Briefspiel:Borongefälliger Fehdeabschluss

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Stadt Urbasi klein.png Briefspiel in Urbasi Stadt Urbasi klein.png
Datiert auf: Mitte Boron 1033 BF, im Anschluss an die Marudreter Fehde Schauplatz: Urbasi und Nekropole Nerano Entstehungszeitraum: Frühling/Sommer 2012
Protagonisten: Avesio Dalidion, Yandriga und Auricanius von Urbet Autoren/Beteiligte: Familie Dalidion.png Storai, Haus Urbet-Marvinko.png Gonfaloniere

Die vorliegende Briefspiel-Geschichte Borongefälliger Fehdeabschluss schließt die Marudreter Fehde mit einem Trauermarsch zum Gedenken der insbesondere in der Schlacht von Portecorvo gefallenen Urbasier ab.



Autor: Storai

Der Trauerzug hatte sich auf der Piazza Phraiora formiert. An diesem nasstrüben Boronstag, da Efferd einen feinen Nieselregen über alles legte, schien es als würden die Götter selbst die Gefallenen betrauern.
Vorneweg gingen neben Schwester Marbadane, der Boronsdienerin, die Hochgeweihten Ingalfa Dalidion von der Kirche der weisen Herrin Hesinde auf der rechten und Cinzia Silbertaler vom Ingerimm-Kult auf der linken Seite. Alle drei in tiefer Andacht. Danach kamen die Toten in der Reihenfolge, wie sie damals auch in die Schlacht gezogen waren. Nur dass diesmal die Stimmung eine völlig andere war als damals. Niemand war euphorisch und voller Erwartungen. Vielmehr glich die Stimmung einem schlimmen Dumpfschädel nach einer durchzechten Nacht.
Urbasi hatte den Mund zu voll genommen und war zurechtgewiesen worden. Durch den Horas selbst und durch einen Blutzoll der im Endeffekt für nichts war, womit der einfache Popolo etwas hätte anfangen können.
Der Beginn der Prozession in Agreppara war auch deshalb gewählt worden, weil auf dieser Seite des Sikram das meiste Blut geflossen war und den höchsten Blutzoll die Nachbarschaft des Schafs aus Agreppara bezahlt hatte.
Danach war auch der weitere Verlauf gewählt worden. Der Trauerzug lief über die relativ kurze Strecke durch die Nachbarschaft der Nymphe auf den Boronanger und dann über die Via Tristitia auf die Nekropole zu. Dort, in der Nachbarschaft der Nymphe, waren ebenfalls viele Familien um mindestens ein Mitglied ärmer und noch mehr hatten einen lieben Freund oder eine liebe Freundin verloren.
Durch die Kürze des Weges innerhalb der Stadt standen alle trauernden Urbasier dicht gedrängt in Trauer vereint und es war kein fußbreit Durchkommen. Die längere Route durch Sikramargino oder über die Piazza di Renascentia hätte mehr Platz geboten, aber so wurde deutlich wer die Last des Krieges getragen hatte.

