Briefspiel:Argentum in Corde (1)

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Stadt Urbasi klein.png Briefspiel in Urbasi Stadt Urbasi klein.png
Datiert auf: ab Phex 1037 BF Schauplatz: Urbasi und Bassalo Entstehungszeitraum: ab August 2014
Protagonisten: Pamina und Norinia di Bassalo, einige weitere Autoren/Beteiligte: Haus Urbet.png Gonfaloniere, Familie di Bassalo.png Klimpermädchen, Familie di Bassalo.png Neli, Haus Doren.png Dorén
Zyklus: Übersicht · Der Unfall · Das Erwachen · Die Ankündigung · Der Freundschaftsbesuch · Eine unverhoffte Visite · Erstes Kennenlernen

Der Unfall

Brief an die Schwester

3. Phex 1037

Liebste Pamina,
bevor du weiterliest, schick jemanden deine Sachen packen und deine Kutsche bereitmachen, du musst sofort aufbrechen.
Vater erlitt heute einen schweren Unfall. Er war mit Onkel Bosper und einigen Wachen auf der Jagd und als sie einem Hirsch nachsetzten, verloren sie sich aus den Augen. Vater muss gestürzt sein, die Wachen fanden ihn wenig später bewusstlos und mit einem zerschmetterten Bein, das Pferd war nirgends zu finden.
Es ist eine schwere Verletzung und er ist noch nicht wieder zu sich gekommen. Ich bange um sein Leben, du musst sofort nach Hause kommen!
Die Heiler kümmern sich um ihn, aber ich weiß nicht, ob sie das Bein retten können. Sein Zustand ist schlecht, und es hat zu lange gedauert, Vater zurück in die Stadt zu bringen. Die Wunden brechen immer wieder auf, die Heiler haben keine Erklärung dafür. Ich habe ein schlechtes Gefühl dabei.
Ich brauche dich hier, wenn es zum Schlimmsten kommt. Und auch wenn nicht, wird Vater einige Zeit brauchen, bis er wieder bei Kräften ist. Unser Onkel wird seine geplante Abreise zurück nach Bassalo ebenfalls aufschieben, bis klar ist, ob Vater wieder genesen wird.

Bitte eile dich und bete, dass es nicht eine Beerdigung sein wird, zu der ich dich rufe.
Auch ich bete zu allen Zwölfen, Peraine voran, dass er genesen wird!

Deine, dich liebende Schwester,
Norinia di Bassalo

Heimkehr

9. Phex 1037

Der Frühlingsregen peitschte ihr ins Gesicht, als sie auf die Stadttore von Urbasi zupreschte. Der Frühling hielt nur langsam Einzug ins Land – nicht das beste Wetter zum Reisen. Aber all das bedachte Pamina nur beiläufig, weilten ihre Gedanken doch schon in den Räumen ihrer Stadtresidenz, seit sie vor drei Tagen den Brief ihrer Schwester geöffnet hatte. Sie war, wie ihr Zwilling es vorhergesehen hatte, sofort aufgebrochen, als sie vom Sturz ihres Vaters gelesen hatte.
Zerto di Bassalo war zwar ein harter Brocken, aber die Besorgnis ihrer Schwester hatte sich auch auf Pamina übertragen.
Sie erreichte das Tor, froh es noch vor der Nachtruhe erreicht zu haben. Die Straßen der Stadt leerten sich schon, als sie auf ihr Stadthaus zuhielt. Die meisten Bewohner Urbasis waren wohl schon zu Hause bei einem verdienten Abendmahl oder in einer der zahlreichen Schenken der Stadt untergekommen.
Hinter dem Tor sprang Pamina von ihrem Rappen und wäre beinahe mit einer kleinen Gestalt zusammengeprallt, die auf sie zustürmte. "Ennio, bei den Zwölfen, hast du mich erschreckt!"
"Pamina! Travia segne deine Heimkehr." Ihr kleiner Bruder umarmte sie fest, trat dann aber schnell zurück und kontrollierte seine Miene. Wie erwachsen er geworden war ... Aber für solcherlei Gedanken hatte sie keine Zeit.
"Vater lebt?", fragte sie ungeduldig.
"Nun ja, noch lebt er, aber er ist noch nicht wieder zu sich gekommen. Norinia ist die ganze Zeit bei ihm, sie schläft kaum noch ... ich meine, noch weniger als sonst."
Pamina eilte los über den Hof. " Bitte ... hol jemanden der mein Pferd versorgt, es ist fast zu Schanden geritten", sagte sie noch über die Schulter.
Als sie das Zimmer ihres Vaters erreichte, zögerte sie. Was würde sie hinter der Tür erwarten?
Vorsichtig öffnete sie und trat leise ein. Ihre Schwester saß vor dem Bett, ein großes Buch auf dem Schoß. Als sie die Tür hörte, blickte sie auf. Sie erkannte Pamina und sprang von dem Sessel, legte das Buch zur Seite und lief ihr mit ausgestreckten Händen entgegen. "Den Göttern sei Dank, du bist schneller gekommen, als ich erwartet hatte." Sie fassten sich bei den Händen und tauschten einen langen Blick, der mehr über ihren Kummer verriet, als Worte es vermocht hätten. Dann kniete Pamina sich an das Bett und schaute auf ihren Vater hinab. Sie war entsetzt, wie alt er aussah, unter so vielen Decken begraben. Sie schaute unsicher zu ihrer Schwester und Norinia deutete zur Tür. "Lass uns nicht hier reden, wir wissen nicht wie viel er mitbekommt."
Immer noch in ihren staubigen Reisesachen, folgte sie ihr in den Nebenraum, das Arbeitszimmer ihres Vaters.
"Es sieht nicht gut aus“, fasste Norinia die Lage zusammen, „er ist seit dem Sturz nicht mehr zu sich gekommen. Die Wunde am Bein will sich trotz aller Bemühungen der Heiler nicht richtig schließen und der Hüftknochen scheint auch in Mitleidenschaft gezogen worden zu sein. Er hat Fieber und hätte mit Sicherheit starke Schmerzen, wenn er wach wäre. Daher können wir Boron für die Gnade des Schlafes noch dankbar sein.“ In ihren Augen glitzerten Tränen. „Das Schlimmste ist, dass ich rein gar nichts tun kann, um ihm zu helfen. Die Heiler aus der Medici-Schule kommen täglich, aber auch sie wissen keinen echten Rat. Wir können nur abwarten und hoffen, dass es mit der Zeit besser wird.“
Pamina schloss ihre Schwester in die Arme. „Oh meine Liebe, es tut mir so leid, dass ich erst jetzt hier bin, die letzten Tage müssen schrecklich für dich gewesen sein! Du solltest dich nun auch einmal ausruhen. Geh zu Bett, ich werde heute Nacht bei ihm bleiben.“
Doch Norinia schüttelte entschieden den Kopf. „Du bist drei Tage ununterbrochen unterwegs gewesen, du brauchst den Schlaf jetzt nötiger als ich. Außerdem kann ich momentan sowieso nicht schlafen …“
Pamina runzelte die Stirn und betrachtete ihre Schwester zum ersten Mal genauer. Sie war sehr blass und hatte dunkle Ringe unter den Augen, sie sah wirklich nicht gut aus. Doch ihr Blick war voller Entschlossenheit. Da sie selbst sehr müde war, widersprach sie nicht weiter, nahm sich aber fest vor dafür zu sorgen, dass Norinia in Zukunft mehr Schlaf bekam.
In ihrem Zimmer wusch sie sich den gröbsten Reisestaub ab und fiel dann mit einem schweren Seufzen in ihr Bett. Wie sollte das nur weitergehen? Was würde sie tun, wenn ihr Vater doch noch zu Boron ging? Bekümmert sank sie in den Schlaf, letztlich doch von der Erschöpfung der langen Reise eingeholt.

