleichen Konditionen auch im nahen Ragath leihen könnte. Folglich müssen die Domnas y Doms die Puniner, Ragather, Taladurer und Eslamsgrunder wohl oder übel unterbieten. Und kommen dabei immer noch auf einen Zinssatz weit über dem, was die Domnas y Doms verlangen können, wenn ein Unterfelser Handwerker sich eine gewisse Summe leihen muss, um das Dach seines Hauses auszubessern.“

„Schön und gut, doch habt Ihr noch immer nicht alle Fragen beantwortet. Wer sind diese Adligen? Seid Ihr die Mittelsmänner? Wenn ja, übernehmt Ihr sämtliche Sicherheiten?“, verlangte Madalena Grisetti zu wissen, in Sachen Geldverleih durchaus eine Konkurrentin Carinio Telmians.

Die Zeit der Werbung schien vorbei, denn als sich Rafik von Aranjuez zurück lehnte, war jedes Lächeln auf seinem Gesicht verschwunden. Nun ging es ums Geschäft. „Es gibt eine Liste interessierter Adliger“, nickte er. „Und gewiss werden weitere hinzu kommen, sobald sich herum spricht, dass es in Unterfels günstige Konditionen gibt. Ansonsten wird jeder Adlige seinen eigenen Kreditvertrag unterzeichnen, mit seinen eigenen Sicherheiten. Wir übernehmen gewiss keine Haftung für säumige Schuldner.“


Autor: Telmian

„Gebt uns einen Moment zur Beratung." sagte eine Dame aus der unterfelser Runde. Es war zu sehen, dass verschiedene anwesende Unterfelser die Köpfe zusammen steckten und leise tuschelten. Den genauen Wortlaut konnte man jedoch nicht verstehen.

Den Almadaner konnte man die Abscheu förmlich ansehen. Hernán von Aranjuez sah immer noch so aus, als wolle er gleich explodieren. Doch bellende Hunde beißen nicht. Abschätzend schaute Carinio Telmian erneut in die Runde. Das, was der Almadani da vorschlug, konnte ein wahres Wagnis oder ein Goldregen sein. Und dann dieser fast zufriedene Ausdruck im Gesicht dieses Advocatus. Eines musste Telmian zugeben, er war recht geschickt im Umgang mit seiner Zunge. Er hat es genau verstanden, erst zu beschwichtigen, Neugier zu wecken und dann die Angel auszuwerfen. Dieser ist wohl von den dreien der Gefährlichste. Carinio rief sich in Erinnerung, wer nun in seinen Salon saß. Es musste alles genau abgewogen werden. Immerhin waren sowohl Hernan als auch Rafik nicht gerade einfache Leute von nebenan. Hinter vorgehaltener Hand sagte man, dass Rafik wohl verstand, wie er sich seine Taschen zu füllen hatte. Der Einwurf dieses Wiesels Madalena Grisetti kam freilich ungelegen.

„Verzeiht, sollte ich mit meinen Worten nicht den richtigen Ton getroffen habe", sprach Carinio Telmian. "Doch Ihr machtet mir den Eindruck, dass wir uns die Höflichkeiten sparen und direkt zum wesentlichen kommen können. Wird es im Soldgeschäft nicht auch so gehandhabt? Ich muss zugeben, Euer Angebot hat mein Interesse geweckt. Doch, wie ihr bereits festgestellt habt, es sind unruhige Zeiten. Nun, hättet ihr etwas dagegen mir diese Liste einmal über den Tisch zu schieben, damit ich mein Risiko abschätzen kann."


Autor: Der Sinnreiche Junker

Hernán von Aranjuez, mittlerweile wieder auf seinem Hosenboden, schob die Augenbrauen ob des Ansinnens Carinio Telmians zusammen. Der Patrizier musste außergewöhnlich gut informiert sein, wenn er das finanzielle Risiko von Krediten für Adlige aus den ferneren Regionen des Nachbarreiches alleine ob einer Namensliste abzuschätzen gedachte. Sein Blick ging zu seinem Vetter, der nach kurzem Zögern mit den Schultern zuckte. Letztlich war es gleich, denn ein jeder wusste, dass zahlreiche Adligen Almadas, ja, des gesamten Mittelreiches Gold benötigten um das Brautgeld für die Hochzeit der Kaiserin aufzubringen. Wozu also ein Geheimnis aus einer Liste möglicher Interessenten machen?

„Gualterio?“ Der Jüngling sah von seinem Weinglas auf. Offensichtlich interessierte er sich nicht sonderlich für das Geschehen, und war in Gedanken versunken gewesen. Er trat hinter den Stuhl seines Onkels, welcher aus seinem Wams ein mehrfach gefaltetes Blatt Papier gezogen hatte, und es nun über die Schulter in die Höhe hielt. Der Junge ergriff es, und brachte es klirrenden Schrittes zum Ende der 'almadanischen Seite' des Tisches, wo es ein Bediensteter entgegen nahm und dem alten Telmian brachte.