An der Piazza Phraiora stand Avesio Dalidion zwischen der kleinen Klientel der Familie in Agreppara, deren Mitglieder vornehmlich aus der Nachbarschaft der Schnecke stammten. Ganz in tiefdunkles, fast schwarzes Blau mit goldenen Knöpfen gekleidet stand er da, den Hut zum stummen Gruß abgenommen. Die Namen der Gefallenen hatte er fast vollständig im Kopf, hatte er doch viele Todesanzeigen entgegengenommen oder aufgeschrieben und an die Setzer im Druckhaus weiter gegeben. Er hatte auch den Artikel zum Trauermarsch zu verfassen. Glücklicherweise hatten es beide Cavalleristi der Familie geschafft. Nur Bernfried Quasilia hatte einen Arm geben müssen, nachdem ihm die Schulter bei Portecorvo zertrümmert worden war. Er würde eine Invalidenpension bekommen und weiter in der Druckerei aushelfen dürfen. Andere der adligen Häuser hatten nicht so viel Glück gehabt und teilweise sogar Familienmitglieder verloren. Die Adelshäuser hatten ihre Toten in mehr oder weniger stark geschmückten Leichenwagen teilweise sogar aufgebahrt. Unterschiedlich viel Gefolge ging hintendrein. Danach kamen die Toten der Milizen. Alle in einfache Holzsärge gelegt und je sechs auf einem Wagen. Über jedem Sarg lag eine Decke mit dem Namen des oder der Toten und dem Wappen der Nachbarschaft. Die Klageweiber und Sargtücher der Nachbarschaft der Schnecke waren zur Hälfte von den Dalidion gestellt.
Bei den Sargtüchern hatten die Dalidion auf eine Familienkennzeichnung verzichtet.
Bei den Klagenden erkannte man es an den Gürteln, so wie jede Famile auf die eine oder andere Weise subtil daran erinnerte wer für welche Nachbarschaft das Begräbnis in welchem Anteil bezahlte. Bei den „eigenen“ Klagevölkern war man hingegen nicht so subtil, sollte doch jede Person die dem Zug angesichtig wurde erkennen, wer hier für die Stadt den Blutzoll bezahlt hatte. Allein die Nachbarschaft der Nymphe hatte die Tücher und Klagenden selbst bezahlt und war dementsprechend auch im Tode stolz auf den eigenen Zusammenhalt.
Als der Zug langsam die Piazza Phraiora in Richtung Brücke verließ, schlossen sich viele Leute stumm oder wehklagend an. Auch Avesio. Es widerstrebte ihm, aber er hatte noch einen Artikel zu schreiben; er dachte an seine liebe Frau und dass Boron sie hoffentlich selig habe.


Autor: Gonfaloniere

Yandriga hielt sich nur unter Schmerzen aufrecht, als der Trauerzug auf der Piazza di Sant'Agreppo an ihr vorüberzog. Ihr Bruder Auricanius stand ihr zur Seite und beobachtete das schmerzverzerrte Gesicht der Schwester mit Missfallen. Denn er wusste, dass es nicht allein der Trauerschmerz war, der sie peinigte.
„Dein Starrsinn bringt dich um! Und das ist ausnahmsweise keine Metapher …“, schimpfte er leise auf Yandriga.
Kaum ein Lebensfunken hatte noch in ihr gesteckt, als sie vom Schlachtfeld zurückkehrte. In aller Eile angelegte Bandagen hatten die klaffenden Wunden, die sie davon getragen hatte, kaum verdecken können – so bekam sie die ausharrende Familie in Urbasi zu Gesicht. Auricanius, der Praios-Geweihte hatte sofort nach der Heilmagierin Peraijana schicken lassen, und die schien tatsächlich Wunder vollbracht zu haben. Dennoch: Yandriga war von der Schlacht nach wie vor schwer gezeichnet. Und brauchte vor allem Bettruhe.
„Ich hätte dich am Bett festketten lassen sollen“, haderte der Bruder mit sich selbst.
„Dann hätte ich mir meine Wunden beim Versuch, mich zu befreien, wieder aufgerissen“, gab die Schwester trotzig zurück.
Auricanius nickte schicksalsergeben. Er traute es ihr wirklich zu.
Das Wappen ihres Hauses lenkte beide vom geschwisterlichen Streit ab. Yandrigas ‘Glück’ hatten nicht alle in dieser Schlacht gehabt. Aufgebahrt auf dem Wagen mit dem Basilisken Cindanos und Panzerhandschuh der Marvinko lag der jüngste Schlachtteilnehmer aus ihren Reihen. Für Abelmir, den ‘Sonnenprinzen’ Travianos und ältesten Enkel Udoras, hatte es die erste Schlachterfahrung nach der Kriegerausbildung werden sollen. Zähe Veteranen ritten an seiner Seite, inmitten des kampferprobten Aufgebots der Lutisaner wähnte man ihn sicher. Doch Gevatter Boron hatte anders entschieden. Ein böser Zufall beendete ein junges Leben allzu früh.
Und da kein direkter Anverwandter greifbar war – die Mutter weilte in Sewamund, die Geschwister in Methumis und Kuslik, der Vater bereits im Himmelsreich – hielten Yandriga und Auricanius nun schweigend Wache am Rand der Prozession. Ein Mitglied ihres Hauses hatte in dieser Fehde sein Leben gelassen. Das sollte nie vergessen werden.