An die Arbeit

15. Phex 1037

„Immer noch keine guten Nachrichten von Vaters Krankenbett“, dachte sie, „und jetzt fängt auch noch Onkel Bosper an, mir in die Geschäfte reinzureden.“
Norinia saß am Schreibtisch ihres Vaters, als gerade die ersten Strahlen der Morgensonne in den Raum krochen, und hörte das geschäftige Treiben der Diener, die das Frühstück vorbereiteten. Seufzend stand sie aus dem Sessel auf, in dem sie schon einige Zeit verbracht hatte, bevor das Haus zum Leben erwacht war. „Ich sollte wohl lieber etwas essen gehen.“

Sie nahm das Frühstück in dem kleinen Salon ihrer Mutter ein, gemeinsam mit ihrer Schwester Pamina. „Nun, wie ich sehe, hast du mal wieder schlecht geschlafen, oder eher gar nicht?“ sagte diese, als Norinia den Raum betrat, und zog eine Augenbraue hoch. „Du solltest dir mehr Ruhe gönnen, wirklich.“
„Meine Güte, Pamina, seit wann bist du solch eine Travia-Jüngerin? Ich passe schon auf mich auf. Aber im Moment muss ich nun mal neben meinen Aufgaben auch Vaters ausführen und das kostet viel Zeit.“
„Dann sag mir, was ich dir abnehmen kann, und ich fange sofort damit an! Ich komme mir langsam wie ein eingesperrtes Tier vor, ohne eine andere Aufgabe, als bei Vater zu sitzen und ihm beim dahinvegetieren zuzusehen.“ Pamina lief unruhig in dem gemütlichen Raum auf und ab und sah sie erwartungsvoll an.
Norinia kaute gedankenverloren auf einer Scheibe Schinken herum und machte ein besorgtes Gesicht. „Nun, bei den geschäftlichen Dingen kannst du wenig tun, ohne dass ich sehr viel Zeit aufwenden müsste, um dich einzuarbeiten. Aber du könntest mir Bosper vom Hals halten. Beschäftige ihn, wie ist mir egal.“
„Onkel Bosper? Aber warum? Was hat er dir denn getan?“ Pamina sah sie erstaunt an.
„Hm, bis jetzt noch nicht viel, aber aus seinen Kommentaren und seinen Hilfsangeboten wird sehr deutlich, dass er Vaters Platz einnehmen möchte. Er glaubt wohl nicht mehr an seine Genesung und möchte nun seine Position in der Familie stärken.“
„Dass er schon immer einen neidischen Blick auf Vaters Geschäfte geworfen hat, ist mir natürlich nicht neu, aber er wird sich doch nicht in deine Entscheidungen einmischen? Jeder in diesem Haus weiß, wie viel du bereits jetzt an Arbeit übernommen hast.“ Pamina sah sie aufmunternd an und goss sich aus der großen Kanne Tee nach.
„Aber du bist die Erbin, und dass du andere Dinge als die Geschäfte im Kopf hast, ist ihm nicht unbekannt. Er hofft wohl, in deinem Namen handeln zu können und dich damit völlig aus den wichtigen Dingen raus zu halten.“
„Aber da hat er nicht mit dir gerechnet, liebe Schwester, du würdest dieses Feld niemals kampflos räumen. Mach dir mal nicht zu viele Sorgen. Vater wird schon wieder und dann waren das alles unnötige Gedanken. Aber wenn es dich beruhigt, kümmere ich mich um unseren Onkel. Mir wird schon was einfallen.“ Sie zwinkerte Norinia zu und schlürfte genüsslich ihren Tee.