Autor: Telmian, Der Sinnreiche Junker

Carinio Telmian nahm erst die Handschuhe, dann die Liste aus der Hand seines Leibwächters entgegen. Kurz überflog er die Liste, bevor er sie an seinen Sohn weitergab. Die meisten der Namen auf der Liste sind ihm wohl bekannt. Natürlich hatte er die Zeit bis zu diesem Treffen genutzt, um sowohl Nachforschungen über seinen Besuch, als auch über viele der in Frage kommenden Adeligen einzuholen.

Einige dieser vorgeschlagenen Namen waren wahnsinnig Riskant, andere unbekannt, wieder andere klingen schon sehr Gewinn versprechend. Er schaute sich im Raum um und betrachtete die Gesichter der anderen Anwesenden, während sie die Liste studierten. Scheinbar waren die anderen Investoren zu einem ähnlichen Schluss gekommen, denn er konnte in dem ein oder anderem Gesicht schon ein Lächeln erkennen.

„Vielleicht sollten wir uns einstweilen die Beine vertreten“, schlug Rafik von Aranjuez diplomatisch wie immer vor, sodass sich die Patrizier in Ruhe über die Liste austauschen konnten. Die beiden erhoben sich, und verschließen, vom Klingeln ihrer Silbersporen und dem 'Tock!' des Stockes, auf welchen der Centimare Aurum sich zu stützen pflegte, den Raum.

Carinio Telmian lauschte den Gesprächen um sich herum, besprach sich mit dem ein oder anderen der anwesenden Investoren über das Für und Wieder. Einige der potentiellen Investoren scheuten entweder das Risiko oder konnten die finanziellen Mittel nicht aufbringen und verließen den Raum. Nicht jedoch ohne sich draußen in aller Höflichkeit und unter fadenscheinigen Gründen bei den drei Besuchern zu verabschieden. Er dachte angestrengt nach. Wie solle er seine folgenden Worte formulieren ohne das Geschäft zu gefährden? Ein Paar auf der Liste waren nicht mal einen Heller wert. Er ließ sich die Liste erneut geben und sprach mit jedem einzelnen noch anwesenden Investor. Danach nahm er eine Feder zur Hand, derweil die Almadaner wieder herein gebeten wurden.

„Meine verehrten Herren. Unsere Mittel sind, wie sie ja selber schon anführten, begrenzt. Und gerade haben weitere Mittel das Haus verlassen. Aus diesem Grund müssen wir leider eingestehen, das wir nur die markierten Namen auf der Liste unterstützen können. Ich denke ich spreche für alle Anwesenden, wenn ich sage das wir uns freuen, jetzt über Details zu verhandeln."

Carinio schaute erneut in die Runde und fragte: „Sollen wir unser Gespräch in drei Tagen fortsetzen, oder ….........?"

Rafik von Aranjuez wollte schon an den Tisch heran treten, um einen Blick auf die Liste und auf die Namen derer zu werfen, die für kreditwürdig befunden wurden. Oder eben nicht. Sein Vetter Hernán hielt ihn jedoch zurück, den Arm vor der Brust des Advocatus. „Alle oder keiner“, sprach er entschlossen ohne sich zu setzen oder auch nur eine Ahnung, wen es getroffen hatte. „Es steht Euch frei die Konditionen dem jeweiligen Risiko anzupassen, aber ich bin nicht hier, damit Ihr Euch die Rosinen heraus picken könnt.“

Einige der Patrizier japsten nach Luft, wechselten entsetzte Blicke. Es wäre auch zu schön gewesen um wahr zu sein.

Daher wehte also der Wind. Carinio Telmian hatte schon vermutet, dass es einen Haken an diesem Angebot geben musste. Hätte er nicht durch seine erfolgreiche Arbeit als Bürgermeister von Bomed und seine Lebensjahre eine Menge Erfahrung auf dem Gebiet der Verhandlung, ihm wären wohl jetzt die Gesichtszüge entgleist. Einen Moment spielte er mit dem Gedanken, diese unverschämten Personen einfach aus seinem Haus werfen zu lassen. Aber damit würde er seinem Ruf nichts gutes tun. Schon als dieser unverschämte Hund - alle oder keiner sagte – überlegte er emsig mit einem stillen Ruf an Phex was nun zu tun wäre. Er wandte sich an den Advocatus:

„Eine interessante Voraussetzung. Im Zuge dieser Verhandlungen genießt ihr traviagefälliges Gastrecht in meinem Haus. Nun spuckt ihr darauf, indem ihr uns für dumm verkaufen wollt. Das ich Geld verleihe und nicht verschenke, sollte euch klar gewesen sein. Falls nicht, kenne ich einen Ort, wo ihr die Definition für das Wort BANKHAUS nachlesen könnt.“ Er stößt einen Seufzer aus. „Die Familie Telmian hat Euch zu schätzen gelernt, da wir auch in diversen Ämtern Hand in Hand arbeiten. Damit die Emotionen nicht zu hoch kochen, bitte ich Euch, das wir die Verhandlungen für heute beenden. Denn unsere Zusammenarbeit wird einen gewissen Einfluss auf die Geschicke unserer Stadt haben. DAS sollten wir nicht durch persönliche Unstimmigkeiten gefährden. Zum wohle der Unterfelser...“

Damit waren die Verhandlungen beendet, und insbesondere der Condottiere machte nicht den Eindruck, als hätte vor, jemals wieder einen Fuß in dieses Haus zu setzen. Allenfalls mit der blanken Klinge in der einen, und der Fackel in der anderen Hand. Der pragmatische Vetter hingegen verneigte sich zumindest noch knapp vor den Anwesenden, derweil der junge Colonna, bekannt für seine Vorliebe für Hader und Streit, grinsend noch einmal einen jeden der Anwesenden musterte, ganz so, als wolle er sich ihre Gesichter einprägen.

Nachdem die Gäste gegangen waren, sprach Carinio mit seinem Sohn: „Er wählte eine beleidigende Verhandlungsstrategie. Das zeigt, es ist sehr verzweifelt. In solchen Momenten darf man sich nicht alles zu Herzen nehmen. Ich bin mir sicher, wenn es das demnächst erkennt, wird er sich eines Besseren besinnen und, sollte er Rückrat haben, sich bei uns entschuldigen.


Autor: Der Sinnreiche Junker

Auf eine solche Entschuldigung würde das Bankhaus Telmian freilich lange warten müssen. Stattdessen war es Madalena Grisetti, die am nächsten Tage im Palazzo della Signoria an Rafik von Aranjuez herantrat.

"Ein recht unerfreuliches Ende, will mir scheinen", seufzte sie, nachdem sie sich jovial beim über die Flure humpelnden Advocatus untergehakt hatte. "Freilich hat der alte Gauner nicht ganz Unrecht. Einigen Namen auf der Liste würde nicht einmal ich auch nur einen einzigen Dukaten leihen."

Rafik von Aranjuez erwiderte ihr gespieltes Lächeln. Natürlich würde sie das, nur eben zu entsprechenden Wucherzinsen. Und darum ging es schließlich. "Mein Vetter ist zuversichtlich, dass man bei der Silbertaler Bank in Urbasi eher in der Lage sein wird, diese einmalige Gelegenheit zu würdigen", zuckte er mit den Schultern, so gut es ging mit einer Dame an seinem Arm.

"Oh, aber nicht doch, mein Lieber. Das wäre doch recht voreilig, immerhin spricht dieser Geizhals von einem Telmian nicht für alle von uns. Wahrscheinlich muss man seine mangelnde Weitsicht sogar verstehen, sie haben in Bomed schon einmal alles verloren. Seither sind sie in ihren Geldanlagen vielleicht etwas konservativ. Nun ja, sprechen wir nicht mehr über ihn. Sondern sprechen wir darüber, wie wir das Geschäft doch noch zum Abschluss bringen können. Zum Vorteil beider Seiten."

"Mhm...", grübelte der Centimare Aurum. "Ich fürchte es wird nicht einfach, meinem Vetter nach diesem Rausschmiss das Unterfelser Gold noch einmal schmackhaft zu machen. Ich hätte da freilich schon eine Idee, wie man das Risiko begrenzen könnte. Denn macht Euch nichts vor, mein Vetter wird nicht davon abweichen, dass jeder Name auf dieser Liste bedient werden muss. Ah...nein, das wird nicht gehen, meine Idee wird ihm wahrscheinlich unehrenhaft erscheinen..."

Madalena Grisetti tätschelte ihm schmunzelnd den Arm, sodass ein unbeteiligter Passant ganz andere Hintergründe vermuten würde. "Gewiss werdet Ihr einen Weg finden, Euren Vetter dennoch zu überzeugen. Er muss ja nicht bis ins kleinste iuristische Detail eingeweiht sein, nicht wahr? Und gewiss werden wir einen Weg finden, Euch für Eure Bemühungen angemessen zu belohnen..."

Beide lachten über derlei jugendliche Anzüglichkeiten, derweil sie im Kopf schon einmal ihre Profite summierten.